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Zeitmaschine: Ursa Major Space Station, Halleffekt

Vintage-Hall zum Schrauben

11. Juli 2020

Die Ursa Major Space Station war eines der ersten bezahlbaren digitalen Hallgeräte der frühern 1980er-Jahre, ein Veteran der Digitaltechnik. Gemessen an  heutigen technischen Möglichkeiten ist das Gerät natürlich beschränkt und veraltet, aber die Space Station hat Charakter und ein einzigartiges Bedienkonzept, das auch 40 Jahre später im volldigitalen vernetzten Zeitalter durchaus noch seine Berechtigung hat.

Der Kopf hinter der Space Station ist Chris Woods. Er begann seine Karriere als Techniker bei KLH Cambridge, einem Unternehmen, das Stereo-Receiver entwickelte. Der Mann war innovativ und schon früh an der aufkommenden DSP-Technologie interessiert. Eine bis dahin wenig bekannte Company namens Lexicon bewarb damals ein „Varispeech“-Gerät, das mittels DSP die Tonhöhe unabhängig von der Abspielgeschwindigkeit kontrollieren konnte.

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Woods war fasziniert vom Potential der DSP-Technologie und gelangweilt von seinem Job bei KLH und heuerte bei Lexicon an, das damals ein kleines aufstrebendes Unternehmen mit nur 7 Mitarbeitern war – heute würde man wohl Startup dazu sagen.

Im Frühjahr 1977 kündigte Woods bei Lexicon mit dem Ziel, einen bezahlbaren Reverb-Prozessor zu entwickeln. Das Grundprinzip seiner Schaltungen basierte auf einer Delay-Line mit einem Schreib- und 8 Lesevorgängen. Was folgte, war eine mühselige Prozedur an Abstimmungen der Delay- und Feedback-Routinen, der Modulationen, der Verstärkerbausteine und vielem mehr, die Variationen der Abgriffe wurde  immer weiter ausgebaut. Ende 1977 war der erste Prototyp entstanden und auf der AES Convention  1978 wurde die Ursa Major Space Station schließlich offiziell vorgestellt.

Die Ursa Major Space Station war zum Zeitpunkt des Release deutlich günstiger als die Konkurrenz.

Was war speziell an der Space Station zu ihrer Zeit?

Wohl in erster Linie das Bedienkonzept, der deutlich günstigere Preis gegenüber den Mitbewerbern und natürlich die patentierte Idee mit den Abgriffen entlang einer Zeitachse zur Simulation von Räumen bzw. deren Early-Reflections und natürlich die Verwendung der Digitaltechnik selbst – die Space Station war das dritte käuflich erwerbbare Hallgerät überhaupt – nach dem EMT 250 und dem Quad Eight CPR-16. Woods schaffte es tatsächlich, vor seinen ehemaligen Kollegen von Lexicon ein digitales Hallgerät auf den Markt zu bringen.

Das Eingangssignal wird in der Space Station A/D-gewandelt und mit 8 virtuellen Tonköpfen – hier Audition Tabs genannt – in  verschiedenen pro Programm fix festgelegten Positionen abgegriffen. Es gibt 16  Programme, die die Abgriffe auf einer Zeitachse von 0 bis 255 ms positionieren.

Darüber hinaus werden weitere zusätzliche Abgriffe bzw. Tabs über Feedback in den Mixer rückgeführt, um Delay- oder Reverb-Effekte zu realisieren.

Die Hardware

Das Innenleben der Space Station ist sehr aufgeräumt

Die Platinen sind in einem stabilen schwarz lackiertem 19 Zoll Gehäuse mit 3 HE untergebracht, das für die Größe erstaunlich leicht ist. Die Frontplatte besteht aus schwarzem gebürsteten Aluminium. Markant sitzen darauf große, stabile und gut griffige rote, blaue und orangene Regler und laden zum Schrauben ein. Die Programmwahl und die Wahl der Modi erfolgt über blaue und orangene Drucktaster mit je 2 Positionen. Der Farbcode ist dabei simpel: rot = Einganspegel, blau = Audition Delay, orange = Reverb/Echo. Schließlich gibt es noch 2 kleinere Regler des EQs und einen schwarzen Feedback-Regler und einen schwarzen Regler zur Einstellung der Delay-Zeit des Echos, die per Set-Button in den Speicher geschrieben wird.

