Billy Preston – der fünfte Beatle
„Jeder Keyboarder, den ich kenne, liebt Billy Preston. Man erkennt sein Spiel schon von der ersten Sekunde an, egal ob es sich um die Hammond-Orgel, das Fender Rhodes oder das Klavier handelt. Er hatte so eine spirituelle Note in seiner Technik, das machte ihn völlig einzigartig.“ Das sagt kein Geringerer als Tastenzauberer Rick Wakeman. (BBC) Und von Ringo Starr stammt dieser schöne Satz, der keiner Übersetzung bedarf: „Billy never put his hands in the wrong place. Never.“ (rhodesmusic)
Inhaltsverzeichnis
- Billy Preston, Sessionmusiker der Extraklasse
- Billy Prestons späte Aufnahme in die Rock & Roll Hall of Fame
- Let it be – die Fab Four vor dem Bruch
- George Harrison hat eine Eingebung
- Bringe einen Gast mit und alle sind auf einmal nett
- Billy Preston bricht das Eis
- Get back – The Beatles With Billy Preston
- Paul McCartney: Es ist schon schlimm genug mit vier
- Billy Preston – das musikalische Wunderkind
- Ray Charles sieht in Billy Preston einen würdigen Nachfolger
- Billy Preston spielt auf Abbey Road
- Billy Preston: Enge Zusammenarbeit mit George Harrison und Ringo Starr
- Billy Preston – Erfolg mit Soloalben
- Billy Preston: Everyone likes some kind of music
- Billy Preston und die Rolling Stones
- Als der Drachenkopf explodierte
- Billy Preston – Schlüsselelement für den Stonessound
- Billy Preston: Funky Sounds auf dem Hohner Clavinet
- You are so beautiful – ein Hit für Joe Cocker
- Billy Preston und der TONTO-Synthesizer
- Wo ist das Elfenbeingeklimper geblieben?
- Ein fragwürdiger Film und Zusammenarbeit mit Syreeta Wright
- Billy Preston – Rückzug mit Synthesizern
- Billy Preston und die Dämonen der Vergangenheit
- Billy Preston startet zum Millennium noch einmal durch
- Billy Preston – einer der größten Keyboarder aller Zeiten
Miles Davis widmete Billy Preston sogar 1974 einen eigenen Song: Billy Preston findet sich auf dem Fusion-Album Get up with it. Mehr Ehre geht fast nicht. Billy Preston begann seine Karriere als Wunderkind und eilte vor allem in den 60er- und 70e-Jahren von Erfolg zu Erfolg. Musikalische Unsterblichkeit erlangte er durch seine Zusammenarbeit mit den Beatles und den Rolling Stones. Welcher andere Musiker hat schon mit beiden Fixsternen der British Invasion gespielt? Vor allem auf Let it be ist sein beseeltes Spiel auf Hammondorgel und E-Piano allgegenwärtig. John Lennon und George Harrison schlugen damals seine Aufnahme in die Band vor. Dazu kam es zwar nicht. Trotzdem wird Billy Preston immer wieder als „fünfter Beatle“ bezeichnet.
Billy Preston, Sessionmusiker der Extraklasse
Billy Preston hatte in den 70er-Jahren eine Reihe eigener Hits mit Soulnummern wie Will it go around in Circles, Nothing from nothing und dem mit einem Grammy ausgezeichneten Funk-Instrumental Outa-Space. Außerdem besaß er „eine Stimme, die die Butter im Kühlschrank zum Schmelzen brachte und trotzdem eine Gänsehaut verursachte.“ (Far Out Magazine) Die Solo-Alben von Billy Preston sind heute vermutlich etwas in Vergessenheit geraten, obwohl einige von ihnen Soul, R&B und Rock vom Feinsten bieten. Prestons eigentlicher Ruhm gründet aber wohl vor allem auf seiner Arbeit als Sessionmusiker und der Zusammenarbeit mit vielen Stars. Sein phänomenales Keyboardspiel bereichert unzählige Alben u. a. von Little Richard, Sam Cooke, Ray Charles, Aretha Franklin, Sly and the Family Stone, Elton John, Johnny Cash, Eric Clapton und den Red Hot Chili Peppers.
Billy Prestons späte Aufnahme in die Rock & Roll Hall of Fame
Billy Preston wurde erst 2021 – 15 Jahre nach seinem Tod – in die Rock & Roll Hall of Fame aufgenommen. In der speziell für Sidemen vorgesehenen Kategorie Musical Excellence: „Billy Preston ist ein wesentlicher Bestandteil des Rock & Roll“, heißt es in der Würdigung. „Mit den rauchigen Klängen seiner B3-Orgel, den funky Rhythmen seines Clavinets und den aufregenden Tönen seines vom Gospel inspirierten Gesangs und Klavierspiels hat er den Weg geebnet.“
Ab Mitte der 80er-Jahre verblasste sein musikalischer Stern etwas, bevor Preston sich zur Jahrtausendwende dann noch einmal eindrucksvoll zurückmelden sollte. Dass Preston so lange von der Hall of Fame ignoriert worden war, mag auch damit zusammenhängen, dass er vor allem in den 90er-Jahren einige tiefe Abstürze erlebt hatte. Diese dunkle und tragische Seite Prestons hing mit massivem Alkohol- und Drogenmissbrauch zusammen. 2006 starb Preston im Alter von nur 59 Jahren.
Speziell Beatles-Fans müssten eigentlich allabendlich eine Kerze für Billy Preston anzünden. Mit seiner liebenswürdigen Art und enormen Musikalität hat er vielleicht verhindert, dass die tief zerstrittenen Beatles sich vorzeitig trennten – und zwar bevor Let it be im Kasten war. In der Würdigung der Rock & Roll Hall of Fame heißt es folgerichtig: „Es war seine Arbeit mit den Beatles, die ihn heilig gesprochen hat.“
Let it be – die Fab Four vor dem Bruch
Dafür müssen wir uns in das Jahr 1969 zurückversetzen. Die Beatles arbeiten damals an Songs, die auf ihrem 12. und letzten Studioalbum erscheinen sollen. Vor allem aber stecken sie in einer tiefen Krise. Da bringt Paul McCartney die Idee ins Spiel, zu den Anfängen zurückzukehren und wieder live aufzutreten. Das jedoch lehnen John Lennon und George Harrison ab. Eher können sie sich mit der Idee eines Films anfreunden. So zieht die Band in die Twickenham Film Studios, um neue Songideen zu entwickeln und einzuspielen. Auch ein Filmregisseur wird engagiert: Michael Lindsay-Hogg. Doch eine lähmende Unzufriedenheit liegt über der Band, die sich nicht einigen kann, welchen musikalischen Weg sie in Zukunft einschlagen soll.
