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Feature: Was ist Funk? Eine Geschichte von James Brown bis Vulfpeck – Teil 1

Die Entstehung des Funk - eine Reise von James Brown bis Vulfpeck - Teil 1

26. Dezember 2021

Viersen, Germany - May 9. 2021: Closeup of isolated the j.b. s funk soul band vinyl record cover

Die unglaubliche Vielfalt in der weiten Landschaft der Genres erfüllt unseren Planeten mit den verschiedensten Klängen. So unterschiedlich die Stile sind, so unterschiedlich ist auch der Geschmack jedes Hörers und doch schafft Musik immer wieder das, was viele(s) andere nicht schafft: Sie verbindet Menschen verschiedenster Herkünfte, Altersstufen oder Berufsfelder.

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Musik „verbindet“ Menschen, Menschen „verbinden“ Musik. Aus verschiedenen Einflüssen ergeben sich schon seit Jahrhunderten immer wieder neue Musikstile. Durch das Experimentieren mit technischen Neuerungen, wie beispielsweise elektrischen Instrumenten, neuen Bauweisen oder nicht zuletzt den Einsatz des Computers und diverser Software, öffnet sich dieses Feld auch heute noch immer weiter und bietet Jahr für Jahr neue Möglichkeiten. Entsprechend gibt es dieser Tage, u. a. durch das Internet, mehr Musik denn je und die permanente Möglichkeit darauf zugreifen zu können. Die Frage, ob das nun Fluch oder Segen ist, würde den Umfang dieses Artikels sprengen – Fakt ist aber: Die Möglichkeit sich durch anderer Menschen Musik inspirieren zu lassen, ist im Jahr 2021 einfacher gegeben denn je!

Das Thema dieses Textes beginnt aber nicht in der Gegenwart, sondern Mitte des 20. Jahrhunderts. Genauer gesagt im Amerika der 1960er-Jahre. Die Musikwelt erlebt eine gewaltige Popularität und eine neue Dimension der Verbreitung durch die „neuen“ Medien: Radio und (später) Fernsehen. Künstler suchen nach immer neuen Wegen und verbinden die unterschiedlichsten Einflüsse miteinander. In diesem Fall entwickelt sich ein neues Genre aus Soul, Rhythm & Blues und Jazz: Der Funk ist geboren. Eine Musikrichtung, die den Rhythmus weiter in den Fokus stellt als die meiste populäre westliche Musik zuvor.

Im Folgenden soll nun die Entstehung sowie die Entwicklung des Funk skizziert und an Beispielkünstlern der Ursprünge wie James Brown oder Sly Stone über Ikonen wie Earth, Wind & Fire oder Tower Of Power bis hin zur Gegenwart mit Acts wie Vulfpeck oder Cory Wong in analytischen Skizzen vergleichend dargestellt werden. Neben musikalischen Faktoren soll auch der mit dem Funk verbundene (Life-) Style grob umrissen und in Kontext gestellt werden. In diesem Sinne:

„People Get Up And Drive Your Funky Soul!“ – James Brown

1. Der Funk

Mit dem Aufkommen dieser neuen Stilistik geschieht etwas grundlegend Neues in der populären Musik. Erstmals rückt in einem kommerziell erfolgreichen Genre der Rhythmus weiter in den Vordergrund der Songs als jemals zuvor. Die überwiegend auf sechszehntel Noten basierten Beats und Grooves arbeiten mit synkopierten Rhythmen, die vor allem von Drums, Bass, Keyboards und Gitarren gespielt werden. Sehr präzise gespielte, „knackige“ Bläser-Sections (meist Trompete(n), Saxophon(e), Posaune(n)) ergänzen oftmals den Sound und zeichnen ein musikalisches Bild, das die Musikwelt aufrüttelt und neu befeuert. Durch die Einflüsse aus Genres wie Gospel und Rhythm ‘n‘ Blues sowie durch ausgebildete Jazzmusiker, wie beispielsweise Pee Wee Ellis (James Brown, Van Morrison, Blood, Sweat & Tears etc.) oder Maceo Parker (James Brown, Prince, Dennis Chambers etc.), entsteht eine Musik, die sowohl Musiker anspricht, als auch durch die treibenden Beats den „Durchschnittshörer“ zum Tanzen anregt. Auch dem Funk liegt, ähnlich wie dem Blues oder R’n‘B, der Einfluss der afroamerikanischen Bevölkerung Amerikas zugrunde. Sie brachten die verschiedenen Einflüsse zusammen und inspirierten sich gegenseitig zu neuen Entdeckungen. Nicht zuletzt die Ikonen James Brown, Sly Stone, Betty Davis und später George Clinton (P-Funk) etablierten und prägten die neue Stilistik, wie niemand anders.

