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Grundlagen: Wie lernt man Klavierspielen? (Piano Lounge 10)

Wie schwierig ist eigentlich Klavierspielen?

2. Dezember 2023
Wie lernt man Klavierspielen?

Wie lernt man Klavierspielen?

Klavier zu spielen, wirkt auf den ersten Blicke eher banal, da man lediglich mit einem oder meheren Fingern etwas Druck auf die Tasten ausüben muss, um einen Ton zu erzeugen, was auch dreijährige Kinder mühelos zustande bringen.

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Ganz im Gegenteil zu anderen Instrumenten wie z. B. der Trompete oder dem Saxophon, die einen besonderen Ansatz erfordern, den man sich erstmal aneignen muss. Das Klavier ist da viel einfacher und direkter. Und dennoch gilt es als komplexes Instrument und als eine der schwersten musikalischen Karrieren überhaupt, vergleichbar mit der Geige. Woran liegt das, wenn es doch eigentlich so simpel ist, dem Klavier Töne zu entlocken?

Wie lernt man Klavierspielen?

Anatomie der Hände

Eine wesentliche Schwierigkeit des Klavierspielens liegt darin, dass wir fünf unterschiedliche Finger an jeder Hand besitzen, die aber alle mit derselben Kraft und Schnelligkeit die Tasten bewegen sollen. Der Daumen ist um ein Vielfaches stärker als der kleine Finger, der Zeigefinger viel beweglicher als der Ringfinger. Doch beim Spielen sollen diese Unterschiede unhörbar bleiben. Jede Taste, ob schwarz oder weiß, soll mit der gleichen Kraft und Geschwindigkeit gespielt werden können, damit beispielsweise schnelle Läufe gleichmäßig klingen. Dies ist leichter gesagt als getan, wobei die sensible Anschlagsdynamik des Klaviers die Sache zusätzlich erschwert.

Ein anderer Punkt ist, dass die Hände gespiegelt sind. Ich weiß, das klingt nach Kindergarten-Banalitäten, ist aber nicht zu unterschätzen. Wenn beide Hände die gleiche Tonleiter parallel spielen sollen, sind zwei unterschiedliche Fingersätze notwendig.

Wie lernt man Klavierspielen? Die Anatomie der Hände

Wie lernt man Klavierspielen?

Polyphonie

Das Klavier ist eines der wenigen vollpolyphonen Instrumente. Die meisten akustischen Instrumente sind monophon oder nur beschränkt polyphon. Ein Bläser kann sich auf einen Ton konzentrieren, den er natürlich umfangreicher modulieren kann als auf dem Klavier, aber es bleibt bei einem Ton. Streichinstrumente wie Geigen, Bratschen, Celli und Kontrabässe, können zwar auch zwei oder drei Saiten gleichzeitig spielen, aber erstens kommt dies selten vor und zweitens hält sich auch hier die Komplexität in Grenzen. Bei der Gitarre können als Akkorde durchaus alle sechs Saiten gespielt werden, aber Soli sind meistens monophon oder in Oktavlagen.

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Auf dem Klavier (und anderen Tasteninstrumenten) sieht die Sache anders aus. Sie gehören zu den wenigen Instrumenten, auf denen man sich selbst begleiten kann, so dass ganze Konzerte alleine auf dem Klavier gespielt werden können. Rechts ein Solo und links die Begleitung oder umgekehrt. Solieren und Begleiten sind zwei unterschiedliche Aufgaben mit unterschiedlichen Anforderungen. Beides gleichzeitig zu tun, ist nicht einfach, vor allem dann, wenn sich die Rhythmen unterscheiden. Also links ein Vierviertel-Walkingbass und mit der rechten Hand Viertelstriolen drüberspielen. Oder unterschiedliche Betonungen in einem Pattern, wie sie bei Reggae-Begleitpatterns oder Funk-Licks üblich sind. Vergleichbar ist dies zum Teil mit Schlagzeugern, deren Unabhängigkeit beider Hände und Füße immer wieder beeindruckend ist.

Wie lernt man Klavierspielen? Klavier, ein polyphones Instrument.

Als polyphones Instrument eignet sich das Klavier auch für Solokonzerte

Wie lernt man Klavierspielen?

