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Test: Hagstrom Ultra Max, E-Gitarre

Hagstrom Ultra Max - bloß eine weitere Paula-Kopie?

18. Juni 2019
Hagstrom Ultra Max E-Gitarre

Hagstrom Ultra Max E-Gitarre

Gääähn, schon wieder eine neue Paula? Doch Moment – was spricht dagegen, einem bewährten Konzept einen frischen Anstrich zu verpassen? Die Hagstrom Ultra Max E-Gitarre kommt jedenfalls schon mal in frischem Orange angestrichen aus dem Karton gehüpft, um es sich auf des Testers Schoß bequem zu machen.

„Milky Mandarin Satin“ nennt sich die Farbe, in der die dezent gemaserte Riegelahorndecke lackiert ist. Und das ist echt mal ein Eyecatcher. Und einiges an dieser Gitarre erinnert zunächst an den Klassiker von Gibson. Oft kopiert, qualitativ, vor allem in den letzten Jahren, auch oft geschlagen. Schauen wir mal, was die (mit recht günstigen 639,- Euro Ladenpreis veranschlagte) Lady so zu leisten im Stande ist …

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Hagstrom Ultra Max – Facts & Features

3,5 kg bringt die Dame auf die Waage. Kein Leichtgewicht, aber kundige Gitarrenphilosophen wittern hinter hohem Gewicht auch immer dieses ominöse „Sustain“, von dem alle voller Ehrfurcht immer sprechen. Und die Hagstrom Ultra Max E-Gitarre hat noch ein heißes Eisen im Feuer, um dieses Sustain zu verlängern, doch davon später mehr. Beginnen wir zunächst mal ganz oben beim Headstock. Die charakteristische Kopfplattenform der Hagstrom E-Gitarre wird durch eine Perloid-Einlage in Anlehnung an eine Lilie veredelt, darunter befindet sich die Trussrod-Abdeckung. Das die komplette Gitarre zierende Binding umläuft auch die mattschwarz lackierte Kopfplatte. Das allein sieht schon edel aus, wird allerdings noch gekrönt durch die Hagstrom eigenen Tuner im Art déco Design, die mit einer Übersetzung von 15:1 sauber ihre Arbeit verrichten. Die Saiten laufen über einen sauber gekerbten Kunststoffsattel mit unproblematischem Knick zu den Mechaniken. Der Kopf sammelt also schon mal Pluspunkte.

Hagstrom Ultra Max Headstock

Die Kopfplatte der Hagstrom Ultra Max mit umlaufendem Binding und den sauber arbeitenden Tunern im Art déco Stil

Der eingeleimte Hals der Hagstrom Ultra Max E-Gitarre verfügt über 22 sauber abgerichtete Medium Jumbo Bünde, so möchte ich das auch bei Gitarren niederer Preisklassen sehen, da stört aber auch gar nichts. Toll! Die Mensur beträgt 648 mm, der Griffbrettradius ist mit 15″ angegeben, das Halsprofil nennt sich „Slim D“ und fühlt sich auch so an. Das oben schon erwähnte Binding zieht sich perfekt an den Seiten des Halses entlang und umrahmt die Block-Inlays aus Perloid. Die Saitenlage beim Testinstrument ist perfekt eingestellt, modern flach und trotzdem stellt sich kein schlabberiges „Flitzefingergefühl“ ein, sondern man kann auch zupacken wie bei einem Baseballschläger. Das Griffbrett besteht aus etwas, das Hagstrom „Resinator“ nennt, und das zu 2 gleichen Teilen aus Holz und aus einer nicht näher bezeichneten Kunststoffmischung besteht. Sieht aus wie Ebenholz, fühlt sich an wie Holz und soll die Schwachpunkte eines Ebenholzgriffbrettes, wie ausgeprägte Hot- und Deadspots, eliminieren.

Der Hals selbst besteht aus Ahorn, wird allerdings, wie auch die Rückseite des Korpus, von einem matten Finish bedeckt, das der ganzen Gitarre ein edles Äußeres beschert. Das fühlt sich anfangs etwas künstlich an, der Gewöhnungseffekt setzt aber umgehend ein und das Material entpuppt sich beim Test-Gig als wunderbar handlich, auch bei stark schwitzenden Händen. Im Inneren des Halses werkelt ein nicht ganz alltägliches Stückchen Hightech, nämlich der Hagstrom eigene und patentierte H-Expander. Näheres dazu erfährt man auf der Website des Herstellers, die speziell gefertigte Trussrod soll den Hals stabiler und die Schwingungsfähigkeit besser machen und somit Tonentfaltung und Sustain fördern. Blöd, dass man keinen Vergleich zu einem konventionell ausgestatteten Instrument gleicher Baureihe hat, erzählen kann der Hersteller viel. Fakt ist, dass die Gitarre ein fantastisches Sustain aufweist, doch dazu später mehr.