Auch ein gewisser Lifestyle und Mode werden stark vom Funk geprägt. Die Bühnenshows von Funkbands waren voll von Uniformen bis hin zu bunten, farbenfrohen „Schlabber-“Outfits. Die z. T. extravaganten Auftritte läuten eine neue Ära von Performance bei Live-Konzerten ein.

Aber auch der Funk wurde später wiederum mit anderen Stilen vermischt und entwickelte sich weiter. So berufen sich viele Musiker aus beispielweise der Disco-Ära auf ihre Funk-Wurzeln oder Funk-Musiker. Es entstehen Hip-Hop, Electro-Funk, Funkrock oder diverse Crossover-Genres.

Im Folgenden werden einige Ikonen der Geschichte dieser Stilistik kurz biographisch vorgestellt, gesellschaftliche Entwicklungen skizziert sowie musikalische Aspekte in analytischen Skizzen beleuchtet. Hierzu wurden von den vorgestellten Künstlern jeweils die Songs ausgewählt, die auf  der Streaming-Plattform Spotify auf den oberen Stellen stehen (höchste Aufrufzahl).

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1.1.1 James Brown – The Godfather of Soul

Der Godfather of Soul James Brown wurde am 03.05.1933 in Barnwell, South Carolina geboren und wuchs nach der Trennung seiner Eltern bei seiner Tante Honey (in einem Bordell in Augusta, Georgia) auf. Trotz der Armut seiner Familie hatte Brown einen enormen inneren Antrieb, etwas Großes zu erreichen. Der junge Sänger war fasziniert von Gospel, Big Band Swing und Rhythm ‘n‘ Blues Musik. Nach seiner Festnahme im Alter von 16 Jahren wegen Diebstahls, lernte er im Gefängnis den Sänger Bobby Byrd kennen und gründete mit ihm „The Famous Flames“ mit denen er viel tourte. Im Alter von 29 Jahren hatte er seinen Durchbruch mit dem legendären Konzert „Live At The Apollo“. Viele populäre Musiker wie Iggy Pop oder Rick Rubin berufen sich auf diese Aufnahme. (Später sollte Brown nach Harlem zurückkehren, um seine Fans dort zu besuchen, wo alles anfing. Auch seine Trauerfeier wurde im Apollo Theater abgehalten.) Sein späterer Drogenkonsum führte zu weiteren Verhaftungen. Brown war mehrfach verheiratet und wurde wegen häuslicher Gewalt verurteilt. Über die Ursachen seines Todes nach einem Prostatakrebs- und Diabetesleiden sowie erneutem Drogenkonsum und möglicher Fremdeinwirkung kursieren diverse Meinungen. Die offizielle Version besagt, er sei am 26.12.2006 im Emory Crawford Long Hospital in Atlanta, Georgia an einem Herzversagen verstorben. Gerüchte über Mord wurden bisher nicht bewiesen.

Das Werk und die außergewöhnliche Musikalität des Sängers, Songwriters, Bandleaders und Produzenten sind unanfechtbar. Er schaffte Musik, die es so nie zuvor gegeben hatte. Browns Perfektionismus und Streben nach einem gesamtheitlichen Bandapparat führte zu einer Einheit, die ohne ihn – ein oft gnadenloser Bandleader – in dieser Form nicht entstanden wäre. Seine 1970 gegründete Band „The JB’s“ mit namhaften Musikern, wie Bootsy Collins (b), Maceo Parker (sax), Fred Wesley (trbn) oder Bobby Byrd (voc, org) setze neue Maßstäbe in Sachen Groove und Arrangement.