Die Wandler sind auf einem eigenen gesteckten Board untergebracht, die ICs sind gesockelt

Der Signalfluss der Space Station im Detail

Die Space Station ist eigentlich sehr übersichtlich aufgebaut. Der Signalfluss ist auf der 3 HE hohen Frontplatte aufgedruckt, das Layout der oben beschriebenen Bedienelemente ist gut gegliedert. Das Signal wird zunächst nach dem Input-Regler aufgesplittet. Der Eingangspegel ist über eine Kette aus 4 LEDs ablesbar, wobei man die Space Station durchaus mit leichtem Peak anfahren kann.

Der Signalfluss ist auf der sehr übersichtlichen Frontplatte aufgedruckt, die Bedienung ist dank Farbcode sehr einfach und lädt zum Schrauben ein

Zunächst kann das Direktsignal – der Eingang in die Space Station ist monophon – über einen eigenen Regler dem Ausgangssignal (der Ausgang der Space Station ist Stereo) wieder zugemischt werden – als Mono-Signal an beide Ausgänge.

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Die Rückseite der Ursa Major Space Station, Eingang monophon, Ausgang stereo, beides symmetrisch XLR

Der andere Signalpfad verläuft über einen EQ mit Hi- und Low-Cut und wird dann in den Audition-Delay-Mixer geleitet. Die Pegel der 8 Tabs des Audition-Mixers sind in 2er Gruppen über die großen blauen Drehregler einstellbar, die 16 Programme der Abgriffe sind über 8 blaue Taster mit einem Gruppenwahlschalter abrufbar. Das Signal der Abgriffe wird jeweils hart links und rechts (die ungeraden links, die geraden rechts) an den Stereoausgang  geroutet. Über einen Mix/Dry-Taster kann das Delay im Mixer stummgeschaltet werden, was beim Einstellen der Anteile der einzelnen Tabs hilfreich ist.

Die 16 Programme der Abgriffe sind in 4 Gruppen zu je 3 bis 5 Programmen aufgeteilt, wobei die Abgriffsintervalle innerhalb der Gruppe pro Programm variieren und in der Reihenfolge ansteigen.

Die Programmgruppen im Detail

Rooms 1-4

Diese vier Programme verwenden teilweise zufällig ausgewählte Delays, die so abgestimmt sind, dass sie Early-Reflexions simulieren. Die maximale Verzögerungszeit erscheint bei den letzten Abgriffen 7 und 8 und reicht von etwa 70 ms in Raum 1 bis zu 255 ms in Raum 4. Die kleineren Räume eignen sich zur Verwendung mit dem Medium-Reverb-Programm und kürzeren Abklingzeiten, während die beiden größeren Räume mit dem Long-Reverb-Programm bei größerem Feedback verwendet werden können. Die Programme Rooms 1-4 können je nach Feedback-Level für kurze Hallzeiten oder kurze Delays eingesetzt werden.

Kammfiltereffekte  6, 10, 22 & 38

Kammfiltereffekte entstehen, wenn ein Signal und eine oder mehrere verzögerte Versionen des Signals überlagert werden. Das Ergebnis wird als Kamm bezeichnet, da periodische Nullen und Spitzen über das Spektrum verteilt sind und bei Frequenzen liegen, die mit dem Kehrwert der Verzögerungszeit zusammenhängen – und weil die Wellenform wie wir sie heute in der DAW bequem begutachten können wie ein Kamm aussieht. Bei Mikrofonaufnahmen unerwünscht, lässt sich der Effekt gut zur Klanggestaltung nutzen. Die Kammfilterprogramme der Ursa Major Space Station erzeugen maschinenähnliche Sci-Fi-Stimmen und lassen sich gut auf Percussion und generell auf alles mit knackiger Attack und kurzem Release anwenden. Sie verleihen aber auch Flächen und sphärischem Material eine zusätzliche Dimension.

Delay Clusters – Fatty, Cloud, Slap 1, Slap 2 & Echo

In dieser Programmgruppe wird das Signal so abgegriffen, dass es in Clustern auf der Zeitachse angeordnet ist. Die Cluster treten von Programm Fatty bis zu Echo in Relation immer später auf. Fatty mit all seinen Abgriffen unter etwa 40 ms hat so gut wie keine hörbare Trennung von der Quelle und kann zur Dopplung von Signalen verwendet werden. In Cloud ist der Cluster schon deutlicher verzögert, während Slap 1 und Slap 2 ihrem Namen alle Ehre machen. Echo erzeugt eine einzelne Wiederholung der Quelle bei etwa 250 ms, mit acht leicht verzögerten Abgriffen für einen klassischen Slap-Back Effekt.

