MXR Phaser
Mit FX-Pedalen ist es im Allgemeinen so eine Sache. Ähnlich wie schon die flammenden Diskussionen über Röhren- oder Halbleitertechnik und ihre Vor- und Nachteile im Verstärkerbau lassen sich auch die User der FX-Pedale in den Bereich „Analog“ oder „Digital“ einreihen. Und ähnlich des oben genannten Pendants kann man einem eingefleischten Multieffektgerät-Verehrer nur mühsam die Patch-Kabel-Orgien des Analog-Fans erklären, wobei der handelsübliche Analog-Fanatiker faktisch aus dem Stehgreif über „Volumen“, „Tiefe“ und „Wärme“ seiner „Tretminen“ in einem ca. 30-minütigen Monolog referieren kann. Der ambivalente Musikfan fragt sich daher des Öfteren, ob im Gegenzug zu dem zweifelsohne höheren logistischen Aufwand der analogen Verdrahtung am anderen Ende wirklich die audiophile Belohnung wartet oder ob zumeist des Guten zuviel im Vorfeld über die Retro-Technik erzählt wird.
Einer der Urväter der Analog-Technik im Pedalbau ist die Firma MXR, welche bereits seit geraumer Zeit unter der Ägide von Dunlop geführt wird. Sozusagen als „Brot-und-Butter“ Pedal muss zweifelsohne der Phase 90 Phaser eingestuft werden, welchen es neben dem Klassiker aus der Siebzigern nunmehr auch in einer zweiten Version mit eingebauter LED gibt. Beide wurden (zum Glück) auch bereits vor geraumer Zeit mit einem zusätzlichen Netzanschluss aufgewertet.
Um einen direkten Vergleich zu einer Weiterentwicklung zu haben, habe ich das Variphase CSP-001 mit in den Test genommen, welches in limitierter Auflage vom MXR Custom Shop aufgelegt wird und sozusagen eine interessante Erweiterung des Phase 90 darstellt. Mittels Booster und regelbarer Modulationsgeschwindigkeit per Fuß will das Variphase insbesondere Sologitarristen ansprechen.
Konstruktion
MXR hat bereits vor 30 Jahren seinen Pedalen eine konsequente Farbgebung beschert, was bei mir schon damals die Assoziation mit meinem Wasserfarben-Malkasten aufkommen lies. Konsequent wurden die einzelnen FX-Typen mit geradezu „penetranten“ Farben ausgestattet. Die Phaser-Abteilung hat es mit einem dunklen Orange, Tendenz ins Braune erwischt, was einer Rost-Grundierungsfarbe nicht unähnlich sieht ;-) Ob man diese Farbe nun als Kult oder einfach nur als „potthäßlich“ ansieht, mag jedem selber überlassen sein, jedenfalls lassen sich Selbige sehr leicht auch im schummerigen Bühnenlicht auf dem Floorboard identifizieren.
Bzgl. Regelmöglichkeiten wird der Phase 90 nur noch von einem ON/OFF Schalter unterboten, bis auf den Bypass-Schalter ist lediglich ein einzelner Speed-Regler anzutreffen, welcher die Modulationsgeschwindigkeit regelt. Zusätzliche Regler wie Intensität des Effektes oder Phasenlage sucht man vergebens, frei nach dem Motto „den amtlichen Sound voreingestellt, an der Geschwindigkeit darfst Du noch etwas nachregeln“.
Untergebracht in einem massiven Stahlblechgehäuse steht dem Zwerg ein langes Leben bevor. Alle Schaltungen sind auf einer Platine untergebracht welche durch das Lösen von vier Schrauben auf der Gehäuseunterseite problemlos zugänglich ist. Im Lieferumfang enthalten ist eine selbstklebende Gummiunterlage, welche gegen Rutschen schützen soll und der bekannte MXR „Hütchenaufsatz“, welcher das Nachregeln des Potis während des Spiels mit dem Fuß ermöglicht. Der Markierungsstrich des Poties phosphoriziert übrigens im Dunkeln.
Das Variphase hingegen kommt mit mehreren Modulationsmöglichkeiten daher, allen voran mit der Möglichkeit die Geschwindigkeit des Effektes mit der Wippe des Pedals steuern zu können. Das Ganze sitzt im gleichen Gehäuse wie das bekannte Dunlop Wah-Wah, lediglich eine Feder sorgt dafür dass das Pedal nach Benutzung wieder in seine Ausgangsposition zurückkehrt. An der linken Seite befinden sich 2 kleine Trim-Potis mit dennen man die Lautstärke des Boosters und den Mix zwischen Original und Effektsignal einstellen kann. Die Verarbeitung ist massiv, der Batteriezugang wird über eine kleine Plastikabdeckung ermöglicht, welche etwas hakelig und dünnwandig daher kommt. Das ganze Gerät ruht auf vier stabilen Gummifüßen, die Elektronik sitzt auf einer einzelnen Platine. Zudem bietet ein kleiner Schalter im Inneren des Gerätes zwei Presets bzgl. der Intensität des Effektes (Shallow / Deep) an.
