Reflexion Filter
Der SE Reflexion Filter soll als akustisches Element negative Einflüsse durch unzureichende raumakustische Maßnahmen bei der Mikrofonaufnahme minimieren. Laut den Marketingtexten kann man sich idealerweise eine Gesangskabine sparen. Das Reflexion Filter (RF) ist eine recht schwere Metallkonstruktion, in die verschiedene akustisch wirksame Schaumstoffschichten als Schallabsorber integriert sind. Durch die halbrunde Form, die er um das Mikrofon bildet, sollen Schallwellen in dieser Richtung abgeschwächt werden. Idealerweise soll der RF also auch akustische Stellwände überflüssig machen oder zumindest in der Wirkung unterstützen.
Die beiden folgenden Detail-Abbildungen lassen die Konstruktion des RF erkennen:
In einem Studio-Aufnahmeraum sind die Wände normalerweise mit akustisch wirksamen Materialien ausstaffiert, um eine gut klingende Akustik zu erhalten. Oft gibt es zusätzlich auch verschiebbare oder drehbare Elemente mit verschiedenen akustischen Eingenschaften bzw. Vorhänge, um die Höhen zu bedämpfen. Nur so ist eine hochwertige Mikrofonaufnahme gewährleistet. Ist ein Aufnahmeraum akustisch nicht optimal und hat störende Resonanzen oder Flatterechos, so machen sich diese Unzulänglichkeiten auf der Aufnahme bemerkbar. Auch mit den besten PlugIns könnte man das nicht mehr wegbekommen. Die Wirkungsweise des Reflexion Filters soll nun direkt am Mikrofon gebündelt werden. Auch in akustisch nicht optimierten Räumen kann diese Wirkungsweise auf zwei Weisen funktionieren: Zum einen wird der Schall, der von hinten ans Mikrofon tritt, gedämft, was vor allem bei Achter-Charakteristiken viel ausmacht. Zum anderen wird die Schallquelle, die aufgenommen werden soll, hinter dem Mikrofon abgedämpft, so dass der Raum erst gar nicht so stark angeregt wird. Dadurch entsteht schon mal etwas weniger Hall im Raum. Durch die halbrunde Form werden jedoch auch Frequenzen der Schallquelle gebündelt und (ähnlich einer Linse) zum Mikrofon abgelenkt. Glücklicherweise wirkt sich dies bei einem Mikrofon mit Nierencharakteristik auf den Klang nur marginal aus und kann, wenn es überhaupt nötig ist, mit einem EQ leicht behoben werden.
Praxis
Wir haben den RF auf einigen Aufnahmen eingesetzt und haben neben normalen Wohnräumen auch ungewöhnliche Räume wie Treppenhäuser und Toiletten ausprobiert. Die Wirksamkeit in akustisch schlecht oder gar nicht ausstaffierten Räumen ist eher moderat. Da der RF nur in einem Halbkreis wirkt, kommt von oben, von unten und seitlich der aufzunehmenden Schallquelle immer noch genügend Schalleneregie an das Mikrofon (getestet mit einer Nierencharakteristik und einer Acht), um den Raum deutlich auf der Aufnahme wahrzunehmen. In solchen Räumen bringt der RF also nicht den gewünschten Erfolg des Ersatzes einer Gesangskabine. Jedoch konnte man eine deutliche Abnahme der Raumeigenschaften auf der Aufnahme wahrnehmen. Für Homestudiobesitzer könnte der Reflexion-Filter also eine willkommene und günstige Alternative zu einer teuren Raumakustik sein, wenn der Raum an sich nicht zu hallig ist. In einem Wohnzimmer mit Teppich, Regalen und Vorhängen lassen sich dann schon recht gute Aufnahmen erzielen. Wenn man mit professionellen Ansprüchen herangeht, darf man aber keine echten Wunder erwarten.
Die blauen Schallpfeile werden vom RF geschluckt, die roten gelangen ungefiltert an das Mikrofon.
Da bei einer Achtercharakteristik auch der Schall von hinten aufgenommen wird, zeigte der RF hier eine größere Wirkung als bei der Niere. Meist kann man Mikrofone mit Achtercharakteristik aber auch auf Niere oder Kugel umschalten.
