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Test: Epiphone Les Paul Standard 50s

Goldene Zeiten

8. September 2020

Beim Testen der letzten Epiphone Les Paul Standard wäre mir ja beinahe die Hutschnur geplatzt, hätte ich doch nur einen Hut aufgehabt. Nicht nur dass eine Potikappe lose im Karton lag, die Lady hatte zudem einen defekten Toggle-Switch an Bord. Trotzdem hat es dann noch für ein gutes Testurteil gereicht, weil die Gitarre in puncto Klang und sonstiger Verarbeitung wirklich gut dastand und ein faires Preis-Leistungs-Verhältnis bot. Nun ist die ältere Schwester dran. Die Epiphone Les Paul Standard 50s erinnert an die goldenen Zeiten der Les Paul und kommt deshalb standesgemäß im Goldtop-Finish daher.

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Epiphone Les Paul Standard 50s – Facts & Features

Satte 4,1 kg wiegt der Inhalt des Kartons, aus dem sich dieses Mal eine unversehrte Les Paul erhebt. Von dem sie verhüllenden Schutz befreit, bietet sich ein Blick auf die Reminiszenz an die 50er Jahre Les Pauls der Firma Gibson. Epiphone, bekanntlich die Low-Budget-Tochter des amerikanischen Mutterkonzerns, produziert in China und so ist auch der Verkaufspreis von rund 560,- Euro zu erklären. Das aktuelle vergleichbare Modell von Gibson kostet gut 2.000,- Euro mehr und ist aufgrund der momentanen Liefersituation auch nur schwer zu bekommen. Schade, denn ich hätte gern mal einen direkten Vergleich der beiden Goldtops gemacht. Einen Koffer oder auch nur eine einfache Tasche sucht man leider vergeblich. Zur grundsätzlichen Konstruktion der Les Paul Standard 50s gibt es nicht viel zu sagen, der Korpus der Gitarre besteht aus Mahagoni, ebenso der der eingeleimte Hals. Die gewölbte Decke der Testkandidatin besteht aus Ahorn und ist deckend in eben jenem Gold lackiert, das die originale Goldtop von Gibson seinerzeit zur Legende werden ließ. Die Lackierung ist sauber ausgeführt und wird optisch durch das obligatorische cremefarbige Binding vom klar lackierten Korpus abgesetzt. Der Hals ist ebenfalls von diesem Binding eingefasst und trägt 22 Jumbobünde auf dem Griffbrett aus Indian Laurel. Bei Indian Laurel handelt es sich um ein in Indien bzw. Burma beheimatetes Laubgehölz, das unbearbeitet eine leicht graubraune Färbung aufweist und glaubt man den diversen Einträgen im Internet, eher schwer zu bearbeiten bzw. zu trocknen ist. Ob das Holz noch nachtrocknet, wird man bei dieser Gitarre erst in ein paar Monaten sehen, fürchte ich. Dann würde sich allerdings die bis hier tadellose Verarbeitung relativieren. Die Bünde sind sauber abgerichtet, kein hakeliges Gefühl stört die linke Hand bei der Arbeit.
Das Halsprofil nennt sich „’59 Rounded Medium C“ und fühlt sich auch so an, das Halsgefühl ist kräftig und man kann richtig schön rockig zugreifen. Wie beim Original gibt es keinerlei Verstärkung des Übergangs des Halses zur Kopfplatte, die diese bruchgefährdete Stelle stabilisiert. Glaubt man allerdings namhaften Holzwürmern in der Gitarrenbauerzunft, kann ein einmal geleimter Hals nach einem Unfall wenigstens an dieser Stelle nicht mehr brechen. Die trapezoiden Griffbretteinlagen in Perlmuttoptik sind sauber eingesetzt, lediglich der billig wirkende hartweiße Sattel aus Plastik, das hochtrabend „NuBone“ genannt wird, trübt optisch ein wenig das Bild. Die einteilige klassische Kopfplatte mit der 3L-3R Anordnung der Mechaniken ist deckend schwarz lackiert, eine glockenförmige Abdeckung mit der Beschriftung „Standard“ versteckt den Zugang zur Trussrod. Die Mechaniken sind Epiphones eigene „Vintage Deluxe“ Modelle.

Epiphone Les Paul Standard 50s Headstock

Die Kopfplatte im klassischen Les Paul Style trägt die sechs Tuner im Vintage-Look. Einen stbilisierenden Holzkragen am Übergang vom Hals zur Kopfplatte gibt es, wie so oft, leider nicht.

