Recording-Kopfhörer mit allerhand Dynamik
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Den vergleichsweise jungen Hersteller Ollo Audio haben wir euch im Rahmen unserer folgenden beiden Tests bereits vorgestellt. Sowohl S4X als auch S5X wurden in ihren Tests mit einem „sehr gut“ bewertet. Grund genug, sich auch den dritten Kopfhörer des Unternehmens einmal näher anzuschauen, den Ollo Audio S4R.
Das Portfolio des Herstellers Ollo Audio
Wie eingangs erwähnt, bietet Ollo Audio neben unserem heutigen Testgerät, dem S4R, zwei weitere Kopfhörer an. Allen drei gemein ist die Fertigungsstätte und diese liegt in Slowenien, wo sich auch die Zentrale des Unternehmens befindet. „Handbuilt on the edge of the Alps“ liest man nach dem Öffnen der umweltfreundlichen Pappkartons, in denen die Kopfhörer alle ausgeliefert werden. Zwar stammen einige Teile aus China, von Hand gefertigt und vermessen werden die Kopfhörer von Ollo Audio allerdings in Slowenien.
Das Thema Nachhaltigkeit steht bei Ollo Audio ganz oben auf der Agenda, so dass man auf eine umweltverträgliche Verpackung und Produktion Wert legt. Entsprechend findet man im Inneren des Kartons der Ollo Audio Kopfhörer keinerlei Plastiktüten, Schaumstoff oder Styropor. Lediglich der Tragegriff des Pappkartons besteht aus Kunststoff. Auch bei den Materialien des Kopfhörers setzt man dies entsprechend um und setzt auf Metall und Holz, wobei das zur Verwendung kommende Walnussholz von zertifiziert nachgepflanzten Bäumen stammt.
Klanglich und im Hinblick auf das Einsatzgebiet unterscheiden sich die drei Ollo Audio Kopfhörer dagegen deutlich. So empfiehlt der Hersteller den S5X für die Bereiche Mix und Mastering – setzt mit dem Fokus auf Immersive Audio und 3D-Audio aber sogleich ein Ausrufezeichen, denn allzu groß ist die Auswahl bei Studiokopfhörer zu diesem Thema nicht. Der offene Studiokopfhörer S4X wird dagegen als „Studio-Referenzklasse mit flachem Frequenzgang“ beworben, so dass hier die klassischen Bereiche Mix und Mastering im Vordergrund stehen. Der ohrumschliessende und geschlossene Kopfhörer S4R soll seine Dienste dagegen als Recording-Kopfhörer verrichten.
Wie gut ist der Ollo Audio S4X verarbeitet?
Im Gegensatz zu vielen anderen aktuellen Studiokopfhörern macht der S4X von Ollo Audio auf den ersten Blick kein „schlankes Gesicht“, sondern sieht mit seinem weit aufgespannten Kopfbügel etwas „hemdsärmeliger“ aus. Eng und klein zusammenfalten ist bei diesem Kopfhörer definitiv nicht möglich, für den regelmäßigen Einsatz im Tonstudio ist das aber auch nicht zwingend erforderlich. Eine Softtasche für die Aufbewahrung liegt dem Kopfhörer ebenso bei wie ein rot/schwarzes Kabel, das per 2,5 mm Miniklinkenstecker beidseitig am Kopfhörer angebracht wird und am anderen Ende auf einem 3,5 mm Klinkenstecker endet. Ein Adapter auf 6,3 mm Klinke liegt bei. Das Kabel ist mit Stoff ummantelt und ab der Abzweigung zum linken/rechten Kopfhörer zur besseren Unterscheidung farblich gekennzeichnet.
Ebenfalls vorhanden ist ein unterschriebenes sowie datiertes Herstellerzertifikat mit Seriennummer, ein Frequenzschrieb, Sicherheitshinweise und ein Backstage-Pass mit aufgedrucktem QR-Code. Scannt man diesen, gelangt man automatisch zur Ollo Audio Website, um den Kopfhörer auf Wunsch zu registrieren und weitere Informationen zum Kopfhörer zu erhalten.
Die Verarbeitung des Kopfhörers ist sehr gut. Die Ohrmuscheln samt Ohrpolster wirken auf den ersten Blick etwas klobig, denn sie messen knapp 5 cm und sind an den Kanten nicht abgeschrägt. Der Durchmesser beträgt rund 9 cm. Für die Ohrpolster hat man sich bei Ollo Audio für einen Mix aus Kunstleder und Velours entschieden. Zu den Außenseiten hin bestehen sie aus Kunstleder, das zum Ohr hin dann nahtlos in Velours übergeht. Der Innendurchmesser beträgt 5 cm. Interessant ist, dass sich beide Ohrmuscheln komplett um 360 Grad drehen lassen. Im Gegensatz zum offenen Modell S4X, der über eine Art Lochplatte auf den Außenseiten der Ohrmuscheln verfügt, kommt der S4R mit einer geschlossenen Außenseite daher.
