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Workshop Modular Synthesizer: Pulsbreitenmodulation und mehr

(ID: 2469)
(High Speed) LFOs gehören zu den wichtigsten Modulationsquellen...

(High Speed) LFOs gehören zu den wichtigsten Modulationsquellen…

CV-Steuerung der Pulsbreite (LFO, Env, Sequenzer, etc.)

Ein anliegender LFO im mittleren Tempo von z.B. 5-10 Hz erzeugt jene schnelle Änderung der Pulswelle, die als Schwebungseffekt bekannt ist. Es wäre fast so, als würde man 5-10 mal pro Sekunde den PW-Regler manuell betätigen (was natürlich nicht geht und auch nicht zu Versuchszwecken erprobt werden sollte). Interessant wäre zudem die geringfügige Modulation der LFO-Geschwindigkeit durch einen weiteren – deutlich langsamer schwingenden – Niederfrequenzoszillator (z.B. 0,01 Hz). Damit änderte sich dann die Bewegung der Pulsbreitenmodulation kontinuierlich und minimal – mal etwas langsamer, mal etwas schneller – was dem Prinzip der tatsächlichen Schwebung zwischen zwei nicht ganz stimmstabilen VCOs schon deutlich näher kommt.

Hüllkurven eigenen sich für die Pulsbreitenmodulation ebenso. Das „einmalige“ Durchlaufen des zeitlichen Gerüsts einer ADSR kann dabei sehr gezielt eingesetzt werden. Besonders spannend wird es natürlich, wenn die für die Pulsbreitenmodulation zuständige Hüllkurve nur punktuell angesteuert wird. Das lässt sich über einen Analogsequenzer mit individuellen Trigger-Spuren hervorragend umsetzen…

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Hüllkurven können natürlich ebenso zur Modulation der Pulsbreite verwendet werden

Hüllkurven können natürlich ebenso zur Modulation der Pulsbreite verwendet werden

… womit wir auch bei einem ganz heißen Eisen angelangt wären, dem Analogsequenzer. Wer diesen als direkte Modulationsquelle zur Steuerung der Pulsbreite verwendet, hat quasi mit jedem (!) Schritt die Möglichkeit, die Pulsbreite neu zu definieren. Eingepackt in eine kleine, interessante Melodie sorgt dieses Feature für klangliche Eindrücke der besonderen Art, da es fast so scheint, als würde mit jedem neuen Ton ein neuer Oszillator (bzw. eine neue Wellenform) erklingen… etwas übertrieben ausgedrückt. Als sehr leistungsfähiger „kleiner“ Stepsequenzer (mit CV- und Trigger-Spuren) ist übrigens der Doepfer A-155 sehr (!) zu empfehlen.

Das Prinzip der Pulse-Width-Modulation kennt natürlich keine Grenzen, und so lässt sich jede erdenkliche CV-Quelle zur Steuerung der Wellenform verwenden. Ob alle Versuche auch zu klanglich interessanten Zielen führen, sei dahingestellt, doch verfügt hier ein Modularsystem – im Gegensatz zu fest verdrahteten Synthesizern – über ein enormes Potenzial an direktem Zugriff und beliebig verschaltbaren Modulationsquellen. Es ist eben immer wieder erstaunlich, welche umfassenden musikalischen Möglichkeiten ein gut bestückter VCO eines Modularsystems tatsächlich bietet.

Zu hören in Klangbeispiel Nr. 5: Das A-106-6 Xpander Filter

Zu hören in Klangbeispiel Nr. 5: Das A-106-6 Xpander Filter

Frequenzmodulation

Ebenso wie die Pulsbreitenmodulation, ist dieses Feature allen Synthesizer-Enthusiasten längst bekannt. Schon das Spielen einer einfachen Melodie ist – genau genommen – die Frequenzmodulation des Oszillators. Langsame Modulationen durch einen LFO sorgen zudem für allseits bekannte (und teils überstrapazierte) Vibrati. Hier habe ich konkret beim Doepfer A-100 System das kleine Problem, dass die Steuerung der Modulationsintensität über das CV-Poti des A-110 VCOs viel zu schnell „reagiert“ und sensible (leichte) Vibrati gar nicht einfach zu realisieren sind. Da fällt es eben wieder auf, wie schön das Modulations-Wheel eines Minimoog oder Prophet-5 ist, denn der dort vorhandene, deutlich längere, „Arbeitsweg“ des Rades erlaubt sehr minimalistische und besonders „natürlich“ klingende Modulationen.