Mit Hits wie „I Got You“ oder „Get Up, (I Feel Like Being A) Sex Machine“ wurde James Brown zur Legende. Er erhielt mehrere Grammy Awards und ist seit 1986 Teil der Rock ’n‘ Roll Hall Of Fame.

 

1.1.2 James Brown – „Get Up, I Feel Like Being A Sex Machine, Pts 1 & 2“

„Get Up I Feel Like Being A Sex Machine“ basiert auf einem für Funk und James Brown typischen Konzept. Im Mittelpunkt stehen die Vocals und ein kaum variierter Groove, der wie eine Lokomotive stetig weiterfährt und den Hörer mitzieht. Erste wenige Änderungen kommen erst im letzten Drittel des Songs vor. Der Fokus liegt damit klar auf der Rhythmik. Harmonisch passiert nicht viel. Erst mit „Let’s take it to the bridge“ wechselt der Akkord von der ersten zur vierten Stufe, um danach wieder zurückzufallen. Spielerisch erklingt hier höchstes Niveau. Die Einheit aus Drums, Bass und Gitarre ist legendär. Einzelne kurze Solophrasen des Klaviers sowie Hornkicks an ausgewählten Formteilwechseln setzen kleine Akzente. Auffallend ist das Wechselspiel der beiden Stimmen. Die Produktion hat einen natürlichen Hallraum, ist klar sortiert, aber man hört dennoch die, nach heutigem Standard, noch in den Anfängen steckende Studiotechnik. Der Sound ist dennoch nicht störend, sondern wirkt einladend sympathisch und passt zur handgemachten Musik.

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Von Heinrich Klaffs – originally posted to Flickr as James Brown Live 1702730029, CC BY-SA 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=12311816

1.2.1 Sly & The Family Stone – Sylvester Stewart

Gegründet im Jahr 1966 vom, am 15.03.1943 in Denton, Texas geborenen Sänger, Songwriter und Produzenten Sylvester Stewart, alias Sly Stone, wurden Sly & The Family Stone neben James Brown wohl die bekannteste und einflussreichste Band aus den Anfängen des Funks. Ihren Durchbruch feierten sie 1969 auf dem Woodstock Festival in White Lake, Bethel, NY. Die Besetzung aus schwarzen und weißen Frauen und Männern (was zur damaligen Zeit ungewöhnlich war und ein Zeichen setzen sollte) war enorm energiegeladen und brachte einen frischen Sound auf die Bühne. Sie beeinflussten viele Menschen v. a. der Hippie-Generation. Im Gegensatz zu James Brown war neben Soul und Rhythm ’n‘ Blues auch Rockmusik ein Teil des Klangkörpers von Sly & The Family Stone.

Sylvester Stewart wuchs mit seinen vier Geschwistern als Sohn einer afroamerikanischen Familie auf und war Teil der Church Of God In Christ (COGC). Mit acht Jahren nahm er mit drei seiner Geschwister als „Stewart Four“ eine Gospel-Single auf. Als Multiinstrumentalist spielte er in verschiedenen Schulbands Mitte der 1950er-Jahre und erarbeitete sich in den folgenden Jahren Fähigkeiten im Bereich Komposition und Musiktheorie. Nach einigen Jahren vereinte er seine Band mit der seines Bruders Freddie: Die Geburtsstunde von Sly & The Family Stone. Ähnlich wie bei Brown kombiniert auch er Einflüsse verschiedener Genres, wie Soul, Jazz, Pop und Rock zu einer eigenen musikalischen Sprache. Nach diversen Gesetzeskonflikten, u. a. durch seine Drogensucht, schmälerte sich seine Popularität Ende der 1970er-Jahre. Mit Songs wie „Underdog“, „Dance To The Music“ oder „I Want To Take You Higher“ erklomm die Band die Charts und bescherte vielen Fans langlebige Erinnerungen. Sly selbst erlebte viele Hochs und Tiefs, nicht zuletzt wegen seiner immer wiederkehrenden Drogensucht und den damit einhergehenden Problemen mit der Justiz. 2008 wurde er vom Rolling Stone Magazin auf Rang 78 der TOP 100 Sänger und 2015 auf Rang 42 der Top 100 Songwriter aller Zeiten gewählt. Seinen bisher letzten Live-Auftritt hatte er am 23.08.2015 in Red Bank (New Jersey) mit ehemaligen Mitgliedern von Sly & The Family Stone.

