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Test & Interview: Tines and Reeds FERRO und Suitcase, Preamps für Rhodes

Preamps für das Rhodes E-Piano

19. August 2023

Christian Radtke von Tines and Reeds, ein renommierter Servicetechniker für Rhodes und andere E-Pianos, bietet  Vorverstärker für das Rhodes an, die den Klang der legendären Suitcase Modelle nachahmt. Zum Test stehen mir zwei Preamps zur Verfügung. Wie werden sie den Klang meines Rhodes Stage 1 (Jahrgang 1975) verändern?

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Erst mal zur Klarstellung: Beide Preamps sind ähnlich aufgebaut, ihr Hauptunterschied besteht darin, dass der Suitcase Preamp gleich wie beim originalen Rhodes Suitcase Modell in der Frontplatte untergebracht ist, während das Ferro auch als standalone Version erhältlich ist. Zusätzlich verfügt der Suitcase Preamp über digitale Effekte nebst dem analogen EQ und Tremolo.

Tines and Reeds FERRO Preamp für Rhodes

Der FERRO ist in einem schmucken Metallkästchen von 24 cm Länge verbaut, das mit 900 g angenehm schwer in der Hand liegt. An der Frontseite befinden sich drei Schalter und vier Regler, davon zwei als Doppelpotis ausgeführt. Links die Anschlüsse: zweimal Audio-Out (sozusagen links und rechts), ein Kopfhörerausgang sowie der Netzteilanschluss mit Center-Positive bei 12 V. Der Audioeingang liegt auf der Rückseite, was zunächst etwas seltsam wirkt.

Der Grund dafür ist, dass der FERRO auch als Namerail-Version zum Einbau ins Rhodes mit rückseitigem Eingangskabel erhältlich ist. Der Aufbau ist selbsterklärend und beginnt links mit Volume, gefolgt von einer 2-Band-Klangregelung, einem Filter sowie Tremolo, das hier traditionsbewusst „Vibrato“ genannt wird. Das (Tiefpass-) Filter imitiert je nach Einstellungen die charakteristischen Frequenzverläufe eines Rhodes Mark 1 und Mark 2. Das Mark 1 klingt etwas runder. Christian Radtke vergleicht in der Bedienungsanleitung die beiden Charakteristiken mit den Sounds der 70er und 80er. Das gutklingende Stereo-Tremolo ist optisch aufgebaut. Der integrierte LFO bietet wahlweise Rechteck- oder Sinusschwingungsform und reicht dabei von angenehm langsamen 0,5 Hz bis ca. 13,5 Hz. Der Schalter „Phase“ wählt zwischen Mono- („In“) und Stereo-Tremolo („Out“).

Tines and Reeds Suitcase Preamp für Rhodes

Der Suitcase Preamp wird samt Frontplatte geliefert und ersetzt die bestehende Namerail des Rhodes. Für den Umbau müssen lediglich das schwarze Verdeck des Rhodes abgenommen und danach zwei Schrauben gelöst werden, die neue Frontplatte passt wie angegossen und wird auf der Hinterseite mit dem internen Kabel des Rhodes verbunden. Die übrigen Anschlüsse (Stereo-Out und Kopfhörerausgang) werden über ein externes Gerät bereitgestellt, das über ein fünfpoliges Spezialkabel den Preamp mit Strom versorgt und die Audiosignale nach außen führt.

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Der Aufbau ist ähnlich wie beim FERRO. Zusätzlich befinden sich links zwei mit Accessory beschriftete Send- und Return-Buchsen, die das Signal nach dem Equalizer und Tiefpassfilter abgreifen bzw. zurückführen. Nach Volume folgen Regler für Bass und Höhen sowie ein Schalter, mit den beiden Positionen „Mark 1“ und „Mark 2“, der das stufenlose Filter des FERROs ersetzt. Die Vibrato-Einheit ist gleich aufgebaut wie beim FERRO, ehe das Signal in eine digitale Effekteinheit geleitet wird, die zwischen zwei vorgewählten Effekten (Shimmer Reverb und Stereo Delay) umgeschaltet werden kann mit jeweils zwei Parametern sowie dem obligatorischen Regler für den Effektanteil. Direkt auf der Platine kann die Konfiguration der beiden Effekt-Slots geändert werden. Zur Auswahl stehen zwei Hallalgorithmen (Shimmer und Plate), Mono und Stereo-Delay, eine Kombination aus Delay und Hall, Vibrato/Chorus, Phaser sowie ein Auto-Wah.