Die 1000 Klänge eines Klaviers

Als Laie verfällt man schnell dem Glauben, dass der Klang eines Klaviers oder Flügels vorgegeben ist und dass ein elektronisches Instrument „viel mehr verschiedene Klänge“ bietet. Grob betrachtet stimmt dies natürlich. Ein Klavier kann niemals wie eine Trompete klingen. Aber auf einer feineren Ebene kann der Klang eines guten Klaviers fein moduliert werden von lyrisch bis perkussiv, von einem vollen bis zu einem eher dünnen Klang. Gute Pianisten zeichnen sich durch ihren Anschlag aus und – nicht zu vergessen – den wohl dosierten Einsatz der Pedale.

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Wie sollte man lernen? Lehrer oder Online-Kurs?

Ich weiß, der Spruch klingt abgedroschen, ist aber wahr: Es ist nie zu spät, ein Instrument zu lernen, weil es dabei nur am Rande um die Beweglichkeit der Finger geht, sondern um die konzentrierte Steuerung derselben. Klavierspielen ist vor allem Kopfsache. Professionelle Pianisten bewegen die Finger nur minimal. Das Ziel ist eine energiesparende Fingertechnik, die man am besten mit einer guten Lehrerin lernt, die einem genau auf die Finger schaut. Bei Online-Kursen ist dies schwieriger bis beinahe unmöglich. Nichts gegen diese Angebote, die meisten davon sind bestimmt systematisch und seriös aufgebaut. Sie erfordern aber ein größeres Maß an Selbstkontrolle und -disziplin. Letztere braucht es natürlich ohnehin: Ohne Üben geht gar nichts. Regelmäßiges Üben, um genau zu sein. Wobei schon fünf Minuten täglich viel wertvoller sind als eine halbe Stunde am Wochenende. Weshalb? Weil so die Finger und das Gehirn kontinuierlich auf die neuen, ungewohnten Bewegungsabläufe trainiert werden. Von meinen Schülern erwarte ich, dass sie sich jeden Tag ans Instrument setzen und sei es nur für ein paar Minuten, was auch beim engsten Zeitplan eines gestressten Managers (oder Schulkindes) möglich sein sollte. Ausreden zählen hier nicht.

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Als Lehrer sehe ich mich als Mentor oder Coach, wie man heute so unschön zu sagen pflegt. Vergleichbar mit einem Karatemeister, der zwar einzelne Bewegungen vorzeigt und kontrolliert, der einem aber nie das eigene Training abnehmen kann. Deshalb ist es ziemlich sinnlos, einmal pro Woche zum Unterricht zu gehen, aber zu Hause nicht zu üben.

Wie übt man schwierige Stellen?

Kurze Antwort: am besten langsam. Sehr langsam. In extremer Zeitlupe, insbesondere die schnellen Passagen. Beim Üben ist das Tempo zweitrangig, da Zeit ohnehin relativ ist. Ziel ist es, keine falschen Töne zu spielen, um gar nicht erst falsche Bewegungsabläufe abzuspeichern, sondern auf eine möglichst ökonomische Bewegung der Finger und den korrekten Fingersatz zu achten. Wenn ich bei einem Stück an einer Stelle hängenbleibe, wiederhole ich diese gerne zehn- bis zwanzigmal, was höchstens ein paar Minuten dauert. Und wenn dieses Bewegungsmuster einmal im Kleinhirn abgespeichert und gefestigt ist, kommt das schnelle Spiel wie von selbst.

Wie lernt man Klavierspielen? Lehrer oder Online-Kurs?

Ein weiterer Vorteil eines Lehrers, der neben einem sitzt, ist, dass man zusammen spielen kann. Und das muss nichteinmal vierhändig sein. Auch bei einem simplen Stück, macht es Spaß, wenn einer die linke und der andere die rechte Hand spielt. Natürlich wäre dies auch mit programmierten Begleitungen möglich, aber sie sind und bleiben immer ein bisschen mechanisch und ziehen ihr Tempo stur durch, während es ja gerade eine Besonderheit der handgemachten Musik ist, dass das Tempo minimal variieren kann. Dabei geht es nicht darum, sich ein eierndes Rhythmusgefühl anzueignen aber eher zu lernen, wie ein Tempo natürlich atmen kann. Außerdem kann man auch zu zweit improvisieren. Der Lehrer sitzt links und spielt eine einfache Begleitung und improvisiert mit der rechten Hand abwechslungsweise mit dem Schüler, der sich dann nicht mehr um die Begleitung kümmern muss.

