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Test: EastWest MIDI Guitar Series, Orchestral Library

Eine Reise in die Weiten der MIDI-Welt

6. September 2017

Die Geschichte ist so alt wie die Musik an sich. Wann immer der Mensch einen Gegenstand gefunden hat, aus dem er einen melodischen oder rhythmischen Klang erzeugen konnte, war er schon wieder auf der Suche, wie er diesen Klang erweitern oder ergänzen kann. Ähnlich einem Pedal Nerd auf dem „der Weg ist das Ziel“-Trip, dessen Suchen nach dem ultimativen Ton wichtiger geworden ist, als den ultimativen Ton auch wirklich zu finden.

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Sprengte der Synthesizer bereits in den Siebzigern die Vorstellungskraft von Musizierenden, war es der Samplerboom der Achtziger, welcher endgültig jegliche Form von Klängen oder Geräuschen in einen Song zwängen konnte. Um diese Art der Musikspeicherung abrufen zu können, erinnerte man sich seiner Zeit an die DIN-Stecker, welche die Älteren unter euch noch von Papas Braun Stereoanlage kennen werden. Fünf Leiter auf kleinstem Raum, erwartungsgemäß eine deutsche Erfindung, welche der japanischen Cinch Armada um Längen überlegen war, allerdings nur ein Bruchteil so cool aussah.

Durch die neu eingeführte MIDI-Schnittstelle hingegen erlebte diese Steckerform jedoch eine neue Karriere. Jetzt ging es nur noch darum, das passende, möglichst polyfone Instrument zu finden, welches die Sampler ansteuern sollte. Die Entscheidung war schnell gefunden. Eine Gitarre schied mit ihren mannigfaltigen Modulationsmöglichkeiten wie Vibrato, Bendings und der Möglichkeit eines unsauber gespielten Tons sehr schnell aus, während das Keyboard lediglich mit dem Parameter Lautstärke hervorragend zu bändigen war. Von da an war alles, was mit „elektronischer“ Musik assoziiert wurde, fest in Keyboarder Hand.

Warum diese Geschichtsstunde? Nun, der folgende Testbericht der EastWest MIDI Guitar Series hat etwas von einer Marsexpedition, will heißen, wir bewegen uns in einem Terrain, was nicht für unsere Natur gemacht ist. Wenn wir darin überleben, erschließen sich dem Gitarristen neue Welten, respektive ungeahnte Klänge, aber vorher gilt es, die „feindliche Umgebung“ zu erschließen. Nun denn, wie gelangen wir denn nun in den Makrokosmos der Sampler-Verwaltung?

Vorbereitungen und mechanische Umbauten

Zunächst geht es an das eigene Instrument, welches in seiner ursprünglichen Arbeitsweise nicht zu gebrauchen ist. Um einen Sampler anzusteuern, bedarf es eines hexaphonischen Tonabnehmers, welcher möglichst nah am Steg der Gitarre platziert wird. Der über sechs Einzelausgänge verfügende Pickup mag keine großen Amplituden in der Saitenschwingung, daher der Einbau nahe am Steg. In unserem Fall übernimmt dies der Fishman Triple Play, eine Kombination aus Pickup, Montagerahmen und Controller, welcher die in MIDI Signalen gewandelten Daten eines Gitarrensenders gleich über Bluetooth überträgt. Dabei können die regulären Tonabnehmer unabhängig MIDI Datenspender weiterhin benutzt werden.

— Fishman Triple Play Bluetooth Control —

Der Pickup kann über verschiedene Rahmen entweder an der Brücke befestigt oder aber auf die Decke der Gitarre geklebt werden. Der Controller hingegen wird über eine Magnethalterung am Gurtbefestigungspin angebracht und kann über zwei verschiedene Winkel sowohl für Flattop als auch für Archtop Gitarren verwendet werden. Seine Betriebsspannung erhält der Controller von einem intern verbauten Akku, welcher über ein mitgeliefertes Netzteil geladen wird.

— Fishman Triple Play Zubehör —

Auf der anderen Seite dient ein USB-Stick als Empfangseinheit für den Rechner, welcher zu Beginn der Zusammenarbeit einmal mit dem Controller verbunden werden muss. Als Betriebssysteme werden Windows 7 und das bereits recht betagte OSX 10.7. akzeptiert, allerdings sollte man auch ein Auge auf verwendete Datenbank in Sachen Mindestvoraussetzungen legen. Im Lieferumfang enthalten ist ebenfalls das Triple Play Software-Paket, welches sowohl als Host als auch als Plug-in, zum Beispiel als VST oder AU-Plug-in, betrieben werden kann. Dem System liegen ebenso einige Sample-Pakete wie Sample Tank 2.5 und Amplitube bei, sodass man neben der Sample-Dateien von Logic oder Cubase noch mehr Auswahlmöglichkeiten hat.

