Die Königsklasse unter Signature Gitarren - die neue Steve Vai PIA!
Inhaltsverzeichnis
Die Dekade der Exzesse, die 1980er-Jahre, war geprägt von flinken und extrovertierten Gitarreos, die dafür gefeiert wurden (und sich selbst dafür feierten), maximal viele Töne in einem Takt zu quetschen und mit High-Gain-Sounds und Whammy-Bar Kunststücke der höchsten Virtuosität darzubieten. Ja, was eine schöne Zeit. Man mag geschmacklich unterschiedlicher Meinung sein, klar, aber dennoch ist diese Episode der musikalischen Historie geprägt von Gitarrensoli. In nahezu jeder Produktion war irgendwo eine Gitarren und meist auch ein Solo zu finden. Spätestens als es hip wurde, einen Rockmusiker, eine Rockmusikerin über eine Pop-Nummer solieren zu lassen.
Nun denn: Einer der legendärsten Gitarristen ist natürlich der Meister himself: Mr. Steve Vai. Nach etlichen Jahren als IBANEZ Guitars Endorser und seinem jahrzehntelang treugedienten Modell der JEM Serie, die mit zahllosen vielen Varianten auf dem Markt war und ist, kommt nun eine „neue“ Ära: Die PIA Serie ist seit einigen Jahren da. Heute liegt uns eine PIA 3761 – SLW vor, die optisch erst mal erstaunliche Ähnlichkeiten mit den „alten“ JEM Modellen aufweist. Mal sehen, was das Baby so kann … let’s unbox the axe of Mr. Vai.
Unboxing – IBANEZ PIA 3761 – SLW Steve Vai Signature, E-Gitarre
Die hochwertige und optisch traumhafte Gitarre kommt im sehr hochwertig und passgenau gefertigten Ibanez Hartschalenkoffer daher. Sehr schick und top für die Straße. Mitgeliefert sind neben dem Instrument im Koffer beigelegt ein Multitool (dankeeee, das ist der Himmel auf Erden!) zum Einstellen des Halses, des Tremolosystems und aller weiteren Schrauben an der Gitarre, zwei (!!!) Tremoloarme sowie die üblichen Kleinigkeiten wie Garantiekarte, Nachweise über die Qualitätskontrollen usw.
SPECS & FACTS – IBANEZ PIA 3761 – SLW Steve Vai Signature, E-Gitarre
Das neue Premium Signature-Instrument des Virtuosen Steve Vai ist „made in Japan“, hat einen aus Erle gefertigten Korpus, „Standard“-Mensur von 648 mm (25,51″) und kommt in dieser Ausführung in der Farbe „Stallion White“ (ist aber auch erhältlich in Schwarz „Onyx Black“). Der geschraubte, fünfstreifige aus Ahorn und Walnuss hat ein Palisander-Griffbrett mit dem herrlichen, für Steve Vai bekannten Artwork als Inlay, hier benannt als „PIA Blossom Griffbretteinlagen“. Super schick und einzigartig für die Steve Vai Modelle (ehemals „JEM“ jetzt „PIA“)! Auf dem Griffbrett findet man 24 (!) Edelstahl-Jumbo-Bünde mit dem „Prestige fret edge treatment“.
Das Halsprofil der „PIA“ hat eine Stärke von 18 mm am 1. Bund und wird leicht größer am 12. Bund mit 20 mm. Der Griffbrettradius beträgt 430 mm (16,93″), die Sattelbreite 43 mm (1,69″). Der Saitenabstand beträgt 10,8 mm, also knapp 1,1 cm. Am Kopfende des Halses laufen die Saiten über einen „Locking-Sattel“, passend zum Floyd Rose Style Tremolosystem („Edge Tremolo Bridge“) am anderen Ende der Saite. Die Stimmwirbel sind „Gotoh Mechaniken“. Alle Hardware ist (sehr dezent) in Gold ausgeführt. Wirkt einfach unendlich edel.
Auch typisch für Steve Vai Signature-Modelle (und bereits bekannt von der „JEM“), sind die nun für die PIA neu designten „Griffe“ an der oberen Seite des Korpus. Auf jeden Fall ein Eye-Catcher! Augenschmaus bieten auch die ungewöhnlichen, aber in meinen Augen sehr schönen Texturen der Pickup-Abdeckungen in Kombination mit dem „Pearloid“ des Pickguards und natürlich die weiß-goldene bzw. schwarz-goldene Optik. Wow!
Auf der Gitarre wurden extra für diese entwickelte zwei passive Ceramic DiMarzio UtoPIA Humbucker an der Steg- und der Halsposition und ein passiver, Alnico DiMarzio UtoPIA Singlecoil in der mittleren Position verbaut. Diese lassen sich über einen Standard-5-Wege Schalter aktivieren und über ein gemeinsames Volume- und ein gemeinsames Tone-Poti in Lautstärke und Höhenanteil stufenlos regeln. Die gesamte Technik ist auf einem „White Pearloid“ Schaltbrett montiert, das dem Instrument optisch eine herrliche Textur gibt.
