Die Entstehung des Funk - Eine Reise von James Brown bis Vulfpeck - Teil 2
„Are you ready? [Crowd cheers] That’s good because we are Tower Of Power! [Band Kick] TOWER! OF! POWER! [on cue Band Kick] And Tower of Power is a soul band, playing soul music, 38 years, this year, [on cue Band Kicks] and from 1968 all the way up until today [on cue Band Kicks] one things remains too for me [on Band Kick with highnote lead trumpet] I still be diggin on James Brown.“
2.3.1 Tower of Power – What Is Hip?!
Mit diesen Worten moderierte Bandleader und Tenorsaxophonist Emilio Castillo den Song „Still Be Diggin On James Brown“ auf Tour an. Er sagt darin alles Essentielle, was man über die Band erfahren muss und verneigt sich zugleich vor einem seiner größten Einflüsse: The Godfather of Funk, Mr. James Brown.
Castillo wurde am 24. September 1950 in Detroit, Michigan als Sohn von griechisch-mexikanischen Eltern geboren und gründete 1968 zusammen mit seinem Saxophonkollegen und Freund Stephen „The Funky Doctor“ Kupka in Oakland, Kalifornien die Funk-/Soulband Tower Of Power. Bereits zwei Jahre später veröffentlichten sie ihr Debütalbum „Easy Bay Grease“. Nach nur fünf Jahren Bandhistorie wurde ToP mit Gold ausgezeichnet für das selbstbetitelte Album „Tower Of Power“. Mit Songs wie „Soul With A Capital S“ oder „What Is Hip?!“ setzte die Band einen neuen Maßstab in Sachen Timing und Tightness. Tower of Power existiert von Beginn an durchgehend, veröffentlicht nach wie vor Alben und tourt durch die Welt.
Die Besetzung änderte sich über die Jahre häufig um den festen Kern aus Camillo & Kupka herum. Der Sound der Band ist geprägt von treibenden, tanzbaren Grooves von Drums (aktuell: David Garibaldi) Bass (aktuell: Francis Rocco Prestia), Gitarre (aktuell: Marc van Wageningen) und Orgel/Keyboards (aktuell: Roger Smith), sowie den gestochen scharfen, z.T. extrem schwer zu spielenden Horn Kicks (Emilio Castillo (ts), Stephen „Doc“ Kupka (bs), aktuell: Tom E. Politzer (ts), Adolfo Acosta (trp), Sal Cracchiolo (trp)) und den Leadvocals (aktuell: Marcus Scott, ehemals: Lenny Williams). Die Band veröffentlichte von 1968 bis 2020 13 Studioalben.
Die Horn-Section der Band erlangte einen eigenen Bekanntheitsgrad auch dadurch, dass sie als Sessionmusiker für weltberühmte Künstler wie Carlos Santana, Elton John, Rod Stewart, Phil Collins oder Toto im Studio gebucht wurden. So sind sie beispielsweise Songs zu hören, wie „Ghetto Blaster“ (Rod Stewart), „Animal“ (Toto), „Tangled And Darf“ (Bonnie Raitt) oder „Lean On Me“ (Michael Bolton).
2.3.2 Tower Of Power – „What Is Hip?!“
„What Is Hip?!“ ist eine klare Liveband-Aufnahme. Die Besetzung spielt den Song im gleichen Arrangement wie auf einem Livekonzert und auch der Mix könnte so ähnlich in einem entsprechenden Liveclub zu hören sein. Die Besetzung aus Rhythmsection (Drums, Bass, Gitarre, Keyboards, Perkussion) wird ergänzt von der Hornsection (Tenorsaxophone, Baritonsaxophon, Trompeten) und natürlich den Lead- und Backing-Vocals. Auffallend ist die für Funk typische 16tel Basis des Grooves, verstärkt durch Bassline, HiHat und Percussions.
Der Mix ist sehr durchsichtig und klar strukturiert, was das dichte Arrangement sehr gut hörbar macht. Auffallend ist, dass die Drums nicht wie üblich aus der Mitte kommen, sondern stark nach links gepannt sind. Die Vocals und der Bass bilden die Mitte mit leicht verteilten Backing-Stimmen. Die Horns nehmen die komplette Stereobreite ein.
