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Test: Twisted Electrons MEGAfm MK2, FM-Synthesizer

Beautiful Dirt, Make2

23. November 2022

Was ist der MEGAfm? Kurz gesagt, für mich ein kleiner schmutzig klingender und gleichzeitig ein sehr benutzerfreundlicher FM-Synthesizer. Zu den einzelnen Funktionen möchte ich auf den Testbericht des MEGAfm MK1 auf AMAZONA.de verweisen, wo auch die Besonderheiten der LFOs und Sequencers eingegangen wird.

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Vom SEGA Mega Drive zum MEGAfm MK2

In diesem Test möchte ich darauf eingehen, warum der MEGAfm so klingt, wie er klingt und was sich nun von MK1 nach MK2 geändert hat. Dazu habe ich beide Versionen zur Verfügung, die ich an die Audioeingänge eines Korg Kronos anschließe.

Die Yamaha Frequenzmodulation wurde in zahllosen Ausprägungen und Chips vermarktet. So auch der Yamaha YM2612 speziell für Spielkonsolen, er erzeugt vor allem in der SEGA Mega Drive die unverkennbaren LoFi-Gamer-Sounds. Im MEGAfm MK 1 waren bislang die letzten NOS (New Old Stock) YM2612-ICs verbaut, bis offensichtlich der weltweite Vorrat erschöpft war.

SEGA Mega Drive. Von © Bill Bertram (Pixel8) 2011 – Pixel8, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=16098601

Nun hat Twisted-Electrons den MEGAfm einer Revison 2 unterzogen und den pinkompatiblen Yamaha YM3438 eingesetzt. Der YM3438 ist jedoch nicht ganz identisch, er erzeugt ein deutlich höheres Ausgangssignal, wodurch der Aufholverstärker modifiziert werden musste. Und er hat einen verbesserten A/D-Wandler. Laut Hersteller:

MEGAfm MKII features the same audio circuitry and analog distortion as the MKI, as a result both chips sound very similar inside of MEGAfm.

Dazu später mehr. Die Revision 2 bietet auch die Möglichkeit, die Yamaha Chips auszutauschen und die alten YM2612 einzusetzen – falls man welche findet, es sind immerhin zwei davon verbaut. Dazu ist der untere Gehäusedeckel mit 7 Schrauben zu öffnen, die beiden gesockelten ICs auszutauschen und ein Jumper zur Anpassung der Signalstärke umzuschalten.

Erstkontakt mit dem MEGAfm MK2

Als ich vor einem Jahr den Vorgänger MEGAfm MK1 erhielt, war ich doch etwas irritiert, was da hinten herauskam. Denn beim ersten Anspielen gab er vollkommen verzerrte Signale von sich und beim Durchsteppen der Presets wurde es immer schlimmer. Also musste er defekt sein, hat sich innen nur etwas gelöst? Ich kenne solche Geräusche, wenn z. B. alte Audiokabel Kontaktprobleme bekommen und das Musiksignal davon knackt und zerrt. Also den Synthesizer aufgeschraubt und nachgesehen. Was sich innen offenbarte, konnte jedoch nur mein Auge erfreuen: sehr sauberer Aufbau, moderne Leiterplattentechnik, Kontakte gab es nicht viel, die Probleme machen könnten. Also wieder zugeschraubt und recherchiert.
Es ist bekannt, dass der Chip YM2612 ein rauer Bursche ist und irgendwo las ich, dass man das Volume des MEGAfm nicht mehr als 11:00 Uhr (Wert 16 auf der Skala 0..63) aufdrehen sollte. Auch stellte sich heraus, dass der Vorbesitzer die Presets recht verbogen hatte, wodurch auf dem angeschlossenen Keyboard keine Musik spielbar war (außer Noise Music natürlich). Und es klingen alle Töne 3 Oktaven tiefer als gewohnt. Mit diesem Wissen im Hinterkopf kamen dann die ersten brauchbaren Ergebnisse heraus.

Multiplex und die

Unterschiede zwischen YM2612 und YM3438

Dass man das Volume nicht über 11:00 aufdrehen kann, ohne massive Verzerrungen zu erhalten, ist schon seltsam. Sollten die Jungs von Twisted Electrons tatsächlich nicht wissen, wie man einen internen Aufholverstärker konstruiert? Unwahrscheinlich. Dazu kommt folgendes Phänomen: Verzerrte Akkorde klingen normalerweise anders (nach Hardrock E-Gitarren), aber hier scheinen sich die Töne beim Verzerren nicht gegenseitig zu beeinflussen. Jede Stimme erreicht für sich allein ein Schwelle, ab der sie zerrt. Aber auch einzelne Sinus-Sounds klingen leise sehr quantisiert. Was ist da los?

