Black Corporation liefert Ringmodulator nach
Auf dem Seziertisch befinden sich heute zwei Module von Black Corporation, einem Hersteller von Boutique-Synthesizern aus Japan, Tokio, hauptsächlich im Desktop-Format. Der Begriff Deckards Dream sollte dem einen oder anderen Synth-Begeisterten schon einmal über den Weg gelaufen sein. Wenn nicht, dann bitte die Suchfunktion oben auf dieser Seite bemühen. Die mit knapp 4950,- Euro erhältliche MKII-Version einer Interpretation des Yamaha CS-80 hat viel Lob eingefahren.


Um auch mit einem schmaleren Geldbeutel in den Genuss zu kommen, zumindest in einer abgespeckten Version, wurde ein semi-modulares Eurorack Synthesizer-Modul namens „Deckards Voice“ nebst Ringmodulator namens „Rachael“ ausgegliedert. Und um diese beiden Module geht es in diesem Test.
Wer sich gerne vorab zum großen Deckards Dream informieren möchte, der findet selbstverständlich auch auf AMAZONA.de einen Test. Hier geht’s zum Artikel.
Inhaltsverzeichnis
- Lieferumfang Ringmodulator und Synthesizerstimme
- Mechanische Beschaffenheit, Look & Feel
- Übersicht Ringmodulator Rachael
- Rachael VCO Klang und Ringmodulator
- Stärken und Schwächen von Rachael
- Übersicht zum Synthesizer Deckard’s Voice
- Deckard’s Voice Klang
- Stärken und Schwächen des Deckard’s Voice
- Kritik zur Anleitung
- Gesamteindruck beider Eurorack-Module
- Rachel Ringmodulator on YouTube
Lieferumfang Ringmodulator und Synthesizerstimme
Die beiden Module wurden als Leihgabe dargereicht und waren original verpackt, so dass wir uns ein Bild über den Boxinhalt machen können. Ein paar lose Einzelseiten eines japanischen Papierformates, bedruckt mit harten Fakten zu Funktionen und Anschlüssen in Englisch liegen vor. Minimalistisch und nicht ausreichend kann man das bezeichnen. Später im Test gehe ich darauf noch mal ein. Dazu gesellen sich noch zwei Aufkleber des Firmenlogos und das Stromkabel für den Anschluss im Rack.
Mechanische Beschaffenheit, Look & Feel
Kommen wir zum Äußeren und dem Hardware-Aufbau. Gerade bei hochpreisigen Modulen ist das umso relevanter. Beide Module sind hochwertig aufgebaut. Die Frontplatten, die Bedruckung und die Bedienelemente sind allesamt in guter stabiler und für Eurorack typischer Ausführung. Mit anderen Worten: Sie sehen dem Wert der Module angemessen aus. Der dunkelgraue Lack ist sehr dick aufgetragen. So ist das Deckard’s Voice einen halben Millimeter im Rack größer als es soll. Daher ist das Verschrauben mit Rachael als Nachbarn etwas schwierig, sprich eng, man bekommt aber eine Schraube ins Rack, Spiel gibt es hier jedoch überhaupt keines. Aus drei Platinen bestehen beide Module, daher ragen sie sehr tief ins Rack. 38 mm reichen jedoch gerade so noch aus, um ein flacheres Intellijel 104er Rack zu verwenden. Vor dem Kauf sollte man also erst einmal nachmessen und auf Nummer sicher gehen. Die Abschlussplatine ist hauptsächlich für den Schutz des SMD-Innenlebens gedacht, nur die Aussparungen für Trimmpotis und den Stromanschluss sind vorhanden und schwarz-gold bedruckt. Das sieht schon edel und aufgeräumt aus. Seitlich kommt man bei Deckard’s Voice noch an die beiden DIP-Schalter, die für das LFO und Time-Setting für Attack/Sustain/Release zuständig sind.
Das große Modul Deckard’s Voice ist 32 TE, der Ringmodulator Rachael 14 TE in der Breite. Komischerweise verbraucht das große Synthmodul weniger Strom (110 mA, +12 V) als das kleinere (150 mA +12 V).
