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Vergleichstest: Epiphone Les Paul 50s, 60s & Modern

Ein Himmel voller Geigen

6. Oktober 2020

Ein Les Paul Vergleichstest ist immer dann sinnvoll, wenn wirklich nur ähnliche Modelle dieses Klassikers unter die Lupe genommen werden. Unzählige Variationen der Les Paul tummeln sich auf dem Gitarrenmarkt, von billigsten Einsteiger- bis zu sündhaft teuren Custom-Shop-Modellen mit unterschiedlichsten Features. Doch für den aktuellen Vergleichstest kommen nun 3 Modelle der Gibson-Tochter Epiphone auf den Prüfstand, die sich in Preis und Ausstattung wirklich ähnlich sind und nur in Kleinigkeiten voneinander unterscheiden. Es treten an:

Les Paul Vergleichtstest

Ein Himmel voller Geigen. Von links nach rechts: Les Paul Standard 50s, Standard 60s, Modern Les Paul

Les Paul Vergleichstest – die Gemeinsamkeiten

Der Mahagonikorpus gehört zur Les Paul wie die Fritten zur Currywurst. Sieht man zwar gelegentlich auch ohne, ist dann aber eben nur halb so lecker. Folgerichtig verfügen alle drei Probandinnen über eben jenen, erfahrungsgemäß bleischweren Holzblock. Auch der Hals besteht bei allen Modellen aus Mahagoni und ist standesgemäß natürlich eingeleimt. Das klassische Binding, also diesen charakteristischen, den Korpus und den Hals umlaufenden, meist cremefarbenen oder weißen Streifen, finden wir ebenso bei allen Dreien. Bei Kopfplattendesign, Korpusform  und Anzahl der Regler gibt es ebenfalls keinen sichtbaren Unterschied. Die Tonabnehmer hören bei allen Testkandidatinnen auf den Namen ProBucker 1 in Hals- und Probucker 2 in Stegposition. Was zum Teufel soll das dann alles hier? Sind doch alle drei gleich, oder? Also ab auf die Waage mit den Ladies. Eigentlich fragt man Ladies nicht beim ersten Date nach ihrem Gewicht, aber hier könnte das ja einen signifikanten Unterschied machen. Also ich trau mich was …

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Les Paul Vergleichstest – die Unterschiede

4,05 kg, 4,15 kg und 3,72 kg zeigt die Waage. Zwei der Schönheiten im Les Paul Vergleichstest haben also keine Aussichten auf eins von Heidi Klums bescheuerten Fotos in einer auf Oberflächlichkeit getrimmten Castingshow? Nein! Schönheit liegt immer im Auge des Betrachters. Und da punkten alle gleichermaßen. Kommt die im 50s-Style gehaltene goldfarbene Paula mit einem Gewicht von 4,05 kg daher, hält die 60s-Schwester mit 4,15 kg den Gewichtsrekord. Die in wundervollem „Carribean Blue Fade“ lackierte Modern Les Paul dagegen setzt gewichtsmäßig Maßstäbe und präsentiert sich mit rückenfreundlichen 3,72 kg. Woher kommt das? Nun, die Modern Les Paul rühmt sich mit einem „Ultra Modern Weight Relief Body“. Was genau das bedeutet, bleibt im Dunkeln, auch die Homepage des Herstellers liefert keine Informationen. Möglicherweise hat man unter der gemaserten Ahorndecke Löcher ins Korpusholz gefräst und auf diese Weise etwas Gewicht eingespart. Zusätzlich Gewicht gespart hat man auf jeden Fall beim Hals-Korpus-Übergang, denn dieser ist bei der Modern Les Paul – ganz ihrem Namen entsprechend – modern geshapt. Die Halsprofile der beiden Oldie-Tribute-Modelle nennen sich „’59 Rounded Medium C“, „’60 Slim Taper C“ und „Asymetrical slim taper“, was jeder selbst zuordnen kann. Letzteres ist aber eine extra Erwähnung wert, denn wie im Einzeltest der Schwester positiv vermerkt, ist dieses Halsprofil grandios und fühlt sich an, als wäre die Gitarre schon Jahrzehnte in meinem Besitz.

Les Paul Vergleichstest Neck Joint

Der Neck Joint der Modern Les Paul (rechts) ist ergonomisch geformt, während die Kollegin im 50s-Style mit klassischem Übergang aufwartet

An Abweichungen in der Konstruktion der Gitarren war’s das aber auch schon fast, alle weiteren, sichtbaren Unterschiede sind kosmetischer Natur. Mit Ausnahme der Tuner, denn hier punktet die Modern Les Paul mit Locking-Tunern, die sowohl den Saitenwechsel erleichtern als auch der Stimmstabilität zuträglich sind. Das Design der Stimmflügel variiert von tulpenförmig Chrom (Modern) über tulpenförmig Kunststoff in Creme (50s Modell) bis oval Chrom (60s Modell).

