Wie sieht das Klavier der Zukunft aus?
Das Klavier der Zukunft
Der Klavierbau gilt allgemein nicht als besonders innovativ. Klaviere und Flügel sehen seit über 150 Jahren defacto gleich aus, der prinzipielle Aufbau der Instrumente hat sich seither nur geringfügig geändert. „Innovationen“, wenn man sie denn überhaupt so nennen möchte, beziehen sich nur auf Details, die zwar auch klangrelevant sind, aber eher im subtilen Bereich. Man könnte es auch so formulieren: Die Entwicklung des Klaviers ist größtenteils abgeschlossen. Das ist zumindest die landläufige Meinung vieler Musiker.
Inhaltsverzeichnis
Doch ist dies nur die halbe Wahrheit. Auch beim Klavierbau finden sich einige Neuentwicklungen, die teils nur Prototypen sind, aber deswegen nicht minder spannend. Und so dreht sich die heutige Ausgabe der Piano Lounge um Neuentwicklungen und Sondermodelle des Klavierbaus.
Pedal Harmonique (Feurich)
Fangen wir mit etwas Unscheinbarem an: das Pedal Harmonique, entwickelt von Denis de La Rochefordière und exklusiv in Feurich Flügeln aus chinesischer Produktion verbaut. Voll durchgedrückt fungiert dieses Pedal wie ein Haltepedal (Sustain), in dem es die Dämpfer aller Saiten anhebt. Der interessante Teil kommt aber davor: Bei leichtem Druck werden nämlich nur bei den ungespielten Saiten die Dämpfer angehoben. Die gespielten bleiben „trocken“, was auf den ersten Blick etwas seltsam wirkt. Der Clou ist aber, dass die freischwingenden Saiten durch die gespielten angeregt werden, sie fungieren somit als Resonanzsaiten, ähnlich wie auf einer Sitar. Eine Art natürlicher Hall. Dies klingt komplizierter als es ist. Das Pedal Harmonique fühlt sich sehr natürlich an, so dass man sich fragt, weshalb man nicht schon früher auf diese Idee gekommen ist.
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Gebogene Klaviaturen: Maene-Viñoly Concert Grand
Im Sommer 2022 stellte der belgische Klavierbauer Chris Maene einen neuen Flügel mit gebogener Klaviatur vor, die sich ergonomischer spielen lässt als die klassische, gerade Klaviatur. Erinnerungen an Jean-Michel Jarre werden wach, der sich einen halbrunden MIDI-Controller bauen ließ. Ganz so gebogen ist der Maene-Viñoly nicht, der aus einer Kooperation von Chris Maene mit dem Architekten Rafael Viñoly hervorgegangen ist. Der Flügel ist mit 329 einer der längsten überhaupt. Klaviatur und Mechanik stammen von Kluge respektive Renner und wurden nach Chris Maenes speziellen Vorgaben gebaut. Zu Preisangaben hält man sich bedeckt, es sollte aber jedem klar sein, dass ein solcher Flügel in einer anderen Liga spielt als ein Yamaha C3.
Future Piano (Vertical Grand)
Das Future Piano ist ein Projekt der britischen Pianistin Sarah Nicolls, die schon lange nach Wegen suchte, direkter und einfacher auf den Saiten der Klaviere und Flügel zu spielen. Dazu hat sie in der Vergangenheit auch schon ein Klavier zerlegt und in Zusammenarbeit mit einem Schiffsbauer neu zusammengesetzt.
Augenfällig sind die Saiten, die beim Future Piano parallel verlaufen und nicht etwa gekreuzt, wie dies heute bei Klavieren und Flügeln üblich ist. Gekreuzte Saiten ermöglichen in der Regel längere Saiten bei vergleichbaren Baugrößen, doch liegt der Vorteil der geradsaitigen Bauweise in einer gewissen klanglichen Reinheit. Außerdem ergibt sich dadurch ein klares, räumliches Klangerlebnis mit den Bässen links und dem Diskant rechts.
