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Test: Harley Benton Dual Effect Pedal

Two-in-one mal drei

16. August 2022

Effektpedale sind des Gitarristen liebstes Kind. Endlose Möglichkeiten der Verkettung lassen uns im Wunderland der Klänge schwelgen und ein gewisses Lego-Feeling aufkommen, das auch das Bastelkind in uns anspricht. Leider hat das Ganze einen nicht unerheblichen Preis: G.A.S. mit allen Nebenwirkungen und natürlich viel Geld. Wenigstens Letzterem will der Hersteller Harley Benton mit seiner Dual Effect Pedal Serie etwas entgegensetzen. Zum Test stehen drei Pedale, die jeweils zwei Effekte beinhalten. Das Ganze zu einem Preis, bei dem man zunächst zweimal nachschauen muss, ob das auch so stimmen kann. Teilweise deutlich unter 100,- Euro kosten die Pedale. Wenn die also halten, was sie versprechen, dürfte das eine kleine Sensation sein. Schauen wir uns die drei Treter also mal in Ruhe und aus der Nähe an.

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Die Harley Benton Dual Effect Pedale im Überblick

Zwei der drei Probanden gehören zu den „Brot und Butter“-Effektpedalen. Zum einen will uns der „Evil Twin“ mit zwei verschiedenen Verzerrern beglücken, zum anderen bietet der „Duality“ einen Reverb- und einen Delay-Effekt. Damit allein kann man schon so ziemlich alles abdecken. Als drittes Pedal kommt der „Double Jammer“ auf den Prüfstand, ein kleiner, leistungsstarker Drummer in verschiedensten Stilistiken, das Ganze in Personalunion mit einem Looper. Allen drei Pedalen gemein ist die Bauform. Bis auf wenige Bohrungen an der Oberseite sind die Gehäuse der Pedale identisch. Das ergibt natürlich im Rahmen der optimierten und kostengünstigen Produktion absolut Sinn, so muss nur für jedes Gerät ein anderer Lack drauf. Die Pedale gehören mit 120 x 95 x 37 mm nicht unbedingt zu den platzsparenden Vertretern, bedenkt man allerdings, dass es ja 2-in-1-Pedale sind, sind wir dann tatsächlich von der Größe je Effekt schon ganz klar im Bereich der beliebten „Minis“, wie sie zum Beispiel von TC angeboten werden. Wenig überraschend merkt man auch beim Gewicht keinen Unterschied, mit 320 g je Pedal sollte unser Effekt-Board nicht überfordert sein.

Die Gehäuse sind stabil, die Bodenplatte ist mit vier Schrauben am Gehäuse befestigt. Vier kleine Gummifüße sorgen für rutschfesten Stand. Der Input befindet sich jeweils an der rechten Seite, der Output links. Für mich persönlich ist das immer ein Minuspunkt, weil ich die Verkabelung eines Effektboards effektiver gestalten kann, wenn die Anschlüsse alle an der Frontseite der Effektpedale vorzufinden sind. Aber das ist natürlich absolut subjektiv und führt hier nicht zu einer Abwertung. Die 9 V Netzbuchse befindet sich dann aber tatsächlich an der Frontseite und benötigt einen Stecker mit dem Pluspol außen. Das Gerät mit der höchsten Leistungsaufnahme ist der Double Jammer, dieser möchte 300 mA vom ihn versorgenden Netzteil. Genügsamer ist das Duality-Pedal mit 200 mA und dann folgt der böse Zwilling mit 100 mA. Netzteile sind im Lieferumfang nicht enthalten, ein Batteriebetrieb ist nicht vorgesehen. Letzteres begrüße ich im Rahmen der Nachhaltigkeit sehr, ich möchte nicht wissen, wie viele Batterien aus Effektpedalen, Lichterketten, Taschenlampen, Funkstrecken und sonstigem Gedöns inkorrekt entsorgt werden. Die Produktion der Batterien mal ganz außen vor.

