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Test: Hughes & Kettner Black Spirit 200, Gitarrenverstärker

Glaskolben, zieht euch warm an!

23. Dezember 2018
Hughes&Kettner Black Spirit 200

Der Hughes & Kettner Black Spirit 200

Es mutet an wie die Suche nach dem Heiligen Gral, was Gitarristen seit Dekaden von der Industrie immer wieder versprochen und doch nie gehalten wurde. Die Rede ist von dem ewigen Wunsch, sich endlich von den vergleichsweise empfindlichen, wartungsintensiven, teuren und schweren Vollröhrenboliden zu trennen, die zwar einen Anachronismus par exellence darstellen, klanglich aber nach wie vor ab einer gewissen Qualitätsstufe immer noch das Nonplusultra manifestieren. Einzig die Sampler-Technik eines Kemper Amps kratzt zuweilen an der Rinde der Protagonisten, während sich das Transistor-basierende Verstärkerangebot primär im günstigen Übungs-Amp-Markt etabliert hat. Sich dessen bewusst, holt das Saarländer Unternehmen mit dem Hughes & Kettner Black Spirit 200 Medien- und Marketing-technisch zu einem ganz großen Schlag aus, der ob der vollmundigen Ankündigungen erneut eine Wunschvorstellung erwachen lässt, die wieder einmal zu schön um wahr zu sein wäre. Oder vielleicht ja doch?

Saarland und Sonstiges

Hughes & Kettner geht es gut. Wahrscheinlich sogar sehr gut, wenn man ein kurzes Resümee der letzten Produktveröffentlichungen Revue passieren lässt. Die Grandmeister Serie läuft aufgrund ihrer Abmessungen und dem klanglichen Verhalten hervorragend im Working Musician Bereich, die Era Serie springt aus dem Stand auf Platz 1 der besten Akustikgitarrenverstärker weltweit und mit dem 6-kanaligen Triamp MKIII verfügt die Firma über einen High-End Vollröhren-Head der absoluten Spitzenklasse. Was also könnte man noch machen, um dem Portfolio einen extra Anstrich zu verpassen, um selbst der Konkurrenz aus Übersee und Brexit-Land einen erstaunten Blick ins Gesicht zu drücken?

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Typisch deutsch möchte man in die Runde werfen, was die Ingenieursleistung angeht. Dass allerdings ausgerechnet Hughes & Kettner sich dem Transistor-Thema widmet, kommt nicht von ungefähr, wagte man doch schon vor Dekaden mit als erster Anbieter überhaupt den Wechsel auf reine Transistor-Technik, zugegebenermaßen mit klanglich eher bescheidenen Ergebnissen. Eben diese Experimentierfreude sorgte lange Zeit dafür, dass der Betrieb aus St. Wendel in Musikerkreisen eher belächelt wurde, bevor man in den letzten Jahren einen Knaller nach dem anderen auf den Markt brachte. Sich jetzt dieser Herausforderung erneut zu stellen, bedarf es wahrlich jeder Menge „Cojones“.

Hughes&Kettner Black Spirit 200 rear

Black Spirit Back

Der Aufbau des Hughes & Kettner Black Spirit 200

Ein kurzer Blick auf das äußere Erscheinungsbild des Hughes & Kettner Black Spirit 200 lässt die Elternschaft sehr leicht erkennen. Ganz im Stil der Grandmeister 36 und Deluxe 40 haben wir es mit einem typischen Brikett zu tun, das jedoch in den Abmessungen etwas kleiner gehalten wurde, wobei die bei den Vorbildern in Chrom gehaltenen Seitengriffe und Regler einem metallischen Schwarz gewichen sind. Nimmt man den Hughes & Kettner Black Spirit 200 das erste Mal in die Hand, erschreckt man sich fast ob des geradezu lächerlichen Gewichtes. Im Gegensatz zu den knapp 8 kg seiner Vorbilder, bringt der Head mit knapp 3,5 kg nur noch ca. 45 % auf die Waage, was dem reisenden Musiker fast schon Tränen in die Augen treibt.