Anders hingegen konnte der RF akustische Stellwände in ihrer Wirkungsweise gut unterstützen. Schirmt man so zwei Musiker, die im gleichen Raum spielen, voneinander ab, kann der RF zusätzlich zur Stellwand noch ein paar dB mehr bringen. Natürlich hat man damit nicht den von der Decke reflektierten Schall unter Kontrolle. Die Effektivität einer Schalldämmung ist rein physikalisch immer mit Masse verbunden. So ist ein Eierkarton gegenüber einer 10 cm dicken Steinwollmatte ineffektiv. Ähnlich verhält es sich auch mit dem RF. Da seine Masse relativ gegenüber einer Studiostellwand sehr klein ist, wirkt er nur auf hohe und mittelhohe Frequenzen. Bei tiefen Mitten und im Bassbereich kann er somit keine Wirkung erzielen. Die beste Wirkung hat er bei Direktschall, die geringste Wirkung bei indirektem Schall. Somit ist er als raumakustische Maßnahme in diesem Sinne weniger geeignet, jedoch für die Direktschalltrennung zweier Schallquellen, die mit zwei Mikrofonen aufgenommen werden sollen, umso mehr. Wie oben beschrieben ist aber die Dämmung der Schallquelle beim dichten Besingen oder Besprechen sehr effektiv, so dass diese von vorneherein im Raum nur wenig Hall erzeugen kann. Somit werden Raumhall, Flatterechos und Raumresonanzen weniger ausgeprägt auf der Aufnahme zu hören sein. Eine komplette Eliminierung wie mit einer Gesangskabine schafft der Reflexion Filter aber nicht.
Ein weiterer Pluspunkt ist die geringe Größe des RF. Hierdurch ist eine gute Transportabilität gewährleistet. Durch das recht hohe Gewicht benötigt man ebenfalls einen überdurchschnittlich stabilen Mikrofonständer, der beim Transport neben dem Gewicht des RF auch noch mal ca. 7 Kilo auf die Waage bringt. Denkbare Einsätze wären im Broadcast, Film, Podcast oder Mobile-Recording-Bereich.
Betrachtet man die Alternative, sich für rund 500 Euro + Arbeitszeit + Fachwissen eine Gesangskabine bauen zu können, so wird sich jeder selber entscheiden müssen, welchen Weg er einschlägt. Während eine korrekt konstruierte Kabine eindeutig die besseren akustischen Ergebnisse liefert, benötigt diese einfach viel Platz und lässt sich nicht transportieren.
Fazit
Der SE Reflexion Filter lässt sich flexibel als nützlicher Helfer bei kleineren akustischen Problemen einsetzen. Vor allem für Homerecording ist er gegenüber einer raumakustischen Ausstaffierung eine preiswerte Alternative und kann zudem auch schnell wieder weggeräumt werden. Auch in professionellen Studios kann der Reflexion Filter als Unterstützung bei diffizilen Situationen eine schnelle Rettung ermöglichen. Die Absorberwirkung ist für die geringen Ausmaße des RF beachtlich, kann mit einer Studiostellwand aber nicht mithalten (s.o.).
PLUS
+++ gute Idee
+++ stabile Ausführung
+++ gute Effektivität für Direktschall
++ akzeptable Effektivität für Raumeinflüsse
+ geringe Beeinflussung des Klanges durch die Linsenwirkung
MINUS
– für den Ausgleich sehr halliger Räume ungeeignet
PREIS
UVP: 299 Euro
Straßenpreis: 290 Euro
HERSTELLER / VERTRIEB
www.seelectronics.com / www.hlaudio.de
Meine Untersuchungen ergaben – sowohl messtechnisch (Frequenz- und Phasengänge sowie RT60 Messungen) als auch akustisch – dass das Teil keinerlei Raumeinflüsse eliminiert – zumindest bei Nierenmikrofonen. Ganz im Gegenteil: Deutlich hörbare Kammfilter-Effekte verschlechtern die Aufnahmen hörbar, egal in welchen Räumen.
Danke für die Info! Wie kann es sein, dass man dies bei AMAZONA nicht bemerkt haben will? :(
Ein unabhängiger Test ist echt bares Geld wert. Nochmals danke!
Ich habe mit dem RF meine Vocal-Aufnahmen deutlich verbessern können. Ich hatte immer einen leichten Raumhall mit auf der Stimme, der jetzt aber komplett verschwunden ist. Die Stimme klingt viel runder und knackiger, und die paar Höhen, die durch den RF flöten gehen, kann man locker mit dem EQ wieder ausbügeln.
Also ich setze den RF gerade für Sprachaufnahmen bei jeder Aufnahme ein. Da ich selber KEINE Sprecherkabine habe (Platzgründen), werden so zumindest die Regie-Geräusche eliminiert.
Eines sollte jedem Interessenten klar sein:
Was sich HINTER dem Sprecher/Sänger abspielt, wird ans Mikro übertragen. Deshalb MUSS die Rückwand mit etwas abgehangen werden.. notfalls das eingepackte Hochzeitskleid der Frau! ;)