Produzent George Martin erinnert sich: „Es gab viele Diskussionen und wenig Einigkeit. Zu jener Zeit kamen sie mir wie ein steuerloses Schiff vor. Die vier mochten sich nicht mehr besonders, und ständig kam es zu Reibereien zwischen ihnen.“ (The Beatles Anthology, S. 315) Speziell Paul McCartney macht mächtig Druck, weil er Resultate sehen möchte. Legendär ist ein Satz Harrisons bei den Proben: „Ich spiele, was immer Du willst. Sag mir nur was.“ Resigniert wirft schließlich George Harrison die Brocken hin und zieht sich von der Probenarbeit zurück. „Wir alle hatten so etwas schon durchgemacht. Das war wirklich eine ziemlich schwierige und stressige Zeit für uns. Ich bin aufgestanden und dachte: ‚Mir reichts jetzt, ich gehe.‘“ (The Beatles Anthology, S. 316) Angeblich schlägt John Lennon in dieser Situation vor, doch einfach Eric Clapton anzuheuern. Das wird von McCartney zurückgewiesen und so begeben sich die drei zu Harrison, versichern ihm, was für ein großartiger Mensch er sei und können ihn umstimmen. Das Filmprojekt wird zugunsten eines Dokumentarfilms über die Entstehung des Albums verworfen.
George Harrison hat eine Eingebung
Die Beatles brechen die Zelte in den Twickenham Studios ab und ziehen in das Apple-Studio in der Savile Row um. Dort mangelte es allerdings noch an hochwertigem Equipment, das erst bei den Abbey Road Studios ausgeliehen werden musste. „Bei jedem Song wechselten die Mitglieder zwischen den Instrumenten hin und her, aber es fühlte sich immer so an, als würde ein Stück fehlen“, schreibt Tyler Gilson im Far Out Magazine.
Während seiner kleinen Auszeit hatte sich Harrison ein Konzert von Ray Charles in London angehört. An den Tasten: Billy Preston. Das weckte Erinnerungen: Die Beatles hatten Preston 1962 in Hamburg näher kennengelernt, als er mit Little Richard auf Konzerttournee war. „Ich habe sie ein bisschen früher getroffen, in Liverpool, wahrscheinlich eine Woche vor Hamburg“, erinnert sich Preston in einem Interview, das Mees van Ditzhuyzen 1985 mit ihm führte: „Sie traten bei einer Show mit Little Richard und Sam Cooke auf, mit denen ich auf Tournee war. Wir wurden Freunde, weil sie immer auf mich zukamen und mich über Little Richard und Sam und Amerika und alles andere ausfragten.“
Harrison ließ Preston eine Nachricht zukommen und lud ihn ein, bei den Proben im Apple-Studio vorbeizuschauen.
Bringe einen Gast mit und alle sind auf einmal nett
Natürlich hoffte Harrison, dass Preston etwas mitmischen und die Stimmung auflockern würde. Diese Taktik war früher schon einmal aufgegangen, als er Eric Clapton bei den Arbeiten zum White Album eingeladen hatte. Damals hatte er das Gefühl, dass sich seine Kollegen mit der Umsetzung seines Songs While My Guitar Gently Weeps nicht die rechte Mühe gaben. Mit dem prominenten Gast im Studio klappte es dann auf einmal, erinnert sich Harrison: „Es war schon eine interessante Erfahrung, wie nett die Leute miteinander umgingen, wenn man einen Gast mitbrachte. Vor Außenstehenden wollten sie einfach nicht zeigen, wie zickig sie manchmal sein konnten.“ (Rolling Stone)
Und tatsächlich ging Harrisons Kalkül auch dieses Mal auf. Am 22. Januar tauchte er zusammen mit Preston in den Apple-Studios auf: „Billy kam mit mir in den Keller und ich sagte: ‚He, erinnert ihr euch an Billy? Hier ist er in voller Lebensgröße. Er könnte doch Klavier spielen.‘ Also setzte er sich ans elektrische Piano und sofort verbesserte sich die Stimmung im Raum um 100 Prozent.“ (The Beatles Anthology, S. 318)
Schaut man sich Peter Jacksons Dokumentarserie Get Back an, die restauriertes und größtenteils unveröffentlichtes Drehmaterial von Michael Lindsay-Hoggs Film Let it be von 1970 enthält, erwartete Billy Preston nicht unbedingt, zu einer Session eingeladen zu werden. Eigentlich wollte er nur alten Freunden „hallo“ sagen. Im Film ermutigen die Beatles Preston, Bobby Scotts A taste of honey zu spielen. Die Jazznummer zählte zum frühen Beatles-Repertoire noch zu Star Club-Zeiten. Fast beiläufig fragt John Lennon, ob Preston nicht Lust hätte, auf ihrem neuen Album mitzuspielen: „Jede Nummer hat einen Klavierpart und normalerweise nehmen wir ihn auf, aber dieses Mal wollen wir es live spielen“, erläutert Lennon. „Und das bedeutet, dass jemand dabei sein muss. Wenn du das also machen möchtest, bist du willkommen. Und dann wärst du auch auf dem Album.“
Billy Preston bricht das Eis
Prestons Reaktion ist ehrlich überrascht: „Klar, schön!“ Und lachend fügt er hinzu: „Machst du Witze?“ Nein, das war kein Scherz und als nächstes hören wir Prestons fulminantes Orgelriff bei I’ve got a feeling. Die Kamera zeigt die freudig grinsenden Gesichter von McCartney und Lennon und der Zuschauer spürt instinktiv, dass da eine Verwandlung stattgefunden hat. Billy Prestons begnadetes Spiel war das eine, aber auch sein freundliches, gutgelauntes Wesen half in Harrisons Worten „das Eis zu brechen, das wir zwischen uns geschaffen hatten. Billy kannte die ganze Politik und die Spielchen nicht, die da abliefen, und so mischte er sich in seiner Unschuld ein und gab der Band einen zusätzlichen kleinen Kick. Alle waren happy, dass da noch jemand anderes spielte, und das machte unsere Arbeit angenehmer. Wir haben alle besser gespielt, und es war eine tolle Session.“ Nach dem Song I’ve Got A Feeling erklärt Lennon: „Du bist in der Gruppe“. Und sie machen gleich weiter mit Don’t let me down.