Ich selber erledige meine Flugshows seit Jahren mit einem Grandmeister 40 im regulären Gepäck, muss dabei aber immer wieder aufpassen, zusammen mit Fußschalter, Kabel, Bühnenkleidung etc. nicht die berüchtigte 21 kg Marke zu reißen, sonst droht Übergepäck. Mit einem Hughes & Kettner Black Spirit 200 lässt sich dieses Unterfangen deutlich entspannter angehen, man könnte ihn sogar noch ins Handgepäck packen. Übrigens, der Black Spirit verfügt im Gegensatz zum Grandmeister auch über ein Multispannungsnetzteil, d. h. auch die um die 110 Volt eiernden Spannungen bei Auslandsshows z. B. in den USA, Japan oder teilweise Brasilien können nun mit diesem Amp gespielt werden. Herrlich!

Wer sich einmal mit der Grandmeister Serie beschäftigt hat, kommt auch sehr schnell mit dem Hughes & Kettner Black Spirit 200 zurecht. Auch dieser Head lässt sich als 4-kanaliger Amp im Stompbox-Betrieb oder aber in Zusammenarbeit mit einem passenden Fußschalter, z. B. dem FSM-432 MK III, auf 128 Speicherplätze programmieren. Auch wurde der Boost-Schalter übernommen, der nicht wie üblich den Gain-Anteil erhöht, sondern mehr im klassischen Sinne die Funktion eines Treble-Boosters der ersten Generationen übernimmt, wobei hier im Gegensatz zum Grandmeister mehr die Tiefmitten angeschoben werden. Schön für Soli und kurze „dicke-Hose“ Passagen.

Durch eine Doppelbelegung der Regler Gain, Volume, Bass, Mid, Treble und Noise Gate hat man den Zugriff auf ein intern verbautes digitales Effektgerät, das die Effekte Reverb, Delay, Flanger, Chorus, Phaser und Tremolo abdeckt. Ein paar kleine Abstriche in der Flexibilität der Effekte muss man allerdings in Kauf nehmen. Während das Delay noch mit drei Reglern klassisch zu bedienen ist, kann man bei den Modulationseffekten lediglich Intensität und Geschwindigkeit verwalten. Typische Erweiterungen wie z. B. der Resonance-Regler im Flanger-Bereich blieben leider auf der Strecke, was allerdings nichts über die Qualität der Effekte aussagt. Ansonsten der Standard wie Presence und Resonance für die Endstufe, Mastervolume und einen schaltbaren FX-Loop.

Je nach angeschlossenem Cabinet kann man zwischen einer Leistung von 200 Watt, 20 Watt oder 2 Watt wählen, was dem Amp eine sehr hohe Flexibilität von großer Openair-Bühne bis zu leisem Bedroom-Betrieb ermöglicht. Die 20 Watt Schaltung eignet sich besonders für 1×12“ Vintage Cabinets, die bei 200 Watt schnell einmal durch geblasen werden können. P.S. Ich habe im Test die 200 Watt in Volllast an einem 412er Cabinet einmal ausprobiert, diese Lautstärke will man ohne massivem Gehörschutz auf keiner Bühne haben :-)

Besonderheiten des Hughes & Kettner Black Spirit 200

So, jetzt ans Eingemachte! Was also haben die Saarländer nun gemacht, um dem Vollröhrensound so nahe wie möglich zu kommen? Das erste Zauberwort heißt „analog“, das zweite „Bionic Tone Generator“. Analog will heißen, dass hier nichts gemodelt oder gesampelt wurde, sondern die einzelnen Bauteile rein analog arbeiten. Der Bionic Tone Generator hingegen ist eine vergossene Platine, über deren Innenleben sich H&K erwartungsgemäß in Schweigen hüllen und die als optischer Blickfang neben dem in klassischem Blau gehaltenen Amp in dezent glimmenden Rot auf der Vorderseite thront. Eben diese Platine soll den typischen Röhrensound erzeugen und wurde unter großem Aufwand in den letzten Jahren entwickelt.

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Der Amp hat Bluetooth fest verbaut, was sowohl das Einspeisen von Musik, als auch wie beim Grandmeister die Fernsteuerung über eine iPad App ermöglicht. Das beim Grandmeister noch benötigte externe Interface entfällt hier jedoch. Line-Pegel lassen sich auch über den rückseitigen AUX-In einspeisen und ein Kopfhörer kann auf der Vorderseite angeschlossen werden.

Hughes&Kettner Black Spirit 200 side

Black Spirit Seitenansicht

Endstufensättigung oder was?