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Der wichtigste Vorteil des persönlichen Unterrichts ist aus meiner Sicht, dass sich die Lehrerin auf den Schüler einstellen und ihm einen zumindest teilweise maßgeschneiderten Unterricht anbieten kann. Dazu gehört meiner Meinung nach auch, dass man sich zusammen die Klavier- oder Flügelmechanik genauer anschaut und erklärt, wie ein Klavier überhaupt funktioniert. Oder dass man zusammen direkt an den Saiten zupft oder Pingpong-Bälle über die Flügelsaiten springen lässt, was erstens amüsant ist und zweitens das Verständnis für Klänge intuitiv erweitert.

Online-Kurse und Bücher erfordern ein höheres Maß an Selbstdisziplin. Ich würde sie eher für fortgeschrittene Schüler empfehlen, die sich im persönlichen Unterricht schon eine gute Fingertechnik und Überoutine angeeignet haben.

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Fazit

Wie lernt man Klavierspielen? Klavierspielen ist einfach und komplex zugleich. Einfach, weil schon mit wenig Aufwand schöne Klänge und einfache Liedbegleitungen möglich sind, und komplex, weil das Klavier sehr viele Möglichkeiten des Ausdrucks, der klanglichen Gestaltung und der musikalischen Form bietet. So ist es eines der wenigen Instrumente, auf denen man sich selbst begleiten kann. 

Weitere Faktoren sind die sensible Anschlagsdynamik und die Anatomie der Hände mit fünf unterschiedlich beweglichen und starken Fingern, die aber möglichst gleichmäßig die Tasten bewegen sollen. Wobei auch manche Konzertpianisten an der Unbeweglichkeit des Ringfingers beinahe verzweifeln. Doch sollte uns dies nicht davon abhalten, Klavier zu spielen oder es zu lernen, denn dazu ist es nie zu spät. Nebst einem Instrument braucht man nur zwei Dinge: Selbstdisziplin und Geduld. Letzten Endes geht es darum, Freude an den kleinen Fortschritten zu bekommen. 

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Forum
  1. Profilbild
    exitLaub

    Danke für die kurzweilige Lektüre!

    Um den erwähnten Elton John sinngemäß zu zittieren: Es gibt Dinge, die im Sitzen einfach besser gehen, etwa Scheixxen und Klavierspielen.

  2. Profilbild
    playtpiano

    Ich habe als Erwachsener angefangen Klavierstunden zu nehmen und spiele nun seit 5 Jahren, ein paar Ergänzungen:
    1. Musik hat in den wenigsten Hobby Fällen etwas mit Talent zu tun. Alles ist Übung.
    2. Einen Lehrer sich zu holen hilft einem einfach enorm überhaupt dran zu bleiben. Man zahlt dafür, möchte natürlich nicht unvorbereitet in zum Unterricht erscheinen. Und ist somit mehr gezwungen auch zu üben.
    3. Überfordert aber eure Kids nicht. Klar jeder darf sein Kind individuell erziehen, aber Musik sollte generell Spaß machen. Also habt ruhig Geduld und wenn euer Kind mal eine Woche nur einmal übt, ist einmal besser als keinmal.
    4. Ein guter Klavierlehrer erklärt euch auch etwas die Hintergründe diverser Stücke. Das kann wirklich sehr spannend sein und hilft mir persönlich mehr in die Stimmung des aktuellen Songs zu kommen.
    5. Klavier ist meiner Meinung nach ein super Instrument grundlegende Musik Theorie zu lernen.

    Alles Gute euch.

    • Profilbild
      Martin Andersson RED

      @playtpiano Hallo Playpiano

      Danke für Deine Ergänzungen und Glückwunsch, dass Du schon seit 5 Jahren dabeigeblieben bist. Ich weiss, wie frustrierend das Üben zwischenzeitlich sein kann. Du hast ganz Recht: Talent wird oft überschätzt, übrigens auch im professionellen Bereich. Berufsmusiker zu sein ist weniger eine Frage der Begabung, als viel eher der Disziplin und Beharrlichkeit.

      Bei Kindern sollte man das gute Maß finden zwischen Motivieren, Anspornen und evtl. auch leichten Druck ausüben, ohne dass die Freude an der Musik verloren geht. Hie und da muss man sich aber auch mal durchbeissen, da es ohne Fortschritte ziemlich schnell langweilig wird.

