In Kalamazoo brennt noch Licht!
FĂŒr viele Spieler der wohl berĂŒhmtesten Singlecut der Welt gelten die Paulas von Heritage Guitar aus Kalamazoo als die bessere Wahl im Vergleich zum Original von Gibson. Zur Erinnerung: Die Firma Heritage entstand 1985 aus ehemaligen Mitarbeitern von Gibson, die ihr gewohntes Lebensumfeld nicht aufgeben wollten, um den Weg zum neuen Gibson-HQ in Michigan/Tennessee anzutreten. So blieb eine Handvoll Gitarrenbauer in den ehemaligen Fabrikhallen zurĂŒck und fertigt seit dem in Kleinserien u. a. ihre eigene Variante der guten alten Les Paul. Dabei hĂ€lt man sich streng an das Original, bis auf die etwas verĂ€nderte Kopfplatte ist eine Paula von Heritage rein optisch nicht von einer Les Paul aus dem Hause Gibson zu unterscheiden. Die Unterschiede scheinen wohl in kleinen, aber feinen Details zu liegen, denn nur so erklĂ€rt sich die Beliebtheit der Heritage-Instrumente unter den Kennern und Liebhabern dieses Typs Gitarre. Ob nun auch die Heritage Guitar H-150 VCSB diese Attribute besitzt, werden wir im folgenden Review klĂ€ren.
Les Paul Alternative – Heritage Guitar vs Gibson
Die Zutaten sind bekannt und bewĂ€hrt. So wie die Paula von Gibson selbst bedient sich auch die Heritage Guitar H-150 VCSB an den bewĂ€hrten Zutaten fĂŒr Korpus und Hals. Basis bildet also ein zweiteiliges StĂŒck Mahagoni, auf das eine geriegelte Ahorndecke aufgeleimt wurde. Das Modell H-150 gibt es in verschiedenen Farben, das Finish unseres Testinstruments trĂ€gt die Bezeichnung VCSB fĂŒr „Vintage Cherry Sunburst“, erhĂ€ltlich ist die Gitarre darĂŒber hinaus noch in weiteren Sunburst-Lackierungen oder einfach nur in schlichtem Schwarz. Das jedoch in verschiedenen ZustĂ€nden, denn neben Hochglanzlackierungen sind einige der angebotenen Modelle auch in einem Aged-Finish zu bekommen und genau ein solches besitzt auch unser Testinstrument. Zum GlĂŒck wurde aber mit diesen „kĂŒnstlich zugefĂŒgten Abnutzungserscheinungen“ nicht zu sehr ĂŒbertrieben, lediglich der Lack wirkt etwas stumpf, von tiefen Kratzern oder gar fehlenden HolzstĂŒcken blieb unsere Gitarre verschont. Sie wirkt einfach so wie eine gut erhaltene Paula, die schon einige Jahrzehnte auf dem Buckel hat, aber dabei stets pfleglich behandelt wurde.
Komplett neu hingegen erstrahlt die Hardware  mit ihrer frischen Chromschicht, bestehend aus dem klassischen Steg/Tailpiece Konstruktion, den Kappen fĂŒr die Pickups und den Mechaniken an der Kopfplatte, die Grover dem Instrument beisteuert.
Heritage Guitars Paula – Mahagonihals & Humbucker
Wie gewohnt wird die fein geriegelte Decke von einem cremefarbenen Binding umrandet, das sich an den RĂ€ndern des Griffbretts fortsetzt. Dicke, trapezförmige Inlays aus Perlmutt, eingesetzt in ein Palisandergriffbrett, weisen den Weg auf dem Hals, der absolut sauber zusammen mit dem Korpus verleimt wurde, aus einem StĂŒck Mahagoni besteht und wie gewohnt 22 BĂŒnde zur VerfĂŒgung stellt. Einer der wichtigsten Punkte einer gut verarbeiteten E-Gitarre stellt ja bekanntlich die Bundierung dar, an dieser kritischen Stelle darf einfach nichts ĂŒberstehen, pieksen oder etwa schleifen. Die BĂŒnde der Heritage Guitar H-150 VCSB wurden perfekt eingesetzt, an den Kanten auf beiden Seiten des Griffbretts sauber abgerichtet und auf ihren OberflĂ€chen blitzblank poliert, da gibt es ĂŒberhaupt nichts zu kritisieren.
Erfreulich schlank zeigt sich das Halsprofil, sicherlich nicht vergleichbar mit den Flachbrettern der modernen Metal-Maschinen, aber auch nicht zu sehr ausgeprĂ€gt, wie sie ja beim Original in diversen Ă€lteren JahrgĂ€ngen gerne verbaut wurden. Und damit kommen wir zur nĂ€chsten kritischen Stelle, nĂ€mlich der Lackierung der HalsrĂŒckseite. Auch hier wieder die Frage: Klebt es, oder klebt es nicht? Die einfache Antwort lautet: Nein, es klebt ganz und gar nicht, selbst bei feuchter Greifhand zeigt sich der verwendete Nitrolack Ă€uĂerst resistent gegen das gefĂŒrchtete Ankleben der Greifhand, das schon so manchem den SpaĂ an der Sache verdorben hat. Mich inbegriffen.
Gitarre Ausstattung: H-150 VCSB – Hardware & Pickups
Die Tune-o-Matic BrĂŒcke sowie das Tailpiece stammen von Tone Pros. Beide Teile, ich erwĂ€hnte es bereits, wurden keinem „Aging“ unterzogen, sondern strahlen mit einer frischen, dicken Chromschicht, die sich sicher ĂŒber viele Jahre gegen aggressiven HandschweiĂ und sonstige WitterungseinflĂŒsse behaupten sollte. Bei den Tonabnehmern setzt Heritage Guitar bei der H-150 VCSB auf die Erzeugnisse aus dem Hause Seymour Duncan, hier in Form von zwei ’59 Humbuckern, die wie erwartet ĂŒber den Dreiwegeschalter im oberen Teil des Korpus sowie je einen Volume- und Tone-Regler ausgewĂ€hlt bzw. gesteuert werden.