— Fishman Triple Play Controller Swicher —

Host oder Plugin?

Als Datenbank dient uns die EastWest MIDI Guitar Series, welche unter Volume 1 eine umfangreiche Bibliothek klassischer Instrumente bietet, welche speziell auf den Fishman-Pickup abgestimmt wurden. Zudem habe ich noch einige Sounds aus der Eastwest Keys and Percussion Volume 5 in die Soundbeispiele genommen.

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— EastWest MIDI Guitar Series Volume 1 —

Zunächst muss man sich über die Betriebsart im Klaren werden. Im Programm Triple Play wird die Datenbank als Host betrieben und kann im Studio oder auch Live als normaler Klangerzeuger verwendet werden. Durch die getrennte Verwendung des hexaphonischen und der elektromagnetischen Tonabnehmer ist es also durchaus möglich, mit seiner Gitarre ein reguläres Set über die internen Pickups zu spielen und als akustische Abwechslung die Datenbanken zusätzlich oder anstatt der internen Pickups zu verwenden. Hierzu später mehr.

— EastWest MIDI Guitar Series Volume 5 —

Alternativ kann Tripleplay auch als Plug-in in Logic oder Cubase benutzt werden, unterstützt werden die Formate VST2 / AU und  AAXnative. Hierbei werden bei einer Aufnahme nur die MIDI-Daten aufgezeichnet, welche bei der Wiedergabe das Plug-in speisen. Wichtig: Die Datenbank funktioniert beim Mac nur im 64-Bit-Modus, in der 32-Bit-Variante werden die Sounds nicht erkannt!

EastWest MIDI Guitar Series – in der Praxis

Zunächst muss man als Gitarrist einen vollständigen Neustart seines musikalischen Programms durchführen. Alles, was man im Laufe seiner Ausbildung mühsam geübt und entwickelt hat, als da zum Beispiel ausdrucksstarkes Spiel mit großer Dynamik, Deadnotes oder Harmonics jeglicher Färbung wären, gilt es zunächst aus seinem Spiel zu verbannen und den Fokus auf absolut gleichmäßiges und sehr sauberes Spiel zu legen. Alles aus dem Stevie Ray Vaughan Lager schließt man am besten fest weg und hört sich zur rechten Einstellung am besten mal ein paar Alan Holdsworth Platten an.

Fishman Triple Play Controller Volume Wheel

Insbesondere mitschwingende Saiten sind dem System ein purer Graus. Abdämpfgeräusche werden schnell als tonaktive MIDI-Events interpretiert und lassen im Hintergrund störende Töne entstehen. Ähnlich einiger Tapping-Protagonisten empfiehlt es sich, einen Dämpfring nahe des Sattels zu platzieren. Durch das Aktivieren den Mono-Modes lässt sich dieses Problem einschränken, allerdings sind in diesem Modus keine Mehrklänge mehr spielbar.

Des Weiteren gilt es, wie bereits erwähnt, ein sehr sauberes Spiel an den Tag zu legen. Rock ’n’ Roll Attitüden sind hier völlig fehl am Platz, da sie nur zu unkontrolliertem Matsch im Endergebnis  führen. Zu guter Letzt muss man sich vor allem vor Augen führen, welches Instrument man gerade ansteuert und wie dieses sich in seinem natürlichen Habitat anhört. Violinen spielen zum Beispiel nur sehr selten Powerchords und der Frequenzgang einer Posaune hört sich nun mal nur innerhalb eines spezifischen Umfangs realistisch an. Man sollte sich also schon zu einem gewissen Maß mit den gesampelten Instrumenten auskennen, bevor man zu Werke geht.

Ebenso sollte man etwas Zeit mitbringen, da der Umbau der Gitarre und die umfangreiche Installation der Software mit Download-Managern, Autorisationen, Optimierung und Verstehen des Systems gerne zwei Tage oder mehr in Anspruch nehmen kann. Wohlgemerkt, wir reden von Gitarristen. Was für Elektroproduzenten kalter Kaffee ist, will vom klassischen Holzwurm erst noch verstanden und verarbeitet werden.

