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Test: Earthworks SR314, Kondensator-Gesangsmikrofon

Gesangsmikrofon als optisches Highlight

12. August 2019
earthworks sr314

Earthworks SR314, Kondensator-Gesangsmikrofon

Allzu oft fällt der Name Earthworks Audio nicht, selbst eingefleischte Mikrofonliebhabern wie meiner Wenigkeit ist zwar der Name, nicht aber die Produktpalette des amerikanischen Herstellers vertraut. Im Gedächtnis habe ich höchstens noch die Kleinmembraner des Unternehmens, die wie Messmikrofone designt sind. Beim Durchschauen des Online-Auftritts zeigt sich aber ein sehr umfangreiches Sortiment, das auch ungewöhnliche Lösungsansätze, wie z. B. die PianoMic Serie, aufweist. Ganz neu ist das Gesangsmikrofon SR314, das ganz in der Tradition des Herstellers schon optisch andere Wege geht. Ich bin gespannt.

Der Erstkontakt mit dem Earthworks SR314

Das SR 314 wird in einer Kartonverpackung geliefert. Neben dem Mikrofon enthält diese eine Schutztasche, den User’s Guide, einen Aufkleber und die Mikrofonklemme. Die Klemme besteht aus härterem Gummi und hält das Mikro gut fest. Weniger gefällt, dass ein 7/8“ auf 3/4“ Reduziergewinde für unsere gängigen Mikroständer fehlt. Das ist ein Cent-Artikel, hier die Bitte an den Vertrieb, das schnellstens nachzubessern.

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Leider nur Karton

Sofort nach dem Auspacken fallen beim Earthworks drei Dinge auf.

  • Als erstes die für ein Gesangsmikrofon ungewöhnliche Formgebung
  • Zweitens die verchromte, hochglanzpolierte Oberfläche
  • Und drittens das hohe Gewicht von über 450 Gramm. 

Ungewöhnlich, schwer, schön

Zum Vergleich, damit ich endlich auch einmal das bei mir eher unbeliebte SM58 von Shure heranziehen kann: Der Klassiker bringt knapp 300 Gramm auf die Waage.

Die Daten des Earthworks SR314

Das Earthworks ist ein vorpolarisiertes Kondensatormikrofon und wurde trotz des unüblichen Aussehens explizit als Gesangsmikro konzipiert. Die Richtcharakteristik Niere ist recht breit gehalten, der Hersteller möchte einen gleichmäßigen Frequenzgang auch außerhalb der Haupteinsprechrichtung erreichen.

Auffällig ist der weite Frequenzgang, der von 20 Hz bis 30 kHz reicht. Das Rauschverhalten liegt bei niedrigen 15 dB-A. Mit einem SPL von 145 dB dürfte die Kapsel mit Vocals kaum an ihre Grenzen gelangen. Auch das angegebene Signal-Rausch-Verhältnis von 79 dB-A stellt einen sehr guten Wert dar.

Der Frequenzgang ist weitgehend linear und zeigt erst zwischen 4 und 6 kHz eine leichte Senke und in höheren Lagen einige Ausschläge.

Die Frequenzkurve des SR314

Der Kapselaufbau entspricht dem eines Kleinmembranmikrofons. Darüber wurde ein Schutzkorb geschraubt, der nochmals durch ein zweilagiges Gitter vor Poppgeräuschen bewahrt. Der innere, feinere Gitterkorb kann zum Reinigen herausgezogen werden.

Der Schutzkorb ist zweilagig

Arbeiten mit dem Earthworks SR314

Trotz seines hohen Gewichts, die Küchenwaage zeigt 474 Gramm, liegt das SR314 angenehm und gut ausbalanciert in der Hand. 

Handgestoppt!

Auch meine Befürchtung, dass aufgrund der polierten Oberfläche erhöhte Rutschgefahr besteht, erweist sich als weitgehend unbegründet. 

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Mein Tipp, wenn sich das Mikro doch zu glitschig anfühlt: Fahrradhandschuhe können bei entsprechend passendem Bühnen-Outfit durchaus als cooles modisches Accessoire durchgehen.

Wie üblich ziehe ich zum akustischen Vergleich ein zweites Mikrofon hinzu. Das ist dieses Mal das Audio Technica ATM710, mein Standard-Kondenser für Gesang, wenn die Auflösung eines Dynamischen nicht ausreicht. 

