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Feature: Die Bass-Kolumne mit Naris Sebastian Stolz

Bassisten und ihre Vorsätze

25. Januar 2022

Ein neues Jahr hat begonnen und selten wurde es sehnlicher erwartet als zu den aktuellen Zeiten. Corona wütet immer noch und alle Menschen wünschen sich, dass dieser Spuk endlich aufhört. Mit dem Jahreswechsel keimt dafür natürlich die Hoffnung! Der Neuanfang ist ja im Allgemeinen ein allseits beliebtes Ritual, hat man doch das Gefühl, so wieder von vorne beginnen zu können, um es besser zu machen. Denn wie sagt man so schön?

Neues (setzen sie ein Wort ihrer Wahl ein) – neues Glück!

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Dazu gehören immer Vorsätze und Ziele, man will etwas ändern, es besser machen, endlich durchstarten. Gerade wir Musiker nehmen uns gerne Dinge für das neue Jahr vor, ob es mehr zu üben ist, sich das lange ersehnte Instrument zu kaufen, seine eigene Band zu gründen, mehr Gigs zu spielen, eben alles, was man noch optimieren kann – und es geht bekanntlich ja immer besser, oder? Ich kenne das natürlich auch, eigentlich gibt es zu jedem Jahreswechsel bei mir gute Vorsätzen. Und wenn ich rückblickend schaue, sind es irgendwie auch immer dieselben, nämlich von allem mehr: mehr üben, mehr eigene Musik, mehr Ausgleichssport, mehr Gigs, mehr Bässe, mehr mehr mehr… Aber muss das immer so sein? Ist mehr wirklich besser? Eigentlich kann es ja nichts schaden, der weise Horst Schlemmer sagte mal so schön: Es ist von allem zu wenig und es muss alles mehr!

Wenn ich über das „von allem mehr“ nachdenke, so kann ich im ersten Gedankengang eigentlich nichts Verkehrtes daran finden. Ich meine, es kann ja nicht schaden, mehr zu üben, oder? Was gibt es alles für wunderbare Dinge, die man lernen kann: Skalen und Läufe, coole Slaplicks, Akkorde und Tapping – um nur das Offensichtliche zu nennen! Dazu tiefer in die Harmonielehre einsteigen, tighter zum Offbeat-Metronom spielen, in den verschiedenen Tonarten sicher werden, neue Stilistiken für sich erschließen, große Alben transkribieren, seinen Sound optimieren, ja man könnte so unglaublich viel tun, aber Hand auf Herz: Wie viel davon machen wir wirklich? Wer erfüllt seine Vorsätze? Und bei wem bleibt es am Ende doch nur bei einigen Versuchen und viel gutem Willen?

Corona und die Pandemie hat unser Leben sehr verändert und als Musiker ist es schwer, die positiven Dinge der Pandemie zu sehen. Wenn ich mich aber mal dazu zwinge, dann ist die gewonnene Zeit (aufgrund fehlender Arbeit) irgendwie eine positive Sache (auch wenn ich lieber mehr gearbeitet hätte). Ich habe sie genutzt, um endlich mal wieder in Ruhe Musik zu hören. Dies ist mir in den letzten Jahren ja ein wenig abhanden gekommen, als Profi spielt man ja selber den ganzen Tag und will in seiner Freizeit sich um andere Dinge kümmern. Mit Ausbruch der Pandemie lag meine Motivation, den Bass in die Hand zu nehmen, bei null. Um nicht völlig einzurosten, habe ich mich dazu gezwungen, jeden Tag ein gutes Album herauszusuchen, die Kopfhörer aufzusetzen (oder die Anlage aufzudrehen, wenn ich alleine im Haus war) und ganz versunken mit geschlossenen Augen, vielleicht noch mit einem guten Kaffee oder Whiskey (oder beidem) dazu einfach nur Musik zu hören. Und wie überraschend geil war das denn? Welch ein Luxus, 60 Minuten Zeit in einer anderen Welt, versunken in Klängen, die man liebt, das blöde C-Thema vergessend. Was habe ich für tolle Alben gehört, von Klassik über Jazz zu Rock/Pop, ja sogar etwas Techno und Electro – auch wenn mir diese Musik eigentlich gar nichts gibt. Aber wenn man Zeit im Überfluss hat, kann man sie auch mal für Dinge ausgeben, die auf den ersten Blick wie Verschwendung wirken. Als Bassist mit Leib und Seele musste ich mich erst mal dazu überwinden, Bands ohne richtigen Tieftöner zu hören. Was mir im letzen Jahr aber Kraftwerk und The Doors gegeben haben, ist wahrlich großes Tennis!

Weniger ist mehr! Ein 3-Saiter von Hotwire in der Stimmung B-E-A!

Weniger ist mehr! Ein 3-Saiter von Hotwire in der Stimmung B-E-A!