3. Gegenwart
Die Vermischung der Stilistiken geht heutzutage, nicht zuletzt durch die unfassbare Menge an Einflüssen durch das Internet, sowie die bereits weit abgegraste Genre-Landschaft beziehungsweise die Auslotung der Grenzen des Möglichen, immer weiter. Der Funk entwickelte sich weiter zu Disco in den 1970er/80er Jahren und erlebt im 21. Jahrhundert wieder ein Hoch. Künstler prägen neue Genres, wie den Neo-Soul – ein Mix aus Funk, Soul, Hip-Hop und Electro – und viele neue Artists etablieren sich mit ihren eigenen Interpretationen und Kombinationen.
Die elektronischen Wege der Klangerzeugung und Klangverarbeitung, sowie die Erfindung und Massenbegeisterung des Live-Loopings (v. a. populär geworden durch die Software Ableton Live) führen zu einer weiteren Generation von Musiker:innen. Solokünstler:innen treten sowohl online als auch im realen Leben auf, spielen alle Instrumente der Produktion hintereinander selbst ein, kreieren eine Klanglandschaft mittels Loops und begeistern tausende Fans. Es entsteht eine Mischung aus Instrumentalist- und DJ-Dasein in der Performance. Immer neue technische Neuerungen und Innovationen lassen das Tätigkeitsfeld und die Möglichkeiten wachsen. Dies befeuert wiederum die Kreativen. Noch wurde das Rad nicht neu erfunden, sondern es folgt ein Revival nach dem Anderen. Nach dem Motto „Alles kommt zurück“ befinden wir uns gerade stilistisch auf einem Wege zurück in die 80er. Auch bei Superstars wie Bruno Mars findet man eindeutige Anleihen an Funk à la Gap Band oder The Jackson 5.
Auch Social Media spielt im Funk des 21. Jahrhunderts eine große Rolle. Musikvideos und der damit einhergehende, nach außen getragene Style ist auf YouTube und Instagram allgegenwärtig und prägt nicht nur eine Generation von Musikkonsument:innen und Künstler:innen. Das neue Format Internet, schafft Möglichkeiten für kleine Künstler sich zu etablieren, bietet neue Formen des Ausdrucks und kreativen Schaffens, macht aber auch die Konkurrenz erheblich größer, da Ländergrenzen, ja sogar Kontinente für jedermann problemlos überwunden werden.
Dennoch: Der amerikanische Markt bleibt als Ursprungsort des Funk ein Platz an dem viel Neues entsteht.
3.1.1 Vulfpeck/Cory Wong – Metronomes are cool
Viel ist über die Mitglieder von Vulfpeck (noch) nicht bekannt. Nichtsdestotrotz, die Band und ihre Mitglieder zählen zweifelsohne zur Elite der derzeitigen Funkszene und genießen sowohl gemeinsam als auch in ihren jeweiligen Soloprojekten hohes Ansehen und eine, v. a. in den USA, große Fanbase. Joe Dart (b) nennt u.a. auch den bereits erwähnte „Rocco“ Prestia (von Tower Of Power) als großen Einfluss auf sein Bassspiel und ist bekannt für technisch und musikalisch herausragende 16tel Linien auf dem E-Bass. Gemeinsam mit Pianist Woody Goss und den Multiinstrumentalisten Theo Katzman und Jack Stratton gründete er 2011 in Ann Arbor an der University of Michigan die Vulfpeck.