Übersicht Ringmodulator Rachael
Das Rachael-Modul ist zwar als Erweiterungsmodul für Deckard’s Voice nicht nur gedacht, sondern regelrecht angebracht, es kann aber auch völlig unabhängig in jeder anderen Eurorack-Umgebung für interessante Sachen verwendet werden. Und da kann es doch einiges an Aufgaben erfüllen. Auf 14 Einheiten wurde ein klassischer Ringmodulator, ein Referenzoszillator mit drei Schwingungformen, ein LFO und eine ziemlich knackige ADSR-Hüllkurve untergebracht. Auch hier findet man die für CS-80 typisch „fehlerhafte“ Sägezahnschwingung, die einen Pulsezur Charakteristik hinzufügt. Zusätzlich gibt es SQUARE und SINUS. Alle drei lassen sich mit einem Micro-Schalter umschalten. Ein GATE und 1 V/OCT lassen das Modul als eigenständigen VCO agieren. Der Zustand lässt sich von VCO zu LFO umschalten, das liegt auf der Hand. Die Hüllkurve kann dazugemischt werden und ist bei Bedarf richtig snappy. Die ADSR-Parameter haben eigenständige CV-Eingänge und bringen so gehörig Abwechslung ins Spiel. Der Envelope-Generator kann per ENV Out an einen VCA weitergeführt werden, das wäre zumindest die sinnvollste Möglichkeit. Denn „Achtung“, ein VCA ist hier nicht verbaut.
Der SIGNAL INPUT führt ein Audiosignal zur Modulation, der REF-Input kann einen VCO als Referenzsignal für den Ringmodulator zuführen. Wenn dieser Eingang unbenutzt bleibt, ist automatisch ein Sinusgenerator aktiv. Nach der Modulation spuckt der MOD OUT das veränderte Signal aus. Die Tiefe der Modulation kann natürlich auch durch CV moduliert werden.
Zusätzlich gibt es ja noch den „normalen“ OSC OUT, der entweder den internen VCO oder das LFO-Signal ausgibt. Das scheint alles ziemlich wild zusammengewürfelt zu sein und macht erst einmal einen etwas chaotischen Eindruck!
Rachael VCO Klang und Ringmodulator
Subjektiv betrachtet klingt das Modul etwas direkter als Deckard’s Voice und hat einen Tick mehr Punch, Druck und Attack, klingt also meiner Meinung nach etwas moderner. Der VCO lässt sich nur jeweils in einen Oszillator-Modus schalten. Also, mehrere VCOs gleichzeitig erklingen lassen, ist nicht. Der Ringmodulator erledigt seinen Job und ist relativ wandelbar, da auch ein anderer Referenzklang zugeführt werden kann. Dann wird die interne Sinusschwingung abgeschaltet. Klanglich ist der Ringmodulator weniger metallisch und kantig, sondern eher als gutmütig zu bezeichnen. Wobei das Gesamtkonzept eines CS-80 Imitates wohl in dieser Form zuträglicher ist, als mit Schwung durch die Tür zu fallen. Ungeschönte Fakten zum Klang gibt es weiter unten im Video.
Stärken und Schwächen von Rachael
Das Black Corporation Rachael hat mich als Standalone-Modul im Sound und im einfachen Handling doch sehr positiv überrascht. Es klingt modern und kräftig, auch die Hüllkurve ist ultrazackig und trotzdem sehr flexibel. Vor allem kurze Buchla Bongos, Kicks, Pads und sanftes Schlagwerk sind schnell gezimmert. Auch wenn es etwas durcheinander im Aufbau und der Benutzung in Verbindung (denke immer noch darüber nach, ob ich es auch richtig gemacht habe!) mit Deckard’s Voice ist, ist das Modul vielseitig verwendbar. Als Ringmodulator wird dieses Modul angepriesen, wobei das Verwenden als zusätzlicher Oszillator im Audioeingang der Deckard’s Voice ein sehr gutes Bild abgibt. Immerhin ist auch hier die CSAW vom CS-80 abgebildet. Durch leichte Verstimmungen beider Module bekommt man das CS-80 typische Flair. Eine Schwäche im Kontext eines Modularsystems kann man nicht unbedingt finden, es sei denn, man zählt das etwas ungewöhnliche Sammelsurium von Bausteinen dazu.
Übersicht zum Synthesizer Deckard’s Voice
Klar wurde hier der Rotstift angesetzt, um einen Abkömmling des „Großen“ für das Eurorack zu konzipieren. Maßgeblich haben wir hier keine acht Stimmen mehr, sondern eine. Richtig, nur eine Stimme, die allerdings gleichzeitig Sine, Square, Saw und Noise anbieten kann. Ebenfalls muss man auf Speicher- und MIDI-Funktionen verzichten. Die eine oder andere für Keyboards typische Spielfunktion wurde auch noch entfernt, was im Kontext das Modularsystem nicht tangiert. Daher kann man diese Rohversion des Deckard’s Dream als zumindest vom Konzept her gelungene Miniaturisierung ansehen. Auch die Reihenfolge der Bedienelemente und die platzsparende Anordnung wurden effektiv umgesetzt.