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Get back – The Beatles With Billy Preston
Legendär ist Prestons Spiel auf dem Fender Rhodes MkI Sparkle Top Suitcase bei Get back, das Lennons Leadgitarre ideal ergänzt und dem Song den richtigen Biss gibt. Preston konnte sogar ein Solo einbringen. Am Ende wirkte Preston auf sieben Songs des Let it be-Albums mit, darunter Dig a Pony, Dig It und dem Titelsong Let it be, bei dem Preston an der Hammondorgel saß. Die ikonische Piano-Einleitung stammt dagegen von McCartney, der die Akkorde auf einem Blüthner-Flügel spielte. Prestons Keyboards waren der Klebstoff, der vielen Songs auf Let it be erst ihren inneren Zusammenhalt gab. Die Beatles waren sich dessen wohl bewusst und standen dem Keyboarder bei Get back die Credits zu: „The Beatles With Billy Preston“. Diese Ehre war nicht einmal Eric Clapton auf dem White Album zuteil geworden.
Paul McCartney: Es ist schon schlimm genug mit vier
Prestons Präsenz auf Let it be war offensichtlich. Wie sollte die Band damit umgehen? Lennon macht in dieser Situation einen weitreichenden Vorschlag: „Ich möchte ihn eigentlich nur in unserer Band haben. Ich hätte gerne einen fünften Beatle.“ Paul McCartney denkt pragmatischer: „Ich weiß es einfach nicht. Es ist schon schlimm genug mit vier“, scherzt er, woraufhin die anderen lachen. Die Situation war in McCartneys Worten „etwas merkwürdig“. Während Harrison und Lennon sich einen „fünften Beatle“ sehr gut vorstellen können, geben sich McCartney aber auch Ringo Starr reserviert. „Ich glaube nicht, dass Billy Preston uns dazu gebracht hat, uns besser aufzuführen“, meinte der Schlagzeuger in The Beatles Anthology. Eher schon habe die besondere Qualität von Get back dazu beigetragen, dass sich die Band neu orientieren konnte. „Wie immer, wenn man an etwas Gutem arbeitet – der ganze Scheiß ist weg und wir machen wieder das, was wir wirklich gut können.“
Paul McCartney sieht die damaligen Umstände differenziert: „Als Billy zu uns stieß, haben wir uns tatsächlich etwas zusammengenommen. Für uns war das Besuch im Haus, da zeigt man sich auch von der besten Seite. Aber gleichzeitig breitete sich in der Band ein wenig die Sorge aus, dass er Mitglied bei den Beatles werden könnte. So sahen wir uns also hin und her gerissen.“ (The Beatles Anthology, S. 319)
Wie wir wissen, wurde Billy Preston nicht offiziell der fünfte Beatle. Doch als die Gruppe zu ihrem legendären abschließenden Live-Auftritt auf das Dach des Applestudios trabte, war Preston selbstverständlich dabei. Preston sollte den Roof Top-Auftritt später als den „schönsten Moment“ seiner langen Karriere bezeichnen. Hier noch einmal Don’t let me down:
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Billy Preston – das musikalische Wunderkind
William Everett Preston wurde am 2. September 1946 in Houston, Texas, geboren. Gemeinsam mit seiner Mutter zog er nach Los Angeles um, wo er den Großteil seiner Jugend verbrachte. Seine große Musikalität fiel bereits im Kindesalter auf, als er die Improvisationen des Gospel-Organisten in der Grace Memorial Church of God in Christ in Los Angeles nach den Gottesdiensten notengetreu nachspielen konnte. Im Alter von nur 10 Jahren saß er bei den Gottesdiensten selbst auf der Orgelbank. Im gleichen Alter tritt er in der TV-Show von Nat King Cole auf:
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Kurz darauf gibt er sein Debüt als Gospelklavierspieler in einer TV-Show der Gospel-Diva Mahalia Jackson und begleitet sie auf einer Tournee. 1958 spielt er in dem Hollywoodfilm St. Louis Blues mit, der das Leben der Blueslegende W.C. Handy nachzeichnet. Während Nat King Cole den erwachsenen Father of Blues verkörpert, spielt Billy Preston den jungen W.C. Handy. Mit am Set: Eartha Kitt, Cab Calloway, Ella Fitzgerald und Mahalia Jackson.
Ray Charles sieht in Billy Preston einen würdigen Nachfolger
Prestons Karriere als musikalisches Wunderkind setzt sich fort, als er als Teenager in der Band von Litte Richard spielt. Auf einer Europatournee, die auch nach Hamburg führt, lernt er im Star Club die damals noch unbekannten Beatles kennen. Preston besucht noch die Highschool, als er von Sam Cooke unter Vertrag genommen wird. 1963 erscheint Prestons Debütalbum 16 Yr. old Soul. Prestons zweites Album erscheint 1965 und trägt den selbstbewussten Titel The Most exciting Organ ever. Jason Ankeny schreibt in seiner Rezension für allmusic: „Die rohe physische Kraft von Prestons Darbietungen wird nur von der Fantasie und Virtuosität seiner Phrasierung übertroffen. Die Musik schlägt eine Brücke zwischen dem Sakralen und dem Profanen, indem sie den tiefen, kühnen Klang der Kirche mit dem Rausch des R&B verschmilzt.“
Preston arbeitet regelmäßig als Studiomusiker für die beliebte US-TV-Serie Shindig!, die ABC ab Herbst 1964 produzierte. Dort trat auch Ray Charles auf, der von Billy Prestons Talent begeistert war und ihn vom Fleck weg engagierte. In Konzerten stellte er Preston als den Mann vor, „der fortführen wird, was ich begonnen habe, wenn ich das Showgeschäft einmal verlasse.“ (B. Graves, S. Schmidt-Joos: Das neue Rock-Lexikon, 1990, Bd. 2, S. 630) Welche Entertainerqualitäten Billy Preston besaß, zeigt dieser Auftritt mit Ray Charles in der Ed Sullivan Show:
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Bei einem Ray Charles-Konzert in London sah dann George Harrison den Ausnahmekeyboarder Preston, erinnerte sich an die gemeinsamen Tage in Hamburg und holte Preston ins Apple-Studio. Der erste Kreis hatte sich geschlossen.