Eine weitere Besonderheit ist, dass die Saiten nicht bis zum Boden reichen, sondern erst auf der Höhe des Spieltisches beginnen. Somit liegen deren Schwingungsmittelpunkte mehr oder weniger auf Kopfhöhe der Spielerin, was ein direkteres Klangbild ergibt als bei einem Klavier.
Für einen besseren Zugang zu den Saiten entwickelte das Team um Sarah Nicolls eine Mechanik, die die Saiten von hinten anschlägt. Sarah meinte im Gespräch, dass es dazu einige historische Vorbilder gibt, von denen sie sich inspirieren ließ. Und obwohl es sich dabei um eine Klaviermechanik handelt, soll das Repetitionsverhalten merklich besser sein als auf herkömmlichen Klavieren. In den letzten Jahren gab es einige Entwicklungen für schnellere Klaviermechaniken, um die physikalisch bedingten Nachteile gegenüber Flügelmechaniken zu minimieren.
Der augenfälligste Unterschied zu klassischen Klavieren ist das Design des Future Pianos, das auf einer Kombination von neuen und alten Materialien basiert. Resonzboden, Stimmstock, Tasten und Mechanik sind aus Holz gefertigt, der Rahmen ist hingegen eine neu entwickelte Carbon-Konstruktion, die komplett ohne Mittelstreben auskommt, um den Zugang zu den Saiten nicht zu beeinträchtigen. Auch hierzu gibt es zwar ein historisches Vorbild („Broadwood Barless“), doch dies in Leichtbauweise zu bewerkstelligen, stellte das Team vor große Herausforderungen. Laut Sarah Nicolls war es sinnvoll, mit Ingenieuren aus verschiedenen Disziplinen – unter anderem auch aus der Luft- und Raumfahrt – zusammenzuarbeiten. Manchmal sei es auch ein Vorteil, wenn jemand nicht im Klavierbau geschult sei, da dies offenere Lösungen und neue Ansätze ermögliche. Mit David Klavins findet sich aber auch ein erfahrener Klavierbauer in Sarahs Entwicklungsteam.
Nebst des besonderen Designs und den offen liegenden Saiten unterscheidet sich das Future Piano in einem weiteren Punkt von anderen Klavieren: es ist mit 82 kg sensationell leicht, während Klaviere und Flügel mit ähnlich langen Saiten mindestens 250 kg auf die Waage bringen. Somit könnte das Future Piano das erste Klavier werden, das man als Musiker (zugegeben mit etwas Transportaufwand) zu Zweit auf die Bühne stellen kann. Laut Sarah steht das Future Piano kurz vor der Serienreife und soll 2023 oder 2024 einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt werden. Zu den Preise gibt es noch keine Angaben.
Linkshänder Klaviere und Flügel
Was bei Gitarristen, Schlagzeugern und Geigern längst als normal gilt, hat sich bei Tasteninstrumenten noch kaum durchgesetzt: Die Rede ist von Instrumenten für Linkshänder. Zugegeben lässt sich dies bei einer Geige auch leichter bewerkstelligen (Saiten anders rum aufziehen), während ein Schlagzeuger das Set einfach spiegelverkehrt aufbauen kann.
Im Klavierbau ist es naturgegeben komplizierter, Instrumente für Linkshänder zu bauen, aber nicht unmöglich. In meiner Recherche bin ich auf verschiedene Hersteller gestoßen, die Flügel und Klaviere mit gespiegelter Klaviatur und Saitenbezug zumindest als Prototypen entwickelten. Der renommierte Klavierbauer Blüthner aus Leipzig bietet gegen Aufpreis linkshändische Digital-Pianos, Klaviere und Flügel an. Laut linkshändischen Pianisten spiele sich eine gespiegelte Tastatur leichter, nach entsprechender Umgewöhnungszeit versteht sich. Auf der anderen Seite scheint Linkshändigkeit kein wesentlicher Nachtteil für eine erfolgreiche Pianistenkarriere zu sein: Arthur Rubinstein, Glenn Gould, Vladimir Horowitz, Daniel Barenboim und Hélène Grimaud waren bzw. sind Linkshänder.
