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Guitar Vintage: Mesa/Boogie Mark I, Gitarrenverstärker

Beginn einer Legende

8. Juli 2018

Mesa/Boogie Mark I Titel

Der Name Mesa/Boogie ist jedem Gitarristen und Bassisten ein Begriff und bedeutet gerade für viele Stromgitarristen quasi den „Heiligen Gral“ der Gitarrenverstärker. Neben den damals schon etablierten Herstellern wie Marshall, Orange, Fender, Vox stellt das Aufkommen des Mesa/Boogie Mark I den Beginn der sogenannten „Boutique“-Verstärker dar. Seit nunmehr fast 50 Jahren existiert die Firma, die von Randall Smith Anfang der 70er Jahre gegründet wurde.

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Randall Smith betrieb damals eine kleine Reparaturwerkstatt in einem Musikladen in Los Angeles und reparierte Gitarrenverstärker. Irgendwann begann er, die große Erfahrung, die er durch zahlreiche Reparaturen und Modifikationen machte, in den Bau eigener Verstärker unter dem Firmenlogo Mesa einfließen zu lassen. Er hatte nämlich damals z.B. auch Reparaturen und Modifikationen einiger Fender Princeton Verstärker für diverse Kunden vorgenommen und spaßeshalber aus einer verrückten Idee für einen Kumpel ein Fender Bassman Chassis in ein Princeton Gehäuse eingebaut und den Verstärker anschließend so modifiziert, dass dieser deutlich mehr zerrte. Dieser Verstärker wurde letztendlich die Basis für den späteren Mark I.

Irgendwann hatte Randall Smith die folgerichtige Idee, noch deutlich mehr Verzerrung aus dem Amp herauszuholen, indem er eine weitere Vorstufenröhre in den Verstärker integrierte. Der sogenannte High-Gain-Verstärker war nun geboren. Nach einigem Tüfteln und Optimierung der Schaltung entwarf und baute er Anfang der 1970er den ersten Verstärker unter seinem Firmennamen Mesa und taufte ihn Mark I, der unter Gitarristen sofort große Begeisterung hervorrief.

Mesa/Boogie Mark I top

— Der MESA/Boogie Mark I, Vintage, Boutique, Kult —

Als Carlos Santana den „Vorgänger“ des Mark I, den oben erwähnten „heiß gemachten“ Fender Bassman im Princeton Gehäuse in Randall Smith’s kleinem Laden zufällig anspielte, war Santanas spontaner Kommentar: „man, that thing really boogies!“ Carlos Santana hatte somit also entscheidenden Einfluss auf den Firmennamen Mesa/Boogie. Randall Smith hatte abgesehen von Geschick natürlich auch etwas Glück, Carlos Santana als Endorser zu gewinnen, der den Mark I etwas später auf seiner „Abraxas“ Live-Tour einsetzte und ihm ist sicherlich auch zu verdanken, dass die Mark I Verstärker somit weltbekannt wurden.

Auch für den genialen Larry Carlton, damals einer der meistbeschäftigten Session-Musiker (u.a. Steely Dan), war der Mark I ein wichtiges Werkzeug für dessen Signatursound. Aber auch Musiker wie Keith Richards und Ron Wood von den Rolling Stones wurden schnell Fans des Mesa/Boogie Mark I, da sie sich damals auch in San Francisco herumtrieben und gern gesehene Gäste im Laden von Randy waren. Diese sorgten somit natürlich zusätzlich für den weltweiten Ruhm der Mesa/Boogie Verstärker. Somit häuften sich die Aufträge und Randy Smith verlegte seinen Arbeitsplatz zunächst in eine winzige Holzhütte, um dort in Ruhe der Nachfrage nach seinen Verstärkern nachkommen zu können. Als seine Firma Mesa Engineering immer größer wurde und Randy Smith alleine nicht mehr die Nachfrage befriedigen konnte, musste etwas passieren. Also zog er 1980 mit seinem Unternehmen nach Petaluma in Kalifornien. Noch heute befindet sich dort der Firmenhauptsitz.

Der Mesa/Boogie Mark I

Unser heutiger Kandidat in der Zeitmaschine ist einer von den relativ frühen Verstärkern aus dem Hause Mesa/Boogie, der mir freundlicherweise von meinem guten Freund David U. zur Verfügung gestellt wurde. Der kaufte den Amp ca. Mitte der 1980er Jahre und ist Zweitbesitzer. Der Erstbesitzer importierte das Verstärkertopteil nach Deutschland, deswegen muss dieses auch stets mit einem sauschweren Trafo (freche 7,8 kg) betrieben werden, der die 220 Volt unseres Stromnetzes auf 110 Volt heruntertransformiert. Eine Spannungsanpassung für die europäischen Stromnetze wie bei den aktuelleren Modellen gab es damals noch nicht.