Der Korpus der Hagstrom Ultra Max mit der oben bereits erwähnten, leicht gewölbten und perfekt lackierten „Milky Mandarin Satin“ Flamed Maple Decke besteht aus Mahagoni, was auch das relativ hohe Gewicht der E-Gitarre erklärt. Vom Mahagoni selbst sieht man nichts, da auch die Zargen und die Rückseite des Korpus mit dem vom Hals schon bekannten Mattlack bedeckt sind. Das Perloid-Binding umläuft auch den Korpus perfekt verarbeitet, wie ich es bei noch bei keiner anderen Gitarre dieser Preisklasse gesehen habe. Die Rückseite des Korpus beherbergt das Elektronikfach, abgedeckt durch eine versenkte Platte sowie einem mäßig ausgeprägten Rippenspoiler, der meinen 98 kg Kampfgewicht den optimalen Blickwinkel auf die Aktivitäten meiner Hände ermöglicht, wenn ich mal wieder vergessen habe, wo genau sich dieser verdammte E7#9 Akkord befindet, der gestern Abend noch da war, wo ich ihn am Wochenende zuvor liegen ließ …

Hagstrom Ultra Max Body

Der Body der Hagstrom Ultra Max im klassischen Les Paul Design, in auffälliger Lackierung. Vom „Original“ unterscheidet sich die Testgitarre in einigen wichtigen Punkten.

Eine Besonderheit stellt die Bridge der Hagstrom Ultra Max E-Gitarre dar. Vom Hersteller auch auf anderen Gitarrenmodellen zum Einsatz gebracht und bereits seit 1978 bewährt, befinden sich unter dem schicken Chrombügel sechs einzelne Sustain-Blöcke aus Messing, die voneinander getrennt sind, um Interferenzen in den Schwingungen zwischen den einzelnen Saiten zu vermeiden. Jeder Block hat direkten Kontakt zur Decke. Das verspricht saubere Auflösung der Einzeltöne eines Akkords und sollte sich auch im Sustain bemerkbar machen.

Hagstrom Utra Max Bridge

Die Bridge der Hagstrom Ultra Max E-Gitarre in der Detailansicht. Sechs einzelne Messingblöcke sorgen für Saitentrennung und Sustain.

Unter Starkstrom – Die Elektrik der Hagstrom Ultra Max

Auch zu einer Neuinterpretation des Les Paul-Themas gehören zwei Humbucker. Hier also alles beim Alten? Nein, denn die Schaltung unterscheidet sich doch erheblich vom Klassiker und das ist auch gut so. Als Schwingungswandler arbeiten hier zwei Custom 60 AlNiCo-5 Humbucker. Geschaltet über einen gewöhnungsbedürftig positionierten Dreiwegeschalter. Warum sich dieser Schalter hinter der recht großen Brücke versteckt, erschließt sich mir leider überhaupt nicht. Jedenfalls ist man vor versehentlichem Umschalten gefeit, das gewollte Umschalten entsprach allerdings dummerweise auch nur bedingt meiner persönlichen Anatomie. Übrigens finde ich, als klassischer Strat-Type-Player, die Positionierung des Toggles bei der klassischen Les Paul auch unterirdisch, also ist man dem Original ja doch irgendwie gerecht geworden. Fairerweise muss ich aber gestehen, dass ich nach einem mehrstündigen Einsatz auf einer Veranstaltung traumwandlerisch sicher schalten konnte, manchmal muss man eben raus aus der Komfortzone.