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Im Gegensatz zu den Yamaha FM Chips im DX7, welche einen externen floating-point D/A-Wandler erfordern, hat der YM2612 einen eingebauten 9 Bit D/A-Wandler. Und jetzt kommt es (laut Wikipedia):
Due to an error in the amplitude voltage, a peculiar form of crossover distortion is introduced in the output. Additionally, because of the reduced dynamic range of the built-in DAC, additional distortion may be generated when playing sounds with a very high volume„.

Also ein Designfehler im Chip! Crossover bedeutet, dass der Pegel um den Bereich um Null in diesem Fall zu laut ausgegeben wird. Warum das bei der sonst exzellenten Qualitätssicherung bei Yamaha durchgegangen ist, kann nur spekuliert werden. Beim Nachfolger YM3438 (wieder Wikipedia):

… a modified CMOS version of the YM2612. This version has an improved built-in DAC that reduced the peculiar crossover distortions caused by the amplitude voltage errors present in the YM2612. It is not a direct, drop-in replacement for the YM2612 however, as the sound outputs have higher impedance.

Auf dem Oszilloskop wird auch der Zeitmultiplex klarer: Jede Stimme erhält ein Zeitfenster, um seinen Analogwert auszugeben, danach gibt sie nächste Stimme ihren Wert aus usw. bis alle 6 Stimmen des Chips dran waren. Die Frequenz dieses Multiplexers liegt bei 58 kHz, die Summierung der Stimmen geschieht erst auf dem Weg zum Ohr. Dabei kommt es zu diesen charakteristischen Artefakten, eine Mischung aus Quantisierungsrauschen und Verzerrungen, die beim YM3438 aber auch nicht ganz fehlen.

Diese Nadelimpulse kommen heraus, wenn eine Stimme einen Sinus ausgibt, Volume steht auf 11 Uhr

Volume auf 13 Uhr, dasselbe Signal geht in die interne Sättigung

Hier ein 4-stimminger Akkord, man sieht gut, wie die einzelnen Stimmen Zeitfenster bekommen und sich nicht in der Amplitude addieren

Das ist also der Hintergrund, Yamaha hat den Aufwand der 6 üblichen Sample&Hold-Schaltungen im Chip gestrichen und hat sich damit vom High-End-Sound der Yamaha Synthesizer differenziert. Insgesamt klingt der YM2612 daher nach einen DX7 mit nachgeschaltetem Serge Waveshaper und Bit-Quantizer pro Stimme. Durch diesen Multiplex-Betrieb wird auch klar, warum der MEGAfm mixertechnisch etwas schwer zu bändigen ist: Das Signal hat zwar eine hohe Amplitude und fährt leicht an das Clipping im Eingang meines Korg Kronos, es ist aber in der Lautheit dennoch gering, da eine einzelne Stimme nur impulsartig am Ausgang anliegt.

Open Source

Im Inneren arbeitet ein Microcontroller Atmega1284, für die Firmware gab es bisher mehrere Updates und seit einiger Zeit ist sogar der Code zur Open Source erklärt worden, jeder kann somit den Code verändern und in Github hochladen. Als Enwicklungsplattform wurde PlatformIO gewählt, eine Alternative zur Arduino IDE. Der Hersteller ist sehr daran interessiert, dass auch andere mit dem Code experimentieren und eventuell auch neue Features implementieren. Zumindest hat Twisted Electrons noch in einem späteren Upgrade vor, Looped Envelopes einzuführen. Es wird also noch mal spannend, vielleicht können wir demnächst auf AMAZONA.de etwas dazu berichten.

Lieferbarkeit: Twistet Elektrons MEGAfm MKII

Der MEGAfm ist derzeit nur in geringen Stückzahlen erhältlich, Twisted Electrons durchsucht ständig den Weltmarkt nach NOS-Chips (New Old Stock). Es ist zudem schwierig, zuverlässige Yamaha YM3438 Chips zu erhalten, es kursieren viele gefälschte Chips. Zumindest hat sich Twisted Electrons für die nächste Zeit eine größere Charge gesichert, so dass es demnächst wieder neue Geräte geben wird.

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Twisted Electrons MEGAfm MKII
Twisted Electrons MEGAfm MKII
Kundenbewertung:
(3)

Probleme mit dem MEGAfm MKII

Etwas ungewohnt ist, dass alle MIDI-Notes um 3 Oktaven herunter transponiert werden. Somit sollte man beim Coarse Tune statt der 1. lieber mit der 4. oder 8. Harmonischen beginnen, womit man ohnehin in ungewohnte Gefilde gelangt, die tonalen Verhältnisse zu den anderen Operatoren sind dann natürlich ganz anders.

