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Test: Black Lion Audio Seventeen, Kompressor

Gut gebrüllt, Löwe!

11. Januar 2019
black lion audio seventeen

Black Lion Audio Seventeen

Amerikaner, so das gängige Klischee, sind eher rustikale Menschen. „Viel hilft viel“ ist oft die Devise und wenn man den fast vier Liter fassenden Cola Eimer für das Kino sieht oder die größten Burger der Welt, dann neigt man dazu, das zu glauben. Große V8 Motoren, American Football und nicht zuletzt der amerikanische Präsident unterstreichen den Eindruck: In Amerika gibt es Schwarz oder Weiß, ja oder nein – und ein Händedruck muss kräftig sein.

Ein Blick ins kurze Handbuch meines Testgerätes, dem Black Lion Seventeen, zeigt: Der Hersteller gibt sich auch gerne typisch amerikanisch. Die Safety Instructions geben in den ersten vier Punkten keinen Spielraum zur Interpretation:

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  1. Read these instructions
  2. Keep these instructions
  3. Heed all warnings
  4. Follow all instructions

Nix mit Fifty shades of grey – bei Black Lion gibt es nur Schwarz oder Weiß – oder?

black lion audio seventeen

Black Lion Audio kommt aus Amerika, genauer gesagt aus Chicago, Illinois, dem „Land of Lincoln“, wie mir Wikipedia verraten hat. 2006 begann man, in einem kleinen Shop Audiointerfaces zu modifizieren und bald hatte man sich einen Namen in der Szene gemacht. Wenig später brachte man eigene Geräte auf den Markt, wie die unter Insidern bekannte Micro Clock, die es mittlerweile bis zur MkIII-Version geschafft hat.

Black Lion Audio Seventeen Innenleben

Hier entsteht die Magie: Das Innenleben des Black Lion Audio Seventeen

Der Seventeen ist ein Transformer Coupled FET Limiting Amplifier oder einfach ausgedrückt ein Kompressor. Und obwohl bei der Zahl 17 schon die ersten Augenbrauen hoch gehen (1176), stellt man auf der Website klar: „The Seventeen is not the ’76 compressor that your grandfather recorded with.“ Oder, um es klar zu sagen: Das ist kein 1176 Klon. Nun ja, wenn ich mir die Frontplatte anschaue, dann kommen mir da schon Zweifel. Die Potis sind – zumindest auf der linken Seite – genauso angeordnet, wie beim berühmten 1176. Dazu die vier Ratio-Schalter und das Vintage-VU-Meter. Warum diese Ähnlichkeit, wenn man doch kein Nachbau sein möchte?

Black Lion Audio Seventeen Innenleben

Gut sichtbar ist der abgekapselte, großzügige Ringkerntrafo

Tatsächlich ist die Schaltung des Seventeen sehr unterschiedlich im Vergleich zu den klassischen 1176 Layouts, was auch einen ersten Hinweis auf eine klangliche Eigenständigkeit gibt. Eigenständigkeit zeigen auch die zusätzlichen Features, mit denen der Großvater nicht spielen durfte: rin Highpass- und ein Lowpass-Filter, die SideChain-Funktion und einen Dry/Wet-Regler (Comp Mix), den ich als besondere Bereicherung des 1176 Konzepts sehe. Dazu später mehr.

Auf der Rückseite ist alles wie gewohnt: Jeweils ein XLR für den Input und den Output und eine „Link“-Cinch-Buchse, um zwei Seventeen zu einem Stereopärchen zu verbinden.

black lion audio seventeen

Die Verarbeitung ist über jeden Zweifel erhaben: Die Potis und Schalter sitzen stabil im Metallgehäuse und lassen sich sicher und mit gutem Widerstand bedienen. Der Ein/Aus-Schalter ist zudem wieder aus der Rubrik „American way of life“: Wie ein Händeschütteln mit einem Holzarbeiter in Alaska. Irgendwie sympathisch.

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Erster Eindruck des Black Lion Audio Seventeen

Hier beginnt mein „Amerika-Gleichnis“ erstmals zu wackeln. Aber gemach: Der Seventeen ist kein 1176 Klon, kein Reissue, kein Nachbau. Er hat eine eigenständige Schaltungstechnik und einen erweiterten Funktionsumfang. Deswegen darf man sich auch nicht der Illusion hingeben, dass man das in Fachkreisen bekannte, leicht angedickte, warme Klangbild des 1176 präsentiert bekommt. Ganz im Gegenteil: Der Black Lion erfüllt den Mix mit einer Luftigkeit und einer Leichtigkeit, die man bei den klassischen Ahnen nicht erreichte. Einen 1176 setzt man ein, um den Drums mehr Fülle zu geben, dem Mix mehr Wärme und Durchsetzungsvermögen im Lowend. Ein Seventeen verschlankt das Klangbild nicht, sondern befreit es vom Gedrängel der Spuren. Die zwei verschiedenen Kickdrums des DrumBrute klingen zusammen nicht mehr wie eine größere Trommel, sondern wie zwei Drums, die zusammen schwingen und so eine Gesamtheit bilden.