Der auffälligste Unterschied ist natürlich die Lackierung. Obwohl die 50s Les Paul mit einer deckend goldfarbenen Lackierung versehen ist, verbirgt sich unter dem Lack laut Hersteller auch eine Triple-A-Ahorndecke, aber erst bei der 60s Les Paul wird diese dann auffällig in Szene gesetzt, indem man ihr eine durchsichtige Lackierung in Bourbon Burst spendiert hat. Die Modern-Variante der altehrwürdigen Les Paul wird durch das oben schon erwähnte „Carribean Blue Fade“ veredelt. Alle drei Lackierungen sind tadellos ausgeführt, hier entscheidet dann, wie so oft, der persönliche Geschmack. Ob und wie sich eine Lackierung auf den Klang einer Gitarre auswirkt, mögen die Philosophen am Stammtisch zerreden. Die Modern Les Paul und die 50s-Kollegin teilen sich als Gemeinsamkeit die farblos lackierte Rückseite, während sich hier die 60s-Variante in kräftigem Rot präsentiert. Als kleine optische Veränderung verzichtet die Modern Les Paul am 3-Wege-Toggle auf die Rhythm-Treble-Scheibe.

Die elektrischen Besonderheiten

Tauchen wir ein, in die unsichtbaren Tiefen der Elektrik. Und hier liegen die signifikanten Unterschiede zwischen den drei Damen, die ihnen jeweils die Charakteristik verleihen. Nimmt man die klassische Schaltung einer Les Paul, wie sie den Meisten von uns geläufig ist als Standard, kommt hier die 60s Les Paul dieser Variante am nächsten. Der Toggle wählt die Pickups und jeder Pickup verfügt über je einen Volume- und einen Tone-Regler, bevor das Signal auf die Klinkenbuchse geschickt wird. Die 50s Les Paul macht das ganz ähnlich, allerdings kommt hier das sogenannte „50s-Wiring“ zum Einsatz. Was genau das bedeutet, habe ich im Testbericht zu dieser Gitarre einigermaßen verständlich zu erklären versucht. Die Modern Les Paul hingegen verfügt über die Option des Coil-Splittings und eines zusätzlichen Phase-Switches. Zu diesem Zweck sind die jeweiligen Volume-Regler und ein Tone-Regler als Pull-Potis ausgelegt. Das erweitert das klangliche Spektrum dieses Modells natürlich deutlich und sollte all diejenigen aufhorchen lassen, denen die Les Paul bisher nicht vielseitig genug war. Leider sind die klassischen, hutförmigen Potikappen als Pull-Potis nur bedingt geeignet, denn sie sind einfach auf die Achsen gesteckt. Sitzen sie also nicht richtig fest, hat man sie schnell mal in der Hand. Dem kann man mit leichtem Aufbiegen der Potiachse zwar entgegenwirken, dann bleibt aber immer noch das Problem, dass die Kappe sehr wenig Greifwiderstand bietet und sie einem einfach aus den Fingern schlupft, wenn man zu schwitzigen Händen neigt. Warum die Hersteller da nicht generell Push-Potis verbauen, will mir nicht in den Kopf. Als Alternative bietet sich natürlich auch immer ein Mini-Schalter an, der zusätzliche Schaltungsoptionen ermöglicht. Wie auch immer, letztendlich kaufentscheidend sollte neben dem Handling natürlich in erster Linie der Sound sein und dem wenden wir uns gleich zu.

Les Paul Vergleichstest – der Shootout

Alle drei Testkandidatinnen im Les Paul Vergleichstest sind werksseitig gut bis perfekt eingestellt und es bedarf keiner Einstellarbeiten. Wie im Test der Les Paul Standard 60s allerdings schon bemängelt, ist der Toggle-Switch defekt, dies darf auch bei günstigen Gitarren in der Endkontrolle nicht durchgehen! Im Vergleichstest führt dies allerdings nicht zur Abwertung. Bei einem Gewicht von rund 4 kg ist bei keiner der Gitarren eine Kopflastigkeit zu erwarten, auch die Modern-Variante mit leichterem Korpus und – durch die Locking-Tuner – schwererer Kopfplatte zeigt keinerlei Bestreben, uns vom Schoß über die Kopfplattenseite gen Fußboden zu gleiten. Am Gurt hängen alle drei gleichermaßen satt und vertraut vorm Bierbauch, der Gewichtsunterschied fällt nur im direkten Vergleich auf, obwohl sich die 300 Gramm der Modern Les Paul bei langen Gigs durchaus positiv bemerkbar machen dürften.

Die unverstärkte Charakteristik der Gitarren ist sehr ähnlich und nur in Nuancen voneinander abweichend, wobei hier für mich die 50s Les Paul in puncto Ansprache und Schwingungsentfaltung die Nase etwas vorn hat. Sie wirkt einfach am „frischesten“, wenn ich es irgendwie in Worte fassen soll. Der Ton ist schneller, präsenter und drahtiger als bei den beiden Schwestern. Das wundert mich schon etwas, da ich der Modern-Variante hier aufgrund ihrer leichteren Bauart gefühlsmäßig den Vorzug gegeben hätte. Es wird also ein spannendes Fotofinish. Ich fahre dann jetzt mal den Kemper hoch (früher glühte man vor!) und vergleiche die drei Schönheiten verstärkt.