Harley Benton Evil Twin Dual Verzerrer

Beginnen wir mit der Basis eines guten Rockgitarren-Sounds, dem Verzerrer. Der Evil Twin aus der Harley Benton Dual Effekt Serie beinhaltet einen Tube Driver und einen Overdrive. Während der Overdrive den Sound eines übersteuerten Röhrenverstärkers simulieren soll, ist der Tube Driver eine Adaption des beliebtesten Frosches, dem Ibanez Tube Screamer. Letzterer befindet sich auf der rechten Seite des Gehäuses und beinhaltet, neben dem stabil wirkenden und angenehm schaltenden Fußschalter, einen großen Drive-Regler sowie zwei kleine Potis mit den Bezeichnungen „Tone“ und „Level“. Dazu muss ich nicht viel erklären, denke ich, das erklärt sich, dem Tester zur Freude ganz von allein. Ein kleiner Minischalter bietet noch die Möglichkeit, die Charakteristik des Tube Drivers von „warm“ auf „hot“ umzuschalten. Die Overdrive-Sektion sieht ähnlich aus, hier heißt der Level-Regler allerdings Volume. Der Minischaltere auf dieser Seite des bösen Zwillings kann wahlweise ein Hipass- oder ein Lopass-Filter wählen. Ob das Fehlen einer neutralen Mittelstellung ein Problem ist, sehen wir gleich im Praxistest. Der Clou ist jetzt der Minischalter in der Mitte des Pedals. Dieser kann die Reihenfolge der Verzerrer bestimmen. Also entweder Tube Driver vor Overdrive oder eben umgekehrt. Eine dritte Schalterstellung wählt den Modus „entweder/oder“. Hierbei können nicht beide Zerrschaltkreise gleichzeitig eingeschaltet werden, das Einschalten des einen Verzerrers führt automatisch zum Ausschalten des anderen. Natürlich können aber beide Seiten des Evil Twins ausgeschaltet werden, das wäre ja sonst auch ziemlich blöd.

Harley Benton Dual Effect Evil Twin

So klingt der Harley Benton Dual Effect Evil Twin

Zum Test schleife ich den Harley Benton Evil Twin in den Distortion-Loop meines Kempers und wähle das Profile eines Morgan AC20 aus der Rig Exchange. Das ist mein persönliches Lieblings-Profile, da es sehr dynamisch spielbar ist und wunderbar mit dem Spieler interagiert. Im ersten Klangbeispiel hört ihr diesen Referenzsound, der nicht zu 100 % clean ist, sondern bei kräftigem Anschlag und mit dem Humbucker der Ibanez AZ226 schon erste harmonische Zerrtönchen von sich gibt. Die beiden folgenden Beispiele entspringen einer Mittelstellung aller Regler, jeweils einmal mit dem Contour-Schalter einmal auf „warm“ und einmal auf „hot“. Im Singlecoil-Betrieb klingt der Tube Driver des Harley Benton Dual Effect Evil Twin Pedals in beiden Modi richtig schön kehlig und glockig, wie ich es von einem Verzerrer dieser Kategorie erwarte. Bei Betrieb des Steg-Humbuckers gehen naturgemäß die Höhen etwas verloren und ich erhalte einen schon recht aggressiven Rocksound. Natürlich ist hier beim Tone-Regler schon noch reichlich Luft nach oben! Seine wahre Stärke spielt der Tube Driver aber aus, wenn man den Drive reduziert und dann den heißen Modus wählt. Da bin ich direkt in meinem persönlichen Sound-Paradies. Singlecoil am Hals an und los geht’s, außer etwas Reverb aus dem Kemper sind keine weiteren Effekte am Start.

Wenden wir uns dem Overdrive zu. Ich erwarte hier jetzt einen deutlich höher verzerrten Sound und eine etwas rockigere Attitüde. Und richtig, hier röhrt es in Mittelstellung aller Regler schon ganz amtlich. Die beiden ersten Beispiele zeigen den Unterschied zwischen Hipass und Lopass. Bei vollem Drive und Lopass ist der Sound mächtig, es nehmen aber auch die Nebengeräusche ordentlich zu, die allerdings mit einem Noise Gate noch gut zu beherrschen sind. Schaltet man beide Zerre zusammen, sind die Nebengeräusche bei Mittelstellung aller Regler eigentlich schon nicht mehr akzeptabel. Dafür ist der Sound schön „kaputt“ und erinnert mich irgendwie an Pink Floyds Sorrow. Mit weniger Drive kann man aber aus der Kombination beider Verzerrer großartige Sounds zaubern und sie laden zum Experimentieren ein.