      Und über die Bedeutung des Klaviers für die Harmonielehre wird es eventuell auch einen Artikel geben. Die Piano Lounge wird ab sofort monatlich erscheinen mit verschiedenen Themen und Geschichten rund ums Klavier.

    • Profilbild
      Aljen AHU

      @playtpiano Gibt es eigentlich Klavierlehrer, die Unterricht auch ohne die ganze Bagasche erteilen? *(ja, ich kenne solche, allerdings privat.)

      Mich hat es vom Klavierunterricht mein Leben lang eben abgeschreckt, dass ich eigentlich nur, um den Vergleich zu bemühen, leger ein Glas Wein genießen wollte, dafür aber erst mal eine Ausbildung zum Somelier, am besten auch noch gleich zum Winzer, hätte machen müssen.

      Üben ist klar, ob bei Instrument, Fremdsprache oder dergleichen. Doch bekanntlich lernt (und übt) jeder Mensch anders. Als studierter Pauker und bis heute gelegentlich in Erwachsenenbildung tätig habe ich da ein ganzes Liederbuch am Beispiel Sprachen zu singen. Der Eine büffelt Grammatik, Vokabeln, kann nach zwei Jahren dennoch gerade mal so einen Satz unfallfrei über die Lippen bringen. Der Andere lernt die Sprachen im Vorbeigehen, besucht zwischendurch zwei-, dreimal das „Zielland“ und kann sprechen, kann lesen, kann sogar Witze (mit Abstand das Schwierigste in jeder Sprache).

      Der Letztgenannte mag nicht wissen, was eine consecutio temporum sei und vom Konjunktiv nur blasse Ahnung haben, braucht es aber auch genauso wenig zu wissen wie es die meisten Menschen, die die entsprechende Sprache vom Kind an benutzen, nicht wissen müssen.

      Übertragen auf die Musik: ich müsste bei dem typischen Unterricht Vokabeln und Endungen büffeln. Bei Latein war es ok, aber mehr muss nicht sein.

      • Profilbild
        Martin Andersson RED

        @Aljen Danke für Deinen Kommentar.
        Ich bin der Überzeugung, dass Unterrichten eine Kunst ist, mit ihren eigenen Schönheiten, Besonderheiten, Höhen, Tiefen und Stolpersteinen. Dabei ist es essentiell, auf die Bedürfnisse, Voraussetzungen und Vorkenntnisse der Schüler einzugehen und den Unterricht entsprechend zu gestalten. Siebenjährige brauchen anderen Unterricht als Teenager oder Erwachsene, auch wenn sie alle das gleiche Niveau haben.

        Ob man eher rational oder intuitiv lernt, ist sicher eine individuelle Frage. Für mich schließen sich diese Dinge auch nicht aus. Ein guter Lehrer sollte meiner Meinung nach nebst einer sauberen Technik, Harmonielehre, Rhythmik und etwas Musikgeschichte auch einen spielerischen Zugang zur Musik vermitteln, z.B. über gemeinsame Improvisationen und Experimente am Instrument.

  3. Profilbild
    Aljen AHU

    Lernt man die dosierte Fingerbewegung tatsächlich nur bei einer Lehrerin?

    Ich kenne einige Klavierlehrer, einige davon Frauen, andere Männer. Weder die Einen noch die Anderen können sich über die mangelnden Schüler beklagen.

    Welche davon das mit den (!) Fingern besser drauf haben, kann ich nicht beurteilen, das sind aber alles Profis, die wohl ihr Hand-Werk verstehen werden.

    • Profilbild
      Martin Andersson RED

      @Aljen Hallo Aljen

      Natürlich ist das Geschlecht egal. Wenn ich ab und zu von einer „Lehrerin“ statt einem „Lehrer“ schreibe, dann ist dies genauso geschlechtsneutral gemeint, wie das männliche „Lehrer“.
      Mir ist das lieber als das Gendersternchen oder Binnen-I.

      • Profilbild
        Aljen AHU

        @Martin Andersson Ok, akzeptiert :) – wenngleich das Femininum in indoeuropäischen Sprachen grundsätzlich ausschließlich das Feminine bezeichnet, denn es gibt kein „generisches Femininum“, gab es nie und es wird nie eines geben. Außerhalb des designativen Sexus ist der Genus semantisch eh beliebig: im Französischen ist die Sonne bekanntlich maskulin, im Spanischen der Tod weiblich etc. – Aber jedem das Seine.

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