Oho, jetzt wird es interessant. Das ewige Argument der Vollröhren-Player (ja, auch meins) in Sachen Klangkultur ist die berühmte Endstufensättigung, einhergehend mit dem Kunstwort „Sag“, welches das Einbrechen der klanglichen Linearität eines Verstärkers am Leistungslimit beschreibt. Über dezente „Röcheln“ von Treiberstufen, Komprimieren von Endröhren und Rückströmen von Lautsprechern befinden sich unzählige Veröffentlichungen auf dem Markt, die alle mit der Überschrift „das können Transistorverstärker nicht“ enden. Eben das (typisch deutsch …) hat sich H&K nun vorgenommen und einen achtstufigen Sag-Regler verbaut, mit dem man eben dieses klangliche Verhalten erreichen möchte. Da sind wir aber mal auf den Praxisteil gespannt.

Welchen Lautsprecher hätten sie denn gerne?

Ich selber traf das erste Mal 1986 im Hannoveraner Horussound Studio auf die Red Box, die seiner Zeit zwischen Amp und Box geklemmt wurde und erstmals die Gitarrenabnahme ohne Mikrofon ermöglichte. Seit dieser Zeit ist das Produkt ein Dauerbrenner im H&K Portfolio, wurde aber in den letzten Jahren in Sachen Qualität massiv weiter verbessert. Im Hughes & Kettner Black Spirit 200 kann man nun zwischen 8 verschiedenen Cabinets wählen und man hat die Möglichkeit, über einen Schalter auf der Rückseite den Amp im Fullrange-Betrieb direkt in einen mit einem berüchtigten Hochtöner ausgestatteten Monitor zu spielen, ohne dass einem der Rasierapparat-Sound das Trommelfell zersägt.

Hughes&Kettner Black Spirit 200 side 2

Black Spirit Griff

Hughes & Kettner Black Spirit 200 – in der Praxis

Ich gebe es zu, selten war ich so gespannt auf den Klang eines Verstärkers wie bei diesem Test. Nach knapp einer Stunde des Schraubens, Drehens und Ausprobierens steht eindeutig fest, das Ergebnis ist sensationell! Dies ist mit Abstand der best-klingende Transistor-Amp, den ich je gehört habe. Damit aber nicht genug, knapp 50 % aller Röhrenamps, teilweise mit dem dreifachen Ladenpreis des Hughes & Kettner Black Spirit 200, können hier ebenfalls ihr Säcklein packen. Aber alles schön der Reihe nach.

Schon im cleanen Bereich erkennt man eindeutig, dass H&K mit dem Sag-Regler ein ganz großer Wurf gelungen ist. Mit zunehmender Reglerstellung kommt der Hersteller einem einbrechendem Vollröhren-Amp sehr nahe, selbst der fast schon als Fuzz wahrgenommene unharmonische Bereich bei Volllast ist den Saarländern sehr gut gelungen. Wie auch bei einem Vollröhren-Amp erzielt man auch hier die besten Werte, wenn man die Endstufe kitzelt, aber nicht am Anschlag fährt. Die besten Werte konnte ich im Bereich 4 – 6 erreichen, hier klingt der Amp ungemein dynamisch, ohne dass die Endstufe den Vorstufenklang zu sehr dominiert.

Möchte man hingegen einen richtig schön „kaputten“ Sound erzeugen, sollte man mal einen Fuzz vor den Amp schalten und den Sag-Regler auf Rechtsanschlag nehmen. In dem Fall kommt man einem Ringmodulator schon sehr nahe. Bei Bedarf in Zimmerlautstärke! Einfach großartig. Mit zunehmender Verzerrung muss sich der Hughes & Kettner Black Spirit 200 einem Transistor Phänomen stellen, das bisher die meisten Röhren-Amps von der Transistorbauweise qualitativ abgehoben hat.

Die Rede ist von dem „belegtem“ Klang, was Frische und Spritzigkeit angeht. Ich rede nicht vom Treble- und Presence-Regler, sondern von einem Obertonverhalten, was noch ein paar Extrawellen oben drauf legt. Hier zeigt sich der Black Spirit deutlich verbessert. Im A/B-Vergleich zum Grandmeister wirkt auch der Grundklang des Black Spirit eine Winzigkeit belegter, jedoch kein Vergleich zu früheren Gefilden.

Mit zunehmendem Gain-Anteil hingegen hebt sich dieser Unterschied auf, bis schließlich im High-Gain-Bereich kein Unterschied mehr zu vernehmen ist. Gerade auch der extrem schwierige Bereich der Kompression ist H&K sehr gut gelungen. Wüsste man nicht, dass Halbleiter hier einen Job erledigen, man könnte es kaum glauben. In Kombination mit Sag- und Boost-Regelung ermöglicht der Amp eine Klangvielfalt, die ihresgleichen sucht.