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Die Besonderheiten des 50s-Wiring und die Split-Option werde ich in den Soundfiles nicht berücksichtigen, es geht mir hierbei ausschließlich um die direkte Vergleichbarkeit der einzelnen Gitarren Für die Extras bitte ich euch, die Testberichte der jeweiligen Gitarren zu lesen und dort die Audiofiles zu hören. Ich beginne wie immer mit einem Cleansound aus dem Kemper, in diesem Falle ein Profile meines Bogner Alchemist. Die Soundeinstellungen sind bei allen drei Gitarren identisch, für jede Gitarre wurde in der der DAW eine eigene Spur erzeugt, um hinterher Verwechslungen zu vermeiden. Außer einer Raumsimulation vom Kemper sind keine Effekte auf dem Sound. Die Beispiele sind bewusst schlicht gehalten und ich habe versucht, auf allen Testkandidatinnen gleich zu spielen, was Artikulation und Tonauswahl angeht.

Wenn ihr die Soundbeispiele auf einem Smartphone abspielt, muss ich euch direkt enttäuschen, da werdet ihr kaum einen Unterschied feststellen. Nehmt euch die Zeit und hört das über gute Boxen oder Kopfhörer, denn die Unterschiede sind wirklich nur marginal. Für mich hat die 50s Les Paul hier die Nase deutlich vorn, was Direktheit und Klarheit des Sounds angeht. Hier macht sich die direktere Ansprache, die ich im Trockentest schon bemerkt hatte, am ehesten bemerkbar, vor allem mit dem Hals-Pickup gespielt hört man eine deutlich höhenreichere Wiedergabe. Richtung Steg verliert sich dieser Vorteil etwas, hier sind Modern und 50s gleichauf, die 60s schwächelt clean in meinen Ohren komplett.

Der Crunchsound ist immer die Königsdisziplin für mich. Ich nutze hier das Profile eines Morgan AC20. Auch hier führt für mich die 50s Les Paul das Feld an, dicht gefolgt von der Modern. Es ist schwer zu beschreiben, aber die goldene Lady klingt einfach mit deutlichem Abstand am differenziertesten und löst vor allem die Höhen am besten auf. Die Bourbonfarbene hat ihre Stärken im Mittenbereich. Für einen knalligen Crunchsound ist sie daher eher nicht zu haben. Der Steg-Pickup allein hat im Vergleich bei allen dreien so identisch geklungen, dass ich euch die Beispiele erspare.

Was die 60s Kandidatin an mittiger Wiedergabe zu viel hat, könnte uns bei einem Highgain-Sound nützlich sein. Wollen wir mal hören… Und tatsächlich, die Wiedergabe ist dicker, voller, runder. Wie gesagt, alles Nuancen und tatsächlich nur im direkten Vergleich hör- bzw. spürbar.

Hören wir uns mal einen Leadsound an, hier kommt als Referenz-Sound das Profile eines Engl Steve Morse zum Einsatz, garniert mit ein bisschen Delay. Hier kommt mir wieder die Klarheit der 50s entgegen, die dem Anschlag einen etwas besseren Punch verleiht. Die 60s klingt auch hier etwas fetter. Nicht besser, auch nicht schlechter. Die Modern bildet auch hier das Mittelfeld und klingt sauber, aber auch irgendwie steril.

 

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Fazit

Puh, das ist schwer, hier einen eindeutigen Sieger zu küren. Muss ich aber glücklicherweise auch gar nicht. Klanglich hat für mich die Epiphone Les Paul Standard 50s etwas die Nase vorn, weil sie offener, luftiger, klarer klingt als ihre beiden Schwestern. Dafür trumpft die Modern Les Paul mit zusätzlichen Soundoptionen durch Coil-Split und Phase-Switching. Die 60s ist für die Freunde der härteren Gangart sicherlich die bessere Wahl, weil sie mit der fetteren Mittenwiedergabe punktet. Auf jeden Fall ist es erstaunlich, wie unterschiedlich sich in Holz- und Pickup-Wahl identische Gitarren doch unterscheiden, wenn man sie direkt vergleicht.

In puncto Handling ist die Modern Les Paul der klare Sieger, hier führt der gelungene Neck-Joint und das geringere Gewicht zum Sieg. Falls der Preis ausschlaggebend sein soll, bietet hier für mich die 50s am meisten Wert fürs Geld, trotz der vielseitigeren Modern-Variante.

Plus

  • 50s Les Paul: Gesamteindruck
  • Modern Les Paul: Vielseitigkeit, geringeres Gewicht
  • 60s Les Paul: Highgain-Sound

Minus

  • 60s Les Paul: Clean- & Crunchsounds

Preis

  • Epiphone Les Paul Standard 50s: 561,- Euro
  • Epiphone Les Paul Standard 60s 584,- Euro
  • Epiphone Les Paul Modern Figured 685,- Euro
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Klangbeispiele
Forum
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    AMAZONA Archiv

    Prima Relativvergleich, finde ich nützlicher als Einzelbewertungen. Ein ShootOut der 50s mit der Larry Carlton L7 GT fände ich sehr interessant.

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