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(20)

Klang der beiden Tines and Reeds Preamps

Das Auffälligste an den beiden Preamps ist, dass man erst mal nichts hört: Nicht das leiseste Rauschen erklingt aus den Studioboxen, so dass wir uns nur dank der leuchtenden LEDs sicher sein können, dass die Preamps auch laufen. Der Klang ist angenehm zurückhaltend, die Preamps drängen sich nicht in den Vordergrund. In der Grundeinstellung ist der Unterschied zum Direktsignal eher subtil, aber immernoch wahrnehmbar. Die Klangregelung lässt zwar weitreichende Bearbeitungen zu, klingt dabei aber immer musikalisch. Der Rhodes Grundklang bleibt immer erhalten. Das Tiefpassfilter des FERROs (und sein Schalterpendant des Suitcase) haben bei flachem EQ wenig Einfluss, sobald die Höhen hochgedreht werden, kann das Filter aber energischer zupacken. Das Tremolo – es tut mir leid, aber ich kann es nicht „Vibrato“ nennen, da es keines ist – macht den Klang angenehm breit ohne dabei zu eiern.
Positiv fällt auch der Kopfhörerausgang auf, der laut Herstellerangaben Kopfhörer von bis zu 600 Ohm Widerstand treiben kann.
Die digitale Effekteinheit des Suitcase ist ein handelsüblicher Standardeffekt, nicht mehr und nicht weniger. Vermisst habe ich dabei eine Tap-Funktion fürs Delay.

Großen Dank an den Musiker und Tontechniker Paul Riemer.

Interview mit Christian Radtke

Martin:
Wie kamst du auf die Idee, eigene Preamps für Rhodes E-Pianos zu entwickeln?

Christian:
In meiner täglichen Arbeit hier bei Tines & Reeds werde ich häufig gefragt, wie man das Rhodes denn verstärken kann und welche Lösungen es gibt. Da lag es auf der Hand, selber einen Vorverstärker zu entwickeln, auch weil ich andere Vorverstärker für das Rhodes, die es auf dem Markt gibt, nicht vollends empfehlen konnte, abgesehen vom TRamp von meinem Kollegen Jens Lüpke. Er hat die Produktion des Preamps allerdings eingestellt.

Martin:
Worauf hast du besonders Wert gelegt bei der Entwicklung?

Christian:
Rhodes und Preamp gehen Hand in Hand, seitdem es das Rhodes Piano gibt. Bei der Entwicklung des FERRO Preamps war mir wichtig, den Klang des Rhodes nicht zu verfremden. Schaltungstechnisch habe ich mich angelehnt am Peterson- und am Janus-Vorverstärker. Beides sind Vorverstärker, die auch damals von Rhodes selber in ihre Pianos eingebaut wurden. Ich wollte allerdings keine Replik des Originals, obwohl ich die EQ-Sektion fast 1:1 vom Peterson übernommen habe, sondern auch die Funktionen erweitern. So habe ich neben dem klassischen Rechteck-Tremolo, welches von einer Seite auf die andere springt und das man von den Original Rhodes Vorverstärkern kennt, auch eine modernere Sinus-Modulationform eingebaut, die weich zwischen den Seiten hin und her wandert. Das Herzstück meines Preamps ist allerdings das Filter, das in jedem meiner Vorverstärker eingebaut ist. In Verbindung mit dem Treble-Boost lassen sich hier alle Klangcharakteristiken abbilden, sei es ein beißender Mark I Sound aus den frühen 70ern (Treble voll auf, Filter auf 10 Uhr) oder ein glitzernder Mark II Sound aus den 80ern (Treble voll auf, Filter auf 3Uhr).
Eins kommt zum andern. Meine amerikanischen Kollegen von VintageVibe hatten mal einen Federhall in ein Rhodes Suitcase eingebaut. Da kam ein Kunde in die Werkstatt und sagte: Ich will das auch. Ich bin immer offen für Ideen und so war die Idee für den Suitcase Preamp geboren, der auf dem FERRO Preamp basiert, die Möglichkeiten aber vor allem durch den DSP mit seinen 8 Effekten, aber auch durch einem einzigartigen FX-Loop erweitert. Stereo-Outboard kann hier problemlos eingebunden werden. Tatsächlich ist der Name „Suitcase Preamp“ irreführend, da er auch in jedes Rhodes Stage Piano eingebaut werden kann. Ich biete entsprechende Umrüstkits in meinem Webshop an.

Martin:
Gab es dazu bestimmte Vorbilder, oder folgtest du einem eigenen klanglichen Ideal?

Christian:
Der Peterson Preamp kreiert wohl den Sound, den die meisten Rhodes Enthusiasten suchen. So habe ich mich hauptsächlich daran orientiert. Obwohl die Modulationsschschwingungsform ein Rechteck ist, ist die Modulation am Ende deutlich weicher. Das liegt daran, dass der Peterson Preamp mit kleinen Glühlampen funktioniert und diese eine gewisse Zeit brauchen, um hell bzw. dunkel zu werden. Das entschärft das Rechteck. Sowohl bei FERRO als auch beim Suitcase Preamp gibt es „unter der Haube“ ein Stellpotentiometer, das erlaubt, die Schärfe dieser Rampe der Modulation für das Rechteck einzustellen. Was viele nicht wissen: Der Peterson Preamp kam ab Werk mit einem heftigen Tiefpass. Das hatte zur Folge, dass die Pianos grundsätzlich eher „muffig“ klangen. Im Nachhinein war dies jedoch prägend für den Sound des Rhodes Pianos. In FERRO ist dieses Filter stufenlos regelbar. Beim Suitcase Preamp gibt es einen Umschalter, der im Prinzip dieselbe Funktion erfüllt.