Billy Preston spielt auf Abbey Road
Mit dem „fünften Beatle“ wurde es zwar nichts, wobei wir nicht vergessen dürfen, das die Beatles damals bereits ein Ablaufdatum hatten. Let it be war im Frühjahr 1970 von dem angesehenen Produzenten Phil Spector fertiggestellt worden und erschien erst nach der offiziellen Trennung der Fab Four im Mai 1970. Obwohl die Aufnahmen zu Let it be die Beatles auf eine echte Probe gestellt hatten, kamen sie danach doch noch einmal im Studio zusammen. Mit George Martin und dem Toningenieur Geoff Emerick, der bei den Aufnahmen zum Weißen Album ausgestiegen war, wurde Abbey Road aufgenommen. Das Album wird – weil es vor Let it be veröffentlicht wurde – in der Chronologie als 11. Studioalbum geführt. Ein Juwel des Beatles-Katalogs und auch soundtechnisch eine Sternstunde. Einer der Toningenieurassistenten war damals übrigens Alan Parsons. Ebenfalls mit von der Partie: Billy Preston, der auf Oh! Darling, Something und I want you (She’s so heavy) Hammond-Orgel spielt.
Im Vergleich zu Let it be ist auf Abbey Road das Engagement von Billy Preston zwar etwas reduzierter. Trotzdem erinnerten sich die Beatles auch nach dem Split gerne an ihren alten Keyboarder und luden ihn bei ihren Soloalben ein, beginnend mit Harrisons All Things Must Pass. Mit der prominenten Ausnahme von Paul McCartney. Billy Preston glaubte aber nicht, dass dahinter Absicht steckte: „Paul war immer in Europa, und ich hatte keine Gelegenheit, ihn zu treffen. Das letzte Mal habe ich ihn bei einem Stones-Konzert gesehen, und wir verabredeten, wir würden uns treffen, aber in der Praxis ist das sehr schwer.“ (Mees van Ditzhuyzen)
Billy Preston: Enge Zusammenarbeit mit George Harrison und Ringo Starr
Mit Ringo Starr und George Harrison ging Preston auf Tournee und spielte mit ihnen auch am 1.8.1971 beim legendären Concert for Bangladesh im New Yorker Madison Square Garden. Das von den Beatles gegründete Label Apple Records nahm Preston unter Vertrag, wo er sein inzwischen viertes Album That’s the way God planned it veröffentlichte. Der Titelsong wird in Großbritannien ein Hit. Produzent des Albums ist George Harrison, den der Albumtitel sicher angesprochen hat. Der spirituelle Zug ist beiden Musikern gemeinsam. Billy Preston ist streng religiös, Harrisons Ideal etwas universeller: „Er hat mit mir über Krishna gesprochen. Tatsächlich hat er in seinem Studio ein Bild von Jesus, eines von Krishna, von Buddha, von allen. Er teilt seine Überzeugungen mit mir. Nicht, dass ich mir die Haare abschneiden und den ganzen Tag ‚Hare Krishna‘ rufen würde.“ Nach eigenem Bekunden hatte Preston auch bei einem sehr bekanntem Harrison-Song ein wenig Geburtshilfe geleistet: „Ich habe ihm irgendwie bei My Sweet Lord geholfen. Es entstand in einer Umkleidekabine. Wir waren auf einer Tournee mit Delaney und Bonnie und sie fragten mich, wie man einen Gospelsong schreibt. Also fing ich an, ein paar Gospel-Wendungen zu spielen, und so wurde der Song zu einem Song.“ (Mees van Ditzhuyzen)
Billy Preston – Erfolg mit Soloalben
Prestons zweite Veröffentlichung auf Apple ist das Album Encouraging Words, das von Bruce Eder auf allmusic eine mitreißende Rezension bekommt: „eine kühne und scharfe Mischung aus Gospel, Soul und Rock, die so gut klingt wie keine andere Platte in jenem Jahr. Sie ist zum Teil ein Ableger der Let It Be- und All Things Must Pass-Alben sowie der Sessions, die Preston und George Harrison für Doris Troy produziert hatten, macht aber auch da weiter, wo Preston 1968 mit seinem Spiel für Ray Charles aufgehört hatte.“
Preston war nun auf der Überholspur und wechselte zum A&M-Label, wo er 1971 das album I wrote a simple song veröffentlicht. Die Hit-Single Outa-Space mit Funkrhythmen vom Clavinet und einem abgefahrenem Synthesizer-Solo, das Preston auf dem ARP Pro Soloist spielt, heimst einen Grammy Award für die beste Pop-Instrumental-Darbietung ein. Gleich sein nächstes Album für A&M Music is my Life kann 1972 mit der Hitsingle Will it go round in Circles nachlegen.