Sylvester_Stone

Von Chris Hakkens – https://www.flickr.com/photos/chris_hakkens/3610629440/, CC BY-SA 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=8757845

1.2.2 Sly & The Family Stone – „If You Want Me To Stay“

Der Song wird von Bass, HiHat, Kick, Klavier und Vocals eröffnet bevor Drums, Orgel und Horns einsteigen. Die Vocals bleiben überwiegend einstimmig. Der Mix ist sehr trocken gehalten und recht dicht. Man merkt die Experimentierfreude und gleichzeitig auch hier noch die frühen Jahre der Produktion. Die Ausgeglichenheit ist nach heutigem Standard nicht gegeben. Orgel und Klavier überdecken bzw. maskieren immer wieder die Vocals. Dennoch ist auch hier die Authentizität großgeschrieben und 100 % gegeben.

 

2. Die Entwicklung des Funk

Durch die Weiterentwicklung neuer Produktionsmethoden ändert sich auch der Sound der Musik. Immer neue Vorverstärker, Equalizer, Kompressoren und auch das sich aufbauende Wissen um den entsprechenden Einsatz dieser Geräte beeinflussen maßgeblich die Musikindustrie und inspirieren Künstler:innen. Gerade die 1970er- und 1980er-Jahre sind stark geprägt von den technischen Neuerungen und das spiegelt sich beispielsweise durch immer mehr, große Tonstudios mit Highend-Technik wider. Bereits in den 1960er-Jahren experimentierte Studiolegende Phil Spector mit „Wall Of Sound“.

Spätere Produzenten nutzen die immer vielfältigeren Möglichkeiten, um über die Instrumentierung hinaus das Studio als Werkzeug zu nutzen, das nicht nur aufnimmt und auf Band presst, sondern den Klang färbt, (bewusst) verfremdet und Sounds entstehen lässt, die bis dato im alltäglichen Musikmachen nicht realisierbar waren. Auch nehmen, durch die immer größer werdenden Mischpulte (bekannte Marken wären beispielsweise NEVE, SSL oder API) und Bandmaschinen (bis hin zum digitalen Engineering), die Anzahl der aufnehmbaren Kanäle und damit die Größe und Detailgetreue in den Produktionen immer weiter zu. Was heute in großen Studios alltäglich ist, wie zum Beispiel ein ganzes Orchester als Klang-Add-on aufnehmen und jedes Instrument einzeln mikrofonieren, war lange Zeit nicht möglich.

Mit dem Einzug der digitalen Technik in den 1980er-Jahren und dem schnellen Fortschritt in der Computertechnik werdenden Produzent:innen und Künstler:innen weitere Möglichkeiten an die Hand gegeben bzw. viele experimentieren mit diesen Techniken und finden neue Wege des Ausdrucks und der Klanggestaltung. Elektronische Instrumente und Sampler nehmen immer mehr Platz ein und läuten die Discoära ein.

Die Klangästhetik der 70er/80er ist tief geprägt von den neuen Produktionsmethoden (und kommt aktuell wieder vermehrt in die Produktionen zurück) und läutet eine neue Ära von Musikproduktion ein.

Soul Party Time. Dancers of soul, funk or disco.