Neben der VCO-Abteilung findet man die beiden Filter HP und LP und deren Hüllkurve. In zweiter Reihe sind die Tuning-Möglichkeiten, der LFO mit sechs wählbaren Kurven, anwendbar auf VCO, VCF und VCA, und zwar gleichzeitig, und die ADSR-Hüllkurve zur Zeitformung des Klanges. Die ganze Monostimme ist schon intern fest verbunden, kann aber durch die vielen Ein- und Ausgänge neu zusammengebaut werden. Erwähnen sollte man, dass nur die Sinusschwingung und die Noise-Quelle in der Lautstärke eingestellt werden können. Rechteck und Sägezahn (berühmte CSAW des CS-80) sind nur ein- oder abschaltbar.
Nichtsdestotrotz findet man reichlich modulare Möglichkeiten. Die vier VCO-Klänge können auch direkt abgegriffen werden. Am Master-Out gibt es dann einen regelbaren Ausgang. Externe Klänge können dem Filter zugeführt werden und einen FM- und Sync-Eingang gibt es auch noch. Insofern ist erstmal alles Wichtige vorhanden.
Das Modul ist kalibrierbar, dazu befindet sich auf der Rückseite ein Knopf, der durch diesen Punkt führt. Die Prozedur ist relativ kompliziert, die Anleitung gibt aber zumindest in diesem Punkt eine Schritt-für-Schritt-Anweisung. Auch für die Fader gibt es eine Kalibrierungsprozedur, das ist jedoch nur nach einem Firmware-Update notwendig. Aha, also ist die zumindest die Steuerung des Synthesizers digital ausgeführt. Kommen wir nun zur Bewertung des Klanges.
Deckard’s Voice Klang
Das ist schwierig, wenn man weder einen Yamaha CS-80 noch ein Deckard’s Dream MKII vor sich hat. Ausgiebige Klangbeispiele gibt es natürlich im Video ganz unten. Vom Grundcharakter kann man schon die Ähnlichkeit zum CS-80 wahrnehmen. Nicht umsonst überzeugt der Racksynth Deckard’s Dream MKII vollumfänglich. Da wir hier einen Auszug davon haben, sollte der Klang dem entsprechen. Belegen kann ich es nicht. Die Synthstimme wirkt sehr ausgewogen und musikalisch und trägt nicht allzu sehr auf. Der Begriff „Vintage“ trifft hier voll und ganz zu. Was aber nicht bedeutet, dass die unteren Register flach sind. Nein, im Gegenteil! Durch sämtliche Oktaven gibt es einen druckvollen Sound. Sehr rund und manchmal etwas behäbig, aber das ist auch gut so und gewollt. Das Feeling kommt an und man muss sich nicht einmal anstrengen, den CS-80 Klang zu erarbeiten. Das Modul bringt es einfach mit, was ja durchaus zwingend notwendig ist. Auch gibt es keine Nebengeräusche, die hier nicht hingehören. Also, insofern ist hier von der Klangqualität alles tipitopi, alles andere ist dann Geschmacksache.
