Kreative Klangverfremdung im Vergleich
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Der ultimative Kampf: Hologram Electronics Microcosm vs. Chase Bliss Blooper. Die beiden Pedale haben haben einige Gemeinsamkeiten, aber auch einige Unterschiede. Sie richten sich an Ambient-Gitarristen und daher möchte ich diese beiden sphärisch klingenden Pedale einander heute einmal direkt gegenüberstellen. Jedes der beiden Pedale hat natürlich seinen eigenen Sound und erfordert eine jeweils eigene Herangehensweise, aber in gewisser Weise ähneln sie sich.
Microcosm vs. Blooper: die Unterschiede
Natürlich hat jedes der beiden Effektgeräte seinen ganz eigenen Charakter und auch seine funktionellen Besonderheiten. Ganz offensichtlich ist natürlich der Größenunterschied, da der Microcosm ungefähr dreimal so groß ist, wie der Blooper. Außerdem hat er einen Stereo-Signalweg, kann zwischen Instrument Level und Line Level-Pegel umgeschaltet werden und hat außerdem einen bombastisch klingenden Reverb-Effekt mit an Bord.
Trotzdem ist der Chase Bliss Blooper im direkten Vergleich nicht zu verachten, da er mit seinem „Stability“-Poti den Charakter eines alten Tape Echos nachbildet, zahlreiche Modulationsmöglichkeiten per interner LFO bietet und zwei Modifier gleichzeitig aktivieren kann.
Die Ähnlichkeiten
Sowohl der Chase Bliss Blooper als auch der Hologram Electronics Microcosm verfügen über einen Looper. Der des Blooper ist ca. 40 Sekunden lang, der des Microcosm ermöglich bis zu 60 Sekunden lange Loops. Beide sind also als Performance-Looper konzipiert und sollen nicht im Sinne eines klassischen Loopers, der zwischen Strophen-Parts und Refrain wechselt, sondern als Begleitband agieren.
Bei beiden Effektgeräten kann der Effektanteil in der Lautstärke gut eingestellt und das ursprüngliche Signal sogar komplett ausgeblendet werden. Hierfür muss beim Blooper etwas umständlicher ein Dip Switch geschaltet werden, während man beim Microcosm einfach den „Mix“-Regler ganz aufdreht.
Der Blooper verfügt über zwölf Modifier, von denen jeweils zwei gleichzeitig genutzt werden können. Der Microcosm bietet hingegen elf Algorithmen, die jeweils vier eigenständige Varianten bieten. Dies sind oft unterschiedliche Pitch-Varianten oder Filter-Sweeps. Bei beiden Pedalen kann der Effekt entweder vor dem internen Looper oder hinter dem Looper angeordnet werden. Auf diese Weise ist es möglich, unterschiedliche Effekte mit aufzunehmen oder einen aufgenommenen Loop durch weitere Effekte zu leiten. Die klanglichen Grenzen liegen bei beiden Effektpedal also oft in der individuellen Vorstellungskraft und Kreativität.
Das prominente Filter, das beim Microcosm in den Parametern „Resonance“ und „Cutoff“ eingestellt werden kann, ist beim Blooper als Modifier vorhanden, der zwar die Resonanz nicht verändern kann, dafür aber als Lowpass- oder Highpass-Filter agieren kann. Mit dem „Time“-Poti und dem „Repeats“-Regler werden beim Microcosm die Effektzeit und die Anzahl der Wiederholungen eingestellt, dies funktioniert wie bei einem Delay-Pedal. Beim Chase Bliss Blooper kann die Effektzeit lediglich eingetappt werden, sie ist also immer so lang, wie der genutzte Looper des Pedals. Das ist also noch ein weiterer Unterschied zwischen den beiden Pedalen. Beim Microcosm können nämlich der Looper und der Effekt in unterschiedlichen Längen entweder synchron oder frei eingestellt genutzt werden. Tappt man beim Blooper aber die Effektzeit ein, so kann mit dem „Repeats“-Poti ebenfalls die Anzahl der Wiederholungen eingestellt werden.