Der Mitte der 1980er-Jahre in Poughkeepsie, New York geborene Gitarrist und Songwriter Cory Wong stieß erst fünf Jahre später zur Band. Wong erlangte durch seine herausragende Funkgitarrentechnik, sein extrem genaues Time-Feel beim Spielen und seinen puristischen cleanen Gitarrensound, sowie seine extrovertierte Bühnenperformance schnell an Popularität und ist mittlerweile v. a. in der US-amerikanischen Funkszene, aber auch international, bekannt. Er greift sowohl gitarristisch als auch bei der Wahl seines Equipments auf Traditionen zurück, bringt aber dennoch einen neuen, frischen Sound mit. Wong spielte zu College-Zeiten in der Drumline seiner Schule und lernte dort die Wichtigkeit der „Tightness“ beim gemeinsamen Musikmachen und erlernte die mentalen Fähigkeiten, die es braucht um die feinen Nuancen im Timing wahrzunehmen. Später transferierte er dieses Wissen auf die Akustik- und E-Gitarre. Heute sind extrem sauber gespielte, groovende 16tel Rhythmen sein Markenzeichen.
Vulfpeck erlangte schnell eine gewisse Popularität durch die sozialen Medien, insbesondere durch YouTube. Die Band veröffentlichte zu jedem Song ein bewusst „billig“ produziertes Musikvideo, das meist mit einer Handykamera von Hand gefilmt wurde, recht unscharf ist und in einem einfachen Proberaum aufgezeichnet wurde. Dieser Style zeichnet die Band bis heute aus und bringt einen Kontrast in das Produkt zwischen der Laienhaftigkeit der Aufnahme im Vergleich zur Einzigartigkeit der Performance.
3.1.2 Vulfpeck – „Backpocket“
Auffallend ist neben der normalen Bandbesetzung aus Drums, Bass, Gitarre und Keyboard, das Vocalarrangement mit Chor und Mehrstimmigkeiten, sowie einfache Percussions, ein paar elektronische Sounddesignelemente und das Horn-Outro. Aus Produktionssicht hört man einen sehr trockenen, kompakt gemischten, komprimierten Sound, der aber dennoch relativ natürlich klingt. Die Drums sind eher elektronisch designt. Bei den Vocals ist das sogenannte Vocal-Doubling deutlich zu hören (also das mehrfache Einsingen derselben Gesangslinie um diese fetter/breiter klingen zu lassen). Der Fokus im Arrangement wird klar auf die Vocals, die von einem sehr Groove basierten und kickreichen Arrangement umgarnt werden, und den Bass gelegt. Auch hier hört man die deutliche 16tel Basis im Groove.
3.2.1 Tom Misch – Disco Yes
Etwas weiter entfernt vom Kern des Funk, aber immer noch mit den Wurzeln verbunden ist der britische Gitarrist, Sänger und Songwriter Tom Misch. Am 25.06.1995 wurde Misch in London, UK als Sohn eines Psychiaters und einer Künstlerin geboren. Er begann im Alter von vier Jahren mit dem Geigenspiel und als Teenager griff er zur Gitarre. Beeinflusst von Jazz, Hip Hop (v. a. J Dilla) und Rock entwickelte Misch innerhalb weniger Jahre eine eigene, unverwechselbare musikalische Handschrift. Er veröffentlichte einige EPs und schließlich mit 23 Jahren folgte sein Debütalbum „Geography“. Dieses erreichte direkt Platz 8 der britischen Charts und bekam eine silberne Schallplatte. In Songs wie „Disco Yes“ hört man gut die Einflüsse des Funk/Disco Genres, aber auch wie Misch gekonnt, Jazz und Hip Hop Einflüsse verarbeitet. Er versteht sich darauf Beats geschickt mit diversen Gitarren und Keyboards/Synthesizern zu kombinieren und sowohl komplexe, aber dennoch eingängige Melodien zu komponieren und mit Jazzharmonik zu verbinden ohne diesen Mix verkopft klingen zu lassen, sondern einen zwar nicht anspruchslosen, aber dennoch radiotauglichen Sound zu schaffen. Titel wie „Lost In Parts“ zeigen auch seine Nähe zum Neo-Soul, der wiederum auch seine Wurzeln im Funk hat. Sein zweites Album „What Kinda Music“ folgte in Kooperation mit Yusuf Dayes zwei Jahre später (2020).