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Carbon Resonanzboden
Das klangliche Herzstück eines Klaviers oder Flügels ist bekanntlich der Resonanzboden. Auch wenn dies von bloßem Auge kaum erkennbar ist, sind Resonzböden nicht flach, sondern leicht gebogen, wobei die Art der Wölbung (Kugel oder Tonnenform in unterschiedlichen Radien) je nach Hersteller variiert. Als Holz kommt langsam gewachsenes Nadelholz zum Einsatz: in Europa meistens aus den Alpen, während die japanischen Klavierbauer ihre Hölzer von der Nordinsel Japans beziehen. In chinesischen Klavieren und Flügeln kommen je nach Preisklasse Hölzer aus Kanada, Alaska, Europa oder bei ganz günstigen auch Pressspan zum Einsatz.
Vor diesem Hintergrund ist es auf den ersten Blick erstaunlich, dass einer der renommiertesten Klavierbauer (Steingräber und Söhne aus Bayreuth) Resonanzböden aus Carbon anbietet. Diese sind für wechselnde klimatische Bedingungen gedacht und für die Tropen besser geeignet. Die Resonzböden wurden in Kooperation mit einem Unternehmen aus der Formel 1 Branche entwickelt. Klanglich sollen sie sehr ausgewogen sein.
Una Corda Piano
Das Una Corda von David Klavins (in Zusammenarbeit mit Nils Frahm) ist ein besonderes Klavier, das im Gegensatz zu normalen Klavieren und Flügeln konsequent nur eine Saite pro Taste hat. Es klingt dadurch nicht nur leiser, sondern auch reiner, da die drei Saiten pro Taste eines normalen Klaviers oder Flügels auch frisch gestimmt leichte Schwebungen erzeugen. Ganz anders das Una Corda, dessen Sound präzise und analytisch ist und gleichzeitig zart und fein. Es wird in unterschiedlichen Größen angeboten und kann direkt bei David Klavins bestellt werden. Wer sich nur für den Klang interessiert, dem sei das entsprechende Plug-in von Native Instruments empfohlen.
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Die interessanteste Klavier-Entwicklung ist finde ich Physical-Modelling wie zB bei Pianoteq.
@ollo Physical-Modeling ist eine Syntheseart. Hier wird über akustische Klaviere und Flügel gesprochen, bei denen der Ton mechanisch erzeugt wird.
@TONSTICH Genau und deswegen ist Physical-Modelling finde ich das Feld, auf dem klanglich mehr passiert als bei echten Pianos und Klavieren, auch wenn hier im Artikel natürlich ein paar interessante Entwicklungen gezeigt werden.
@ollo Das eine schließt das andere ja nicht aus. Mit Physical Modelling sind Dinge möglich, von denen man früher nicht einmal zu träumen wagte, und dennoch wird keine Software jemals das Spielgefühl am akustischen Instrument ersetzen.
Sarah Nicolls‘ Future Piano ist ja dafür designt, nebst auf den Tasten auch direkt an den Saiten zu spielen. Wie willst Du das mit einer Software simulieren?
@Martin Andersson Am Klavierklang ist leider auch nicht viel zu rütteln. All diese Innovationen sind lediglich Prestige Objekte um auf sich ausmerksam zu machen. Ansonsten ist das Klavier auch Flügel Sound perfekt. Da kann man auch noch 500 Jahre warten, es wird sich nicht mehr ändern. Aber die Synthesizer Nation überträgt das Problem 1:1 auf den Flügel, und das nur weil sie selbst noch nicht dran gesessen sind, oder eben nur mal kurz. Ein Pianist kann sein Leben lang mit dem Klavier Sound spielen, die Synthesizer freaks sind mit 100000 Sounds immer noch nicht zufrieden und kaufen doch wieder eine neue Kiste….. Natürlich kann man auch am Klavier Klang mäkeln, aber dann ist es verstimmt oder die Hammerköpfe sind zu hart geworden und es klingt zu metallisch etc…. Alles Geschmackssache. Aber es geht ja darum, dass pianoklang ist Piano.