Korpusseitig findet man einen Locktone ABR Steg sowie ein klassisches Stop-Tailpiece, in das die Ballends der Seiten eingehängt werden. Saitenlage und Oktavreinheit werden dann am Steg mit Hilfe eines zweier Rändelschrauben und eines herkömmlichen Schraubendrehers eingestellt, beim Testmodell waren allerdings keinerlei Korrekturen nötig. Die Saitenlage ist flach eingestellt, aber ohne zu schnarren, der Hals ist kerzengerade. So will ich das sehen!

Back to the 50s – die Elektrik

Bei der Tonabnehmerbestückung gibt es keine Überraschungen, hier werkeln, wie bei allen anderen Modellen, die Epiphone eigenen Probucker, die ganz konventionell über den 3-Weg-Toggle oben am Korpus ausgewählt werden. Zu jedem der beiden Humbucker gibt es dann noch einen Volume- und eine Tone-Regler, die jeweils mit Goldtop-Potikappen und einer kleinen Metallnase ausgestattet sind. Dank letzterer kann man den Reglerstand gut ablesen und auch jenseits von Gefühl und Gehör Lautstärke und Klang regeln. Das ist zum Beispiel dann ganz praktisch, wenn man mit einem etwas lautstärkereduzierten Sound in einen Song starten will. Als Besonderheit und im Gegensatz zu allen anderen Les Paul Modellen von Epiphone kommt bei der Verdrahtung das sogenannte 50s-Style-Wiring zum Einsatz. Eine spezielle Verdrahtung, die eben so genau bei den Les Pauls der 50er Jahre zu finden und die bei vielen Gitarristen mit Vintage-Tick sehr populär ist. Deshalb hier ein kurzer Ausflug ins Eingemachte:

Epiphone Les Paul Standard 50s Elektrik

Die Verschaltung der Epiphone Les Paul Standard 50s sieht äußerlich aus wie alle anderen Modelle, ist aber mit Hilfe des 50s-Style-Wiring dem Original aus den 50er Jahren nachempfunden. Gut zu erkennen sind hier die Metallnasen.

Die in der Gitarre verbauten Potis haben grundsätzlich drei Anschlüsse. Einen am Anfang der Kohlebahn (oder besser: Widerstandsbahn), einen am Ende der Bahn und dann einen, der direkt am Schleifer, also dem beweglichen Teil des Potis, ansetzt. Nun gibt es mehrere Möglichkeiten des Anschlusses. Bei der modernen Verdrahtung wird das Signal am Schleiferkontakt des Volume-Potis abgegriffen und zur Passage über den Kondensator zum Tone-Regler geschickt, um entweder an der Masseverbindung das Weite suchen oder aber den Weg zum Gehör des Zuhörers einzuschlagen. Im Falle des Tone-Reglers wird hier natürlich nur ein Teil  des Signals, das vorher vom Kondensator bearbeitet wurde, an Masse abgeführt, was zum Abschwächen der hohen Frequenzen des Signals führt. Das bei der Testgitarre verwendete 50s-Style-Wiring jedoch geht den umgekehrten Weg. Das vom Kondensator zu bearbeitende Signal wird vom Ende der Widerstandsbahn abgegriffen und wird nun, je nach Position des Schleifers des Ton-Reglers, mit mehr oder weniger Widerstand zur Masse geführt. Nun könnte man meinen, es sei dem Signal völlig egal, in welcher Richtung es den Volume-Regler passiert. Das dies nicht so ist, ist eine der magischen Besonderheiten, über die sich Gearnerds stundenlang die Köpfe heiß reden können, wenn man ihnen Bier gibt. Der Effekt der modernen Verschaltung jedenfalls ist, dass beim Zurückdrehen des Lautstärkepotis ein paar Höhen verlorengehen, was bei modernen Tonabnehmern oftmals nicht so gravierend ist. Das 50s-Style-Wiring dagegen erhält den Anteil der hohen Frequenzen. Der Preis dafür ist eine Interaktion, bei der beim Zudrehen des Tone-Reglers etwas die Lautstärke abnimmt. Alles klar? Ja, auch Flöhe husten, ich hab’s gehört, ich schwör! In der Praxis, soviel sei jetzt schon verraten, funktioniert das alles jedenfalls auch ohne dass man davon etwas weiß.