Beim polyphonen Spiel kommt es zudem nach 6 bzw. 12 Tönen immer zu Note-Stealing. Es kann eine Note nur solange gehalten werden, bis die restlichen verfügbaren Töne gespielt werden, egal wie lange diese gehalten werden. Dazu Twisted Electrons: „The megafm has 12 voices ( 6 voices per chip), so eventually the first note will be stolen, it’s indeed a limitation of the chips.“

Noch ein kleiner Bug (Firmware V.2.4) betrifft die Datenanzeige der Slider, die manchmal verschwindet. Wenn man Operator 3 AR bewegt, wird sie wieder aktiviert. Das wird hoffentlich im nächsten Update behoben.

Unterschiede MK1 und MK2

Zunächst sind die robusten und irgendwie niedlichen Gehäuse und auch die aktuelle Firmware 2.4 in beiden Generationen vollkommen identisch. Nur die Yamaha Chips klingen etwas unterschiedlich, wie bei den folgenden Klangbeispielen zu hören ist.

Musikbeispiel 1:

Ein einzelner Sinusoperator. Es wird mehrmals zwischen MK1 und MK2 überblendet. Deutlich wird die Rauschfahne von MK1 am Anfang. Aber auch eine deutliche Klangfärbung bei beiden Geräten.

Musikbeispiel 2:

Komplexere Modulationen. Es wird mehrmals zwischen MK1 und MK2 überblendet. Kanal mit MK1 zuerst. Das Resultat ist nicht immer eindeutig.
Also zusammengefaßt sticht beim MK1 das chiptypische Quantisierungsrauschen in leisen Bereichen etwas hervor, der LoFi-Charakter ist auch im Gesamtsound ausgeprägter. Was nicht heißt, dass MK2 HiFi-mäßig klingt, er hat aber etwas mehr „Bauch“ und die Höhen bei stärkeren FM-Modulationen sind etwas ausgeprägter. Beide Versionen haben jede für sich etwas Besonderes.

Musikbeispiel 3:

Beide MEGAfm MK1&MK2 gleichzeitig, mit Effekten und Drums vom Kronos

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Fazit

Der neuere Chip klingt schon etwas anders, basslastiger und etwas sauberer. Dem alten Chip würde ich das Prädikat „kernig“ geben, er hat zudem das ausgeprägtere Quantisierungsrauschen. Die Verzerrung klingt bei beiden sehr ähnlich. Ansonsten sind beide Chips wirklich vergleichbar. Geht man in den Overdrive-Modus, was für perkussive Sounds sehr reizvoll sein kann, verschwinden die Unterschiede ohnehin.
Die beschriebenen Artefakte sind im MEGAfm Programm. Wer hier Edel-FM-Klänge à la Yamaha Montage erwartet, hat das falsche Gerät gekauft. Diese Art von Nebengeräuschen ist Teil der Klangästhetik und ist mit anderen Geräten kaum erreichbar.

Plus

  • einfach zu bedienen für ein FM-Synthesizer
  • robustes Gerät
  • viele Speicherplätze (600)
  • 3 flexible LFOs lassen sich auf alle Parameter modulieren
  • einzigartiger Klang

Minus

  • Firmware hat noch kleine Fehler
  • Preis

Preis

  • 555,- Euro
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Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    digital-synthologie AHU

    Ist das Signal bei den Oszilloskopbildern direkt am Chip abgenommen worden?
    Normalerweise folgt nach dem Multiplex-DA-Wandler noch ein Integrationsglied (Tiefpass), was daraus ein durchgehendes Signal erzeugt.

    Bei den Audiobespielen klingt der MK1 dreckiger und erst mal besser. Aber ich glaube, der mittigere Klang des MK2 funktioniert im Mix später besser.

    • Profilbild
      Dr. Robert Skerjanc RED

      @digital-synthologie Der Ausgang des MEGAfm wurde oszillografiert. Ein Tiefpass wird bei den Nadelimpulsen nicht helfen, sondern besagte Sample/Hold-Schaltungen. Die würden die 6 Signale während das gesamten Zeitfensters halten, um sie dann aufzusummieren.

      • Profilbild
        digital-synthologie AHU

        @Dr. Robert Skerjanc Wenn beim MEGAfm die Gesetze der Physik ausserkraftgesetzt wurden, dann hast du recht. :-)
        S&H wäre natürlich die bessere Lösung.

  2. Profilbild
    rio AHU

    Es wäre cool, wenn twisted electrons den schwer zu bändigen AY3 als Open source ebenfalls verfügbar machen würde ;).

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