Praxis
Im Bereich der Modulationseffekte stellt der Phaser neben dem Chorus und dem Flanger den dritten Teil des „FX-Dreigestirns“ dar was die Beliebtheit unter Künstlern angeht. Kurz zur Erklärung, beim Phaser wird eine phasenverschobene Kopie des Originalsignals periodisch verändert, was zu regelmäßigen Auslöschung und Anhebung von Frequenzen führt. Selbiger Sound erfährt ein universelles Einsatzgebiet, sei es im Funk, Rock oder Jazz, mit cleaner Gitarre, als auch im verzerrten Modus versorgt ein Phaser ein trockenes Gitarrensignal mit einem unaufdringlichen und dennoch interessanten Sound.
Wahrscheinlich ist jedem bereits der Phase 90 Sound irgendwo einmal unter gekommen, sein es bei VAN HALEN, den DOOBIE BROTHERS, ZZ TOP oder einer anderen Aufnahme welche in den späten Siebzigern und folgende Jahre getätigt wurde. Tiefe und Wärme des unscheinbaren Pedals sind legendär und auch bei diesem Test zeigt MXR den Mitbewerbern kurz was einen amtlichen Phasersound ausmacht. In Sachen Volumen schon immer die Messlatte, hat sich bis heute nichts daran geändert, Niemand vermisst die zusätzlichen Regelmöglichkeiten, der Grundsound ist bereits so ausgewogen dass man gar nichts verändern möchte.
Das Variphase Pedal kommt da mit einem anderen Anspruch daher. Es soll auf der einen Seite den Klang der MXR Phaser halten können aber dennoch mehr Flexibilität liefern. Um ehrlich zu sein, ich brauchte einen Moment um das Einsatzgebiet des CSP-001 zu sondieren. Die Kombination von Booster und Phaser in einem mag für den einen oder anderen gewöhnungsbedürftig sein, in psychodelischen Soundbereichen schlägt das Pedal jedoch ein wie eine Bombe, das passt selbst die Farbe des Gerätes ;-). Schlaghose angezogen, Mamis Batikbluse drüber gezogen und noch kurz an der Tüte genuckelt und fertig ist die mentale Grundausstattung. Retrorocker a la Lenny Kravitz werden dieses Pedal lieben.
Vor einen angezerrten Vollröhrenamp geschaltet, kann man sich regelrecht in einen „Woodstock-Rausch“ spielen, einmal angefangen zieht einen das Gerät zunehmend in seinen Bann. Ähnlich eines Wah-Wahs kann man durch intelligentes Betätigen des Pedals seinem Spiel mehr Ausdruck und Intensität verleihen, ein Grundniveau an persönlichem Ausdruck natürlich vorausgesetzt. Was mich persönlich etwas stört ist die Tatsache dass man auch bei minimaler Boostereinstellung dennoch eine leichte Erhöhung des Ausgagngspegels statt findet, d.h. man kann das Variphase nicht ohne Boostereffekt betreiben. Hier wäre es meines Erachtens schön gewesen den Phasereffekt auch ohne Pegelveränderung zu betreiben, was den Einsatzbereich vor cleanen Amps deutlich erhöhen würde. Im Moment gestaltet es sich schwer einen Amp mit diesem Effekt nicht in die Sättigung zu fahren, sofern nicht pegelresistente Verstärker im Kaliber von Twin Reverb oder Hiwatt zur Verfügung stehen.
Die doppelte Ausführung des Phase 90 mit und ohne LED lässt sich in meinen Augen nur mit der Möglichkeit, respektive dem Wunsch nach einer originalgetreuen Vintage Verdrahtung erklären. Trotz intensivem A/B Vergleich konnte ich keine klanglichen Unterschiede bei den beiden Modellen heraus hören.
Fazit
Phase 90: War gut, ist gut und wird aller Wahrscheinlichkeit nach immer die Referenz für einen zeitlosen Phasersound bleiben!
Variphase CSP-001: Aufpassen, das Gerät kann süchtig machen. Ehe man sich versieht tritt man bei jedem Solo auf das Pedal, was den Begriff „Effekt“ ad absurdum führt. MXR ist es gelungen einen bisher vornehmlich im Rhythmusbereich etablierten Modulationseffekt in den Solobereich zu bewegen. Ein intelligenter Ansatz, welcher als gelungen angesehen werden muss!
Plus
+ Sound (oft kopiert, nie erreicht)
+ Verarbeitung
+ Variablität Variphase
UVP: 129,- € (Phase 90) / 239,- € (Variphase CSP-001)
Mir war der Phase 90 zu schwach auf der Brust und ich habe ihn relativ schnell wieder verkauft.
Der SPH 323 war später der Deckel zu meinem Topf.