3.2.2 Tom Misch – „Disco Yes“
Die Produktion klingt hier klar nach Studio. Es werden viele Elemente verfremdet und bearbeitet. Der Sound ist sehr „aufgeräumt“ und – wie der Titel schon vermuten lässt – Disco-lastig. Die Bassdrum geht im „4 on the floor“-Style durch und Claps ergänzen diese Klangwelt. Es kommen Synth-Flächen, Klavier, Streicher, Backingvocals, Harmonizer und Filter zum Einsatz und eine Vielzahl an Rhythmus- und Lead-Gitarren. Der Groove basiert klar auf Drums und Bass und wird von Gitarren ergänzt. Im Zentrum steht die Hookline des Chorus und die Vocals in den Versen. Harmonisch und melodisch hört man hier deutlich Mischs Einflüsse von Jazz. Er verpackt sie aber geschickt und eingängig in Melodien und verbindet sie mit Disco-Beats und Sounddesign. Immer wieder auftauchende kleine harmonische Variationen gestalten den Songs spannend und sind die Ear-Candys für jeden Musiker unter den Hörern. Die Produktion ist eher „steril“ gemischt, man hört jedes Element sehr deutlich, da alles an einem ausgewählten Platz sitzt und nichts zufällig Teil der Produktion ist. Dennoch klingt der Mix organisch und bringt einen zum Kopfnicken oder sogar Tanzen.
3.3 Vergleichende Notizen
„Funk“, also „flippig“, „schmutzig“ oder „erregt“. Diese Adjektive treffen gut auf jeden der beschriebenen Artists zu. Vergleichend lässt sich feststellen, dass alle Bands aus den verschiedenen Epochen mit ähnlichen Mitteln arbeiten, diese aber doch sehr individuell einsetzen und sich vor allem die Art und Weise wie die Sounds in der Produktion verarbeitet werden maßgeblich unterscheiden. Die simplen Akkorde bei Sex Machine bilden einen starken Kontrast zur farbenreichen Harmonik von „September“ während „What Is Hip?!“ irgendwo dazwischen angesiedelt ist. Das Sounddesign der späten 1970er klingt sehr aufgeräumt und klar („September“) im Vergleich zum eher dirty Klang von Sly Stone oder James Brown oder dem noch glatteren Disco-Sound bei Tom Misch. Hier kommt auch ganz klar die unterschiedliche Herangehensweise zum Ausdruck: Tom Misch denkt bei seiner Produktion wahrscheinlich aus einem reinen Studioansatz. Die Liveumsetzung steht an zweiter Stelle, während im Gegensatz dazu James Brown mit seiner Liveband einspielt ohne Add-ons. Vulfpeck geht hier einen Mittelweg zwischen Tradition (Liveband) und Moderne (z.B. programmierte Filterfahrten und Effekt-Add-ons). Beim vergleichenden Hören fallen einem sofort auf, wie sich auch die immer weiterentwickelnde Studiotechnik im Laufe der Jahre bemerkbar macht. Klingt doch der Sound von „Sex Machine“ – so authentisch er ist und auch nicht anders sein darf – noch deutlich unaufgeräumter und voller Nebengeräusche als „September“ oder „Disco Yes“. Das schöne dabei ist aber, dass jeder dieser Künstler mit seiner Musik sehr viele Menschen erreicht und (teilweise im wahrsten Sinne des Wortes) bewegt hat.
4. Labels und ihr Einfluss
Gerade in der Hochphase des Funk spielen Plattenlabels eine große Rolle im Musikbusiness. Durch die hohen Einnahmen durch Platten- (und später CD-) Verkäufe (mit)finanzieren sie Künstler und geben vielversprechenden Newcomern (natürlich nicht uneigennützig gedacht) Chancen und finanzielle Vorschüsse. Als wichtiges Label ist hier neben den „Big 4“ Sony Music, Universal Music, Warner Music und ehemals EMI, auch das 1947 gegründete Independent-Label für überwiegend Soul-, R’n’B-, Rock- und Jazzmusik Atlantic Records (gehört seit 1967 zur Warner Music Group) zu nennen.