Das SR314 vorn, das ATM710 hinten

Preislich ist der Vergleich nicht fair, für ein SR314 kann man schon fünf ATM710 erwerben. Gerne hätte ich mit dem DPA d:facto II  verglichen, leider befindet sich dieses Schmuckstück nicht in meiner Sammlung.

Getestet wird direkt mit dem Apollo Interface von Universal Audio. Hier muss ich dem Audio Technica ca. 3 dB mehr Gain spendieren, um denselben Ausgangspegel zu erreichen.

Als ersten Test bespreche ich die beiden Mikros aus maximaler Nähe und ca. 5 cm Entfernung. Die Ergebnisse gleiche ich in der Lautstärke an, um einen direkteren Vergleich zu haben. 

Hier zeigt sich schon die Qualität des Earthworks, das sehr natürlich klingt. mit einem schönen und runden Tiefmittenbereich und seidigen, angenehmen Höhen. Mit Lippenkontakt tönen die unteren Frequenzen etwas gequetscht, ansonsten bleibt das Klangbild bei beiden Abständen nahezu gleich. 

Deutlicher sind die Unterschiede beim Audio Technica. Es klingt unten schlanker, was bei der Nahbesprechung ganz gut kommt. Die Höhen treten deutlicher zutage und klingen harscher und unaufgeräumter. Durch den Abstand wird das Signal etwas nasal, hier ändert sich die Charakteristik viel deutlicher als beim SR314.

earthworks sr314

Mein zweiter Versuch betrifft die Einsprechrichtung. Von vorne und ca. 45° von der Seite werden beide Kapseln besprochen. Auch hier wieder mit Pegelausgleich.

Beim SR314 bleibt das Ergebnis sehr ähnlich, hier kann also wirklich mit weniger Disziplin gearbeitet werden. Das ist auch für Sänger/Instrumentalisten von Vorteil, die das Mikro auf einem Stativ benutzen und sich vielleicht auch mal seitlich zu den Mitmusikern drehen.

Auch hier sind beim ATM710 wieder deutlicher Unterschiede zu hören. Das seitliche Signal scheint in den tieferen Bereichen mit Phasenproblemen zu kämpfen und klingt recht blechern.

Nun überprüfe ich die Popp-Festigkeit der beiden Membranen. 

Hier sind beide Konstrukte gleichauf, die Popp-Laute werden wirkungsvoll unterdrückt. Bei der Gelegenheit teste ich auch die Griff- und Klopfgeräusche beider Mikrofone. Auch hier liefern sowohl das Earthworks als auch das Audio Technica sehr gute Ergebnisse ab.

Bisher klanglich also beste Noten für das amerikanische Produkt. Aber es wird wohl niemand das Geld für ein wenig Moderation ausgeben, also bleibt mir auch dieses Mal der Gesangstest nicht erspart.

Zunächst eine, na ja, energiegeladene Phrase (ich muss auch noch den Rechner bedienen, also singe ich im Sitzen, nicht die besten Voraussetzungen).

Hier kann das SR314 wieder voll seine Stärken ausfahren. Der Sound ist kompakt, dynamisch und über das komplette Frequenzspektrum authentisch. Es erinnert stark an ein gutes Studiomikrofon und weniger an eine Live-Performance. 

Hier ohne Gitterkorb, erinnert an ein normales Kleinkondenser

Das ATM710 klingt hier wieder mit weniger Druck auf der Stimme und etwas rauen Höhen. Hier darf man natürlich den Preis der beiden Probanden nicht aus den Augen verlieren, das Audio Technica wird für knapp über 150,- Euro verkauft, mehr als 800,- Euro werden für das Earthworks aufgerufen. Das reduziert den Unterschied dann doch drastisch.

Zum Schluss singe ich noch eine ruhige Gesangslinie ein, ganz so wie es meinem Naturell entspricht. Hier wähle ich einen etwas größeren Abstand, um beide Mikrofone gleichzeitig besingen zu können.

Auch hier bietet das SR314 wieder den intimeren, natürlicheren Klang, der durchaus auch im Studio Verwendung finden könnte. Ganz unten sind einige störende Resonanzen zu hören, die aber mit einem Low-Cut-Filter aufgeräumt werden können. So ein Filter hat das ATM710 übrigens schon mit an Bord.

earthworks sr314

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Fazit

Mit dem SR314 bietet Earthworks ein sehr linear und druckvoll klingendes Gesangsmikrofon, das sich neben Bühnenanwendung durchaus auch im Studio Freunde schaffen könnte. 

