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Workshop: Replicant A – Synthesizerkonstruktion mit NI Reaktor, Teil 4

(ID: 1545)

Kapitel 14: Phase Distortion Oscillator

PD schlägt sozusagen die Brücke zwischen modulierbaren VA-Wellen und Wavetables, sie liefert komplexere Wellen als VA, die aber einfacher zu erzeugen sind als mit Tables.

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Phase Distortion auf dem Schirm: Casio CZ Saw Wave

Phase Distortion auf dem Schirm: Casio CZ Saw Wave

Da Reaktor für diese Synthesart keine Module hat, müssen wir ein wenig mehr Aufwand betreiben. Als erstes brauchen wir wieder einen Ramp-Oszi, dessen Sägezahn wir auf verschiedene Weisen verbiegen. Als zweites ein Sample Lookup, das wir mit einem speziellen Sample füttern, nämlich eines mit verschiedenen Wellenformen direkt hintereinander und mit einer Tonhöhe von exakt 100 Hz. Das ist diesmal zwingend, da man das Sample Lookup nur millisekundengenau ansteuern kann, also muss ein Cycle einen ganzzahligen Sekundenbruchteil lang sein, bei dieser Frequenz sind es 10 msec. Übrigens muss das Modul anders als das Wavetable-Sampler Loop unbedingt im poor Mode arbeiten, da sonst in die anderen Wellenformen hinein gerundet wird. Das ist fatal, wenn dort steile Flanken sitzen wie bei Sägezahn und Rechteck.
Mit dem Ausgang des Ramp-Oszis mal 10 steuern wir die Position des Samples, beim unverzerrten Sägezahn wird also die erste Wellenform 1:1 wiedergegeben. Addieren wir nochmal 10 hinzu, ist es die zweite.

Die Structure des PD-Oszis

Die Structure des PD-Oszis

Die Phase Distortion (der PW-Regler übernimmt diese Funktion und wird auch dementsprechend umbenannt) erfolgt dann z.B. durch die Änderung des geradlinigen Sägezahns in einen mit Knick, die Steigung der Kurve entspricht dann der Auslesegeschwindigkeit der Wellenform. Diese wird also entlang der X-Achse verzerrt, das ist der Trick bei der PD.

Casio hat in den CZ-Synths damals als Sample nur einen Sinus verwendet und fünf verschiedene Sägezähne für die Distortion (Siehe auch Amazona-Artikel über PD).

Die Schaltung für den Knick im Ramp-Sägezahn

Die Schaltung für den Knick im Ramp-Sägezahn

Das lässt sich natürlich enorm erweitern, durch umschaltbare Wellenformen im Sample und phantasiereiche Distorter. Außerdem kann man die Phasendifferenz zwischen den beiden einstellen, so dass sich noch viel mehr Variationen ergeben. Hier ein paar Beispiele, nur Phase Delta wird verstellt:

In das Sample kommen die Standards von Sinus bis Rechteck, wer will kann noch weitere hinzufügen. Die Sample Map und damit die Exportfunktion steht für das Sample Lookup leider nicht zur Verfügung, deshalb ist das Sample mit den Wellenformen separat im Zipfile.

Als Distorter nehmen wir die Casio-Kurven und ein paar neue dazu. Hier sind der Phantasie kaum Grenzen gesetzt, jede Kurve ergiebt neue Klangfarben. Etwas aufwändig ist die Phasenwert- und SAM-Anpassung der Distorter, die komplizierteren bedürfen einer Spezialbehandlung.
Ein paar sind auch ziemlich CPU-hungrig geraten, aber die Resultate sind dafür umso interessanter. Eigentlich müsste das ein wenig ausführlicher behandelt werden, aber alle im einzelnen zu besprechen, würde hier den Rahmen sprengen, man kann sie sich auf dem Scope ansehen und mit verschiedenen Distorter/Wellen-Kombinationen experimentieren. Ich habe dort sozusagen ein paar Ostereier versteckt, und es ist auch noch Platz für Eigenkreationen.
Nummer 1-5 liefern bei Sinus als Wave und 25% Phase Delta die gleichen Wellenformen wie die Casio CZ-Synths. Die Reso-Wellen werden schon im VA-Modus mit Oszillator-Sync und SAM erzeugt (siehe unten), allerdings haben die CZs noch eine weitere SAM-Wellenform (Dreieck), die hier nicht zur Verfügung steht, dafür sind die anderen zwei (Sägezahn und Trapez) hier überblendbar.