Space Repeats 2, 3 & 4

Diese drei Programme ermöglichen 2-fache, 3-fache  oder 8-fache Wiederholungen mit einem gleichmäßigen Zeitabstand von 0 bis 255 ms mit L-R-, L-Center-R- bzw. L-R-L-R-Bewegung. In jedem Programm werden alle immer alle 8 Abgriffe verwendet und können zur Dopplung des Eingangssignals verwendet werden.

Feedback und mehr

Nachdem über die Programme die 8 Abgriffe des Originalsignals bestimmt werden, kann über den Reverb/Echo-Button bestimmt werden, wie speziell für Feedback bestimmte zusätzliche und nicht über den Benutzer beeinflussbare Tabs wieder über den Input-Mixer in den Signalfluss rückgeführt werden können. Dabei gibt es zwei Modi – Echo – ein einfacher Abgriff oder Reverb, wo vielfache zufällige Abgriffe erfolgen. Die Delay-Time des Echo-Effektes kann dabei über einen eigenen Regler mit dem Set Taster von 0 – 255 ms eingestellt werden, für den Reverb-Modus gibt es zwei Modi – Long und Medium, die über einen entsprechenden Taster ausgewählt werden können.

So weit die schwer verkopfte Theorie und die Auflistung der Möglichkeiten, die für die damalige Zeit schon sehr beachtlich waren.

Klang und Praxis

Wie immer zählt am Ende des Tages ja, was hinten aus der Kiste rauskommt, kommen wir also zu Klang und Praxis: Aufgrund des Frequenzganges von 20 Hz bis 7 kHz und einer Samplingfrequenz von 16 kHz kann man kein High-End-Klangerlebnis erwarten. Aber aus diesem Grund würde sich ja wohl auch niemand auf die Suche nach einem der mittlerweile sehr raren Originale machen.

Was bei der Space Station wirklich einzigartig ist, ist die Bedienung. Sie ist die Antithese zum Preset-Gerät. Speichern gibt es nicht. Alle Regler auf Null, Preset auswählen, dann von links nach rechts die Abgriffe aufdrehen mit denen das Reverb/Echo gefüttert werden, Reverb – Echo-Regler aufdrehen bis das Signal passt – bzw.  beim Echo/Delay die Zeit anpassen – fertig.  Man kommt im Rahmen der Möglichkeiten immer sehr schnell zum Ziel und vermisst die fehlende Speichermöglichkeit nicht wirklich – 2020 gibt es schließlich auch die Möglichkeit, mit dem Handy eben schnell die Einstellung zu fotografieren, Patch-Sheets waren gestern.

Der Sound ist „Vintage“ und „80er“, in keinem Fall aber dünn, cheesy  oder „digital“ im Sinne von billig. Die Space Station generiert kraftvolle, kurze bis mittlere Räume und eignet sich gut für Drums, Percussion, Rhodes, Wurlitzer und sonstiges Elektromechanisches und Synthesizer. Dezent eingesetzt beleben die Kammfilterprogramme so manches VST und geben dem Signal eine zusätzliche Dimension. Und nicht zuletzt lassen sich klassische DUB-Delays damit umsetzen. Schön ist natürlich die Möglichkeit, die Abgriffspositionen mit den 4  Reglern des Audition-Delay-Mixers live zu modulieren – Hall zum Schrauben eben.

Ich habe versucht, in den Klangbeispielen diese breite Palette an Möglichkeiten abzubilden. Das Signal ist zunächst immer trocken. Bei den längeren Beispielen wurden Programme während des laufenden Signals gewechselt und auch schon einmal die Pegel der Abgriffe live geändert.

Sehr zu empfehlen ist in diesem Zusammenhang für Interessierte die immer noch abrufbare Homepage von Chris Woods unter http://www.sevenwoodsdesign.com/SST282_History.htm. Neben originalem Werbematerial und Fotos von diversen AES Conventions, die Chris Woods im Kreis mit den damaligen Köpfen von Lexicon, Eventide, Yamaha, Quantec und EMT zeigen, finden sich dort auch MP3s von Promotion-Tapes zum Zeitpunkt der Markteinführung vor 40 Jahren – eine Zeitreise der Extraklasse, unbedingt reinhören.