Mesa/Boogie Mark I power supply

— Der leistungsstarke und schwere Trafo wandelt die 230 Volt auf die vom Verstärker benötigte Spannung von 110 Volt. Unser Mark I akzeptiert lediglich 110 Volt —

Unser Mark I wurde ca. 1976 gebaut, ist super gepflegt und befindet sich in einem außerordentlich guten Zustand. Man würde dessen reifes Alter nicht vermuten. Das Gewicht des Verstärkertopteils schlägt mit knapp 16 kg zu Buche. Die Bezeichnung Mark I ist nirgends auf dem Verstärker zu finden, nicht zuletzt, da der gute Randall Smith damals noch gar nicht ahnen konnte, dass es einmal einen Mark II, geschweige denn einen Mark V geben würde. Der Mark I generiert eine Leistung von satten 100 Watt. Eines darf man sicherlich sagen: Der Amp ist unfassbar laut. Ich hörte exakt diesen Verstärker bereits vor ca. 30 Jahren in Verbindung mit einer 4 x 12″ Box und war auch damals schon sehr beeindruckt. Diese Effizienz hat ansonsten eventuell noch mein originaler 100 Watt Marshall JCM 800, Modell 2203 zu bieten. Man wird niemals die Möglichkeit haben, sich diesen Verstärker in Maximallautstärke anzuhören, es sei denn, man wollte sich eine dauerhafte Schädigung des Gehörs zuziehen.

Unser Mark I lässt jedoch auch eine Leistungsreduzierung auf „nur“ 60 Watt zu. Die Umschaltung erfolgt am Frontpanel über einen stabilen Schalter. Die resultierende Lautstärke reicht dann in jedem Fall auch noch für den Betrieb auf großen Bühnen aus.

Mesa/Boogie Mark I switches

— Bändigen der enormen Lautstärke durch Umschalten auf 60 Watt Leistung am Frontpanel —

Unser Oldie hat in den letzten 30 Jahren nur wenige Betriebsstunden aufzuweisen, deswegen gab es auch keinen Grund, die Originalröhren gegen aktuellere Exemplare auszutauschen. Der Verstärker ist in absolutem Originalzustand, auch die Elkos oder weitere Bauteile wurden noch niemals getauscht. Deren Austausch würde wahrscheinlich das Brummen, das in den Hörbeispielen wahrzunehmen ist, noch etwas reduzieren.

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Kanalumschaltung?

Möchte man zwei unabhängige Kanäle (clean bzw. verzerrt) benutzen, kann dies eigentlich nur durch den Einsatz einer A/B-Box gelingen. Das Gitarrensignal wird dann entweder an Eingang 1 oder 2 des Verstärkertops angelegt. Eingang 2 ist (wider Erwarten) der klare Kanal und dessen Eingangssignal durchläuft nicht alle Vorstufenröhren. Ich persönlich besitze noch einen alten Mesa/Boogie Mark II, der wurde bereits mit einer Kanalumschaltung (via Relais) auch per Fußschalter ausgestattet, da die unkomfortable Umschaltung des Mark I mittels einer A/B-Box bestimmt viele der damaligen Kunden als äußerst unbefriedigend empfanden.

Die Bedienelemente des Mark I

Abgesehen von einer dreibandigen Klangregelung (Bass, Mitten, Höhen) finden wir zwei Volume-Regler, die jeweils auch mit Zusatzfunktionen ausgestattet wurden. Volume 1 (Push-Pull-Poti) erzeugt auf Wunsch einen Gain-Boost und damit deutlich mehr Verzerrung. Ist das Volume 1 Poti gezogen, wird gleichzeitig auch die Dreiband-Klangregelung deaktiviert. Der Präsenzregler befindet sich auf der Rückseite des Chassis. Bei Ziehen des Volume 2 Push-Pull-Potis, können aus dem verzerrten Kanal 2 des Verstärkers noch mehr Höhen „herausgekitzelt“ werden (das geschieht normalerweise durch ein simples Zu- bzw. Abschalten eines Kondensators).

Viele Gitarristen lehnen die frühen Boogies ab, da das Einstellen des gewünschten Klangs eine gewisse Sensibilität erfordert. Alle Regler haben eine große Abhängigkeit voneinander. Insbesondere wenn wir „beide Kanäle“ des Boliden nutzen wollen, muss ein Kompromiss gefunden werden. Dieses gestaltet sich für den einen oder anderen technisch unbegabten Gitarristen als eine nur schwer zu lösende Aufgabe.

Mesa/Boogie Mark I panel 1

— Zwei Gain-Regler plus schaltbarer Gain-Boost und Mastervolume-Regler —

Hall und grafischer Equalizer?

Im Netz existieren Schaltpläne des Mark I, in denen ein Hall und auch ein fünfbandiger grafischer EQ verzeichnet sind. Unser Testobjekt wurde nicht mit einer Hallspirale ausgestattet. Auf Anfrage war dies jedoch damals möglich. Dies gilt gleichermaßen auch für den typischen, für Mesa/Boogie bekannten grafischen Fünfband-Equalizer.