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Einen Haken gibt es mal wieder: Aliasing. Die Wellen kommen 1:1 aus dem Lookup und der Sägezahn britzelt schon in mittleren Lagen wirklich hässlich. Dieses Problem ist auch mit Filtern kaum in den Griff zu kriegen, da alle in Frage kommenden Module nur eine Flanke der Wellenform abrunden. Eine Erhöhung der Samplefrequenz von Reaktor hilft natürlich, aber auf Kosten von reichlich Prozessorpower.
Eine brauchbare Gegenmaßnahme sieht so aus: Problematische Wellenformen wie Sägezahn und Rechteck kann man in einem Wav-Editor mit einem Smoother oder Filter bearbeiten, das Sample umkehren (Reverse) und noch einmal smoothen. Dann sind beide Flanken gerundet.

Anti-Aliasing: Sägezahn und Rechteck sind stark abgerundet

Anti-Aliasing: Sägezahn und Rechteck sind stark abgerundet

Da das reichlich mumpfig klingt, wenn es denn ausreichend höhengedämpft ist, laden wir es in ein zweites Lookup und überblenden mit dem ersten in Abhängigkeit von der Tonhöhe, natürlich logarithmisch skaliert. Keine perfekte Lösung, da die durch die PD entstehenden Obertöne nicht mitgefiltert werden, und es kostet auch Prozessor, aber längst nicht so viel wie eine vergleichbar wirksame Erhöhung der Samplefrequenz.

FM und Sync
Frequenzmodulation ist ohne Einschränkungen möglich, nur muss wegen eventueller Gleichstromanteile wieder ein Hochpassfilter vor den FM-Ausgang.

Die Synchronisation ist bei PD in allen Spielarten möglich, und es gibt eine spezielle Sync-Variante, die hier im Auto-Sync-Modus verwendet wird: Man muss nur die Amplitude des Distorters erhöhen und wrappen, so dass sie die Sample-Wellenform bei einem Durchgang mehrfach durchläuft (das passiert im Audio Wrap Macro). Um eine tonhöhenmäßige Ansteuerung zu erreichen, ist es allerdings nötig, diese Erhöhung logarithmisch zu skalieren, also die Amplitude alle 12 Halbtöne zu verdoppeln.
Das Ergebnis sind Oberwellen, die insgesamt auf der Wellenlänge der Grundtonhöhe verzerrt werden, nicht einzeln wie beim normalen VCO-Sync:

Spezial: Der PD-Sync (Auto Modus)

Spezial: Der PD-Sync (Auto Modus)

Die SAM kommt hier auch wieder zum Einsatz, schließlich stammt sie ja auch aus dem Casio CZ. Dort wurde sie nur mit einem unverzerrten Sinus betrieben und sollte so etwas wie Filterresonanz simulieren.

Wenn man sich ein wenig mit dieser Syntheseart beschäftigt, ist man erstaunt, wieviel Potential Casio damals einfach nicht genutzt hat. PD ist ein sehr elegantes und ergiebiges Verfahren, aus zwei einfachen Wellen wird eine komplexe. Auf den drei Scopes für den PD-Modus kann man gut sehen, wie es funktioniert, da Distorter, Wavesample und Output nebeneinander dargestellt werden.

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Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    GeorgK

    „Audiokarte aus dem Vst-Audiosystem herausnehmen“ ist jetzt ein bisserl kryptisch. Das einzige, was bei mir in Cubase 5.5 funktioniert hat, war den ASIO-Treiber vorübergehend rauszuwerfen:
    Geräte -> Geräte konfigurieren -> Vst Audiosystem
    … und dort den ASIO-Treiber durch „Kein Treiber“ ersetzen.
    Dann geht Reaktor auf 0%, und man kann beliebig oversampeln beim Rendern, ohne dass er schon im Leerlauf abregelt. Ist allerdings umständlich und langsam zum Hin- und Herschalten.
    Einfacher gehts in Samplitude 11 (und wahrscheinlich auch anderen Versionen, auch in der „Heimversion“ Music Studio 2008): Einfach das Monitoring im Track ausschalten (Lautsprechersymbol anklicken), und schon ist der Reaktor heruntergefahren. Funktioniert aber nur, wenn die Engine nicht im Hybrid-Modus nicht läuft, also:
    Optionen -> System/Optionen -> Audio Setup… und dort unter „Monitoring Einstellungen“ den Modus-Schieberegler auf „Track FX Monitoring“ (oder weniger) einstellen.

    Dafür läßt mich Cubase aber auch bis 384 kHz rendern, während in Sam11 schon bei popeligen 192 kHz Schluss ist….
    Geiles Teil übrigens, der Replikant. Mit 192/384 kHz schickt der Reaktor ja immer noch viele neue und hochgejubelte Plug-Ins in die Wüste.

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