2.1.1 Isaac Hayes – Shaft

„Who is the man that would risk his neck for his brother, man? (Shaft) Can ya dig it?“

„Sophisticated. Smooth. Sexy. There’s no one like Isaac Hayes.“ Diese Worte eröffnen seine Künstlerseite auf der Website der Rock ’n‘ Roll Hall Of Fame, in die er 2002 aufgenommen wurde. Dem müsste man eigentlich nichts hinzufügen. Dennoch: Der Sänger, Songwriter und Schauspieler Isaac Hayes, geboren am 20.08.1942 in Covington, Tennessee, legte den Grundstein für Rap und Hip-Hop und engagierte sich für die afroamerikanische Bürgerrechtsbewegung in den USA. Nach dem Tod seiner Mutter verschwand sein Vater und Hayes wuchs bei seinen Großeltern auf. Nach ersten musikalischen Gehversuchen im Gospelchor und Schulorchester kam er im Alter von 24 Jahren als Keyboarder, Komponist und Produzent bei Stax Records unter und komponierte für und tourte mit Künstlern wie Otis Redding oder Carla Thomas. Nach seinem Debut als Solokünstler 1967 schaffte er zwei Jahre später den kommerziellen Durchbruch mit „Hot Buttered Soul“ bzw. internationalen Erfolg mit dem Titelsong „Theme From Shaft“. Als erster Afroamerikaner erreichte er mit dem Album des Soundtracks Platin-Status. Er gewann diverse Auszeichnungen, wie etwa den Oscar, den Golden Globe, zwei Grammys etc.

Nach dem Konkurs seines Labels Stax und einem damit verbundenen enormen finanziellen Verlust hatte Hayes Auftritte als Schauspieler in namhaften Filmen wie „Die Klapperschlange“ oder Serien wie “Das A-Team“. Später arrangierte er Alben und spielte beispielsweise für die Sängerin Alicia Keys. Im Alter von 65 Jahren, am 10.08.2008, verstarb der Künstler in Memphis an einem Schlaganfall. Auch Isaac Hayes wurde vom Rolling Stone in die Liste der besten Songwriter aller Zeiten gewählt. Er belegt Platz 75.

Das Engagement und die Fürsprache des „Black Moses“ in der afroamerikanischen Bürgerrechtsbewegung entsprachen James Brown Botschaft: „I’m black and I’m proud“ und gab vielen Menschen Kraft und Durchhaltevermögen.

Isaac_Hayes_2

Von William Henderson darkfiber22 – fragment of this photo, CC BY 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=4300916

2.1.2 Isaac Hayes – „Theme From Shaft“

Das legendäre Intro dieses Songs prägte nicht nur eine Generation. HiHat und eine mit Wahwah-Pedal gespielt E-Gitarre eröffnen das Thema des Films Shaft. Es folgt ein Piano, dann eine weitere E-Gitarre, Orgel und Querflöte. Später setzen weitere Bläser und Streicher ein, bevor die komplette Rhythmusgruppe hinzukommt. Die ersten 2 Minuten des Songs sind eine große „Ramp“, die sich immer weiter steigert und Spannung aufbaut, bis schließlich der Groove losfährt und Isaac Hayes zu singen beginnt. Der Gesamtsound ist im wahrsten Sinne des Wortes orchestral. Neben der großen Bandbesetzung aus Drums, Percussions, Bass, zwei Gitarren, Klavier und mehreren Keyboards ergänzen zahlreiche Bläser, Streicher und Backingvocals das Arrangement. Der Mix ist transparent und weist eine hohe Tiefenstaffelung auf. Es wird gerade am Ende mit Effekten wie Auto-Panning gearbeitet (die Wahwah Gitarre wandert von rechts nach links im Stereobild hin und her).

 