Dieter Doepfer zur „Sensibilität“ des A-110 CV-Reglers:

„Was die Kritik beim FM-Regler des VCOs betrifft (reagiert zu früh) haben wir bei neueren Modulen (z.B. beim A-111-5 und Dark Energy) bereits reagiert. Hier wird als Abschwächer ein logarithmisches Potentiometer eingesetzt, so dass man im unteren Bereich eine bessere Auflösung der Modulationsstärke hat. Auch beim A-110 und A-111 wird bei den kommenden Produktionsserien der lineare durch einen logarithmischen Potentiometer ersetzt. Auf Wunsch ersetzen wir bei älteren A-110 oder A-111 den linearen durch einen logarithmischen Potentiometer (die Kosten für Material und Arbeitszeit müssen wir allerdings in Rechnung stellen).“

Der A-110 Standard Oszillator und seine Möglichkeiten; Grafik (c) Doepfer

Der A-110 Standard Oszillator und seine Möglichkeiten; Grafik (c) Doepfer

Frequenzmodulationen via Hüllkurven sorgen für einmalige „Tal- oder Bergfahrten“ der Tonhöhe. Nicht selten sind die Ergebnisse alles andere als „musikalisch verwertbar“, und im übertriebenen Stil ist das Resultat sicherlich nervig oder zumindest bizarr denn angenehm für das Ohr. Gezielt eingesetzt kann die eine oder andere Tal/Bergfahrt allerdings auch für bestimmte Klangeffekte sorgen und etwa als Kontrasteindruck zu starren harmonischen Abläufen eingesetzt werden.

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Eine besondere Form der Frequenzmodulation ist die…

Crossmodulation

Hier wird ein weiterer Oszillator als Modulationsquelle verwendet. Das besondere dieser Situation ist die Tatsache, dass der VCO – für gewöhnlich – eine „dynamische“ Modulationsquelle darstellt. Im Gegensatz zum LFO (fest eingestellte Geschwindigkeit) oder der Envelope (einmaliges „Durchlaufen“ des Zeitablaufes ab dem Triggerimpuls) ist der VCO Melodieträger und wird in sich moduliert. Seine Frequenz – und damit die Frequenz des Modulationssignals – ändert sich also gemäß dem musikalischen Geschehen. Das macht das Prinzip der Crossmodulation besonders interessant. So lassen sich zwei VCOs mit einer Melodie „bespielen“, während VCO1 jedoch ausschließlich zu Modulationszwecken verwendet wird, und lediglich VCO2 den weiteren Signalweg über Filter und Verstärker antritt. Dennoch ist VCO1 „über Umwege“ zu hören, da er – bei Verbindung seiner Wellenform mit dem CV-Eingang des zweiten VCOs, sprich: bei Cross-Modulation – diesen gemäß dem musikalischen Verlauf (hochfrequent!) moduliert. Je nachdem, welche Wellenform von VCO1 zur Quer- sorry: Crossmodulation verwendet wird, ist das klangliche Resultat auch ein anderes. Das dürfte allen Sequential Pro-One Usern sehr gut bekannt sein, da sich hier z.B. OSC B als Modulationsquelle einsetzen und auf die Tonhöhe von OSC A routen lässt. Mit dem „Oszillator als Modulationsquelle“ ist Crossmodulation ebenso möglich, wie Filter-FM, womit sich der Kreis zum zweiten Beitrag der Amazona-Serie rund um „Der VCO als CV-Quelle“ wieder schließt.

Ansichten des A-110; Foto (c) Doepfer

Ansichten des A-110; Foto (c) Doepfer

Oszillator-Schichtung (Stacking)

Dieser Punkt scheint mir besonders wichtig. Es gibt dabei mehrere Ansätze der „Schichtung“. Entweder man „stapelt“ eine gewisse Menge an Oszillatoren, die gemeinsam oder auch individuell gesteuert werden. Oder aber man geht von einem bescheideneren Szenario aus, das nicht 4-6 (oder mehr) Oszillatoren im Modularsystem verlangt, sondern – sofern man es will – gar nur mit einem (guten) VCO auskommt. Dieser „einstimmige Ansatz zur Polyphonie“ ist Kerngedanke der folgenden Zeilen.