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Fazit

Mit dem Hughes & Kettner Black Spirit 200 ist dem Saarländer Unternehmen eine echte Sensation geglückt! Klanglich schafft es der kleine und extrem leichte Amp ein ums andere Mal für große Augen und Ohren zu sorgen, zumal der Verstärker an Vielseitigkeit nicht zu überbieten ist. Der Amp kann über nahezu jede Box bis hin zum Wedge betrieben werden, klingt über die Leistungsdrosselung auch bei 2 Watt noch amtlich und bietet mit einer 8-fachen Red Box zudem die Möglichkeit einer guten Direkteinspeisung ins Pult.

Ich wage zu prognostizieren, dass dieser Amp dem schon hervorragend laufenden Grandmeister das Wasser abgraben wird und sich faktisch als Standard zukünftig bei fast jedem Working Musician auf der Bühne befinden wird. Eine solch klangliche Flexibilität der Oberklasse bei solchen Abmessungen ist z. Zt. einmalig. Ganz großes Kino und daher Bestnote!

Plus

  • Flexibilität
  • Sound
  • Gewicht
  • Abmessungen
  • Fernsteuerung

Preis

  • Ladenpreis: 799,- Euro
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Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    Spartakus

    Was mir am Amp fehlt, ist eine Anzeige, welchen Sound ich gerade spiele.
    Ich sehe auch keinen Regler am Amp, mit dem man die Presets direkt anwählen kann.

    • Profilbild
      Axel Ritt RED

      @Spartakus Für den Preset Mode braucht du wie bei jedem anderen vergleichbaren Amp einen entsprechenden Fußschalter / MIDI Controller, der dir dann auch anzeigt, welches Preset du gerade spielt.

      Nimmst du den passenden Footswitch von H&K, kannst du auch im Stompbox Mode zwischen den unterschiedlichen Sounds plus Boost umschalten, was auch optisch am Verstärker angezeigt wird. Oder aber du nimmst die iPad App, auf der alle Schaltzustände sehr schön abgebildet sind und wo du die Sounds auch benennen kannst.

  2. Profilbild
    schammi

    Als Biergarten-Band-Gitarrist kommend vom Line6 SpiderIV 75 Watt mit dem passenden FBV-Board lasse ich nix auf Line6 kommen. Hat mir einige Jahre wirklich gute Dienste erwiesen. Um es kurz mit dem ollen Goethe zu sagen: “ Das Bessere ist der ärgste Feind des Guten „. Spiele jetzt seit einigen Monaten den BS200 mit dem H&K-Footswitch. Wenn Du den FOH zum meckern bringen willst spiel das Ding mal an einer 4x12er Box in einer Kneipe (man sagt heute Club oder Lounge glaube ich) ;-)

    Ein richtig gut klingender 200Watt -Verstärker im Handtaschenformat. Einfach nur fantastisch was die Leute bei H&K da rausgehauen haben. Ich spiele A und E-Gitarre in einer Coverband. Bisher habe ich für die A-Gitarre (ca. 30 Jahre alte Ovation-Gitarre) einen Marshall AS50D genutzt oder die Akustik-Klampfe via DI (Fishman Tone DEQ) direkt ins Pult gespielt. Nach ein wenig herum experimentieren habe ich festgestellt das der BS200 in Verbindung mit dem Fishman auch Akustikgitarre kann. Nice! Der Marshall bleibt als Back up im Kofferraum. E-Gitarren Klänge, um die geht es primär bei diesem Amp, gibt es in Hülle und Fülle in bester Qualität. Mein Röhren-Amp, ein bleischwerer, alter Fender gibt nur noch knirschende Geräusche von sich. Werde den vom Elektroniker reparieren lassen und in meinem „Bedroom-Studio“ stationär verwenden.

  3. Profilbild
    Tai AHU

    „Eben diese Experimentierfreude sorgte lange Zeit dafür, dass der Betrieb aus St. Wendel in Musikerkreisen eher belächelt wurde,„

    Wohl eher der alberne Firmenname. Sorry, musste sein. Wenn sich Musiker zuerst ansehen, bevor sie wagen einen Produktnamen auszusprechen, hat da jemand einen ganz schlechten Job gemacht.

    Aber die Produkte selbst sind oft ziemlich gut, so wie offensichtlich die vorliegende Kiste.

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