Der „Activity“-Regler des Microcosm ist ebenfalls einzigartig. Er übernimmt pro Effektart unterschiedliche Funktionen. Meist macht er jedoch genau das, was sein Name schon sagt: dreht man das Poti weiter auf, ist das Pedal aktiver und produziert einfach mehr Pitch-Effekte und wildere Effekte. Die Einstellungsmöglichkeiten der einzelnen Effekte sind beim Blooper geringer. Auch wenn zwei Modifier gleichzeitig aktiviert sein können, haben die einzelnen Modifier in ihrer zwölf Uhr-Stellung eine neutrale Zone, in der sie keinen Effekt bieten. Von hier aus kann man das Poti dann auf- oder zudrehen und damit die Intensität des Effekts regeln.
Ein umgedrehter Effekt, also ein Reverse-Mode, ist beim Holgram Electronics Microcosm für jeden Effekt durch einfaches Drücken des „Select“-Potis möglich. Beim Chase Bliss Blooper haben die Pitch-Modifier die Möglichkeit, das Signal umzudrehen, wenn man den Regelbereich von sieben Uhr bis elf Uhr wählt.
Der Sound der Pedale im Vergleich
Natürlich habe ich auch ein paar Klangbeispiele beider Effektgeräte aufgenommen. Der Fairness halber habe ich den Klang beider Pedale als Monosignal aufgenommen, da der Chase Bliss Blooper nur Monosignale bearbeiten kann. Hätte ich den Sound des Microcosm nun im Vergleich als Stereospur aufgenommen, würde er natürlich in jeder Einstellung um Längen besser klingen, als der Blooper. Daher habe ich auch auf den eingebauten Hall des Hologram Electronics Microcosm bei den Aufnahmen verzichtet, da auch dieser die Vergleichbarkeit erschweren würde. Beide Effektgeräte können also Loops aufnehmen und das Audiosignal mit integrierten Effekten bearbeiten. In den Klangbeispielen habe ich auf die Loopfunktion verzichtet. Beide Looper arbeiten aber zuverlässig und können sogar per MIDI synchronisiert werden. Dieser Aspekt ist aufgrund der verfügbaren Länge trotzdem interessant, da die einzelnen Loops und Loop-Fragmente eben in der richtigen Geschwindigkeit zum Song oder anderen Effekten erklingen können. Der Microcosm kann sogar seine interne Geschwindigkeit per MIDI an andere Geräte ausgeben. Das können nicht viele Effektgeräte.
Beide Effektgeräte können Delays und Pitch-Effekte erzeugen. Gerade die in der Tonhöhe veränderten Sounds, die gerne auch rückwärts abgespielt wiedergegeben werden können, erzeugen einen sphärischen Sound, der beide Pedale interessant macht.
Die rhythmischen Patterns in den Wiederholungen, für die der Hologram Electronic Microcosm so beliebt ist, könnten beim Chase Bliss Blooper mit unterschiedlichen Modifiern imitiert werden. Der „Scrambler“ fügt beim Abspielen eine Zufallsfunktion hinzu und kann in Verbindung mit Pitch-Modifiern ähnliche Ergebnisse erzeugen. Der „Dropper“ fügt dem gespielten Signal hier und da eine kurze Spielpause hinzu und der „Stretcher“ kann granulare Sounds erzeugen, indem er den Sound streckt oder staucht, ohne die Tonhöhe zu verändern. Der „Stutter“-Modifier ist hier natürlich ebenfalls zu nennen, da er, ähnlich dem „Strum“-Effekt des Hologram Electronics Microcosm, für abgehackte Staccato-Effekte sorgen kann.
Der Effektsound des Chase Bliss Bloopers ist in seinen Wiederholungen klanglich immer etwas crisper und prägnanter. Das erinnert stark an eine 16 Bit-Auflösung, die im Vergleich etwas rauher klingt und eher an einem Lofi-Sound ähnelt. Im Vergleich dazu klingt der Hologram Electronics Microcosm immer etwas edler und runder. Die einzelnen Wiederholungen haben einen volleren und weicheren Klang. Ich konnte nicht herausfinden, mit welcher Auflösung der Microcosm das Signal bearbeitet, aber für mich klingen die beiden Pedale im Vergleich so, als würde man hier 16 Bit 24 Bit gegenüberstellen. Damit meine ich auf keinen Fall, dass der Blooper schlecht klingt, denn für manche Sounds könnte dieser etwas crispe Sound sogar besser passen, da er sich besser abgrenzt und durchsetzt.