Das Kopfband des S4R passt sich automatisch der Kopfgröße seines Nutzers an. Dieses System kennt man von einigen AKG-Kopfhörer, wo es sich meiner Meinung nach sehr bewährt hat. Obwohl das Gewicht des Kopfhörers bei satten 382 g liegt, hatte ich während des Tests nie den Eindruck, einen schweren Kopfhörer auf dem Kopf zu tragen. Evtl. verteilt sich das Gewicht des Hörers einfach besser als bei anderen Kopfhörer dieser Gewichtsklasse.
Der Kopfhörer sitzt entsprechend des automatisch regulierenden Kopfbügels angenehm auf. Der Anpressdruck ist dabei nicht allzu stark. Sicher sitzen tut er, zu starkes Kopfnicken und -schütteln würde ich mit dem S4R aber eher vermeiden.
Im Sinne der o. g. Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit verspricht Ollo Audio übrigens, dass Ersatzteil ohne Weiteres auch noch in einigen Jahren erhältlich sein sollen und diese größtenteils vom Kunden selbst gewechselt werden können.
Wie klingt der Ollo Audio S4R Studiokopfhörer?
Die technischen Werte des S4R klingen zunächst einmal recht unspektakulär. Den Frequenzbereich gibt der Hersteller mit 20 – 20.000 Hz an, der maximale Pegel liegt bei 108 dB. Die Impedanz liegt bei geringen 32 Ohm, was darauf hinweist, dass er auch an mobilen Endgeräten ausreichend laut aufspielen könnte. Während des Tests hat sich dann auch bewahrheitet, denn sowohl an einem kraftvollen Kopfhörerverstärker (SPL Phonitor Mini) als auch an mobilen Geräten wie einem älteren iPhone SE und einem iPad produziert der Kopfhörer eine ausreichende Lautstärke.
Nach den Tests meiner beiden Kollegen zum S4X und S5X, die den Kopfhörern beide ein sehr gutes Klangbild bescheinigen, war meine Erwartungshaltung zum S4R zumindest mal geweckt. Bereits bei den ersten Songs überrascht mich der Kopfhörer mit einer tollen Dynamik. Von ganz leisen Passagen bei klassischen Orchesteraufnahmen bis hin zu einem vollen Soundbild bildet der Ollo Audio Kopfhörer allerhand Lautstärkeunterschiede ab. Gerade von geschlossenen Kopfhörern kann man das ja nicht immer behaupten.
Das Klangbild ist insgesamt stimmig und über den gesamten Frequenzverlauf kann ich nicht behaupten, dass der Kopfhörer bestimmte Frequenzbereiche sonderlich betonen oder vernachlässigen würde.
Besonders hervorheben möchte ich die hohe Sprachverständlichkeit, die der S4R zu Tage legt. Allerhand Details vermag er ans Ohr seines Hörers zu bringen und sorgt dabei auch bei vollen Arrangements für einen guten akustischen Durchblick. Der Bassbereich ist druckvoll, der Höhenbereich brillant – und all das schafft der S4R dazu auch noch ohne allzu spießig akkurat zu klingen, sondern verleiht dem Klangmaterial stets eine warme Note. Für einen Recording-Kopfhörer tatsächlich ein tolles Klangbild.
Hinsichtlich der Dämmung von Geräuschen nach außen hin schlägt sich der S4R im Test gut, allerdings nicht überragend. Vergleichbare Mitbewerber von Audio Technica oder der geschlossene Neumann NDH30 sind da insgesamt noch einen Tick leiser. Für Recording-Anwendungen mit normalen Abhörlautstärken ist der S4R aber vollkommen in Ordnung.
Ich habe den Ollo S5X bei mir ausgiebig testen können. Die Gegenkanditaten waren ein Sennheser HD 660 S2, Neumann NDH30 und der AKG K812. Lt. Hersteller ist der Ollo S5X für binaurales Mixing und Mastering (was u. a. mein Focus ist) gedacht.
Insgesamt macht der S5X einen sehr hochwertigen Eindruck und Ollo legt Wert auf eine umweltfreundliche Verpackung. Die Verarbeitung ist sehr gut. Durch seine beiderseitige Kabelführung sitzt er ausbalanciert am Kopf ohne übermäßigen Drunk. Das Kopfband ist dünn gehalten und kaum merkbar. Die Ohrpolster sind vermutlich nicht austauschbar, bzw. wenn, dann nur mit viel Aufwand und Demontage der Ohrhörer.
Sein Klang finde ich nicht so sehr transparent wie der AKG (unfairer Vergleich, ich weiß). Aber er hat eine gute Stereotrennung. Es werden keine Frequenzen überbetont und insgesamt hat er ein ausgewogenes Klangbild. Die Ortung ist (und das hat mich negativ überrascht) auch bei einem binauralen Mix nicht so präzise. Die „Aura“ beim binauralen Mix ist sehr eng am Kopf. Das hatte mir beim Neumann und beim AKG deutlich besser gefallen. Durch das hohe Gewicht der Ohrhörer musste ich beim Hören den Sitz mehrfach korrigieren.
Insgesamt aber ein guter und wertiger Kopfhörer, der mich aber nciht überzeugen konnte.