Billy Preston: Everyone likes some kind of music
Preston reiht die Hits wie in einer Perlenkette aneinander: Das Album Everyone likes some kind of music stürmt mit der Single Space Race die R&B-Charts. Der Albumtitel trifft Prestons eigenes Musikverständnis ziemlich genau. Auf dem Album gibt es eine bunte Mischung aus Soul, Country, Gospel, Funk und Jazz. Das alles macht Everyone likes some kind of music zu einem äußerst vielfältigen Album. „Das bedeutet jedoch nicht unbedingt, dass es ein rundum gelungenes Album ist“, urteilt Victor W. Valdivia auf allmusic: „Es ist so, dass Preston sich ein oder zwei Genres hätte aussuchen sollen, mit denen er experimentiert und ausgereifte Songs komponiert, da er eindeutig das Talent dazu hat. Die Funk- und Soul-Songs sind hervorragend…und machen das Album hörenswert.“ Das alles sei zweifellos „gut gespielt und solide produziert, hätte aber mit etwas gezielterem Songwriting ein beeindruckendes Set werden können.“ Preston selbst lehnte eine solche stilistische Einengung immer ab. Als er später einmal gefragt wird, wie er Gospelmusik und dann wieder Disko spielen kann, antwortet Preston: „Ich weiß es nicht. Ich mag Musik. Punkt. Verschiedene Leute mögen verschiedene Arten von Musik, aber ich hatte das Glück, alle Arten zu spielen, und ich mag klassische Musik genauso gerne wie Reggae oder irgendetwas anderes.“ (Mees van Ditzhuyzen)
Billy Preston und die Rolling Stones
Diese große musikalische Flexibilität ermöglichte es Preston auch, mit den bösen Buben des Rockgeschäfts zusammenzuspielen: den Rolling Stones. Für einen „fünften Beatle“ vielleicht etwas erstaunlich, weil rein musikalisch die Schnittmengen der beiden Bands ja nicht so riesengroß sind. Andererseits haben die Musiker immer mal wieder zusammengearbeitet. Zuletzt spielte Paul McCartney Bass auf dem Song Bite my head off des aktuellen Stonesalbum Hackney Diamonds. Aber zwischen dem Image beider Bands liegen schon Welten. Weshalb die Beatles in Horst Faschers Hamburger Star Club auftreten durften, die Stones hingegen nicht: „In der Öffentlichkeit galten sie als das komplette Gegenteil der Beatles. Die Pilzköpfe waren trotz ihrer für die damalige Zeit langen Haare sauber und ordentlich, geradezu bildhafte Schwiegersöhne. Die Stones dagegen wirkten schmuddelig und waren als wildgewordene Rowdies verschrien. Ständig besoffen und auf Drogen.“ (NDR)
Es gibt ein bekanntes Cartoon des österreichischen Karikaturisten Gerhard Haderer, in dem die Bewohner eines Seniorenheims sich erbittert streiten, welches die bessere Band sei „Stones!“, „Beatles!“ Nun, Billy Preston versöhnt beide Lager. Dabei machte der Keyboarder sich durchaus seine eigenen Gedanken über den schlechten Ruf der Band: „Sie sind sehr nette Menschen, die sich hinter ihrem Image verbergen. Ich habe sie gefragt, warum alle denken, dass sie Teufel sind, und sie sagten: ‚Wir lassen es einfach geschehen. Das ist unsere Publicity, das hat uns berühmt gemacht.‘ Sie sind wirklich nette Leute, aber ich predige ihnen immer. Ich glaube an Gott. Ich glaube, dass alles, was mir passiert ist, ein Segen Gottes war, weil ich nie nach Ruhm oder so etwas gesucht habe.“ (Mees van Ditzhuyzen)
Als der Drachenkopf explodierte
Preston hat speziell die Liveauftritte mit den Stones sehr genossen. Diese waren doch ein wenig aufregender, als die mit George Harrison: „Ich mag eine lebendigere Show und die Stones sind viel lebendiger als George. Obwohl es mir Freude gemacht hat, auf der Harrison-Tournee zu spielen, macht diese Tournee mehr Spaß, hat ein schnelleres Tempo und ist mehr eine Rock’n’Roll-Sache“, erzählt Billy Preston im Interview mit Harvey Kubernik von Best Classic Bands. „Die Stones sind viel mehr R&B-orientiert. Es fühlt sich an, als würde ich schon seit Jahren mit ihnen spielen. Wir sind eine Familie. Alle Jungs hängen zusammen ab und sind sich gegenseitig sehr zugetan.“ Und manchmal ging es auch echt abenteuerlich zu, als auf eben jener US-Tour 1975 ein riesiger Konfetti speiender Drache, der als Requisite diente, förmlich explodierte: „In Boston zerbrach der Kopf des Drachens und der Luftdruck blies mich von der Bühne direkt in die erste Reihe.“ (Best Classic Bands) Die Wertschätzung der Stones für Preston zeigte sich auch darin, dass sie einige seiner Songs spielten: „Das war für beide Seiten aufregend. Das erste Mal, dass sie in der Tonart Es spielten, war, als sie meinen Song ‚Outa Space‚ spielten, und sie waren begeistert. Als ich diesen Song in der Show spielte und anfing zu tanzen, kam Mick Jagger heraus und jagte mich über die Bühne, und er hatte so eine Vorrichtung, mit der er sich über das Publikum schwang.“ (Mees van Ditzhuyzen)
Billy Preston – Schlüsselelement für den Stonessound
Preston ist an zahlreichen Alben der Stones beteiligt. Er war ein „nicht zu vernachlässigendes Schlüsselelement bei der Entwicklung des Stones-Sounds, sowohl bei den Aufnahmen als auch bei den Tourneen“, meint der Musikjournalist Marshall Bowden. Zu den Alben gehören die beiden absoluten Juwelen Sticky Fingers und Exile on Main Street, die neben Beggars Banquet und Let it Bleed für mich zum besten zählen, was die Stones auf Platte gemacht haben. Auf Sticky Fingers ist Preston bei den Titeln Can’t you hear me knocking und I got the Blues zu hören. Auf Exile on Main Street ist es nur ein Titel, der dafür als Meilenstein gelten darf: Shine a light. „Eine echte Offenbarung, ein Diamant am Ende des langen, müden Weges, der Exile on Main Street ist“, schreibt Marshall Bowden. „Preston gibt sofort den Ton an, indem er Jaggers Gesang mit einem deklamatorischen Blues/Rock-Piano und einer beruhigenden Gospel-Orgel unterlegt, die direkt aus seinen frühen Jahren mit Mahalia Jackson stammt.“ (New Directions in Music)
Billy Preston: Funky Sounds auf dem Hohner Clavinet
Meist teilt sich Preston die Keyboardarbeit mit Nicky Hopkins, der am Klavier sitzt, während Preston die Hammondorgel bedient. Goat’s Head Soup und It’s Only Rock ’n Roll zähle ich eher zu den ephemeren Werken der Stones, aber das liegt sicher nicht an Prestons Keyboardspiel. Auf Goat’s Head Soup erweist er sich als Meister des Hohner Clavinet. Man höre sich die Stücke 100 Years Ago und Doo Doo Doo Doo Doo (Heartbreaker) an. Das Clavinet und ein Motown-inspiriertes Piano ist auch beim nachfolgendem Album It’s Only Rock ’n Roll zu hören bei Ain’t Too Proud to Beg.