„Am Klavierklang ist leider auch nicht viel zu rütteln.“
Das sehe ich ein bisschen anders. Das Klavins Una Corda klingt wirklich anders, zwar immer noch als Klavier erkennbar, aber schon mit starkem eigenen Charakter. Das neue KEYBIRD Piano verhält sich da ähnlich, vor allem mit Filz.
Auch Neuentwicklungen wie das Pedal Harmonique ermöglichen neue Klänge, die bisher nicht denkbar waren. Am besten selbst ausprobieren.
Ok, ich bin altmodisch. 🤭 Als Bühnenhingucker, Softwarepiano oder Eyecatcher im Laden geht das in Ordnung. Aber für’s heimische Wohnzimmer oder der Musikschule würde ich dann doch lieber das klassische Piano oder den Flügel in Lackschwarz bevorzugen.
@Filterpad Womit Du bestimmt nicht alleine bist: die Mehrheit der Kunden möchte wahrscheinlich schwarze Klaviere und Flügel in klassischem Design.
Mir ging es bei diesem Artikel darum zu zeigen, dass auch Klaviere weiterentwickelt werden und dass dabei einige interessante Innovationen entstehen.
Und ob altmodisch oder nicht: falls das Future Piano hält, was es verspricht, bei einem halbwegs bezahlbaren Preis, dann wäre es für normalsterbliche Pianisten endlich möglich, Konzerte auf dem eigenen Instrument zu spielen. Dabei wäre es mir wirklich egal, wie das Teil aussieht, so lange es gut klingt und transportabel ist.
Servus Martin,
möglicherweise stehe ich gerade voll auf dem Schlauch, aber folgender Satz hat mich grad überfordert: „Augenfällig sind die Saiten, die beim Future Piano parallel verlaufen und nicht etwa gekreuzt, wie dies heute bei Klavieren und Flügeln üblich ist.“
Bei dem Klavier, das hier so rumsteht (zugegegebenermaßen etwas älter) sind die Saiten vielleicht nicht parallel (ich hab mich nicht mit nem Meßgerät hingesetzt) aber zumindest nicht überkreuz. Und ich erinner‘ mich bei etwas zeitgenössischeren Sachen auch nicht an Saiten, die überkreuz verlaufen.
Kannst Du bitte erläutern, was mit den gekreuzten Saiten gemeint ist?
@moinho Bei Klavieren verlaufen die umwickelten Bass- und Tenorsaiten von oben links nach unten rechts und die blanken, dreifach verlegten Saiten von oben rechts nach unten links (von der Spielerseite betrachtet). Dies sieht man am besten, wenn man das obere und untere Verdeck des Klaviers abnimmt.
Falls dies bei Deinem Klavier anders sein sollte, dann schick mir bitte ein Foto. Raritäten find ich immer spannend.
@Martin Andersson Tatsache…danke, ich hab‘ mir mal a bissl aufmerksamer Bilder angeschaut, und…das war mir nie klar. Bei dem alten Förster schau‘ ich gern mal nach (aktuell leben wir getrennt), aber ich glaub‘ da isses wahrscheinlich auch so…
@moinho Ja diesen Trick hat der Steinway erfunden! Als der Steinweg damals auf der Messe mit dem Flügel ankam war er sofort der Superstar! Das war glaube ich 1880. Zuvor gab es eben nur Gradsaiter mit Holzrahmen. Aber die Bass Saiten quer zu spannen bedeutet mehr Länge und mehr Bass! Bessere Intonation und Lautstärke und Dynamik. Kurze Zeit später hatten alle anderen Hersteller diese Konstruktion übernommen und zwar für alle Flügel und für die Pianos auch in allen Größen. Das war dann aber auch so ziemlich die letzte Innovation seit dem bis heute! Denn alles andere und auch das hier vorgestellte Kram wird keinen Erfolg mehr haben. Das Klavier und der Flügel sind ausgereift. Seine Werkstoffe zu ersetzen durch Plastik anstatt Holz hatten keinen Erfolg und die Käufer hatten ihr Geld aus dem Fenster geworfen. Aber da heute jeder glaubt, ein Klavier für 1000 Euro zu bekommen und ein Flügel für 5000, der irrt gewaltig. Den Hammer mit Leder zu beziehen war auch die vorletzte Generation, dannach gab’s bis heute Filz. Der Klang eines Flügels oder Klavier ist auch nicht fix, durch viele kleine Veränderungen kann man großen Einfluß auf den Endklang nehmen. Hier entscheidet allein der Kunde was gefällt. Aber das alles kostet viel Zeit von einem Experten der Jahrelange Erfahrung mitbringt. Am Ende lohnt der Aufwand und hat mit dem allgemeinen e-piano nicht viel gemeinsam.
