Chapman Rob Scallon Signature
Rob Scallon hat es geschafft! Mit rund 1,8 Millionen Followern auf YouTube scheint der 30-jährige US-Amerikaner nicht nur seine Gemeinde von seiner Performance überzeugt zu haben, sondern auch Rob Chapman und seine gleichnamige Firma Chapman Guitars im fernen England. Die haben ihm nämlich gleich zwei Signature-Modelle auf den Leib geschneidert: ein Instrument mit der stattlichen Anzahl von acht Saiten und ein weiteres für normalsterbliche Spieler in der gewohnten sechssaitigen Ausführung. Beide im Natur-Look und beide unter 1000,- Euro im Handel zu bekommen, wir haben uns mal die Standardversion mit sechs Saiten für einen genauen Check zukommen lassen.
Chapman ML1 RS Rob Scallon – Facts & Features
Wie frisch von der Werkbank sieht sie aus, mit ihrem naturbelassenen Sumpfeschekorpus und dem rötlichen Mahagonihals, der die beiden Korpushälften miteinander verbindet. Wir haben es bei der Chapman ML1 RS Rob Scallon E-Gitarre also offensichtlich mit einer Neck-Through-Konstruktion zu tun, was ja an sich schon mal ein kräftiges Sustain und gute Werte in Sachen Resonanzen verspricht. Dazu kommt eine feste Brücke mit einer Saitenführung durch den Korpus, was erfahrungsgemäß für einen zusätzlichen Schub in allen Bereichen sorgt. Zusätzlich zur Wölbung der Decke finden wir weitere Annehmlichkeiten in Form von Fräsungen rund um die beiden Cutaways sowie auf der Rückseite, wo sich erneut die allseits beliebte „Bierbauchfräsung“ breitgemacht hat.
Die Arbeiten wurden sorgfältig ausgeführt und bis auf ein kleines Astloch an der Rückseite besitzen die beiden verwendeten Stücke Esche eine durchaus attraktive Maserung – wenn man denn auf einen solchen Naturholz-Look steht. Alle Ecken und Kanten des Korpus wurden sauber abgerundet, auch der kritische Bereich rund um den Hals-Korpus-Übergang gehört dazu. Der Übergang wurde zudem ergonomisch gestaltet, halt so, wie man es von einer Super-Strat aus dem Hause Chapman erwartet bzw. gewohnt ist.
Eine hauchdünne Satinlackschicht schützt Korpus und Hals auf das Nötigste und sorgt darüber hinaus für ein natürliches, wunderbar griffiges Spielgefühl der Halsrückseite. Die ist zudem typisch flach ausgefallen und entspricht somit den Anforderungen an eine moderne Metal-Gitarre vollkommen. Genau so, wie auch die sauber ausgeführte Bundierung mit Jumbo-Bunddraht auf einem Griffbrett aus Ebenholz. Exklusiv hingegen ist das Infinity-Symbol in der Oktavlage, das jedes Instrument aus dem Hause Chapman schmückt. Ansonsten zeigt sich das Griffbrett gewohnt nüchtern in Bezug auf Perlmuttschmuck, die Dots am Rand bieten jedoch zumindest eine rudimentäre Orientierung.
Ein 42 mm breiter TUSQ-Sattel dient zur Führung der Saiten in Richtung der Mechaniken, die über einen Klemmmechanismus verfügen und aus dem Hause Hip Shot stammen. Auch wenn Locking-Tuner bei einer E-Gitarre mit fester Brücke keine so wichtige Rolle spielen, so nimmt man einen Satz Qualitätsmechaniken doch trotzdem gerne mit. Über die Brücke mit der String-through-Saitenführung habe ich schon berichtet, der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass diese von Chapman selbst stammt und genau so schwarz lackiert wurde, wie die komplette Hardware der Gitarre.
Zu dieser Hardware zählen natürlich noch weitere Dinge wie etwa der Dreiwegeschalter und die zwei Regler für Volume und Tone, wobei das Tone-Poti als Push-Pull-Variante arbeitet und nach dem Anheben die beiden Chapman-Humbucker in den Singlecoil-Modus versetzt. Konnte die Hardware bislang überzeugen, so gibt es erste Schatten bei den Bedienelementen, denn das Push-Pull-Tone-Poti wackelt bedenklich auf seiner Achse und auch der Dreiwegeschalter dürfte dem neuen Besitzer vermutlich nicht lange Freude bereiten. Dafür aber besitzen die Regler griffige Knöpfe aus Metall, was speziell beim Anheben des Tone-Potis von Vorteil ist.