Hervorzuheben ist die unproblematische Handhabung, die mit sehr geringen Klangveränderungen einherkommt. Auch optisch hat das Mikrofon einiges zu bieten und hebt sich deutlich vom Durchschnitt ab.

Wer ein Gesangsmikro im Hi-End-Bereich sucht und bereit ist, das nötige Kleingeld dafür zu investieren, sollte sich das SR314 unbedingt anhören.

Plus

  • sehr guter, natürlicher und dynamischer Sound
  • hervorragende Verarbeitung
  • unproblematische Handhabung
  • schöne Optik (Geschmackssache)

Minus

  • kleine Schwächen im Zubehör

Preis

  • Ladenpreis: 829,- Euro
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Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    AMAZONA Archiv

    Ach, sieh mal an. Das SR314 hatte ich noch gar nicht auf dem Schirm. Scheint auch fürs Studio eine Alternative zu den Dynamikklassikern zu sein. Wenn auch im oberen Preissegment. Ich erkenne in der Abstimmung den sehr neutralen Earthworks „Haussound“ wieder, den auch meine QTC40 haben. Das SR gefällt mir in allen Klangbeispielen gut, nur beim „Slow“ Beispiel haut es irgendwie ab. Da finde ich das AT passender.
    Das retrofuturistische Design macht bestimmt auch live was her. Das Gehäuse ist vermutlich wie bei den EW Kleinmembranern auch ein aus dem Vollen gedrehtes Stück Edelstahl mit sogenanntem „machined“ Oberflächenfinish. Sieht zumindest auf Deinen Fotos so aus. Sehr elegant, und durch die feine Riffelung der Oberfläche ziemlich rutschfest, robust und gleichzeitig entspiegelt.

  2. Profilbild
    Armin Bauer RED

    Earthworks vermarktet das SR314 ja explizit als Gesangsmikro. Deshalb habe ich auch nur so getestet. Aber ich denke, dass es durchaus an Instrumenten, auch im Studio, eine gute Figur macht.
    Das Gehäuse ist wohl wirklich aus einem Stück gedreht, deshalb auch das hohe Gewicht.
    Geriffelt ist die Oberfläche nicht, sieht vielleicht auf meinen Amateurfotos so aus. Ist eher hochglanzpoliert, vielleicht sogar verchromt, wie die offiziellen Produktfotos zeigen.

    • Profilbild
      AMAZONA Archiv

      @Armin Bauer Hi Armin, naja, geriffelt ist vielleicht wirklich zu viel gesagt, das sind sehr, sehr feine Rillen vom Schneidekopf der Drehbank. Auf Deinen Fotos erkennt man es ganz gut. Auch an den super präzisen Kanten und dem Innengewinde. Das ist ziemlich sicher eine fein gedrehte, unbeschichtete Edelstahl Oberfläche. Sie ähnelt dem Teller Deiner Briefwaage auf dem Foto, nur eben in besserer Legierung und feinerem Finish. Fühlt sich glatt an, ist es aber nicht. Genauso sehen die QTCs auch aus. Finde ich superschick.
      Die EW Produktfotos sehen eher nach verchromter oder hochglanzpolierter Oberfläche aus, das ist aber vermutlich Photoshop zuzuschreiben.

  3. Profilbild
    Armin Bauer RED

    Du scheinst dich in der Metallbearbeitung ja gut auszukennen. Ich bin eher der Holz-Typ.
    Aber stimmt schon, das Mikro fühlt sich deutlich griffiger an, als es dem Anschein nach zu vermuten wäre.
    Auf jeden Fall ein tolles Mikro, hätte es gern in der Sammlung gehabt…

    • Profilbild
      AMAZONA Archiv

      @Armin Bauer Bin beruflich bedingt halt ein wenig im Thema. Finde das Teil auch interessant. Hast Du es mal vor Percussion oder Gitarrenamps gestellt? Würde mich interessieren, wie es sich da schlägt.

      • Profilbild
        Armin Bauer RED

        Nein, habe ich mir gespart, da es ja vorwiegend ein Gesangsmik sein soll.
        Gitarre und Perc, aber sicher auch Flöten u.ä. kann ich mir sehr gut vorstellen.

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