Atlantic Records wurde im September/Oktober 1947 in New York City von Ahmet Ertegün (geboren am 31.07.1923 in Istanbul) und dem Produzent Herb Abramson (geboren am 16.11.1916 in Brooklyn, New York) gegründet und entwickelte sich schnell zu einem großen und einflussreichen Label in der Musikindustrie. Weitere Musikproduzenten wie Jerry Wexler (ab 1953), Arif Mardin (1963 – 2001) und Nesuhi Ertegün und Tonmeister Tom Dowd (ab 1954) erweiterten das Team. Atlantic hatte/hat Künstler:innen unter Vertrag wie Ray Charles, John Coltrane, Cream, Bee Gees, Led Zeppelin, Rolling Stones, Yes oder Genesis. 1967 kaufte Warner Brothers Atlantic Records für 17 Millionen US-Dollar auf und übernahm das Team in ihre Reihen. Ahmet Ertegün spielte eine einflussreiche Rolle in der Musikwelt dieser Zeit. Er stand in Kontakt zu vielen berühmten Musiker:innen und stieß diverse Künstler:innen in ihrer Karriere an (beispielsweise die gemeinsame Tour von Crosby, Stills, Nash & Young) oder die Gründung (1986) der Rock ’n’ Roll Hall Of Fame, in die jedes Jahr herausragende Kulturschaffende gewählt werden, in die er dann auch ein Jahr später gewählt wurde.
Er erhielt für sein Werk weitere Auszeichnungen, wie 1991 den Ehrendoktortitel der Boston Berklee Music School oder der Grammy Lifetime Achievement Award im selben Jahr. Er starb am 14.12.2006 in New York im Alter von 83 Jahren an den Folgen einer Kopfverletzung.
5. Mode und Performance
So extrovertiert und tanzbar der Funk ist, so auffallend ist auch sein Style. Man denke an die farbenfrohen und extravaganten Outfits bei Earth, Wind & Fire oder James Brown. Auch die Bühnenperformance von EWF oder Tower Of Power gestaltet sich äußerst lebensfroh, bewegungsorientiert und auffallend. Tanzeinlagen mit einstudierter Choreographie der ganzen Band prägen die Bühnenshow, legen auch hier den Grundstein für eine neue Entwicklung im Livebusiness und animieren die Zuhörenden zum Mittanzen.
6. Weiterentwicklung und Subgenres
So wie sich im Funk Einflüsse aus verschiedenen anderen Genres finden lassen, so findet man auch Einflüsse des Funk wiederum in „neuen“ Stilen oder „Weiterentwicklungen“ bzw. Verarbeitungen des Funk in anderen Genres, sowie Subgenres. Um auch hier einen kurzen Überblick zu geben, werden diese im Folgenden kurz auszugsweise genannt:
6.1 Funkrock
Bands wie Mother’s Finest oder später Red Hot Chili Peppers nehmen Elemente des Funk und verbinden sie mit Rockeinflüssen. Es entsteht ein Genre, das tanzbar ist, aber deutlich härter klingt als James Brown.
6.2 Fusion/Jazz
Improvisierende Musiker des Jazz verwendeten immer wieder Elemente der Groove-basierten Musik wie Funk um eine andere Farbe in ihren Songs zu etablieren. Aber eben auch Funkmusiker waren stark beeinflusst von Jazz. Dieses wechselseitige Spiel brachte viele Subgenres hervor. Im weiten Feld des Fusion verschmelzen Elemente von Rock, Funk und Jazz zu einer breiten Klanglandschaft, die Raum für jede einfache und komplexe Form von Melodie, Harmonik und Rhythmik lässt. Oft durchzogen, wie im Jazz üblich, von Improvisationen der beteiligten Musiker. Wichtige Vertreter sind z. B. Trompeter Miles Davis, Schlagzeuger Billy Cobham, Pianist Herbie Hancock oder Bassist Marcus Miller.
6.3 Hip-Hop
Die bereits öfter erwähnte Technik des Samplings/Loopens war wohl die maßgebliche Neuerung für die Entstehung des Hip-Hip in den 1970er-Jahren. Die starke Rhythmik in Funkgrooves bot eine geradezu perfekte Basis für Rapper und Sprechgesang. Der „Funky Drummer“ (ein Breakbeat eines James Brown Songs) ist bis heute eines der meist verwendeten Samples weltweit. Wichtige Vertreter des „Old School“ Hip-Hop sind zum Beispiel Grandmaster Flash oder Kool DJ Herc.