Hologram Electronics Microcosm vs. Chase Bliss Blooper: Die Modulation
Beide Pedale verfügen über eine hervorragende Modulation, mit der klanglich etwas Bewegung in das Signal gebracht werden kann. Während der Microcosm mit der Modulationstiefe und –geschwindigkeit klanglich eher in Richtung Chorus und Vibrato geht, deckt der Chase Bliss Blooper hier zwei Kategorien ab. Zum einen hat man mit dem „Stability“-Poti die Möglichkeit, sowohl Modulation als auch Wow und Flutter und ein wunderbares Rauschen wie bei einem alten Kassettenrekorder hinzuzufügen. Dieses kann per App in der Intensität dann noch nach Belieben eingestellt werden kann. Außerdem bietet Chase Bliss mit seiner Ramping-Funktion natürlich die bekannte interne LFO, mit der sämtliche Parameter, inklusive der Undo- und Redo-Funktion des Loopers, gesteuert werden können. Hiermit können auch die beiden Modifier kontrolliert werden und auf diese Weise bei einer dezent eingesetzten Modulation, die einem Pitch-Modifier zugeordnet wird, für weitere interessante Modulation sorgen.
Beide Pedale können natürlich auch ganz traditionell mit einem Expression-Pedal gesteuert werden. Oder man könnte, wenn man einen entsprechenden MIDI-Controller hinzufügt, die meisten Funktionen per MIDI steuern.
Klanglich liegen die beiden Effektgeräte gar nicht so weit auseinander. Der Microcosm fügt dem Signal natürlich mit seinem internen Reverb und dem Stereosignal noch eine ordentliche Klangbreite hinzu. In einem Stereo-Setup wäre meine Wahl daher eindeutig. Um eine ähnliche Klangbreite mit dem Blooper zu erzeugen könnte man natürlich einen sphärischen Hall, am besten natürlich ebenfalls als Stereo-Effekt, hinter dem Blooper einfügen.
Im Kampf Hologram Electronics Microcosm vs. Chase Bliss Blooper zeigt sich, dass die Bedienung der beiden Effektgeräte intuitiv und selbsterklärend ist. Jedes Pedal hat natürlich seine besonderen Einstellungsmöglichkeiten und wer schon ein anderes Pedal des jeweiligen Herstellers genutzt hat, wird mit dem entsprechenden Pendant natürlich besser zurechtkommen. Sowohl der Hologram Electronics Microcosm, als auch der Chase Bliss Blooper laden zum Experimentieren mit Sounds ein und führen den Nutzer in neue Klangwelten.
Wie immer ein interessanter Artikel.
Ich habe das Hologram, und ich finde, in die Reihe der „weirden“ Pitch-Delays gehört durchaus auch das SOMA Cosmos.
Denn schließlich kann man nie genug Delay-Pedale haben ;-)
@mofateam Mich würde auch ein Vergleich zum Meris LVX interessieren. Da finde ich die Funktion spannend das der Looper vor,
oder nach den FX,
gesetzt werden kann.
Ich kann es leider nicht beurteilen, aber beim Microcosm habe ich das Gefühl
man erreicht schöne Sounds, aber es
klingt alles sehr schnell immer ähnlich.
Beides haben offensichtlich noch eines gemeinsam: bescheuertes Marketing, das die Existenz einer Erfindung namens „globaler Markt“ ignoriert und somit die Verbreitung ihrer Geräte wirkungsvoll hemmt.
Die einzige Antwort auf so eine idiotische „policy“ wäre IMHO komplettes Ignorieren solcher Geräte. Kaufen kann man diese Teile schließlich nicht. Außer man verzichtet auf den in Europa zustehenden Verbraucherschutz, zahlt überteuerten Transport und sinnlose (war da nicht was mit „Globalisierung? – wohl nur für die Gleicheren, nicht für die Menschen!?) Zollgebühren – was den Kaufpreis am Ende nahezu verdoppeln kann.
Bei solchem Unsinn drängen sich schon immer Fragen auf: Können die einfach nicht genug Geräte herstellen? sind die Geräte letztendlich doch derart primitiv gebaut, dass sie den europäischen Zulassungs- und Garantieanforderungen nicht gereichen? Oder warum sonst verzichten solche Hersteller auf die globalen Märkte?
@Aljen https://www.chasebliss.eu/
Chase Bliss zumindest gibt es hier inzwischen :)