Alles neu? Alles anders? Das Walrus Audio ACS1 v2
Das Walrus Audio ACS1 Amp- und Cab Simulator-Pedal ist nun wirklich keine Neuheit. Bereits seit über vier Jahren zieht das Gerät seine Kreise im Orbit der guten Töne und ist auch aus manchen Studios nicht mehr wegzudenken. Warum? Nun, das Teil ist schlicht genial. Auf kleinstem Raum bekommt man drei Amp-Simulationen und sechs Impulse-Responses, wobei man Letztere auch jederzeit durch eigene bzw. Fremd-IRs ersetzen kann. Und das Ding klingt verdammt gut! Nun gibt es die Version 2. Und das Tolle ist, dass Besitzer der Version 1 einfach die neue Firmware aufspielen können, um in den Genuss der Vorzüge der Version 2 zu kommen.
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Walrus Audio ACS1 Version 2: Das ist neu
Um das jetzt noch mal klarzustellen: Das ACS1 ist unverändert geblieben. Neu ist lediglich das Firmware-Update in der Version 2.0. Walrus Audio hat aber, so das selbstbewusste Statement, die Amps und IRs von Grund auf neu gestaltet und das sollte Grund genug sein, dem Gerät erneut auf den Zahn zu fühlen. Geliefert wurde mir das Walrus Audio ACS1 auch noch mit Firmware 1.3, sodass ich zunächst mal rausbekommen musste, wie das mit dem Firmware-Update überhaupt funktioniert. Zum Glück gibt’s ja so etwas wie Bedienungsanleitungen, wenn auch in digitaler Form, aber das spart Papier.
Das Update erfolgt mittels einer Web-App. Das ist grundsätzlich sehr zu begrüßen, denn das funktioniert plattformunabhängig und bedarf lediglich eines Micro-USB-Kabels. Doch so einfach sollte das alles wohl nicht vonstattengehen. Ich nutze standardmäßig Firefox auf meinem Mac. Beim Aufruf der Seite Walrusaudio.io bekomme ich direkt eine Fehlermeldung, dass der Browser zwar MIDI, nicht aber USB unterstützen würde. Empfohlen wird Google Chrome. Da ich aber so gar keine Lust habe, ein von Google programmiertes Stück Software auf meinem Rechner zu installieren, versuche ich es mit meiner Alternative, dem DuckDuckGo-Browser. Hier funktioniert noch nicht mal MIDI. Also weiter zu Safari, um festzustellen, dass auch hier weder MIDI noch USB unterstützt werden. Was macht Onkel Janni also? Er installiert Google Chrome und ärgert sich.
Die Verbindung zwischen Web-App und Walrus Audio ACS1 klappt dann aber problemlos, auf dieser Basis kann nun die neueste Firmware installiert werden. Hierzu gibt es ausführliche und gut verständliche Anweisungen. Auch ist es hier möglich, eigene, auf dem Rechner befindliche IRs in das Gerät zu laden und zu benutzen. Also kann ich hier Erfolg vermelden, auch wenn nun Google Chrome auf meinem Rechner schlummert, aber das kann ja später wieder weg. Ich möchte das nicht als Kritik an Walrus Audio verstanden wissen, denn die können ja nun wahrlich nichts dafür, dass nicht alle Browser USB und MIDI verstehen.
Walrus Audio ACS1 Version 2 – Facts, Features & Bedienung
Der Aufbau des Walrus Audio ACS1 Version 2 ist so simpel wie genial. Sechs Regler sind für die klassischen Amp-Funktionen da, hier gibt’s einen 3-Band-EQ, Volume und Gain sowie einen Room-Regler, der einen sehr geschmackvollen Hall hinzuzuregeln imstande ist. Ein Schalter für die Cabs ruft drei davon direkt auf (Front), drei weitere (Back) sind erreichbar, wenn man den Schalter bei gedrücktem Bypass-Schalter betätigt. Leider weiß man nach kurzer Zeit nicht mehr, welche der beiden Ebenen gerade aktiv ist. Das finde ich aber nicht so schlimm, denn ich wähle die Cabs nach Klang, nicht nach Namen.
Ein Schalter mit der Bezeichnung L + R wählt die Betriebsmodi. In Mittelstellung wirken sich alle Einstellungen auf beide Ausgänge aus, legt man den Schalter nach links oder rechts, regelt man nur den Sound auf dem linken bzw. rechten Kanal. Da das Gerät komplett in Stereo ausgelegt ist, kann man so entweder zwei unterschiedliche Ampsounds gleichzeitig nutzen oder sogar mit zwei Gitarren komplett getrennt voneinander spielen.
Der dritte Schalter kümmert sich um die Auswahl der Amp-Simulation. Hier stehen die drei Auswahlmöglichkeiten „Fullerton“, „London“ und „Dartford“ zur Verfügung. Kenner können das natürlich direkt zuordnen. Wer sich aber in Geschichte nicht so richtig auskennt, dem sei erklärt, dass in Fullerton die Firma Fender zu Hause ist, in London wohnt(e) der Herr Marshall und in Dartford werden Vöxe gezüchtet. Die drei Cab-Sims korrespondieren von links nach rechts jeweils mit dem ausgewählten Amp, aber hier ist kombinieren und ausprobieren natürlich ausdrücklich erwünscht.