Inspiriert durch diese Erlebnisse 2021 habe ich mir für dieses Jahr mal nicht vorgenommen, von allem mehr zu wollen, sondern weniger! Von Musik lernen, die ohne Bass auskommt, bei eigenen Linien weniger Töne spielen, einfach bewusster beim Bass sein! In einer meiner ersten Übe-Sessions 2022 habe ich das Album „Dark Side Of The Moon“ von Pink Floyd nur auf E&A-Saite bis zum 7. Bund mitgejammt. Es war wahnsinnig interessant und spannend, neue Wege für gewohnte Läufe zu finden, allein die berühmte Basslinie von ‚Money‘ umzuschreiben und so quasi über einen 7/4 Takt zu improvisieren, war ein großer Lerneffekt, welchen ich im Modus „mehr“ wohl so nicht erlebt hätte. Und weniger Töne zur Verfügung zu haben, bedeutet auch sich auf andere Dinge mehr zu konzentrieren wie Rhythmus und Timing. Gleiches gilt für den Sound: Anstatt Bässe, Pickups und Effekte für verschiedene Klangfarben zu nutzen, habe ich alle Einstellungen flat gelassen und nur über verschiedene Anschlagsposition der Zupfhand variiert. Hand aufs Herz: Auch wenn man eigentlich weiß, wie viel damit möglich ist, nutzen wir es alle doch viel zu selten, oder?

Letzen Endes geht um das Ausprobieren, darum, neue Wege zu gehen und aus seinem gewohnten Trott herauszukommen. Und natürlich konnte auch ich mich nicht erwehren, das eine oder andere schöne Gagdets anzuschaffen, die mir helfen, die gewohnten Pfade zu verlassen. Wer einen 4-Saiter spielt und sein Griffbrett neu entdecken will, der sollte seinen Bass unbedingt mal anders stimmen, z. B. in HEAD. Den passenden Satz Saiten dazu finden wir z. B. bei Ernie Ball oder GHS. Oder wir nutzen ein Drop-Tuning nach Wahl? Der Halbton tiefer ist eine große Herausforderung, der Ganzton bringt wiederum völlig neue Wege mit sich! Damit die Saiten nicht zu wenig Spannung haben und weiterhin knackig klingen, hat DR einen Satz in besonderer Stärke im Programm.

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Auch eine Änderung der Spielposition kann Abwechslung und Spannung bringen, zumal es dabei auch den gesundheitlichen Aspekt gibt. Mit jedem neuen Jahr werden wir auch eines älter (ha, welch bahnbrechende Erkenntnis, oder?) und entsprechend sollten wir uns um unseren Körper kümmern. Kann man das Umhängen des Basses vielleicht noch optimieren? Ich wollte es wissen und habe mir diesen Doublestrap von Richter besorgt! Auch wenn es am Anfang ungewohnt ist, die gleichmäßige Gewichtsverteilung sorgt für mehr Freiheit und Entspannung in den Schultern, was wiederum zu einem neuen Spielgefühl führt. Unterstützen kann man dies noch mit dieser Haltungshilfe!

Mal schauen, wohin mich mein Vorsatz noch so bringen wird, aber selbst nach dieser kurzen Zeit hat es sich schon gelohnt, neue und ungewohnte Wege gehen. Wer noch keine Vorsätze für das neue Jahr hat oder bereit ist, diese spontan zu ändern, dem kann ich nur den abgedroschenen, aber eben doch wahren Satz zurufen:

Weniger ist mehr!

In diesem Sinne, allen Tieftöner ein frohes neues Jahr!

Naris Sebastian Stolz

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Forum
  1. Profilbild
    ctrotzkowski

    Genau!

    Noch zwei Ideen:

    – nur Musik mit selbstgebastelten Klangerzeugern. (So’n Blumentopf mit „Fell“ aus Pappmaché kann auch ein bißchen Bongo, und eine Saite über ein geschickt gesägtes Stück Holz kann durchaus Spaß machen)
    – oder für die Nerds: Musik nur mit kostenloser Software und – Plugins.

    Sucht doch mal den Künstler in Euch in der Beschränkung der Mittel, anstatt im heute allgegenwärtigen Überfluß der musiktechnischen Features zu versinken ;-D

    Gruß,
    Carsten

  2. Profilbild
    Frunsik

    Ein schöner Aufruf zur Reduktion auf das Wesentliche. Vielleicht etwas zu sehr mit Verweisen auf Gadgets, netter Dreiseiter übrigens, gespickt. 😉

  3. Profilbild
    chardt

    Bei einem Konzert (vor längerer Zeit) spielte der Bassist die abwechslungsreichsten und exquisitesten Lines quer über das ganze Griffbrett. Ich war angemessen beeindruckt von seiner Spieltechnik, aber irgendwie fehlte mir der „Druck von unten“ im Bandzusammenhang. Dann riss ihm die D-Saite …
    Das zwang ihn, sich auf die unteren beiden Saiten zu beschränken. Und von da an hatte die Band einen Bassisten :)
    (Bis er nach dem Lied die D-Saite wechselte … :(

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