Das 1976er Album Black and Blue steht bei vielen Stones-Fans nicht besonders hoch im Kurs. Ich gebe gerne zu: Ich mag es. Billy Preston durfte sich hier ordentlich austoben: Auf dem Funk-Opener Hot Stuff, dem Rocktitel Crazy Mama und Memory Motel. Bei Melody steuert Preston atmosphärisches Barpianospiel bei und singt gemeinsam mit Mick Jagger. Ebenso beim Song Hey Negrita.
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Das Wurlitzer E-Piano auf Miss You auf dem Album Some Girls spielte zwar Ian MacLagan, aber das Stück entstand beim gemeinsamen Jammen von Mick Jagger und Billy Preston während der Proben für die El Mocambo Club-Gigs im März 1977. Auch bei späteren Stones-Alben sind Prestons flinke Finger im Spiel: So bei Tattoo You, einem der inspirierteren Stones-Alben aus den 80ern und bei Bridges to Babylon aus dem Jahr 1997.
You are so beautiful – ein Hit für Joe Cocker
Die Songwriter-Qualitäten Billy Prestons unterstrich das Album The Kids and Me, das 1974 erschien. Es enthielt neben der Hit-Single Nothing for Nothing auch den Song You are so beautiful, den Preston als Hommage an seine Mutter komponiert hatte. Noch im selben Jahr spielte Joe Cocker eine langsamere Coverversion dieses Liedes für sein Album I can stand a litte Rain ein. Der Song erreichte Platz 5 in den Billboard Hot 100 und wurde Cockers größter Solo-Hit.
Auch Stephen Stills hat Billy Preston einmal Glück gebracht. Beide hatten sich auf einer Party der kalifornischen Laurel Canyon-Szene kennengelernt. Stephen fragte, ob er wohl eine bekannte Gesangslinie von Preston übernehmen dürfte: Love the One You’re With. „Kein Problem“, antwortete Billy Preston in seiner gutmütigen Art. „Also nahm ich die Phrase und schrieb einen Song um sie herum. Es ist ein Gute-Laune-Song, einfach ein bisschen Spaß“, erinnerte sich Stephen Stills später. Das Album Stephen Stills erreichte Platz 3 der LP-Charts, die Single Rang 14 und ist bis heute sein größter Hit. Credits hat Billy Preston dafür allerdings nicht bekommen. (Far Out Magazine)
Billy Preston und der TONTO-Synthesizer
Interessant ist das nachfolgende Album It’s my pleasure, bei dem Stevie Wonder auf zwei Tracks Mundharmonika spielt, das vor allem aber Prestons neuen Synthesizerlastigen Stil zeigt. Dafür hatte er sich zwei Spezialisten ins Team geholt: Malcolm Cecil und Robert Margouleff. Sie hatten 1968 in New York das Riesenmodularsystem TONTO gebaut und in den folgenden Jahren ständig weiterentwickelt. TONTO steht für The Original New Timbral Orchestra, bestand aus halbkreisförmig angeordneten 1,80 hohen Kabinetten und wurde als The Worlds largest Synthesizer bezeichnet. Der Jim hat einen großartigen Artikel über dieses System geschrieben, das auf zwei Moog Modularsystemen IIIc basiert und u. a. durch Module von Serge, ARP und Oberheim stark erweitert wurde. Heute ist das TONTO-System im National Music Center in Calgary zu bewundern. In einem Interview mit Preston bleibt es etwas im Unklaren, ob Preston mit dem TONTO-System wirklich happy war: „Ich hatte mit Bob und Malcolm zusammengearbeitet, als sie mit Stevie Wonder bei Record Plant arbeiteten und ich mein letztes Album machte. Sie luden mich ein, das TONTO-Instrument mir genauer anzusehen, aber ich bekam es nie zusammen.“ (Best Classic Bands)
Wo ist das Elfenbeingeklimper geblieben?
Die Kritik reagierte auf Prestons elektronischen Stil teils etwas ratlos: „Das erste Hören von Prestons neuem Werk ist befremdlich, ein bewusster Schritt in Richtung Elektronik, der das bekannte Preston’sche Elfenbein-Geklimper ersetzt, mit nur wenigen Hinweisen auf sein patentiertes Orgelspiel. Diese LP ist eine neue Reise für Preston, der Gesang, akustisches Klavier, Clavinet, Fender Rhodes und TONTO (The Original New-Timbrel Orchestra) beisteuert.“ (Best Classic Bands) Billy Preston ließ sich dadurch nicht verunsichern. Insgesamt war er mit dem eingeschlagenen Weg zufrieden: „Ich habe das Gefühl, dass mein Sound reifer und entspannter geworden ist. Ich bin glücklicher. Ich hatte keine Angst, mich von dem zu entfernen, was ich die letzten Male gemacht habe. Ich bin auf der Suche nach neuen Bereichen. Dank Bob und Malcolm kann ich endlich eine gültige Situation schaffen, in der das Klavier wie ein Klavier klingt. Das ist das Beste, was ich bisher gemacht habe. Die Bläser überlagern die Musik nicht mehr wie früher. Das bin ich im Jahr 1975.“ (Best Classic Bands)
Ein fragwürdiger Film und Zusammenarbeit mit Syreeta Wright
Billy Preston wirkte auch verschiedentlich in Filmproduktionen mit. So trat er 1978 neben Peter Frampton und den Bee Gees in der Jukebox-Musikkomödie Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band auf, bei der Michael Schultz Regie führte. Offensichtlich hatte man gehofft, an den Erfolg von Produktionen wie Saturday Night Fever und Grease anschließen zu können. Der Film spielte nur einen kleinen Gewinn an der Kinokasse ein und wurde von den Kritikern gnadenlos versenkt: „Ich dachte, Sie würden gerne wissen, dass die Beatles (die Band, die Sie all die Jahre kannten) in diesem kitschigen, aggressiv-skurrilen Fantasy-Film, der ganz sicher kein Nervenkitzel ist, nicht gut aufgehoben sind.“ (Rotten Tomatoes)
1977 beendete Billy Preston seine Zeit bei A&M-Records mit dem Album A whole new thing. Titel wie Disco Dancin zeigten einen neuen Trend in Prestons Musik an. Obwohl Billy Preston seinen Zenit als Solo-Künstler überschritten hatte, wurde er von Motown unter Vertrag genommen. Das Album Late at Night von 1979 enthält einen Überraschungshit: With you I’m Born again – ein Duett mit Syreeta Wright, die erstmals auf seinem Album It’s my Pleasure gesungen hatte. Daraus ergab sich eine engere Zusammenarbeit. Billy Preston wirkte 1980 auf dem 4. Soloalbum der Künstlerin Syreeta mit und 1981 erschien das Duettalbum Billy Preston & Syreeta auf Motown. Es konnte noch einmal in USA und Großbritannien moderate Chartpositionen erklimmen.