„Gang und Gäbe“
Geige für Linkshänder ? Hab ich im professionellen Umfeld bisher keine gesehen. Im Orchester würde das auch zu entsprechenden Synchronisations- und Platzproblemen führen. Das werden die sich ersparen. Oder zukünftig vielleicht als Linkshänder Orchester. In der Kammermusik kenne ich nur Rudolf Kolisch vom gleichnamigen Quartett, der wegen eines Unfalls umlernen musste.
Da gibt es natürlich auch noch diverse andere Diskussionsansätze, zB. Linkshänder die wie Rechtshänder zB auf der (klassischen) Gitarre spielen etc., Geiger die nicht ins Orchester wollen ;-).
Abgesehen davon sind Linkshänder Gitarren auch entsprechend anders gebaut, und (in der Regel) nicht einfach die Saiten andersherum aufgezogen. Besonders bei den akustischen Versionen, aber auch bei den E-Varianten.
Das wäre bei den Geigen (Streichern) nicht anders.
„Gang und Gäbe“, eher weniger.
@zm33 Da hast Du natürlich Recht: bei Geigern ist dies selten, kommt aber hie und da vor. „Gang und gäbe“ ist vielleicht der falsche Ausdruck dafür, bezog sich aber vor allem auf die Verfügbarkeit der Instrumente. Wer eine Linkshänder Geige oder Gitarre möchte, kann sich mit wenig Aufwand eine besorgen. Beim Klavier ist dies naturgegeben etwas komplizierter, aber zum Glück gibt es heute ein paar wenige Linkshänder Instrumente.
Wie sieht der Ball der Zukunft aus: rund
Moin zusammen.
Digital vermute ich. Ein mechanisches Klavier oder ein Flügel sind m.M.n. ein echter Luxus.
Anschaffung, Wartung und Pflege. (Stimmstabilität)
Und wer hat schon klimatisierte Räumlichkeiten, außer Studios vielleicht.
Ich würde daher das Rhodes MK8 bevorzugen.
Gruß
SlapBummPop
@SlapBummPop Hallo SlapBummPop
sind Klaviere und Flügel Luxus? Dem würde ich entschieden widersprechen. Erstmal braucht es keine „klimatisierten Räumlichkeiten“. Ein normal beheizter, nicht allzu feuchter Raum reicht. Man tut aber gut daran, das Klavier vor direkter Sonneneinstrahlung zu schützen und im Winter allenfalls den Luftbefeuchter einzuschalten. (Es gibt auch Befeuchter, die direkt ins Klavier oder den Flügel verbaut werden. Ich habe damit gute Erfahrungen gemacht, man kommt aber auch gut ohne aus.)
Wartung und Pflege? ein- bis zweimal stimmen pro Jahr reicht. Und so lange man keine Getränke in die Instrumente verschüttet oder heissen Wachs von brennenden Kerzen über die Hammerköpfe tropfen lässt, genügt es, ab und zu Staub zu wischen. Wie bei allen anderen Instrumenten auch.