EastWest MIDI Guitar Series – der Sound

Hier kommen wir zum Highlight des Testberichts! Zweifelsohne erweisen sich die für den Fishman Triple Play optimierten Sounds als durchgehend sehr hochwertig. Nicht nur, dass die einzelnen Instrumente der EastWest MIDI Guitar Series mit mehreren dynamischen Stufen gesampelt wurden, es wurde auch auf die Sitzposition im Orchester geachtet und diese im Panorama und in der Tiefenstaffelung berücksichtigt. Wenngleich einige von sich aus aggressiv bis beißend klingende Instrumente wie zum Beispiel Trompeten in den hohen Lagen einen Hauch zur Künstlichkeit aufweisen, so ist der Grundklang der einzelnen Instrumente als weich und natürlich anzusehen.

Gleiches lässt sich über die Keyboards-Library der EastWest MIDI Guitar Series sagen. Stellvertretend für eine umfangreiche Auswahl von realistischen und bewusst verfremdeten Klängen lässt sich anhand einer Kirchenorgel, einem Steinway Flügel und einem Clavinet / Spinett sehr gut erahnen, in welcher Qualität die Instrumente vorliegen. Eine komplette Auflistung würde den Rahmen dieses Tests um ein Vielfaches sprengen, echte qualitative Ausreißer sind nicht zu vermelden.

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Fazit

Mit der EastWest MIDI Guitar Series bietet der Hersteller mit der für Fishman Triple Play Wireless Guitar Controller optimierten Datenbank eine Menge fürs Geld. Die durchweg hervorragend klingenden Instrumente begeistern durch hohe Detailtreue und sehr gute Tiefenstaffelung.

Wer seinen klanglichen Horizont erweitern möchte und dabei auch vor tiefgreifenden Änderungen seiner Spieltechnik nicht zurückschreckt, sollte die Kombination aus Controller und Datenbank unbedingt einmal antesten!

Plus

  • Samplequalität
  • Detailtreue
  • Tiefenstaffelung

Preis

  • Ladenpreis Fishman Triple Play: 327,- Euro
  • EastWest MIDI Guitar Series Volume 1: 119,- Euro
  • EastWest MIDI Guitar Series Volume 5: 119,- Euro
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Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    Green Dino AHU

    Interessant, wollte mir eh wieder ne Gitarre kaufen (nach über 10 Jahren) – was mich etwas verwundert, im Test klingt es so als würde das ganze nur mit Logic und Cubase funktionieren – Gibt es da wegen Bluetooth irgendwelche Restriktionen? Kenn mich damit nicht aus…Das sind doch nur Midi Daten und die Sache müsste doch in jedem (kompatiblem) Host als Plugin laufen, oder?

    Mal schauen, was es da noch so gibt, prinzipiell finde ich das ne interessante Sache.

  2. Profilbild
    Eibensang

    Es wird – einmal wieder – kein Verkaufsschlager werden. Prognostiziere ich. Es ähnelt – nach wie vor – der Quadratur des Ovals oder dem Reitsattel für die Ziege: Wer „nur“ Gitarre kann, soll auf Samples und Synthsounds zugreifen können – aber muss dabei das gitarristisch Typische so weit einschränken, dass es schon wieder leichter erscheint, sich ein paar Tastenriffs anzutrainieren – oder jemand zu fragen, der oder die Keyboards bzw. Synthesizer spielen kann.

    Warum wird sowas grenzwertig Dämliches hergestellt? (Stellt’s euch mal umgekehrt vor: Gitarrensounds für Keyboarder – aber nur BEI steter Bedienung des Bending-Rades! Und du musst vorher dein Keyboard aufschrauben, um irgendwas reinzuspannen…) Um endlich ganz viele elektronische Fiepskistchen für teuer Geld an die unübersehbaren Heerscharen derjenigen verhökern zu können, die lieber Saiten streicheln, zupfen, schrammeln und auch – hören!?

    Und selbst wenn’s klappt: Wer im Publikum würde die Synthetix (oder täuschend echten Trompeten, Pauken, Uhs, Ahs, Pattapöngs, Weicherstreicher, Weltunter- und – gähn – Sonnenaufgänge…) auf der Bühne (m)einem Gitarrenspiel – oder überhaupt einer Echtzeit-Handlung – zuordnen? Können?

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