6.4 Disco
Disco ist der Soundtrack des Nachtlebens der zweiten Hälfte der 1970er-Jahre. Benannt nach den in den 1960er Jahren entstehenden Discotheken, also Tanzclubs. In Disco hört man neben deutlichen Funkeinflüssen auch Motown, Soul und Latin. Auffallend sind die sich oft im ähnlichen Tempo bewegenden Songs (das garantiert die Tanzbarkeit) und das in den Hintergrundrücken von Text und Melodie. Der Fokus wandert komplett hin zur Kommerzialisierung und der Leitfaden ist der Tanz. Wichtige Vertreter sind beispielsweise die Bee Gees mit „Stayin Alive“ (dem Soundtrack zum Film Saturday Night Fever) oder Cher mit „Take Me Home“.
6.5 Neo Soul
Aus Funk, RnB, Hip-Hop und Soul entsteht Mitte der 1990er Jahre der Neo-Soul. Ein Genre, das sich bewusst von Soul und RnB abgrenzen möchte. Künstler, wie D’Angelo, Lauryn Hill, aber auch Alicia Keys oder John Legend prägen die neue Musikrichtung stark. Wie der Name schon sagt, ist Neo-Soul eine moderne Form des Soul und unterscheidet sich darin, dass die Lyrics meist offensichtlich gefühlvoller sind und tiefere Botschaften beinhalten. Der Name stammt wahrscheinlich von Kedar Massenburg von Motown Records.
7. Schlusswort – Ein Zukunftsausblick
Der Funk und seine Weiterentwicklungen sind definitiv ein großer Meilenstein und großartiger Bestandteil des musikalischen Vermächtnis der vergangenen fünf Jahrzehnte. Er beeinflusste Millionen von Menschen und führte zu einer Menge Inspiration. Sowohl instrumental- als auch produktionstechnisch entwickelten sich immer neue Möglichkeiten oder wurden weiterentwickelt bei immer gleichbleibender Basis. Er brachte Menschen mehrerer Generationen zum Tanzen und versprühte jede Menge Emotionen. Das in den Vordergrundstellen der Rhythmik in der populären Musik war eine große Neuerung. Die daraus entstandenen Songs sind Teil der Geschichte. Viele aktuelle Musiker berufen sich, wenn es um ihre Einflüsse geht auf die Innovationen der Entstehungszeit des Funk. Bassisten wie Bootsy Collins entwickelten immer neue Basslines auf 16tel Basis, Gitarristen, wie Cory Wong brachten die Technik der Funkgitarre zur Perfektion, Drummer und Sänger rückten durch den Fokus auf Rhythmik näher zusammen denn je. Wohin diese Entwicklung(en) weitergehen wird und was in Zukunft angestoßen wird, bleibt abzuwarten, aber eines ist klar: Es bleibt spannend!
Mit den Worten von Tower of Power:
There’s all kinds of music, Everywhere you go,
Some folks like it fast, Some like it slow,
Some like it hot, Some like it blue,
Some like it old, And some like it new,
Now I’m not knockin‘ country, And I’m not rappin‘ rap,
Big band swing just ain’t my thing, Alternative ain’t my snap,
The only thing that turns me on, Is when I hear a soulful song.
Schöner Artikel! Aber Francis Rocco Prestia ist leider 2020 verstorben.
Irgendwie fehlen da die ganzen 80s. Von den 70ern direkt in die Gegenwart.