Bleibt noch die Frage der Anschaffung: Ja, Klaviere und Flügel können teuer sein, gebraucht kriegt man sie aber zu einem Bruchteil des Neupreises (ab 500 bis 1000 Euro) und kann sie auch nach 20 Jahren noch praktisch ohne Wertverlust weiterverkaufen.
Jeder hat natürlich seine eigenen Vorstellungen von Luxus, meine ist: Instrumente sammeln statt sie zu spielen.
In diesem Sinne: macht Musik, egal womit, und lasst Euch von niemandem einreden, dass etwas zu kompliziert oder nicht mehr zeitgemäß sei.
Viele Grüße
Martin
@Martin Andersson Hallo Martin,
bei mir scheitert es mit einem „normalen“ Klavier allein schon an einer weiteren zusätzlichen Räumlichkeit.
Auf tägliches lüften, Sommer wie Winter, möchte ich auch nicht verzichten.
Und ein Instrument muss für mich auch zugleich zu transportieren sein. (ohne große Aktion!)
Daher würde ich eher ein Rhodes MK8 o.ä. bevorzugen, zumal auch noch weitere Klangmöglichkeiten dadurch bestehen.
Bitte so meinen Kommentar zuvor verstehen.
Gruß
SlapBummPop
@SlapBummPop Mein Flügel steht im Wohnzimmer. Dass tägliches Lüften ein Problem wäre, habe ich noch nie gehört.
@Martin Andersson Ich schon. Aber egal, für mich kommt ein Klavier allein schon aus all den anderen genannten Gründen nicht ins Haus.
Gruß
SlapBummPop
@SlapBummPop ein klavier kann man über ein paar hundert jahre weiter vererben …
das digital piano/synthesizer ist bald electro schrott /kaputt und überhaupt nix mehr wert.
Ein interessanter Bericht
einige Klaviere kannte ich noch nicht
aber hätte nicht auch „the Giant“ in die Liste gehört?
die meisten Designer Flügel sind (leider) oft nur ganz „normale“ Klaviere mit ein bisschen OptikZauber drumherum (bunte Kugeln von Hundertwasser, oder fast schwebend Peugeot, Boganyi, Fazioli und wie sie alle heißen…)
doch für mich zählt zur Zukunft des Klaviers auch ganz besonders die Klaviatur
wie f/m/d aus meinem Nick erahnen könnte bin ich kein (guter) Pianist sondern schlage mich seit über 30 Jahren an diversen Orgeln meistens in Kirchen herum (dazu zählen natürlich auch alle Varianten von Bontempi keyboards bis rel gute Flügel, von Harmoniumsen über Digital Orgeln bis Konzertsaal Hyper Instrumente)
und ich bin mir fast sicher, dass neben den aufwendigen Diskussionen in diversen Foren welches die beste (nicht analogen) Klaviaturen für dieses oder jenes Instrument seien
so gut wie nie das Klaviaturlayout (7GTT 5HTT) „angezweifelt“ wird, dabei ist es ergonomisch und logistisch vollkommen klar, dass „unsere klassischen“ Klaviaturen eher unideal (mein Lieblings Adjektiv) sind…
@EliasOrgel Danke für Deinen Kommentar.
Das große Piano von David Klavins (das 470i, von Native Instruments auch „The Giant“ genannt) war schon einmal Thema in der Piano Lounge: https://www.amazona.de/die-teuersten-besten-konzertfluegel-und-digitalen-klavier-klone/
Interessanter Punkt mit der Klaviatur. Welches Klaviaturlayout wäre Deiner Meinung nach ergonomischer?