Denn dabei wird einem bewusst, das man sich mit einer Ursa Major Space Station ein Stück Musikproduktionsgeschichte ins Rack holt, das obwohl ein Kind der 80er, doch zeitlos ist.

Alternativen zur Ursa Major Space Station

Diese sind sehr rar gesät. Von Moore selbst stammt eine Neuauflage der SST-282, die SST-206, die die originalen Algorithmen erweitert um einen „richtigen“ Reverb-Algorithmus in ein kleines Desktop-Gehäuse verpackt liefert. Aber auch dieses in den frühen 2000ern auf den Markt gebrachte Gerät ist nur mehr auf dem Gebrauchtmarkt erhältlich. Von Ursa Major selbst gab es als direkten Nachfolger der Space Station SST-282 noch das Stargate. Chris Moore entwickelte in weiterer Folge das AKG ADR-68K (nachdem seine Firma 1986 von AKG aufgekauft wurde) und schrieb auch einige Algorithmen für Kurzweil. Wenn die recherchierten Informationen aus dem www stimmen, ist Chris Moore leider schwer erkrankt und wird selbst leider nicht mehr an Portierungen in die VST-Welt mitwirken können, die bereits angedacht waren.

Eventide brachte ein Plugin, basierend auf den originalen Algorithmen heraus, aber leider nur für Pro Tools TDM Systeme, es wurde nie auf VST portiert.

Von Audiority gibt es das Plugin Polaris, das sehr stark von der Space Station „inspiriert“ ist und natürlich gibt es noch die Möglichkeit der Nutzung von Convolution Reverbs wie Altiverb – für dieses gibt es käuflich erwerbbare Impulsantworten der SST-282.

Wie fast immer gilt aber auch hier, wer diesen Sound mit diesem Bedienkonzept will, muss sich auf die Suche nach einem der mittlerweile sehr raren Originale machen.

Nachsatz

Natürlich ist so eine Anschaffung, wenn man denn überhaupt eine Space Station auftreiben kann, immer mit Risiko behaftet. Ein 40  Jahre alter Digitalhall wird nicht ewig leben, aber „damals“ wurde definitiv hochwertiger produziert als heute. Immerhin sind fast alle ICs und Speicherbauteile gesockelt. Es ist natürlich alles in Durchstecktechnik verbaut, SMD in weiter Ferne. Es wurden hochwertige Komponenten verbaut. Die 40 Jahre alten Elkos meines Exemplars zeigen nicht den Hauch einer Wölbung – und es gibt keine Speicherbatterie, die auslaufen kann. Das Service-Manual mit Parts-Liste ist immer noch auf der Homepage abrufbar.

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Fazit

Mit der SST-282 holt man sich ein Stück Musikproduktionsgeschichte ins Rack, das der Spur, Gruppe oder dem Track einen Vintage- oder 80er-Touch verpasst und gerade auch in der modernen Musikproduktion universell und kreativ einsetzbar ist. Hier ist nichts speicherbar oder automatisierbar, Handarbeit ist angesagt. Dabei kann man aufgrund des sehr guten Layouts Hall und Delay live schrauben. Belohnt wird man mit einem Klang, der gerade digitalen Quellen und virtuellen Instrumenten Dimension und Leben einhaucht.

 

Plus

  • Bedienung, Layout
  • Vintage Sound
  • kurze Räume, Slap-Backs, Kammfiltersounds, Dub-Delays
  • wertet auch heutiges digitales Equipment und VSTs auf

Minus

  • 40 Jahre alte (digitale) Technik hat ein Ablaufdatum, das keiner kennt
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Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    AMAZONA Archiv

    Hätte ich immer gerne gehabt,aber nicht zu den Preisen,schönes Gerät,danke für den schönen Artikel.

    • Profilbild
      toneup RED

      Oh ja, das SST -206 hätte ich sehr gerne alleine schon als Backup für meine Space Station, ist aber nicht zu bekommen. Da das ja rein digital ist wäre es toll wenn das auf VST portiert werden würde, aber das wird wohl leider nicht passieren, Herr Moore jedenfalls wird es leider nicht mehr können. Verstehe trotzdem nicht warum z.B. Universal Audio sich der Sache nicht annehmen, die Lexicons haben sie ja auch emuliert.