Die Gitarre kommt ab Werk im Standard-Tuning (1E, 2B, 3G, 4D, 5A, 6E) und mit D’Addario® EXL120 in den Stärken .009 / .011 / .016 / .024 / .032 / .042 besaitet.
Ungewöhnlich aber auch nichts Neues (bei IBANEZ) ist die Anbringung des Klinkenbuchse im schrägen Winkel nach „oben“, wenn man so will an der Seite des Korpus. Sehr praktisch, um einen geraden (also nicht gewinkelten) Klinkenstecker einzustecken und am Gitarrengurt zu „befestigen“ (Klassiker-Trick, Kabel einmal wie eine Schlaufe durch den Gurt ziehen, dass das Kabel fixiert ist).
Genug der Fakten: Was kann das wunderschöne Baby denn so?
Praxistest 1: Handling – IBANEZ PIA 3761 – SLW Steve Vai Signature, E-Gitarre
In die Hand genommen, weitet sich der Augenschmaus in ein Handling-Schmaus. Das Instrument liegt nahezu perfekt in der Hand. Was für ein Meisterwerk. Der Hals schmiegt sich herrlich an die Hand und lässt sich traumhaft bespielen. Die Gitarre ist sehr gut ausbalanciert und kippt nicht auf dem Oberschenkel in eine Richtung. Auch das erleichtert das Spielen ungemein und führt zu einem hervorragenden Spielkomfort.
Der Hals hat eine angenehme Breite und Dicke (klar, das ist alles sehr subjektiv), aber ich finde, hier wurde eine gute Mitte aus schlankem „Shred“-Neck und Baseball-Schläger mit Tendenz zur Schlankheit gefunden. Auch in hohen Lagen lässt sich die Gitarre sehr angenehm bespielen. Die „Yngwie“ mäßig scooped gefrästen Bünde in den hohen Lagen erleichtern auch hier die Bespielbarkeit.
Leider kam die Gitarre nicht gut eingestellt mit recht hoher Saitenlage. Allerdings lässt sie sich auch mit nur wenig Kenntnissen zum Setup schnell und unkompliziert fixen und man kommt verdammt nahe mit den Saiten ans Griffbrett, ohne ein Schnarren zu erzeugen. Tolle Verarbeitung! Wow, äh Vai!
Praxistest 2: Sounds – IBANEZ PIA 3761 – SLW Steve Vai Signature, E-Gitarre
Die cleanen Sounds sind perlig und klar. Man merkt allerdings, dass die Humbucker deutlich mehr Output liefern als der Singlecoil in der Mitte. Technisch klar, jedoch muss man das beim Sounddesign natürlich wissen (mehr Output = mehr Gain). Die unterschiedlichen Positionen ergeben eine tolle Bandbreite an Sounds. Nichts Neues, zugegebenermaßen, aber dennoch gut.
Im verzerrten Soundgefilde fühlt sich die PIA definitiv wohl. Den strammen und direkten Sound hört man aus dem Verstärker. Toll, wie ausgewogen, fett, aber nicht matschig der Sound ist. Auch mit sehr hohen Gain-Einstellungen kommen Akkorde noch sehr klar durch und man versteht das Gespielte gut. Klarer Favorit ist hier die Position 1 (also der Bridge-Humbucker im Alleingang). Abgedämpfte Riffs schmatzen schön.
Klar, eine Steve Vai Signature Gitarre muss Leadsounds können. Kann sie auch. Und zwar unverschämt gut. Da geht die Sonne auf und man will nicht mehr aufhören zu solieren. Der Hals lässt einen ohne unnötige Anstrengung über die Saiten flitzen, die Gitarre gibt Phrasierungen sauber wieder und spricht sehr direkt und schnell an. Gibt aus, was man eingibt! Das Edge-Tremolo (Floyd Rose Style) arbeitet sehr sauber und hält auch bei wildesten Aktionen die Stimmung „in tune“. Da wackelt nichts. Toll auch, wie weit das System in beide Richtungen arbeitet. Manche sagen „die 80er sind vorbei“, ich sage „egal, macht Spaß!“ Man muss es eben nur richtig platziert einsetzen. Wie Steve Lukather mal im Interview sagte: „Es ist wie Schokoladenkuchen, den isst man ja auch nicht zu jeder Mahlzeit.“
Alle Klangbeispiele wurden in folgender Signalkette erstellt:
IBANEZ PIA 3761 – SLW Steve Vai Signature -> Universal Audio Apollo Twin X Interface -> NeuralDSP SLO – 100 Plug-in -> Cubase 12 PRO
Clean Sounds: „Plain Clean“ Preset
Rhythm Sounds: „SLO Lead“ Preset ohne Delay und Reverbs
Lead Sounds: „SLO Lead“ Preset mit Delay und Reverb
Es fand keine nachträgliche Bearbeitung durch EQs, Kompressoren oder Plug-ins statt.
Sieht für mich eher aus wie die Ibanez Donald Trump Signature.
Oh, ich wurde erhört. Vielen Dank für den tollen Test! Ein ganz außergewöhnliches Instrument. GAS Alarm!