@Martin Andersson 🎹🎹🎹🎹 so jedenfalls nicht 😉
wenn ich das richtig überblicke gibt es nur zwei Tastatur Layouts die wirklich in Frage kommen
ich hoffe die meisten hier kennen die
„Janko Klaviatur“ https://de.m.wikipedia.org/wiki/Jank%C3%B3-Klaviatur
und, was sicherlich die deutlich einfachere „Revolution“ wäre das
„Balanced keyboard“
http://balanced-keyboard.com/PeopleAndResources.aspx
letzteres ist einfach das Standard Layout „ohne Lücken“ und mit farbigen Ober- und Untertasten zur Orientierung…
der Sinn oder Unsinn unserer klassischen Notenschrift (5 Linien mit Vorzeichen) seit den Tagen der romantisch enharmonischen Vorzeichen Verwirrungs Orgien hat sich mir noch nie so richtig erschlossen
(aber das ist eine andere Geschichte und soll ein anderes Mal erzählt werden…
M.Ende ;-)
@EliasOrgel Man könnte auch mal darüber nachzudenken, ob man standardmäßig Klaviaturen mit schmaleren Tasten anbietet – gibt es zwar, bislang aber nur als Sonderanfertigungen, nach denen man suchen muß. Nicht jede(r) hat Riesenpranken und/oder ist in den Händen so beweglich …
@casehugger Wie Du selbst schreibst – das wird bereits gebaut – also finde ich nicht, dass Mann darüber nachdenken muss
https://www.klassikradio.de/aktuelles/kleine-klaviaturen-fuer-kleine-haende-kleine-tasten/
leider habe ich nicht mal das Geld um mir eine solche Klaviatur bauen zu lassen (Orgeln haben ja in der Regel mehrererere)
die „balanced“ Klaviatur wäre von sich aus bereits um eine weiße Taste schmaler und Janko schlägt das Argument nochmal um Längen
@casehugger Schau Dir mal das Una Corda Stretto an von David Klavins.
Nichts Neues unter der Sonne…
1. Was ist denn der große klangliche Unterschied zwischen dem Pedal harmonique und Blüthners Flügel mit Aliquotsaiten? Bei denen klingt ja auch die zusätzliche 4. Saite eines jeden Chors als Resonanzsaite ständig mit… und das seit den 1870er Jahren.
2. Ein Klavier mit gebogener (= etwas ergonomischerer) Klaviatur hat schon jemand in den (glaub ich) 1930er Jahren gebaut. So ein Klavier kann man zb. in Wien im Technischen Museum bewundern. Hat sich offenbar nicht durchgesetzt.
3. Den Vertical Grand gab es schon Mitte des 18. Jhdts. und das hieß damals „Giraffenklavier“.
4. Ich hab vor ca. 20 Jahren im TV einen Beitrag über einen leicht exzentrischen ungarischen Pianisten gesehen, der sich ein Linkshänderklavier hat bauen lassen. Musste wohl eine Menge überflüssiges Geld herumliegen haben… Viel Spaß allen, die auf so einem Klavier lernen und dann beim Gig ein normales Klavier auf der Bühne/dem Podium stehen haben. Dass man Digitalklaviere per Knopfdruck umdrehen kann, wäre ja nicht besonders aufwändig. Das hat vor 50 Jahren mit seinen Keyboards schon Meister Joe Zawinul gemacht.
@wolke Hallo Wolke
danke für Deine ausführlichen Kommentare. Hier ganz kurz einige Anmerkungen meinerseits:
1. Das Pedal Harmonique klingt wesentlich anders als Blüthners Aliquot System und erzeugt wirklich eine Art Hall-Effekt, der über das Pedal gut dosiert werden kann. Am besten selbst ausprobieren. (Schade ist natürlich, dass es dieses Pedal nur bei einem Flügelbauer gibt.)
3. Ja, aufrechte Flügel gab es schon früher, aber nicht in Leichtbauweise, ohne Streben und rückseitiger Mechanik.
4. Ganz klar ist dies eine komplexe Frage. Ich weiss nicht, wie ich mich entscheiden würde, wenn ich Linkshänder wäre. Interessant sind die Instrumente trotzdem.
5. Die Frage der Kosten… einige der hier vorgestellten Konzepte sind durchaus bezahlbar (das Una Corda liegt bei ca. 20k€, Feurich Flügel sind sehr preiswert und das Vertical Grand wird auch einiges günstiger sein als ein Bösendorfer oder Steinway.)