      • Profilbild
        AMAZONA Archiv

        @toneup Gibt es jetzt als Plugin von Audiority, kenne die Hardware nicht aber das Plugin klingt wirklich super……

  2. Profilbild
    nativeVS AHU

    Sehr schoener bericht ueber einen definitven klassiker. Irgendwie hat die Space Station meiner meinung nach immer einen hauch Bandecho.
    Man sollte vielleicht auch noch das 8×32 als zwischenstufe von der Space Station zum ADR-68K erwaehnen. Interesannt ist da auch, dass sie fuer das ADR den Concert Hall algorithmus des Lexicon 224 als basis nachentwickelt haben.

  3. Profilbild
    AMAZONA Archiv

    Vielen Dank für diesen schönen, natürlich viel zu kurzen ;) Artikel!

    Ich bin einer der Glücklichen, die vor wenigen Jahren bei schneidersladen in Berlin ein NAGELNEUES SST-206 ergattern konnten, mit Seriennummer 0133. Sehr viele werden wohl nicht gebaut worden sein.
    Es ist von der Bedienung her anders als die 282, da es ausschließlich 12 Drehregler gibt, zwei davon für Schaltfunktionen, die mit der Drehbewegung durchgesteppt werden.
    Es scheint, als könnte man an dem alten Gerät wegen der höheren Anzahl an Bedienelementen umfangreicher schrauben – klassischer Trugschluss.
    Jedenfalls klingt das 206 authentisch nach den 70ern und allen Klangbeispielen nach, die ich bisher finden konnte, dem 282 sehr ähnlich.
    Zusätzlich gibt es an dem Gerät aus den Nuller-Jahren aber auch ein paar Extras im Vergleich zum Original, auf die ich gern kurz eingehen möchte.
    Beim originalen 282 gibt es in der Reverb-Betriebsart keine Möglichkeit, „nur“ Hall ohne die frühen Reflexionen zu haben. Das geht im 208 in einer höher aufgelösten Version des originalen Algorithmus. Mit einem Regler kann dort das Verhältnis Early Reflections / Reverb bestimmt werden.
    Auch vom Echo-Algorithmus gibt es eine höher aufgelöste Version, die viel längere Delayzeiten ermöglicht. Beide alternativen Algorithmen klingen grundsätzlich wie die originalen, nur ohne hörbaren Noisefloor.

  4. Profilbild
    AMAZONA Archiv


    Das Highlight im handlichen SST-206 ist aber auf jeden Fall der Room-Algorithmus. Damit wollte der gute Herr Moore das bestmögliche aus der Hardware herausholen und das ist ihm, wie ich finde, sehr gut gelungen. Die Space Station wird damit zu einem unglaublich direkt bedienbaren, hervorragend klingenden modernen Hallgerät. Auch in dieser Betriebsart wird auf die vorhandenen Muster der Early Reflections zurückgegriffen, aber ohne die charakteristische „Time Modulation“ wie beim ursprünglichen SST Reverb. Zusätzlich gibt es einen extra Hallalgorithmus, der weich wie eine Blumenwiese, aber auch sehr metallisch klingen kann, je nach Größe und LF/HF Decay. In Kombination mit den frühen Reflexionen und der direkten Bedienbarkeit ist diese Betriebsart ein Traum zum Produzieren, weil es intuitiver und schneller einfach nicht geht. Gerade beim Samplen von perkussiven Sounds kann man da wunderber mit verschiedenen Räumlichkeiten und Raumanteilen experimentieren und kommt schnell auf den Punkt.

    Dieses Gerät ist mir so ans Herz gewachsen, dass es schon fast weh tut …

  5. Profilbild
    swissdoc RED

    Hallo Alex,
     
    vielen Dank für die Vorstellung der Space Station 282 und die aussagekräftigen Klangbeispiele. Ein paar Anmerkungen seien erlaubt:
     
    Im Gerät gibt es genau einen DA-Wandler (einen DAC-08 von Analog Devices), der alle AD (via sukzessiver Approximation) und DA Wandlungen durchführt. Die Bildunterschrift ist also etwas irrführend.
     