Harley Benton Duality Reverb & Delay

Auf zum nächsten Bruderpäärchen. Diesmal weniger evil, dafür eine beliebte Kombination aus Delay und Reverb. Der Aufbau des Pedals ist völlig identisch mit dem Evil Twin. Wieder sind zwei große Drehköpfe für den wichtigsten Parameter zuständig, beim Delay ist dies die Delay-Zeit, beim Reverb das sogenannte „Decay“, also die Hallzeit. Die beiden kleineren Potis kümmern sich beim Delay um die Lautstärke des Effekts und das Feedback, also den Anteil des Signals, der wieder an den Anfang des Effekts zurückgeführt wird, was sich in der Dauer der Wiederholungen bemerkbar macht. Beim Reverb dagegen steuern die beiden Regler den Klang des Halls und das Verhältnis zum trockenen Signal. Jeweils drei verschiedene Typen Delay und Reverb können über die Minischalter am oberen Gehäuseende eingestellt werden. Das Delay bietet die Einstellungen

  • Analog (klassisches, analoges Stompbox Delay)
  • Real Echo (Space Delay)
  • Tape Echo (Vintage Tape Delay),

wobei die Delay-Zeit von 5 ms bis 780 ms eingestellt werden kann. Eine Tap-Funktion bietet das Delay nicht, hier ist also beim Einstellen Fingerspitzengefühl und Gehör gefragt.

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Der Reverb-Effekt bietet die Modi Studio, Church und Plate. Genau wie beim Evil Twin kann die Reihenfolge der beiden Effekte mittels des Minischalters in der Mitte geändert werden, alternativ gibt es auch hier wieder die Entweder/Oder-Funktion.

Harley Benton Dual Effect Duality

So klingt das Harley Benton Duality Reverb/Delay Pedal

Um die möglichen Sounds des Duality aus der Harley Benton Dual Effect Pedal Serie zu demonstrieren, lade ich wieder den fast cleanen Sound in den Kemper, das Pedal schleife ich in den Effektweg ein und platziere diesen in der Signalkette hinter dem Amp und der Box. Hier reicht ein Mono-Loop, denn Stereo beherrscht das Duality Pedal nicht. Ihr hört zunächst die drei Delay-Typen, danach die drei unterschiedlichen Reverb-Styles. Im letzten Beispiel kommt etwas Chorus aus dem Kemper dazu und demonstriert einen weiten Ambient-Sound. Insgesamt fällt mir vor allem beim Reverb, aber auch beim Delay auf, dass die Höhen doch sehr verhalten wiedergegeben werden. Für schillernde Hallträume und glasklare Delay-Orgien ist dieses Pedal definitiv mit zu wenigen Einstellmöglichkeiten ausgestattet. Aber trotzdem sind die Sounds sehr praxisorientiert und absolut brauchbar. Wir sprechen hier von einem Pedal mit einem Straßenpreis von gerade mal 99,- Euro!

Harley Benton Double Jammer Drummer und Looper

Das letzte der drei Pedale aus der Harley Benton Dual Effect Pedal Serie fällt etwas aus dem Rahmen und ist eigentlich kein richtiger Effekt, sondern eher ein Begleiter. Beim Double Jammer handelt es sich um eine Drum-Machine, die 10 Genres plus Metronom bedienen kann und diese in jeweils 11 verschiedenen voreingestellten Grooves bzw. Taktarten ans Ohr bringt. Damit nicht genug, es steht, direkt nebenan, ein Looper mit bis zu 30 Minuten Aufnahmezeit zur Verfügung. Damit sollte dem effektiven Üben und dem nächsten Solo-Gig nichts mehr im Wege stehen.