Rückenpanel des Mesa/Boogie Mark I

Wie man deutlich erkennen kann, wurde damals noch richtig Hand angelegt. Die Kennzeichnung der „Schnittstellen“ erfolgte über die damals gerne dafür verwendeten Beschriftungsgeräte. Der Effektweg ist überhaupt nicht beschriftet worden. Es existiert je eine Send- (unten) und Return-Buchse (oben). Die Stellung des Reglers (links der des Effekt-Loops) bestimmt den Pegel des Line-Out-Signals. Bei einigen noch älteren Mark I Modellen existiert gelegentlich überhaupt noch kein Effektweg.

Die Umpolung der stromführenden Kabel mittels Toggleswitch (neben dem Sicherungshalter), um das Auftreten eines möglichen Brummens zu reduzieren, ist mittlerweile außer Mode gekommen. Die Beschriftung der Lautsprecherausgänge wurde handschriftlich per Lackstift ausgeführt und ist inzwischen nur noch schlecht zu lesen.

Mesa/Boogie Mark I rear

— Präsenzen und Pegel des Line-Outs werden hinten eingestellt —

Eine Hallspirale wurde unserem Mark I nicht spendiert. Neben dem Präsenzregler befindet jedoch sich ein Loch im Chassis, das mit einer schwarzen Plastikkappe verschlossen wurde. Bei den Mark I Modellen mit integriertem Hall sitzt dort dann der Reverb-Regler.

Innenleben

Wie bei Mesa/Boogie üblich, kommen im Chassis nur beste und hochwertigste Bauteile (Netztrafo, Ausgangsübertrager, Filmkondensatoren der Marke Mallory etc.) zum Einsatz. Die Leiterbahnen der Platinen besitzen einen soliden Querschnitt und garantieren eine gute Signalführung.

Sound des Mesa/Boogie Mark I

Die frühen Mesa/Boogies hatten im verzerrten Bereich oft einen leicht „kratzenden“ Sound, d.h. die cremige Weichheit beispielsweise der Mark III, IV und V Modelle wurde damals noch nicht vollständig erreicht. Zu Beginn waren die ersten Mesa/Boogie Verstärker ja auch lediglich modifizierte bzw. „heiß gemachte“ Fender Verstärker.

Der Mesa/Boogie Mark I birgt ausgesprochen viele interessante klangliche Nuancen und ist somit ausgesprochen flexibel. Wirft man ihn an, spürt und hört man eine gewisse Aura, die mit Worten schwer zu beschreiben ist. Ich entscheide mich hier einmal für das Attribut „Respekt einflößend“. Auch das hohe Alter des Boliden und das Wissen, hier ein echtes Vintage-Schätzchen zu bedienen, beeindruckt. Der klare Kanal hat selbstverständlich „Fender-Charakter“. Im verzerrten Bereich liefert der Mark I, gemessen an den damaligen Verhältnissen (Mitte der 70er Jahre) und nicht zuletzt aufgrund seiner drei Volume-Regler sicherlich ausgesprochen viel Verzerrung.

Hören wir nun die Klangbeispiele, zuerst clean:

 

Gefolgt von einem angezerrten Ton:

 

Aktiviert man den Gain-Boost, wird der Verstärker zur Bestie. Hiermit wird ein enormer Lautstärkeanstieg in Kraft gesetzt. Hören wir den Amp nun mit richtig viel Gain (Volume 1 und Volume 2 stehen in der Nähe des Maximums) und aktivierten Gain-Boost:

 

Bei voller Verzerrung generiert der Mark I einen „fuzzigen“ Charakter, die Bässe sind etwas schwammig und nicht „fest“, wie beispielsweise bei einem Marshall Röhrenverstärker. Dieses hat sich später mit Erscheinen des Mark III zum Besseren entwickelt. Die Stärken des Mark I liegen für mich im klaren und angezerrten Bereich. Das Jammen mit dem schönen Stück hat mir auf jeden Fall viel Spaß gemacht!

Die Klangbeispiele wurden mit folgendem Equipment aufgenommen:

Stratocaster SSH – Mesa/Boogie Mark I – MESA/Boogie 1 x 12″ Thiele Box mit Creamback Celestion Lautsprecher – Shure SM57 – Apogee Duett – Mac mit Logic (etwas Hall und Delay).

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Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    AMAZONA Archiv

    Einfach nur ehrlich und geil dieser Sound ! Der Testbericht ist auch schön zu lesen.

  2. Profilbild
    Son of MooG AHU

    Im Proberaum spielte ich meine Synthies anfangs noch über einen Mark l, von dem der MS-10 am meisten profitierte. Später kam noch ein Orange Keyboard Combo für den Juno-6 und den DX-100 dazu, aber der Korg blieb an seinem Mesa Boogie…

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