    Wie auch beim Stargate 323 (626) und der 8X32 handelt es sich eher um einen Hybrid-Hall. Nur Delay und die Modulation der Delay-Taps erfolgen digital. Filterung und Mischung des Feedback-Signals erfolgen analog. So konnte auf den kostspieligen Einsatz von Multiplikatoren und digitalen Filtern verzichtet werden.Die Architektur ist damit deutlich anders als z.B. beim EMT 250 oder einem Sony DRE 2000.
     
    Im Blog von Sean Costello gibt es einen schönen Beitrag, der auf das Problem von stabilem Reverb und die Lösung in der Space Station eingeht:
    https://bit.ly/2CkUftD
     
    Das dort verlinkte Patent findet man heute hier:
    https://bit.ly/3ekd6Cj
     
    Ich gehe davon aus, dass in der SST-206 eine rein digitale/DSP Implementation gewählt wurde und eben nicht mehr analog gefiltert und gemischt wird.

    • Profilbild
      AMAZONA Archiv

      @swissdoc Die SST-206 ist ganz bestimmt rein digital. Alles basiert auf einem Motorola DSP56311 DSP. Beim Reinschauen habe ich keine Wandler und keine analogen Filterchips entdeckt ;)

      • Profilbild
        swissdoc RED

        Stimmt, es muss ja mit externem Wandler betrieben werden. Das hat mich immer vom Kauf abgehalten. Aber mit Stargate 323, 8X32 und AKG ADR 68K habe ich nun ausreichend Moore-Reverbs im Hause.

        • Profilbild
          AMAZONA Archiv

          @swissdoc Ja, die Hübschen waren alle vor ein paar Jahren noch ein bisschen günstiger … obwohl ich das AKG nie irgendwo inseriert fand. Ist wohl doch recht selten, das Teil – und ich glaube, ich würde mir bei jedem Einschalten Sorgen machen, ob es nun doch das letzte Mal war … aber dennoch Glückwunsch! Das ist eine sehr schöne Kombination.

          • Profilbild
            swissdoc RED

            Das AKG hat 2013 den Weg von David Kulka, Studio Electronics, Inc. zu mir gefunden. Einfach auf eBay und spontan gekauft, Die Stargate gab es hier in CH via Ricardo in 2015 und die 8X32 kam via Vemia Auktion dieses Frühjahr. No Risk no fun.
             
            Beim AKG gab es noch etwas Stress, ein paar Pins hatten die Jungs beim Eindrücken der Chips verbogen. War etwas peinlich für David, aber dafür gab es noch ein paar Goodies für lau dazu,

              • Profilbild
                swissdoc RED

                @nativeVS Ja nun, ich wollte das Teil halt gerne haben :-) Frage mal bei Matthias Fuchs an, im April hatte er mir eine 8X32 angeboten, da war die Auktion aber schon durch.

    • Profilbild
      toneup RED

      @swissdoc Hallo swissdoc, stimmt, die Bildunterschrift ist irreführend. Ich wollte darauf hinweisen, das die Verarbeitung sehr gut und servicefreundlich ist, wobei ich kein Techniker bin und leider nicht sagen kann, wie es um die Verfügbarkeit der Bauteile aussieht. Ich wünsche meiner Space Station jedenfalls noch ein langes Leben, ich setze sie auf so gut wie jeder Produktion ein.

      • Profilbild
        swissdoc RED

        @toneup Zumindest der DAC-08 sollte kein Problem sein, den gibt es für ein paar EUR via eBay oder sonstwo zu kaufen. Geniesse einfach jeden Tag, an dem die Kiste noch tut…

  6. Profilbild
    AMAZONA Archiv

    Nach dem hören der Beispiele könnte ich schwören Kruder & Dorfmeister haben ihre Sounds durch die Space Station geschickt. Soviel zu klingt nach Bandecho oder BBD-Delay. Cooles Teil!

  7. Profilbild
    toneup RED

    Oh ja, das SST -206 hätte ich sehr gerne alleine schon als Backup für meine Space Station, ist aber nicht zu bekommen. Da das ja rein digital ist wäre es toll wenn das auf VST portiert werden würde, aber das wird wohl leider nicht passieren, Herr Moore jedenfalls wird es leider nicht mehr können. Verstehe trotzdem nicht warum z.B. Universal Audio sich der Sache nicht annehmen, die Lexicons haben sie ja auch emuliert.