Die Entstehung des Funk
Bei dem Titel habe ich echt erst einmal an »Funkmikrofone« oder »Radiotechnik« gedacht und mich im selben Moment gewundert, was denn der Herr Brown damit zu hat. OK … jetzt weiß ich’s! Ich bin schon echt ’n Nerd! 😄
@Flowwater https://studyflix.de/elektrotechnik/braunsche-rohre-1593
Ich bin nicht alleine! 😄
für mich die besten Funk acts der letzten zeit sind Misha Panvilof’s (Estland) Funk singles, z.B. die hier:
https://mpsc.bandcamp.com/album/space-jogging-oliver-robotron
und die True Loves aus den USA:
https://www.youtube.com/watch?v=H49tu_VoViU
vielleicht gefällts euch ja auch. :)
Zwei Artikel und George Clinton wird nur ein einziges Mal beiläufig erwähnt, Parliament/Funkadelic gar nicht? Sorry…
@camarillo maceo parker kommt auch zu kurz….
@dilux Da kommt bis auf James Brown und Sly Stone jeder zu kurz, der für den Funk von Bedeutung war. Wobei, nein, eigentlich die beiden auch ;-)
Frohes Neues Simon, und besten Dank für den Zweiteiler.
Positiv finde ich, das schwarze Musik (also black wie etnie, nicht black wie düstere Seele) hier mal einwenig thematisiert wird. Ja, na klar hat sie überragend viel Einfluss auf alle Stilistiken die hier oft gefeiert werden, trotzdem sind R’n’B, Soul, Reggae, Funk, Hip Hop & Co. auf Amazona oft Mangelwahre. Nun denn. Allein für die Thematik ein fettes Danke.
Aber so wirklich in Feierlaune komme ich nicht wirklich. Es hat, bitte nicht böse sein, ein kleinwenig RTL Chartshow Charakter was du hier so an Künstlern anbietest. J.B war klar. Ok. Kommt man nicht dran vorbei…aber sonst?
Ich weißt nicht recht.
Ich möchte, und darf nicht zu sehr ins Detail gehen, dafür gibt es hier zu wenig Fans für dieses Thema. Dennoch hätte ich mir etwas mehr nerdiges gewünscht. Artikel über Rockmusik in denen Eagles, Status Quo, Tina Turner und Bon Jovi gehuldigt werden finde ich auch nicht wirklich spannend.
Ja, die Achtziger fehlen. Vom P-Funk zum G-Funk wäre auch interessant gewesen (90er)… French-House oder einige heutige Charttitel und deren funky basslines oder E-Piano-einsätze ala‘ seventies, da gibt es so viel Material….
Man kann es niemandem rechtmachen. Natürlich nicht. Egal über welches Genre hier geschrieben wird, irgend ein Nervsack beschwert sich immer… Aber bitte:
Was haben Sampling und looping im hip hop der 70er zu suchen???
Disco reduziert auf Bee Gees und Cher????
Nicht im Ernst
Ja, Ethnie mit H, dafür Ware ohne. Natürlich.
Wenn ich mir etwas wünschen dürfte für Amazona 22: Einen Herrn Matten, der über uns, die übers Telefon schreiben, wacht.
Hip Hop ist keine Weiterentwicklung und auch kein Subgenre des Funks … Und der Absatz über Disco ist wirklich armselig – das stimmt alles hinten und vorne nicht. Und Vulfpeck ist auch nicht so wichtig.
Das ganz neue „Hip Hip“ in 6.3 hat mir besonders gefallen.
Spaß beiseite, hab wieder was gelernt über einer meiner Lieblings-Musikrichtungen… Danke.
Tolles Thema, und der erste Teil der Einleitung war richtig gut! Jetzt warte ich auf den eigentlichen Artikel und höre mir solange nochmal meine persönlichen Favoriten „am Rande des Funk“ an:
Band of Gypsies: Who knows
Traks: Long Train Running
Mother’s Finest: Baby Love
Interzone: Aus Liebe
Defunkt: Avoid the Funk
Kid Creole and The Coconuts: Stool Pigeon
@chardt amtliche liste…kid creole war eine meiner allerersten schallplatten und bei interzone kam mir sofort eine andere band aus dem ndw-strudel in den sinn, die auch zuerst eher punkig daher kamen um dann mit einem monströsen discofunk-epos alte mauern einzureissen:
https://www.youtube.com/watch?v=qZGuAU4-SlY