5. Der Einsatz von neuen Materialien im Klavierbau ist mMn die einzig wirklich sinnvolle Innovation. Karbon verwendet zb. Kawai in den besonders beanspruchten Teilen der Klaviermechanik. Neuartige Metall-Legierungen oder Kunststoffe könnten sicher als Ersatz für Holz oder Filz an bestimmten Stellen im Klavier interessant sein.
Das Grundproblem für mich mit all diesen „Innovationen“ ist, dass sie für den Normalverbraucher praktisch nicht zu bezahlen sind. Das sind ja keine „custom made“-Gitarren. Ein 3m-Konzertflügel kostet heutzutage locker über €100.000. Eine Spezialanfertigung (gebogen oder Linkshänder oder womöglich gebogener Linkshänder) sicher ein Vielfaches davon. Wer kann sich sowas leisten?
Die tourenden Klassik-Pianisten finden ja in jeder Stadt und in jedem Saal ein anderes (Standard-)Instrument vor. Was bringt es, zuhause an seiner Spezialanfertigung zu üben, wenn am „Arbeitsplatz“ dann der übliche Steinway&Co steht. (Und die Zeiten von Horowitz und Michelangeli, die mit eigenem Flügel reisen konnten, sind denke ich vorbei.)
Und die Jazz/Pop/Sonstwas-Pianisten sind ja meist schon dankbar, wenn man ihnen überhaupt ein gutes akustisches Klavier hinstellt (oder gar einen Flügel *träum*) und nicht irgendeine billige Digitalkiste, die natürlich wartungsfrei ist und nie gestimmt werden muss bzw. meistens ohnehin erwartet, dass sie ihr eigenes Equipment herschleppen.
Bleibt also nur der Markt der Privatpersonen, die sich sowas gerne ins Wohnzimmer stellen würden… siehe oben: wer kann sich das leisten? Sicher nicht so viele, dass es für die Klavierbauer wirtschaftlich rentabel wird, diese Dinger zu bauen.
Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass sich irgendeine dieser Innovationen in großem Stil durchsetzen wird. Und deshalb wird in der Welt des akustischen Klavierspiels wohl alles schön beim alten bleiben…
(Sorry für den Roman… aber Klaviere sind mir ziemlich wichtig… 😉)
Vielen Dank für diesen interessanten Artikel über die Möglichkeiten des Klavier- und Flügelbaus!
Ich finde die ergonomischen Aspekte besonders wichtig.
Seit vielen Jahren schwebt mir nicht nur eine gebogene, sondern insgesamt dem Radius der Armbewegung angepasste Tastatur vor, also auch seitlich abfallend.
Diese Überlegung resultiert aus dem täglichen Klavierunterricht, wo die Körperhaltung auch aus gesundheitlichen Erwägungen eine sehr wichtige Rolle spielt, vor allem bei Kindern.
Mein Klavierstimmer, der leider gerade viel zu früh verstorbene Klavierbauer Hein Berendonk aus Lüttelbracht, meinte daß dies zwar technisch wohl vorstellbar, aber nur mit einem enormen Aufwand realsierbar sei.
In der Höhe verstellbare Pedale sollten da wohl viel einfacher zu bauen sein, und würden sich perfekt an die individuelle Körpergröße und Spielhaltung anpassen.
Ich bin gespannt auf die weitere Entwicklung!
Andreas Tekath
Kinrooi
Belgien
Spannender Artikel, vielen Dank dafür!
In einem Buch über Musikgeschichte las ich einmal, dass die Musik der „großen Komponisten“ (Mozart, Beethoven, Brahms…) damals ganz anders geklungen habe, weil die Klaviere noch gar nicht so ausdrucksstark gespielt werden konnten, bzw. es ja noch Cembali waren. Die heutige Klaviertechnik wurde erst mit den Komponisten zusammen entwickelt.
Irgendwann muss also mal jemand beschlossen haben, dass Klaviere nun fertig entwickelt sind. 😅