  8. Profilbild
    Anthony Rother AHU

    Toller Bericht, vielen Dank da hat man gleich schon wieder lust auf’s Studio . Wie ist denn der Name von dem Eventide TDM Plug-In bzw. Algorithmus ? Danke.

  9. Profilbild
    iggy_pop AHU

    Es ist komisch: So sehr ich alte Synthesiser und (ver)alte(te) Tonstudiotechnik mag, für diese Art früher Hallgeräte habe ich mich nie wirklich interessiert. Egal, ob Quantec, Lexicon, AMS, Eventide oder EMT — der Gedanke, mit den Dingern im Reparaturfall noch aufgeschmissener zu sein als mit einem frühen Digitalsynthesiser, hat mich immer ziemlich abgetörnt.

    Irgendwie sollen für mich Hallgeräte immer nur Hall machen; wenn ich Specials haben will, greife ich lieber auf Federhall oder Bandechos zurück — der Rest muß Brot und Butter sein.

    Und ersetzbar — ohne dabei ruinös zu werden oder meine Arbeit komplett lahmzulegen, weil ich gerade auf genau dieses Gerät angewiesen bin.

    • Profilbild
      AMAZONA Archiv

      @iggy_pop So isses.
      Dieser Begeisterung für Hallgeräte konnte ich mich bisher auch weitestgehend entziehen. Und heute wirste eh erschlagen mit algorithmischen Reverbapparillos, VSTs und Faltungshall.
      Denke nicht, dass es in der Musikproduktion schwerpunktmäßig auf den Hall ankommt, die 80er sind vorbei.

      • Profilbild
        AMAZONA Archiv

        Aber es geht ja nicht nur um „Hallfahnen“ als Effekt, sondern um den Sound, den das jeweilige Gerät mit dem Ursprungssignal macht. Das verändert doch alles. Wenn man zum Beispiel auf Early Reflections verzichtet, bekommt man keinen räumlichen Mix hin.
        Und anstatt ERs kann man ja z.B. mit sowas wie der Space Station eine Art „Pseudo-Early Reflections“ basteln, die dann den Sound in ein ganz eigenes Gebilde verwandeln und das mit räumlicher, gewissermaßen 3D-Anmutung.

        • Profilbild
          AMAZONA Archiv

          Heute kannst Du die Bastelei mit guten Reverbs im gesunden Rahmen halten. Funktioniert zuverlässig. Von einem Verzicht auf Early Reflections schrieb ich doch gar nix. Nee, lass man stecken. Wer den Hokuspokus alter (digitaler) Maschinen braucht, soll glücklich damit werden. Ich lobe mir die modernen digitalen Reverbs. Komme damit punktgenau dahin, wo ich hin will.

          • Profilbild
            TobyB RED

            Da muss ich dir zustimmen, auch wenn es Situationen gibt wo etwas mit Space in die Kiste geht. Prinzipiell gehts ja beim Thema nur um die Reproduktion oder Produktion eines „Raumklanges“. Ich persönlich favorisiere den pragmatischen Ansatz. Die alten digitalen Maschinen haben zwar auch ihren Zweck. Und für Jams daheim im Studio ihren Vorteil. Beim Tagwerk ist es allerdings praktischer in der Box. Bei vermutlichem gleichem Ergebnis und weniger Aufwand. Und für den Fall der Fälle in Logic X schlummert das Impulse Response Utility für den Space Designer. Damit sind IRs fix in der Kiste. Selbst für komplexe Geschichten.

        • Profilbild
          toneup RED

          Ich möchte hier ganz dringend zustimmen. Natürlich ist die Diskussion auf einer abgehobenen Ebene weil die originale ohne dies nicht zu bekommen sind aber egal was man durch die Space Station schickt das Signal wird aufgewertet

  10. Profilbild
    Finess7

    I love this machine and I want one! But the prices make me run away from it!

    But alternatively I use a Dynacord DRS-78 and a Dynacord SRS-56! Which to me are amazing

  11. Profilbild
    SpaceOtto

    Super Artikel, da bleiben keine Fragen offen. Ich habe die Space Station seit 30 Jahren aber in deinem Beitrag habe ich auch noch ein paar Neuigkeiten erfahren.
    Gruß Stratotto

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