2.2.1 Earth, Wind & Fire – September

Die amerikanische Funk-/Motownband Earth, Wind & Fire setzte auch neue Maßstäbe in der Entwicklung des Funk und wurde mit Hits wie Boogie Wonderland, In The Stone oder September weltberühmt. Maurice White gründete die (oft 10-köpfig besetzte) Band 1969 in Chicago, Illinois. Die groß besetze Band aus „normaler“ Rhythmsection (Drums, Bass, Gitarre, Keyboards) wurde ergänzt durch Vocals (besonders zu nennen ist hier der bemerkenswerte Falsett-Gesang des Leadsängers Philip Bailey) und die „Phenix Horns“, ein Ensemble aus Holz- & Blechblasinstrumenten, die den Sound der Band über die normale Besetzung hinaus erweiterten: Don Myrick (Saxophon), Louis Satterfield (Posaune), Rhamlee Michael Davis und Michael Harris (Trompete). Die Besetzung von Earth, Wind & Fire änderte sich allerdings im Laufe der Jahrzehnte immer wieder. Mit dem Erfolg des von EWF gespielten Soundtracks zu „That’s The Way Of The World“ begann die Hochphase der Gruppe. Optisch machte sich die Band durch bunte, aufwändig designte Bühnenoutfits und choreografierte Tanzschritte der Musiker:innen/Sänger:innen bemerkbar. Mit Hits wie „Shining Star“ (1975), „After The Love Has  Gone“, „September“ (1978) oder „Let’s Groove“ (1981) hinterließ die Band Songs für die Ewigkeit. Die Band veröffentlichte von 1970 bis 2014  21 Studioalben, fünf Live-Alben und zahlreiche Singleauskopplungen. Nach einer vierjährigen Pause (1983 – 1987), in der sich einige Bandmitglieder um ihre Soloprojekte kümmerten, gab die Band ein Comeback mit „Touch The World“. Auf dem 1990 veröffentlichten Album „Heritage“ traten Gäste wie Sly Stone (Sly & The Family Stone) oder MC Hammer auf. Leider floppte die Platte.

Im Jahr 2000 wurde Earth, Wind & Fire Teil der Rock ’n‘ Roll Hall Of Fame. Darüber hinaus gewann die Band zahlreiche Gold-/Platin-Schallplatten und Grammys (z. B. Best R&B Performance). Maurice White trat seit seiner Parkinson-Erkrankung (1998) nur noch selten auf bzw. widmete sich der Band als Sänger und Produzent im Studio. Er verstarb am 03.02.2016 in Los Angeles, California im Alter von 75 Jahren. Die Band tourt aber weiterhin, nimmt Alben auf und genießt nach wie vor weltweiten Erfolg.

Earth,_Wind_&_Fire_(2)

Von Craig ONeal – https://www.flickr.com/photos/craigoneal/4012646514/sizes/l/in/photostream/, CC BY 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=18298241

2.2.2 Earth, Wind & Fire – „September“

Diese Produktion bietet alles, was die damalige Zeit zu bieten hatte. Der Song kommt sehr lässig daher. Bei genauerem Betrachten merkt man aber, dass das Arrangement sehr voll ist. Es eröffnen, Bass, Gitarren, Shaker, Klavier, Percussions, Rhodes und Kickdrum. Dann setzen die kompletten Drums und Horns ein. Nach der ersten Strophe der Leadvocals erklingen Streicher und schließlich der mehrstimmige Satzgesang. Die ineinander geschachtelten Groove der verschiedenen Instrumentengruppen ergeben ein dichten, aber nicht aufdringlichen Klangteppich. Die Produktion ist trotz der hohen Dichte des Arrangements sehr luftig und durchsichtig gemischt. Man hört bei genauerem Hinhören jede Stimme und kann allem gut folgen. Trotz des sehr nach Studio klingenden Sounds, ist auch hier der Gesamtsound kein produzierter oder verfremdeter, sondern ein recht natürlicher Livebandsound.

(Fortsetzung folgt …)

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Forum
  1. Profilbild
    funkapolitan

    Dank für den interessanten Bachelor?Einblick zum Jahresende und die Beleuchtung dieser schönen Musikrichtung! Bin gespannt auf die Fortsetzung!

    Wird Prince, dessen ausgeprägte Funkyness mir lange verborgen blieb, weil sie sich hinter 80er Pop versteckt hielt, noch zwischen alter und Neuzeit erwähnt?
    Oder vielleicht gar ein Wort zu den Funk Gitarristen, die (obwohl so wichtig und stilprägend) erstaunlicherweise namentlich nicht sehr im Vordergrund stehen und die man bzw. ich gar nicht so genau kenne oder benennen kann.

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