Über den Schalter werden die beiden Humbucker ausgewählt, die aus Chapman-eigener Produktion stammen und direkt in das Holz des durchgehenden Halses eingepflanzt wurden. Sie tragen die Bezeichnung „Passive Aggressiv Humbucker“ und ich darf jetzt an dieser Stelle schon verraten, dass der Name dieser beiden Doppelspuler tatsächlich Programm ist bzw. nicht zu viel versprochen wird. Die beiden Kollegen an Hals- und Stegposition verfügen über einen enormen Output und können selbst dem schwachbrüstigsten Amp richtig Beine machen, wenn es drauf ankommen sollte. Zumindest dann, wenn sie als reine Humbucker betrieben werden, denn auch hier muss man erneut mit Kompromissen leben, sollte man einen möglichst echten Singlecoil-Sound erwarten. Dieses Klangbild wird ein waschechter Humbucker aber vermutlich nie liefern können, genau so wenig, wie man von einem Singlecoil ein mittiges, durchdringendes Brett erwarten darf. Dennoch sind solche Features, an einer E-Gitarre mit Humbuckern an Bord, meiner Meinung nach ein must have – und technisch betrachtet für den Hersteller ja auch nicht besonders aufwendig zu realisieren.
Chapman ML1 RS – Ein kurzes Zwischenfazit
Abgesehen von der etwas fragilen Hardware, die Rede ist ausschließlich von den zwei Potis und dem Schalter, gibt die Chapman ML1 RS Rob Scallon E-Gitarre nach dem ersten genauen Check ein grundsolides Bild ab. Der konturierte Korpus wurde sauber mit dem durchgehenden Mahagonihals zu einem Ganzen zusammengefügt und mit der String-through-Saitenführung gibt es noch ein kleines Extra in puncto Tonentfaltung dazu. Durch die beiden Chapman-Humbucker hoffentlich gut an den angeschlossenen Amp transportiert, oder? Schauen wir nun, wie sich die ML1 RS in der Praxis schlägt!
In der Praxis!
Wie erwartet, bietet die Chapman dank ihrer Grundkonstruktion einen druckvollen und sustainreichen Grundsound, der jedoch nicht besonders brillant, sondern eher gedämpft erscheint und auch nicht mit einer besonders ausgeprägten Dynamik glänzt. Die Bespielbarkeit des Halses ist hingegen sehr gut und wäre sicher noch ein Stück besser, wenn die Saitenlage nicht über die Maße hoch wäre, zumindest bei unserem Testinstrument ist hier noch eine Menge Luft nach oben bzw. in diesem Fall nach unten möglich.
Die ML1 RS ist zwar nicht sehr schwer, dafür plagt sie bzw. ihren Spieler ein ganz anderes Problem: ihre Kopflastigkeit nämlich. Egal, ob die Gitarre nun am Gurt baumelt oder auf dem Schoß ruht, stets gibt es die Tendenz zum Abkippen nach links. Schuld daran sind sicher nicht nur die massiven Hip Shot Tuner an der Kopfplatte, sondern bestimmt auch Fehler, die bereits bei der Konstruktion der Gitarre gemacht wurden. Was früher mal fast wie eine Krankheit mehr oder weniger die gesamte Gitarrenindustrie beschlich, galt ja eigentlich als ausgestorben, nur ab und an tritt dieses Problem eben noch auf.
Einen eher durchwachsenen Auftritt legen die zwei Chapman-Humbucker hin. Wie bereits erwähnt, besitzen sie eine sehr hohe Ausgangsleistung, sodass am Verstärker nur relativ wenig Verzerrung nötig ist, um es trotzdem ordentlich krachen zu lassen. Mit zunehmender Zerrung steigt allerdings auch das Risiko, in einem Meer aus Brei zu ertrinken, zudem übersteigen auch die Nebengeräusche dann ein für die Ohren erträgliches Maß. Mit dem Anheben des Tone-Potis, und damit der Aktivierung des Singlecoil-Modus, fallen der Druck und die Dynamik dann erwartungsgemäß leider auch hier ein gutes Stück weit ab.
Die Klangbeispiele
Für die nun folgenden Klangbeispiele habe ich wieder meinen Referenz-Amp Orange Micro Dark eingesetzt, der mit einer 1×12″ Celestion V30-Box verbunden war. Vor der Box stand ein AKG C3000 Mikrofon, bevor das Signal in Logic Audio aufgezeichnet wurde. Effekte wurden nicht eingesetzt, lediglich ein Limiter diente zum Abfangen der Pegelspitzen. Ich habe die Tracks mit ganz unterschiedlichen Kombinationen der Pickups eingespielt, darunter auch welche mit dem Sound der Chapman-Humbucker im Singlecoil-Modus.