Martin:
Kannst du deinen Wunschklang in Worte fassen?

Christian:
Ich stehe eher auf den bissigen Early 70s Sound. Den glasklaren Sound aus den 80ern finde ich schwierig, in Produktionen einzubinden. Aber: Ein Chorus dahinter und auch das geht wunderbar. Ein ideales Rhodes sollte meiner Meinung nach so eingestellt sein, dass sich Grundton und erster Oberton ungefähr die Waage halten. Zu den verschiedenen Voicings gibt es auf YouTube ein Video von mir. Da kriegt man einen guten Eindruck, was bei einem Rhodes machbar ist.

Martin:
Mit welchen Lieferzeiten ist zu rechnen?

Christian:
Ich habe derzeit alles am Lager. Wenn die aktuelle Charge von FERRO ausverkauft ist, kann es zwei Wochen dauern, bis ich wieder liefern kann. Da ich den Suitcase Preamp in verschiedenen Varianten anbiete (Mark I oder Mark II, Suitcase oder Stage Piano), baue ich auf Bestellung. Da kann es bis zu 8 Werktage dauern, bis ich verschicken kann. Mein tägliches Geschäft läuft nebenher natürlich weiter. Daher kann es immer mal zu Verzögerungen kommen. Am Ende ist Tines & Reeds nach wie vor eine One-Man-Show!

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Fazit

Beide Preamps werden meinen (hohen) musikalischen Erwartungen gerecht. Sie sind solide verarbeitet und klingen gut ohne jegliches Rauschen oder andere Störgeräusche. Christian Radtkes Tremolo-Effekt gehört zu den besten, die ich je gehört habe, während der einfache EQ musikalisch sinnvoll eingesetzt werden kann. Die digitalen Effekte des Suitcase fallen vielleicht etwas ab, sind aber solider Standard und laden zum Experimentieren ein. Hingegen vermisste ich eine Tap-Funktion des Delays.
Doch unabhängig davon klingen beide Preamps warm und auf unspektakuläre Weise gut.

Plus

  • Klangqualität
  • keine Nebengeräusche
  • breiter und warmer Tremoloeffekt

Preis

  • Suitcase: 769,- Euro
  • Ferro: 649,- Euro
  • (inkl. 19 % Mehrwertsteuer, zzgl. Versandkosten)
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Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    TobyB RED

    Cool Martin, den Artikel hätte ich früher gebraucht. Letzlich wurd es für mein Mark II The Bat Preamp. Zuvor gabs ca. ein dutzend Ratschläge wie nimm den Reusenzehn, nimm diesen nimm jenen. Das Feature den Rechteck in einen Sinus zu wandeln, erachte ich als sinnvoll. Rechteck Tremolo macht für mich eh nur Sinn, wenn ich das Rhodes mit Raumanteil über eine Combo abnehme. Das ist vermutlich auch Ansichtssache.

    • Profilbild
      TinesAndReeds

      @TobyB Du kannst an The Bat ebenfalls die Wellenform ändern. Das steht auch in der Bedienungsanleitung. Dazu musst du einen Jumper auf der Leiterplatte umstecken!

  2. Profilbild
    Unimoog

    Danke für den Test. Welche Lautsprecher hattest du angeschlossen? Im Original waren damals ja zwei 12er Boxen vorgesehen. Der FERRO in Kombination mit Studiomonitoren dürfte nicht ideal sein, oder?

    • Profilbild
      TinesAndReeds

      @Unimoog Die Rhodes Suitcase Pianos hatten damals tatsächlich vier 12″ Boxen eingebaut :-)

      Da der Ausgang am FERRO zu heiß ist für einen Gitarrenverstärker und du damit auch das Stereobild verlieren würdest, ist eine Nutzung direkt ins Pult oder über Kopfhörern sogar empfohlen :-)

  3. Profilbild
    Haurein

    Klangbeispiele 1-7 begeistern mich eher wenig. Erst bei Nummer 8 mit dem Delay wirkt auch der Grundklang viel schöner. Liegt das wirklich nur an dem Delay?

  4. Profilbild
    hejasa AHU

    Ich komme jetzt echt ins Grübeln, den Ferro zu kaufen. Ich habe aber vor einiger Zeit den Dream von uafx erworben, aber bislang nur für Gitarre benutzt. Jetzt bin ich doch gespannt, ob der Dream an die Klangqualität des Ferro heranreicht, wenn nicht hat tines and reeds einen neuen Kunden und mein Rhodes einen neuen Spielpartner!

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