GrundsĂ€tzlich arbeiten die Potis gut, sie laufen weich auf ihren Achsen und besitzen zudem so gut wie kein Spiel. Allerdings fĂ€llt auf, dass die beiden Volume-Regler nicht ganz „schlieĂen“  bzw. beim Herunterregeln zwar den Sound verstummen lassen, dafĂŒr aber ein unschönes Brummen im Signal hinterlassen. So ist es zumindest bei unserem Testinstrument der Fall. Gut möglich, dass es sich hier um einen Einzelfall handelt, was die Serienproduktion nicht betrifft. Unschön ist es aber allemal und bei einem Instrument dieser Preisklasse sollte das eigentlich nicht vorkommen, wir reden hier immerhin ĂŒber ein Instrument knapp unter der 3000 Euro Schallgrenze.
Das ist der Sound der Heritage Les Paul H-150
Akustischer Grundsound/Handling
Wenn man die Fans und Spieler der Les Paul danach befragt, welche besonderen Merkmale sie an ihrer Gitarre schĂ€tzen, fĂ€llt die Antwort oft recht eindeutig aus. An erster Stelle fĂ€llt hier der Begriff „Sustain“ und mit dieser Eigenschaft kann auch die Heritage Guitar H-150 VCSB mehr als genug dienen. Sie ist ein wahres Monster diesbezĂŒglich, aber auch die ĂŒbrigen Werte können sich durchaus sehen bzw. hören lassen. So besitzt ihr Grundsound ein schönes farbiges Obertonspektrum, wirkt krĂ€ftig im Mittenbereich und glĂ€nzt zudem mit einem seidigen Höhenspektrum. Beste Voraussetzungen also, um sich ĂŒberall gut durchsetzen zu können.
Die Bespielbarkeit ab Werk könnte kaum besser sein, das Testinstrument erreichte uns mit einer perfekt eingestellten Saitenlage und dank der griffigen HalsrĂŒckseite und des nicht zu klobigen Halsprofils ergibt sich ein sehr angenehmes SpielgefĂŒhl auf der vollen LĂ€nge des Halses. Leben muss man allerdings auch hier wieder mit einem recht hohen Gewicht, da steht die Heritage-Paula ihren BrĂŒdern und Schwestern von Gibson in nichts nach.
Elektrischer Sound
Nicht jeder Pickup funktioniert in jeder Gitarre, ich habe schon Modelle mit dem ’59er Humbucker von Seymour Duncan gespielt, die mit dem Grundsound so ihre MĂŒhe hatten. Das ist hier absolut nicht der Fall, die beiden Pickups passen wie die berĂŒhmte Faust aufs Auge zur Grundkonstruktion der Gitarre und portieren den Grundsound nahezu perfekt an den Amp. Einen kleinen Wermutstropfen gibt es allerdings, denn so ganz ohne NebengerĂ€usche scheinen sie nicht auszukommen, je nach StĂ€rke der Verzerrung ist ein leichtes Brummen im Signal feststellbar. Nicht ĂŒbermĂ€Ăig, aber dennoch hörbar. Bei hohen Gain-Settings verstĂ€rkt sich dieser Effekt naturgemĂ€Ă, obwohl die beiden ’59er durchaus auch mit hoher Verzerrung gut umzugehen wissen und den Klang trotzdem sauber und differenziert halten.
Ăberraschend und unerwartet gut zeigt sich ihr Klangverhalten bei den Clean-Sounds, die nicht zu stark mittig klingen und die weichen Höhen und den obertonreichen Grundsound der Gitarre erstaunlich gut rĂŒberbringen. Klar, fĂŒr Funk reicht es natĂŒrlich nicht, aber Akkorde und Pickings klingen sehr ausgewogen und zur Not kann man die Strat oder die Tele dafĂŒr auch mal in der Ecke stehen lassen.
Heritage Guitar H-150 VCSB – Klangbeispiele
FĂŒr die Klangbeispiele habe ich die Heritage-Paula zusammen mit meinem Orange Micro Dark Amp verwendet. Der MD war verbunden mit einer 1×12″ Celestion Vintage 30 Box und wurde abgenommen von einem AKG C3000 Mikrofon. Effekte wurden wie immer keine benutzt.
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Zwei kleine Anmerkungen darf ich loswerden:
„…, bis auf die etwas verĂ€nderte Kopfplatte ist eine Paula von Heritage rein optisch nicht von einer Les Paul aus dem Hause Gibson zu unterscheiden. “
Bei genauem Hinsehen ist der Korpusumriss auch nicht ganz gleich. Relativ deutlich ist das noch beim unteren Cutaway, wo das Horn ein StĂŒck kĂŒrzer ist als bei Gibson und weniger spitz zulĂ€uft, auch ist die Rundung der oberen Schulter einen Hauch flacher und die Taille dadurch weniger ausgeprĂ€gt.
Der andere Punkt ist die Hardware – die „frische Chromschicht“ ist keine, sondern Nickel, zumindest nach Angabe des Herstellers.
Inhaltlich kann ich mich aber nur anschlieĂen, tolle Gitarren mit einem reellen Preis-/LeistungsverhĂ€ltnis fĂŒr eine US-Gitarre dieser Bauart und QualitĂ€tsklasse.