Im Bypass-Mode „rattert“ der DrumSynth so vor sich hin, aber mit aktivierter Kompression beginnen meine KS Digital C88 zu swingen. Das mag nach Hi-Fi Geschwafel klingen und auch die Klangbeispiele geben das nicht in dieser Klarheit her – aber wenn man den Seventeen im Setup einbindet, dann kann man diese blumige Beschreibung nachempfinden.

Im folgenden Klangbeispiel hört man zwei Takte lang den DrumBrute ohne Kompression und danach zwei Takte mit aktiviertem Seventeen. Bitte mit Kopfhörer oder guten Monitoren abhören: sonst werden die subtilen – aber wichtigen – Unterschiede nicht hörbar. Mit einem Handy-Lautsprecher kann man den Unterschied kaum wahrnehmen.

Wer bis dato „nur“ einfache VCA-Kompressoren im Einsatz hatte, wird zunächst nicht wissen, was hier gemeint ist. Ein Kompressor soll doch nur … komprimieren! Deswegen kann ich den Besitzern von dbx, Behringer & Co. nur raten, sich mal so einen Kompressor für den Mix zu holen. Ähnlich – nur anders in der Tonalität – verhält es sich übrigens auch mit klassischen 1176er, LA-2a und diversen SPLs. Diese Kompressoren sind nicht einfach nur Dynamik-Prozessoren, sondern dienen dazu, den Klang des Mixes zu verfeinern und zu formen.

Details zum Black Lion Audio Seventeen

Book Cover "Die Audio Enzyklopädie"Als erstes sucht man – wenn man mit dem 1176 Layout nicht vertraut ist – den nicht vorhandenen Threshold-Regler. Tatsächlich sind der 1176 und auch der Seventeen Rotationspunktkompressoren.

Andreas Friesecke, Tontechniker und Autor des Standardwerkes „Die Audio-Enzyklopädie: Ein Nachschlagewerk für Tontechniker“ (2007, Amazon Link) erklärt diese Technik so: „Hier [beim Rotationskompressor] wird der Threshold über den Input-Regler geregelt. Der Vorteil dieser Kompressoren ist, dass sie sich sehr gut einstellen lassen, da sie das Signal um einen bestimmten Arbeitspunkt (Rotation Punkt) herum verändern und an diesem Punkt einen konstanten Pegel beibehalten.“ 

Der Threshold ist also fest und man regelt über den Input den Pegel vor dem Threshold. Durch den Output wird dann der Verlust durch den niedrigen Eingangspegel wieder kompensiert. Tatsächlich ist die Arbeitsweise ähnlich wie mit Threshold und Makeup-Gain: Schwellwert bzw. Input einstellen und über den Make-Up bzw. den Output angleichen. Die Input- und Output-Regler können mit ihren großen Durchmessern sehr genau bedient werden und die leichte Rasterung unterstützt bei der schrittweisen Annäherung an die perfekte Balance zwischen Ein- und Ausgang.

Interessant finde ich, dass ähnlich wie beim berühmten Vorbild auch der Black Lion besonders gut klingt, wenn Input und Output mit „Verve“ bedient werden. Also: Nicht schüchtern sein – der Löwe mag gern an seiner Mähne gepackt werden.

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Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    [P]-HEAD AHU

    Der Test macht wirklich Lust auf das Gerät. Ich frage mich nur, ob ich diese Unterschiede durch die Lupe überhaupt wahrnehmen kann. Muss ich erstmal Deine Klangbeispiele über die Monitore hören.
    Ach ja, der Klark Teknik 1176 Clone kostet überall als Ladenpreis 199.- EUR, nicht mehr 649.- EUR.

    • Profilbild
      Jörg Hoffmann RED

      @[P]-HEAD Vielen Dank für Deinen Kommentar. Ja, das mit dem Klar Teknik habe ich jetzt auch gesehen – die Behringer Gruppe gibt gerade ganz schön Gas und senkt vielerorts die Preise (Mischpulte, Synthese, Studioequipment).

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