Billy Preston – Rückzug mit Synthesizern
In den 80er-Jahren wurde es ruhiger um Billy Preston. In einem Interview von 1985 wird ihm ziemlich auf den Zahn gefühlt: Was ist aus der tollen Zusammenarbeit mit Syreeta geworden? „Das ist meine Liebste, sie ist großartig…Wir würden gerne wieder etwas zusammen machen, aber im Moment versuchen wir beide, unsere Karrieren voranzutreiben. Wenn man zu viel zusammen macht, denken die Leute manchmal, dass man eine feste Beziehung hat.“ Ja und was ist mit Ray Charles? „Das ist mein Idol, Mann. Wir haben Pläne, etwas zusammen zu machen, aber die Zeitpläne sind wieder einmal so schwierig zu gestalten. Aber so bald wie möglich, werden wir uns treffen.“ Der Reporter lässt nicht locker, Musikjournalisten können manchmal schon echt penetrant sein. Er will wissen, warum gar keine Superstars mehr auf Prestons Platten auftreten, so wie früher Stevie Wonder, The Crusaders oder Joe Walsh. „Irgendwann werde ich so etwas machen, aber auf meinem letzten Album habe ich mich darauf konzentriert, das Meiste selbst zu machen. Mit dem Synthesizer und allem, was dazugehört, braucht man nicht wirklich viele Musiker.“ (Mees van Ditzhuyzen)
Billy Preston und die Dämonen der Vergangenheit
Ganz weg vom Fenster war Billy Preston nicht. Er legte den Schwerpunkt auf die Arbeit mit R&B-Künstlern wie Luther Vandross, Patti Labelle und Whitney Houston und trat 1989 Ringo Starrs All-Starr Band bei. Langsam aber zeigten sich bei Preston die gesundheitlichen Folgen eines langen Drogenkonsums. Alkohol, Kokain, später auch Crack. Damit versuchte Preston vermutlich verschiedene traumatische Erlebnisse zu verdrängen. Die Quelle hierfür ist eine von Rick Wakeman moderierte Dokumentation auf BBC 4, die Interviewausschnitte mit Billy Prestons Managerin und Vertrauten Joyce Moore enthält. Ihren Angaben zufolge wurde Preston als Neunjähriger während einer Tourneeproduktion von Andy ’n‘ Amos von einem Mitglied der Gruppe missbraucht. Preston vertraute sich seiner Mutter an, die ihm aber keinen Glauben schenkte. Ein anderes Erlebnis, das ihn später tief verletzen sollte, trug sich Anfang der 70er-Jahre zu, als er mit der Schauspielerin Kathy Silva verlobt war. Damals war Preston an dem bahnbrechenden Album There is a riot going on von Sly and the Family Stone beteiligt und hatte sich eng mit Sly Stone befreundet. Bis er Sly mit seiner Verlobten im Bett erwischte. Die beiden heirateten später sogar ziemlich spektakulär auf der Bühne des Madison Square Garden. Laut Managerin Joyce Moore habe sich Preston sich damals von den Frauen abgewandt. (Far Out Magazine) Keith Richard schreibt in seiner Autobiographie Life: „Er war zu einer Zeit schwul, als niemand offen schwul sein konnte, was sein Leben zusätzlich erschwerte. Billy konnte die meiste Zeit ein Spaßvogel sein, aber manchmal geriet er auch in Rage. Ich musste ihn einmal davon abhalten, seinen Freund in einem Aufzug zu verprügeln.“ Seine starke Religiosität machte es für Preston zusätzlich schwer, mit seiner Homosexualität unverkrampft und ohne Schuldgefühle umzugehen. Er hat sich nie öffentlich geoutet.
In den 90er-Jahren hatte Preston mehrere Verfahren wegen Trunkenheit am Steuer und Drogenbesitz am Hals. Er wurde selbst wegen Missbrauchs angezeigt, wobei diese Vorwürfe später aber fallengelassen wurden. Preston hatte chronische Geldprobleme. 1992 wurde er wegen Versicherungsbetrugs angeklagt, weil er sein eigenes Haus in Los Angeles angezündet haben soll. Preston wurde unter Hausarrest gestellt, musste Entziehungskuren machen und verbüßte schließlich 1998 eine Gefängnisstrafe. Im Aval State Prison leitete er den Chor und spielte zum Sonntagsgottesdienst die Orgel. Preston hat die Strafe angenommen und fühlte sich geläutert: „Man nimmt das Bittere mit dem Süßen und ich muss sagen, der Glaube ließ mich weitermachen.“
Billy Preston startet zum Millennium noch einmal durch
Nach dem Gefängnisaufenthalt war Preston tatsächlich drogenfrei und startete musikalisch noch einmal durch. So trat er im Film Blues Brothers 2000 auf und spielte in der Band von Eric Clapton. Als sein langjähriger, ihm eng verbundener Freund George Harrison Ende 2001 starb, ehrte ihn Billy Preston beim Concert for George. Das von Eric Clapton organisierte Konzert fand im November 2002 in der Londoner Royal Albert Hall statt. Preston lieferte eine gefeierte Gospelversion von My Sweet Lord, interpretierte gemeinsam mit Eric Clapton Isn’t it a pity und spielte während der Show die Hammondorgel.