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Die Custom-Humbucker können netterweise gesplittet werden, hierzu ist der Tonregler, das ist der hintere der drei Chromknöpfe, als Pull-Poti ausgelegt. Die beiden Volume-Regler für die Pickups sind auf den ersten Blick verkehrt herum eingebaut, der Regler für den Steg-Pickup befindet sich vorne. Schnell mal gegoogelt, ob in Schweden Linksverkehr herrscht. Nein, die fahren wie wir. Im Laufe des Tests hat sich jedoch diese Logikverdrehung als praktisch erwiesen, da ich gerne mit Volume-Swells mit dem kleinen Finger arbeite und dazu gern den Steg-Pickup hernehme. Für die Nutzung mit dem kleinen Finger ist das Poti optimal positioniert und die Gängigkeit ist auch nahezu optimal. Regelt man in der Zwischenposition des Toggles den Steg-Pickup nur etwas zum Hals-Pickup dazu, bekommt der Ton eine schöne Schärfe, die mit dem kleinen Finger wunderbar zu dosieren ist. Also alles Tacko, möglicherweise haben sich die Schweden genau das dabei gedacht.

Die Hagstrom Ultra Max E-Gitarre in der Praxis

Beim Testgig mit dieser E-Gitarre ist mir schon aufgefallen, wie praxisgerecht und sauber und druckvoll diese klingt. Die folgenden Audiobeispiele wurden über einen Kemper direkt in die DAW gespielt.

Bereits das erste Beispiel zeigt die warme Charakteristik mit einem satten Bassanteil des Hals-Humbuckers. Im Verlauf des Audios habe ich den Humbucker gesplittet, das Ergebnis ist ein schlanker, extrem praxistauglicher Singlecoil-Sound.

Die folgenden beiden Beispiele spielen sich noch mal im Clean-Bereich ab, das erste wurde eingespielt mit dem Hals-Humbucker und zeigt eine klassische Strumming-Situation. Am Ende des ersten Beispiels kann man das Sustain der Gitarre ein wenig bewundern. Das zweite der beiden Beispiele stützt sich auf die Kombination der Pickups im Split-Modus. Schön funky und durchsetzungsstark, dieser Sound hat mich mit am meisten überrascht.

Kommen wir zur Zerrabteilung. Hier hört man sehr schön, wie sehr die Hagstrom Ultra Max E-Gitarre drücken kann. Angezerrt bleiben alle Saiten und Einzeltöne von Akkorden gut hörbar und differenziert, beim „Fingerstyle“ knallt es schon, wenn man die Saiten ein wenig anreißt. Anfangs in diesem Beispiel ist der Hals-Pickup zu hören, später der Steg-Humbucker.

Und ab ins Highgain-Paradies … Der Hals-Pickup zeigt sich warm und rund, der kräftige Bassanteil lässt definitiv keine Wünsche offen. Der Steg-Pickup ist kräftig mit gesunder Kompression. Alles in allem setzt sich die Gitarre im Bandkontext sehr gut durch. Die Einzeltöne sind, wie im zweiten der beiden Beispiele gut zu hören, immer differenziert und matschen nicht. Die Gitarre reagiert insgesamt prima auf die Dynamik im Spiel.

So, und dann müssen wir natürlich auch noch mal schauen, was im Lead-Bereich so geht. Auch hier kommt uns das Sustain der Konstruktion entgegen und es singt, wie es soll. Alles im ganz, ganz grünen Bereich, sowohl am Steg als auch am Hals!

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Fazit

Da bin ich tatsächlich schwer beeindruckt, was der schwedische Hersteller da für einen mehr als schmalen Kurs von gerade mal 639,- Euro auf die Bühnen der Welt stellt. Das Konstruktionskonzept geht voll auf, die Hagstrom Ultra Max E-Gitarre singt und drückt, dass es eine wahre Freude ist! Ich komme nicht umhin, dieser Gitarre das Prädikat „Best Buy“ zu verleihen, was sie auch der tadellosen Verarbeitung, der gediegenen Optik und dem innovativen Konzept zu verdanken hat.

Lediglich die gewöhnungsbedürftige Positionierung des Toggle-Switches hat bei mir anfangs für etwas Verwirrung gesorgt. Und warum kein Hersteller vom Werk aus Security-Locks als Gurtpins anbringt, werde ich nie verstehen, aber das führt definitiv nicht zur Abwertung.

Gut gemacht, Hagstrom!

Plus

  • Sound
  • Vielseitigkeit
  • Bespielbarkeit
  • tadellose Werkseinstellung
  • Konzept
  • Preis-Leistungs-Verhältnis
  • Verarbeitung

Minus

  • Position des Pickup-Wahlschalters

Preis

  • Ladenpreis: 639,- Euro
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Klangbeispiele
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