Leider sind die Funktionen des Loopers mit einem einzigen Fußschalter nicht selbsterklärend und die mitgelieferte kurze Bedienungsanleitung ist nicht besonders aussagekräftig. So war es mir während des Tests zunächst nicht möglich, einen einmal geloopten Beat zu löschen. Zwar konnte ich immer den letzten gelayerten Loop löschen und wiederherstellen, aber weiter bin ich erstmal nicht gekommen. Das ist ärgerlich, denn gerade Anfänger dürften an diesem Punkt verzweifeln. Was die Anleitung verschweigt, ist die Möglichkeit, den Looper durch langes Drücken des Tasters zu leeren. Mit ein bisschen Erfahrung und/oder Übung erschließen sich dann die verschiedenen Schritte zum Loop und zurück aber irgendwann. Das Pedal bietet drei Betriebsmodi, Normal, Sync und Sync+Count. Im Normalbetrieb funktionieren Looper und Drum-Machine unabhängig voneinander, startet man aber einen Song zuerst mit dem Looper, passt sich die Drum-Machine automatisch dem Tempo des Loopers an. Das ist praktisch.

Im Sync-Modus können Looper und Drum-Machine gleichzeitig gestartet werden, was im normalen Modus nicht möglich ist. Hier synchronisieren sich auch Looper und Drum-Machine selbstständig. Der Sync+Count-Modus wird noch ein Vorzähler hinzugefügt, was vor allem im Live-Betrieb den korrekten Start in den Song vereinfacht. Die Lautstärke von Drum-Machine und Looper sind getrennt voneinander regelbar. Das Tempo kann wahlweise über Tap-Tempo per Fußtaster eingetappt werden oder man nutzt den Speed-Regler.

Harley Benton Dual Effect Double Jammer

So klingt der Harley Benton Dual Effect Double Jammer

Der Looper macht, was er soll, er loopt. Ohne erkennbare Soundverluste. Interessant dürfte jetzt also sein, wie der Rhythmusknecht klingt. Hierzu habe ich einfach ein paar der gebräuchlichsten Styles ausgewählt und schalte mich wild durch ein paar der jeweils 11 Grooves. Der Tone-Regler klaut bei Linksdrehung die Höhen. Das scheint mir im ersten Drittel des Regelweges noch sinnvoll, danach kommt eigentlich nur noch muffiges Geklopfe aus den Speakern. Der Sound der Drum-Machine ist aber sonst sehr ansprechend mit einem satten Fundament im Bass.

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Fazit

Alle drei Pedale der Harley Benton Dual Effects Serie machen, gemessen am Preis, einen großartigen Job. Am besten hat mir tatsächlich der Evil Twin gefallen, der ausgezeichnete Overdrive-Sounds hervorzaubert, allerdings als Nebeneffekt auch deutlich hörbare Nebengeräusche im Dualbetrieb. Dem Duality-Pedal fehlt es meines Erachtens vor allem beim Reverb etwas an Frische im Sound, hier machen sich die spartanischen Regelmöglichkeiten deutlich bemerkbar. Dennoch ist es möglich, gute praxisorientierte Sounds zu erzeugen. Der Double Jammer leidet am ehesten an der spärlichen Anleitung, auch im Netz bin ich da leider nicht fündig geworden. Hat man ihn einmal durchschaut, macht er Spaß und er klingt auch richtig gut.

Plus

  • sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis
  • einfache Bedienung (Evil Twin & Duality)
  • Spaßfaktor (Double Jammer)

Minus

  • etwas muffiger Sound (Duality)
  • oberflächliche Bedienungsanleitung (Double Jammer)
  • Nebengeräusche (Evil Twin im Dualbetrieb)

Preis

  • Evil Twin: 79,- Euro
  • Duality: 99,- Euro
  • Double Jammer: 99,- Euro
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Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    Tomtom AHU 1

    Erst so: Wow, Delay und Reverb für unter 100€! Bestimmt interessant für meinen alten Synth.

    Dann so: Oh, nur in Mono! Schade, doch nix für meine Zwecke! 🤷‍♂️

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