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Auch als Session-Musiker war Preston wieder gefragt. Er spielte auf Alben von Elton John, Joni Mitchell und Neil Diamond. Auf Johnny Cashs American IV: The man comes around – von der Kritik als eines der wichtigsten Alben der 2000er Jahre gefeiert – ist Preston bei Personal Jesus und Tear-stained Letter der Mann am Klavier. Preston geht sogar nochmal auf Tournee mit Steve Winwood in Europa und Eric Clapton in Europa und den USA. Überschattet wurde dies durch seinen sich verschlechternden Gesundheitszustand. Vor allem seine Nieren waren schwer geschädigt und auch eine Nierentransplantation konnte ihm nicht helfen. Preston musste ständig zur Dialyse. Trotzdem verlässt er schwerkrank das Bett, um für das Red Hot Chili Peppers-Album Stadium Arcadium auf dem Song Warlocks Clavinet zu spielen. The Road to Escondido von Eric Clapton und J.J. Cale ist das letzte Album, an dem Preston beteiligt ist.
Billy Preston – einer der größten Keyboarder aller Zeiten
Nach einer Herzbeutelentzündung fällt Billy Preston Ende 2005 ins Koma, aus dem er nicht mehr erwachen soll. Er stirbt am 6. Juni 2006 in Scottsdale, Arizona. Zu seiner Beerdigung auf einem Friedhof in Inglewood bei Los Angeles erschienen viele Musikgrößen, darunter Joe Cocker und Litte Richard, der sagte, niemand habe so gut Klavier gespielt wie Billy Preston. Bei der Zeremonie wurden Briefe mit Abschiedsworten von Paul McCartney, Eric Clapton, den Rolling Stones und anderen Musikern vorgelesen. Stones-Sänger Mick Jagger würdigte Preston als „fantastischen und begabten Musiker, einen hervorragenden Sänger im Studio wie auf der Bühne. Ich werde ihn sehr vermissen.“ Die Jazz-Sängerin Natalie Cole sagte, sie habe immer wieder gerne mit Preston zusammengearbeitet. «Er ist mein Lieblings-Keyboarder aller Zeiten.“ Auch Elton John meldete sich zu Wort: Preston sei „eine meiner wahren Inspirationen gewesen, einer der größten Keyboarder aller Zeiten und auch kein schlechter Sänger“ Und seine langjährige Managerin und Vertraute Joyce Moore erinnerte daran, dass Preston nicht nur ein begnadeter Keyboarder war, sondern er habe vor allem auch „das wundervollste Herz“ gehabt.
Als Billy Preston 2022 von Ringo Starr in die Rock & Roll Hall of Fame aufgenommen wird, war auch der andere noch lebende Beatle dabei: Sir Paul McCartney. Beim Abschluss-Jam Get back kamen auch Dave Grohl and The Foo Fighters und The Go-Go’s dazu. Die Ehrung war überfällig, wie auch Joyce Moore anmerkte „Es ist ein großer Moment in der Musik- und Kulturgeschichte für Billy Preston. Für mich und diejenigen von uns, denen Billy nahe stand, ist es leider bittersüß, weil er nicht hier ist, um die Freude zu erleben, wie sich das alles entfaltet.“ (2911Media)
Mittlerweile erfährt Billy Preston endlich die Würdigung, die er verdient hat. Dabei kommt vor allem auch Peter Jacksons Film ein großes Verdienst zu. Auf die Frage, ob es neben der Musik noch ein anderes Leben für ihn gäbe, hat Billy Preston einmal geantwortet: „Nein. Musik ist mein Leben. Ich spiele, seit ich drei Jahre alt bin. Ich habe nie in einem anderen Beruf gearbeitet, ich kenne nichts anderes als Musik.“
danke für dieses ausfürliche geschichte über billy preston.
seine verdienste (nicht nur für die alben der beatles)
kann man nicht genug würdigen.
Herrlich Mr. C. ! Nothing from Nothing und I’m never gonna say goodbye sind bei mir gleich neben Booker T & MSG zu finden.
@TobyB Du hast halt einen guten Musikgeschmack lieber Toby! 😊
@costello Die einen sagen so, die anderen so! :-) Ich glaube Billy Preston hätte einen Produzenten und Label gebraucht der ihn durch die Achtziger und Neunziger begleitet hätte. Und Motown und A&M waren jetzt auch nicht eben dafür bekannt mit den Künstlern zimperlich umgegangen zu sein. Nothing from Nothing möchte man erstmal spielen können und dann noch Luft zum singen. Dagegen ist die Randy Newman Version „nicht gut“.
Danke für die kurzweilige Lektüre, Costello. Billy Preston war echt ein Ausnahmetalent. Das wurde durch Peter Jacksons Get Back Doku sehr deutlich. Da gab es einen klaren qualitativen Aufschwung als er dazu stieß! Viel mehr als von seinen Beatles und Stones Mitwirkungen wusste ich gar nicht über ihn. Wieder was gelernt.
Danke für den informativen Beitrag.
Schöner Artikel ! Mal wieder. Nur das mit den „tief zerstrittenen Beatles“ bei den Get Back Sessions halte ich mittlerweile für einen Mythos. Ganz sicher gingen sie sich auf die Nüsse, keine Frage, aber die Jackson Doku hat da vieles in ein ganz anderes Licht gerückt. Richtig zur Sache ging es eigentlich richtig erst, als Alan Klein aufgetaucht ist und diese 3:1 Situation sich immer weiter manifestiert hat, dazu eine gehörige Portion Paranoia, Heroin, unverarbeitete Kindheitserlebnisse, eine Japanerin, die auf den Verstärkern sitzt und George die Kekse wegmampft (und wahrscheinlich alles vollgekrümelt hat). Aber nebenbei noch mal ein Album für die Ewigkeit hinlegen….. Zu Billy Preston habe ich aus der Stones Ecke auch irgendwo mal eher negative Schwingungen vernommen, so nach dem Motto komm mal wieder runter, WIR sind die Stones, WIR machen die Musik….
Jetzt habe ich mich extra registriert, um eine Dankeschön zu schreiben. Sehr interessanter und gut geschriebener Artikel. Billy Preston ist mir erst seit der Peter Jackson Doku über die Beatles bekannt und es war eines der coolen Momente, als er vorbei kam, gute Stimmung herbei zauberte und sofort den Songs neuen Glanz gab.
@Boris Danke lieber Boris, dass Du Dich eigens bei Amazona angemeldet hast, um ein Feedback zum Billy Preston-Artikel zu geben. 🙂 Leider scheint kaum ein Leser hier Billy Preston auf dem Schirm zu haben, was schade ist, weil er wirklich ein toller Keyboarder ist. Er hat die Alben der Beatles und Stones echt bereichert.