Doch kurz ein Blick zurück in die Geschichte des elektronischen Pop, zu Monsieur Jean-Michel Jarre…

Lange Zeit habe ich mich gefragt, warum der „Meister“ in seinen Frühwerken solch komplexe Musikszenarien erschaffen konnte, während in seiner mittleren und heutigen (späten) Schaffensperiode der künstlerisch hochwertige Anspruch (nach meinem Empfinden) deutlich nachgelassen hat (mit punktuellen Ausnahmen) bzw. teils gar ins Banale abgerutscht ist. In Zeiten von Heimorgeln, cheesy String-Machines und (großteils) monophonen Synthesizer sind Jean-Michel Jarre ab Mitte der 70er Jahre einige wenige Meisterwerke gelungen, die unverrückbar zur klassischen Literatur der elektronischen Musik zählen. Je weiter jedoch die Technik sich änderte, je mehr Möglichkeiten die neuen Formen der Klangsynthesen boten und je vielseitiger die Instrumente wurden, umso schlaffer und ideenloser wurde sein musikalischer Ausdruck.

World Tour 2009: Jean-Michel Jarre am Clavia Nordlead bzw. Roland JD-800. Im Hintergrund der ARP-2600 und VCS3 ...

World Tour 2009: Jean-Michel Jarre am Clavia Nordlead bzw. Roland JD-800. Im Hintergrund der ARP-2600 und VCS3 …

Von der Tatsache abgesehen, dass kommerzieller Erfolg für viele Musiker meist auch eine gewisse künstlerische Trägheit mit sich bringt, dürften jedoch „gerade“ (!) die eingeschränkten technischen Möglichkeiten ein Schlüssel zum Erfolg gewesen sein.

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Klangbeispiele
Forum
  1. Avatar
    AMAZONA Archiv

    Hallo! Ihr Amazonanier! Ich finde eure Artikel immer genial spannend, aber das von Seite zu Seite geklicke nerwt dann doch unheimlich! Könntet ihr nicht einen Link einbauen wo alles dann gleichzeitig angezeigt wird. Das würde mir auch viel angenehmer machen eure Artikel auf meinem iPhone zu lesen.

    MfG,
    Gilles aka READYdot

    • Avatar
      AMAZONA Archiv

      Ich unterstütze den Antrag! Und wenn man dann noch die Links auf die Soundbeispiele so ändern könnte, dass sie immer in einem neuen Fenster oder Tab aufgehen, wäre das toll.
      Ansonsten: tolle Artikelreihe!

  2. Avatar
    AMAZONA Archiv

    Prima Artikel mit zunächst etwas überraschenden, dann aber sehr überzeugenden, ja sogar inspirierenden Schwerpunkt zur Klangkunst bzw. elektronischen Klangkomposition. Die Audiobeispiele sind üppig geraten und schön. Danke Theo!

    • Profilbild
      Bloderer AHU

      Vielen Dank! Ich habe zur Gegenüberstellung von Monophonie – Homophonie – Polyphonie noch ein Soundfile nachgereicht. Im Zuge der Modular-Testreihe wird mir immer klarer, wie wichtig sehr grundlegende Gesetzmäßigkeiten der musikalischen Umsetzung sind. Die Vorstellung vom klanglichen Ablauf beginnt eigentlich im Kopf – da können diverse Analysen und „Gedanken über die Musik“ eine Hilfe sein. Das Gute daran ist, dass die Ideen oder Gedankenansätze „weiterarbeiten“, selbst wenn man gar keine Musik macht – im Alltag sozusagen. Viele Grüße!

  3. Avatar
    AMAZONA Archiv

    Auch als „nur Software-User“ sage ich Danke für diesen 3-teiligen Beitrag mit den äußerst interessanten Grundlagen der Klangerzeugung und -gestaltung sowie den hervorragenden Audio-Beispielen!

  4. Profilbild
    TZTH

    Super Artikel!
    Gerade auch wegen dem schönen Exkurs zu Polyphonie etc. Du hast damit möglicherweise wirklich Recht, warum durch die aus der Einschränkung geborenen alten Jarre Sachen dadurch spannender sind. Auch erfreulich, dass Du betonst, dass nicht die Menge an Modulen die Qualität der Musik bestimmt.

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