Im Einzelnen bedeutet das, dass wir es hier mit einem Fender Deluxe Reverb, einem Marshall Bluesbreaker und einem Vox AC30 zu tun haben. Je zwei der sechs Cab Sims gehören jeweils zum entsprechenden Amp, wurden aber einmal mit einem SM57 gecaptured und einmal mit einem Royer 121 Bändchenmikrofon. Es gibt ferner die Möglichkeit, die Cab-Sim komplett aus dem Signalweg zu nehmen, was fürs Studio durchaus ein lohnenswertes Projekt ist. So kann man den Ampsound pur aufnehmen, einen eigenen Cab-Loader verwenden und später noch herumexperimentieren. Ein richtiger Knaller wäre es jetzt noch, wenn man den IR-Block für jeden Kanal getrennt abschalten könnte, denn dann hätte man die Möglichkeit, eine Spur mit dem kompletten Sound aufzunehmen und eine andere ohne Cab-Sim. Aber das ist jetzt meckern auf allerhöchstem Niveau!
Drei Presets sind auf dem Gerät direkt abrufbar, indem man beide Fußtaster gleichzeitig tritt. Die Boost-Funktion ist in Form von Volume und Gain ebenfalls programmierbar und extrem praxisfreundlich gestaltet. Hier kann man vom cleanen Amp zum röhrenden Hirsch wechseln oder umgekehrt. Dazu einfach den Boost-Taster gedrückt halten und gewünschtes Setting einregeln, loslassen, noch mal drücken und fertig. Klasse! Was die Bedienung und die Features angeht, ist das Walrus Audio ACS1 erstklassig aufgestellt.
Wer sein Pedalboard aufwändiger gestaltet und über eine MIDI-Steuerung verfügt, kann sogar auf bis zu 128 Presets zugreifen. Außerdem sind alle Parameter und Schalterstellungen auch per MIDI-CC-Message schalt- und regelbar, sodass wir es hier mit einem mächtigen Werkzeug zu tun haben, das als Soundzentrale auf dem Board einen äußerst flexiblen Job macht. Jetzt muss das Ding nur noch gut klingen, aber dazu kommen wir gleich.
Ein generelles High- und ein Low-Pass-Filter befinden sich im Signalweg, wobei sich das High-Pass-Filter um die Frequenzen unterhalb von 20 bis 200 Hz kümmert, das Low-Pass-Filter arbeitet im Bereich von 20 bis 1 kHz. Die Grenzfrequenzen können frei eingestellt werden, indem man bei gedrücktem Bypass-Schalter den Bass- bzw. Treble-Regler bedient. Überhaupt ist der gehaltene Bypass-Schalter quasi die 2nd-Taste, denn auch der IR-Block wird auf diese Weise ein- oder ausgeschaltet, nur nutzt man hier den Mid-Regler.
Um ein Preset auf einem der drei direkt abrufbaren Speicherplätze zu parken, wählt man zunächst das gewünschte Preset aus (rot, blau oder grün leuchtende LED rechts), schraubt sich seinen Sound zurecht und hält dann beide Taster so lange, bis die LEDs aufhören zu blinken. Das war’s schon.
So klingt das Walrus Audio ACS1 v2
Nachdem ich mich beim ausgiebigen Testen des Gerätes komplett verzettelt und auch die Werks-Presets überschrieben habe, mache ich zunächst einen Factory-Reset. Das ist easy, einfach die Schalter gedrückt halten und die Netzverbindung herstellen, die Schalter gedrückt halten, bis die Bypass-LED blau leuchtet und schon ist der Auslieferungszustand wieder hergestellt.
Die ersten Soundbeispiele entspringen den drei Werks-Presets, über deren Einstellungen das Handbuch Auskunft gibt. Zum Einsatz kommt meine Charvel Marco Sfogli Signature, das Walrus Audio ACS1 ist direkt mit einem UA Volt 478 verbunden und die Aufnahme erfolgt ohne jegliche Plug-ins in Logic.
Ich schalte mich jeweils durch ein paar Pickup-Kombinationen und ihr hört in den Beispielen wunderbar die Dynamik, mit der alle drei Amp-Typen mit dem Spiel interagieren. Vor allem der Wechsel auf den Steg-Humbucker und der Übergang in die ersten, sanften Verzerrungen ist Ear-Candy. Der Sound ist wundervoll warm und rund, hier klingt nichts künstlich oder gar digital.
Zeit für die Boost-Funktion. Ihr hört wieder die drei Werks-Presets, jeweils mit einem kleinen Intro, mit dem Hals-Pickup und ohne Boost zum Vergleich, dann schalte ich den Boost dazu und wechsle später noch auf den Humbucker. Auch hier: Weltklasse Dynamik, praxisgerechte Lautstärkesprünge und schon die ersten Anzeichen, was uns mit noch mehr Gain erwartet. Denn die Firmware-Version 2 zeichnet sich neben den komplett neu aufgebauten Captures auch durch deutlich mehr Gain-Reserven aus.
Jetzt also mal in die Vollen: Fullerton, London und Dartford laden ein zum Gemetzel. Gain jeweils auf Betäubung, EQ nach Gutdünken und ein wenig Room aus dem Gerät selbst zum Anfetten. Here we go …
Zum Abschluss noch ein wenig Effektbeilage aus der DAW dazu, hier kommen Reverb und Delay aus dem Two Notes Audio Genome Plug-in zum Einsatz. Im Gerät selbst habe ich jetzt das Bändchenmikrofon ausgewählt. Das Recording-Setup bleibt gleich, lediglich die Effekte kommen dazu.
Danke für den Test, klingt gut im wahrsten Sinne des Wortes. Wie schlägt es sich denn im Vergleich zum Boss IR2?
Meine Güte. Das klingt hervorragend. Sogar die höheren Gain-Regionen klingen jetzt saftiger. Schönes Ding von WA!