Die Epiphone Les Paul Standard 50s in der Praxis

Auf dem Schoß oder am Gurt sitzt bzw. hängt die Gitarre, wie man es von einer Les Paul erwartet. Bleischwer und irgendwie vertraut. Der Hals liegt satt in der Hand. Im Vergleich zu meiner 50s Tribute Les Paul von Gibson, die wegen ihrer P90-Bestückung leider zum direkten Vergleich nicht taugt, wirkt der Hals allerdings etwas schlanker und man hat nicht dieses typische Baseball-Schläger-Feeling. Auf jeden Fall ist es sehr angenehm, was die Epiphone hier bietet. Das Schwingungsverhalten der Gitarre überrascht nicht, die Ansprache ist schnell und drahtig, das Sustain lang und gleichmäßig. Die Suche nach den gefürchteten Deadspots, also den Punkten auf der Gitarre, an denen der Ton irgendwie tot klingt, endet ohne nennenswerte Ergebnisse. Also schnappe ich mir das Kabel, um der Patientin mal elektrisch auf den Zahn zu fühlen.

Ich beginne wie immer mit einem cleanen Sound und dem Humbucker in Halsposition. Die Gitarre wird über einen Kemper Profiler direkt in die Soundkarte und in die DAW gespielt. Clean kommt das Profile eines Bogner XTC zum Einsatz. Außer einem leichten Hall sind keine Effekte in der Signalkette. Sofort fällt der satte, dominante Bass auf, der schnell zu viel des Guten werden kann. Dazu passen aber die sehr fein abgestimmten, angenehmen Höhen. Dreht man den Tone-Regler etwas zurück, bekommt man einen schlanken, praxisgerechten Rhythmussound, der nicht ätzt. In Mittelstellung des Toggles bringen wir beide Tonabnehmer zu Gehör. Der Steg-Pickup ergänzt den basslastigen Charakter des Hals-Pickups um ein paar brillante Höhen. Der Steg-Pickup allein zeigt eine leichte Kompression, die Höhen beginnen zu dominieren und können jetzt schon gehörig Kraft entwickeln, wenn man es am Verstärker übertreibt.

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Wechseln wir zu einem angezerrten Sound, hier arbeitet mein bevorzugtes Morgan AC20 Profile. Der Hals-Pickup bleibt dominant im Bass, die Höhen klingen irgendwie eingesperrt und leicht kratzig, aber nicht ohne Charme. Die Zwischenstellung zeigt eine schrammelige Begleitung, das ist das Beste, was mir dazu einfällt. Ein Kompliment muss man so einer Gitarre ja machen dürfen … Der Steg-Pickup ist perkussiv und straff, die Höhen werden lebendig. Ein Wohlfühlsound.

Zeit für höhere Gainsettings, hier kommt das Profile eines Soldano Hot Rod zum Einsatz. Der Humbucker am Hals kommt hier naturgemäß etwas ins Schwitzen, quittiert diese Aufgabe denn auch mit etwas zu aufdringlichem Bass, der sich sofort zahm verhält, wechselt man ins obere Register der Gitarre. Das macht der Steg-Pickup allein natürlich besser. Genau genommen macht er, was er soll: Er rockt das Haus. Straffe Bässe ohne Mulm, fein dosierte Höhen ohne ätzende Frequenzen.

Bleibt das Solo als Krönung unseres gitarristischen Könnens, das Stadion jubelt! Der Hals-Pickup und das Profile des Engl Steve Morse (mit etwas stadiontauglichem Delay) beginnen vor Aufregung zu zittern … Die Assoziation mit dem Mann mit dem Zylinder kommt augenblicklich. Sowohl beim Hals- als auch beim Steg-Pickup hört man wunderbar den Punch beim Anschlag, ein tragfähiger Leadsound mit Cojones, wie der Fachmann sagt.

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Fazit

Ich bin bei Low-Budget-Instrumenten immer sehr vorsichtig, eine sehr gute Bewertung zu vergeben, weil Serienstreuung und kostengünstige Produktion erfahrungsgemäß auch immer wieder schlecht verarbeitete Modelle einer Serie hervorbringen. Aber hier sehe ich eine absolut beeindruckende Vorstellung, die die Epiphone Les Paul Standard 50s bietet. Zu diesem Preis eine ähnlich authentische 50s Les Paul zu bekommen, dürfte schwerfallen. Optik, Handling und Sound sind dem, was ich für einen Preis von rund 560,- Euro erwarte, locker gewachsen. Zudem punktet die Testkandidatin durch saubere Verarbeitung und eine perfekte Werkseinstellung. Das macht diese Gitarre auch für E-Gitarren Einsteiger interessant, die eine im Niveau mitwachsende Les Paul erhalten, die ihrem Namensgeber alle Ehre macht.

Plus

  • Preis
  • Verarbeitung
  • Sound

Minus

  • teilweise etwas basslastige Wiedergabe

Preis

  • 561,- Euro
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Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    AMAZONA Archiv

    Schöner Test. Die neue Epiklampfen-Generation gefällt mir. Bin auch gut bedient mit einer Muse hier.

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