Stärken und Schwächen des Deckard’s Voice
Das Argument des Yamaha CS-80 Ahnen liegt schwer im Raum, was diesen Test angeht. Würde man das Modul mit den gleichen Augen und Ohren bewerten ohne das Wissen, dass es sich um eine „Inspiration“ handelt? Nein, das würde man nicht! Es bliebe eine gut klingende Monosynth-Stimme in hochwertiger modularer Bauweise und einem charmanten Hauch von Vintage. Jedoch ist die Beeinflussung durch diesen Aspekt die größte Schwäche des Deckard’s Voice, weil man eine hohe Erwartung hat, die bei manchen Anwendern vielleicht nicht erfüllt wird. Auch wird man mit einer Monostimme keinen achtstimmigen Synth ersetzen können, nicht mal im Ansatz. Also, was bleibt bei dieser Eurorack-Version? Die Stärken liegen eindeutig im Vintage-Klangcharakter, dem gut klingenden Filter des übernommenen „fehlerhaften“ CSAW-Oszillators sowie dem sehr flexiblen LFO- und ADSR-Parameter. Ok, das Vintage-Design mit Anlehnung an den CS-80 kann man auch auf der Plus-Seite eintragen. Schön ist ebenfalls, dass man die Zeitparameter des LFOs und der A/S/R-Hüllkurve durch DIP-Schalter, die zwischen den Platinen angebracht sind, verändern kann. Das schafft einen großen Spielraum für Klanggestaltung. Hier mal die Übersicht:
Kritik zur Anleitung
Leider findet man weder in der Anleitung, noch auf der Website Tipps zur sinnvollen Verwendung, wie man beide Module zusammenschalten kann. Hier bleibt der Anwender völlig alleingelassen. Ein paar nützliche Beispiele, in welcher Form auch immer, wären sehr hilfreich gewesen, um eine originale CS-80 Schaltung beider Module herzustellen. Nicht jeder kann das alles aus dem Effeff und auch der Tester himself stand vor einem Rätsel, wobei ich mir immer noch nicht sicher bin, ob ich das gelöst habe! Gerade wenn man den doch relativ hohen Preis für solch ein Gerät ausgibt, möchte man auch vom Hersteller gleich zu Beginn mit etwas Hintergrundwissen oder Beispiel-Patches ausgestattet werden und in die CS-80 Welt eintauchen. Dieses Feeling stellt sich so nicht ein. Das Fehlen von Verbindungsbeispielen trifft aber auf fast alle Hersteller zu. Nur wenige machen das vorbildlich. Die, die das jedoch doch tun, und hier darf ich Namen nennen, wären Make Noise, Intellijel und Moog. Also, Black Corporation – bitte auch ein paar Beispiele auf die Website oder in einem Video bringen. Das kann man auch nachträglich liefern!
Gesamteindruck beider Eurorack-Module
Mit einem Preis von insgesamt 1179,- Euro für dieses Duo kann man von recht kostenintensiv reden. Für einen duophonen, (mit angestöpseltem Rachael) semi-modularen Synthesizer nebst Ringmodulator und ein paar Hüllkurven ist das ganz schön viel Geld. Wer mehr Verstimmung und Charakter benötigt, schraubt sich zwei Deckard’s Voice + Rachael in das Rack. Hier liegen wir dann schon bei 1900,- Euro. Wer das locker machen kann, wird sich nicht scheuen, doch zu Deckard’s Dream MKII zu greifen. Hier bekommt man dann doch volles Programm und genau das, was man möchte.
Doch zum großen Hauptmodul: Ein richtiger Wow-Effekt stellte sich während dieses Test gerade bei der Deckar’s Voice nicht wirklich ein. Mag vielleicht daran liegen, dass ich den CS-80 Sound nur aus YouTube-Videos kenne (woher sonst?), und die Ära dieses Urahnen nicht mitbekommen habe. Das Modul versprüht aber dauerhaft ein Flair von Vintage. Das ist mir persönlich permanent aufgefallen. Damit meine ich auch nicht ein begrenztes Audiosignal oder ein Hintergrundrauschen, sondern die Ära der 70er ist einfach da. Wenn es unterm Strich das ist, was nur eine Stimme eines CS-80 als Basis ausmachen kann, dann hat Black Corporation den Nagel auf den Kopf getroffen.
Auch wenn diesmal im Artikel relativ viele kritische und auf-den-Boden-der-Tatsachen-Gedanken Einzug gehalten haben, sind beide Black Corporation Module nicht schlecht und in keinster Weise verkehrt, sondern platzieren sich in einer Nische, die sie sich selbst ausgesucht haben. Nicht mehr und nicht weniger! Technisch und von der Bauqualität bekommt man absolut den Gegenwert, was ein Boutique-Hersteller zu leisten vermag.
Rachel Ringmodulator on YouTube
Und hier noch das zum Test gehörige Video. Viel Spaß!
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Vielen Dank für diesen großartigen Test und den Klangbeispielen im Video! Die Module werden perfekt vorgestellt und beschrieben. Alles klingt interessant und musikalisch. Ich bin wirklich beeindruckt von den Modulen und von Deiner Präsentation. Einfach toll!
Ich liebe meine Deckard’s Voice!
Danke für die Einblicke in dieses System. Gibt es auch eineMöglichkeit die Fader mitLED-s zu bestücken? Das ist im Livebetrieb so schön anzuschauen…😀