R128-konform
Seit 2012 gilt im Fernsehen eine neue Aussteuerungsrichtlinie, die auf den Namen R128 hört und von einer Arbeitsgruppe innerhalb der EBU ersonnen wurde. Seit Januar 2012 sind die öffentlich Rechtlichen Fernsehprogramme geschlossen und seit dem Spätsommer/Herbst 2012 die meisten privaten TV-Sender auf diesen Kurs eingeschwenkt. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit eines neuen Metering-Tools. Mit dem Nugen Audio VisLM kann sich der an das TV-Geschäft zuliefernde Studiobetrieb ein solches Werkzeug als Software auf den Rechner holen.
R128 und Lautheit/Loudness
Bereits seit 2-3 Jahren geistern diese Begriffe durch die Audiowelt. Der Loudness-War (Lautheitskrieg), der aktuelle Musikproduktionen mit extremer Hyperkompression hervorbringt, tobt bereits geraume Zeit. Speziell im TV-Sektor sind dem regelmäßigen Zuschauer die starken Pegel-Sprünge (Lautheits-Sprünge) zwischen den einzelnen Sendern (teilweise sogar innerhalb einer Sendergruppe) und zwischen Programminhalten (Film, Dokumentation etc.) und der Werbung ein Dorn im Auge gewesen, was die Beschwerden bei den zuständigen Kollegen in den Funkhäusern bestätigen.
Die PLoud-Gruppe der Europäischen Rundfunkunion (EBU) hat sich diesem Problem angenommen und eine neue Richtlinie zur Aussteuerung ersonnen. Bei dieser wird sich nicht, wie bisher, an dem Spitzenpegel (Peak-Normalization), sondern an der Loudness (Loudness-Normalization) orientiert. Versuche dieser Art gab es schon häufiger. So versuchte die Mastering-Legende Bob Katz das „K-Metering“ zu etablieren und, ebenfalls Mastering-Engineer, Friedemann Tischmeyer hob das DR-System und die Pleasurize-Music-Foundation aus der Taufe. Die anderen Versuche waren und sind meist auf das Musikgeschäft bezogen. Die R128 wurde speziell auf den Rundfunk zugeschnitten.
Während andere Lautheits-Messsysteme häufig nur die Integrationszeit der Messinstrumente herauf setzten, um diese reaktionsträger zu machen, setzt die R128 auf ein ausgeklügelteres System. Es werden alle gemessenen Kanäle summiert, die hinteren Kanäle (Surround) werden dabei um 1,5 dB stärker berücksichtigt. Hiermit soll der subjektiven, evolutionär bedingten Schallwahrnehmung Rechnung getragen werden. Vor der Summierung wird das Messsignal gefiltert. Dabei werden Tiefen ab 100 Hz mit einem Lowcut abgeschnitten und die Höhen mit einem Shelving-EQ bei 1 kHz angehoben. Diese Frequenz-Kennlinie wird mit dem Buchstaben „K“ benannt, da dieser der nächste freie Buchstabe im Alphabet war. Diese so genannte K-Gewichtung hat somit nichts mit dem K-Metering oder K-Stereo zu tun. Der LFE (volkstümlich auch Subwoofer genannt) wird nicht berücksichtigt. Aus diesen Mess-Pegeln werden nur RMS-Werte berücksichtigt.
Es werden drei „Messarten“ unterschieden, die sich nur in der Verwendung der Integrationszeit unterscheiden: ShortTerm, Momentary und Integrated. ShortTerm nutzt eine drei Sekunden lange Anlaufzeit, Momentary integriert mit 400 ms. Bei der Messung ganzer Programminhalte (Film, Dokumentationen, Sendetage …) wird immer die komplette Dauer als Integrationszeit gewertet (diese Messungsart heißt „integrated“), ergibt sich ein recht guter Überblick. Um diesen nicht durch Programmpausen oder „zu leise“ Passagen im Programm nach unten zu verfälschen, werden diese Ausschnitte in der Wertung nicht berücksichtigt. Dies wird mit einem Gate im Messweg realisiert.
Gemessen wird dabei nicht mehr in dB sondern in LU (=Loudness Units). Wenn man die Loudness unterhalb der Vollaussteuerung messen möchte, spricht man von LUFS (FS=Full Scale). Der Zielwert der R128 ist -23LUFS, er wird schlicht 0LU genannt.
Um R128-konform auszusteuern, muss ein neues Pegelmessinstrument genutzt werden. Hier setzt das Plug-in von Nugen Audio an.
Lieferumfang
Mit der Installation des VisLM und LM-Correct finden zwei Plug-ins für die Messung (VisLM-H und VisLM-C) mit einer Standalone-Version auf die Festplatte sowie ein AudioSuite-Plug-in (LM-Correct).
Alle Varianten der Plug-ins können Ton von mono bis zu 5.1 verarbeiten. Das Installieren geht schnell und einfach von der Hand, die Übertragung der Lizenzen auf den iLok erfolgt über das Web-Interface mittels Browser. Syncrosoft (Steinberg) hat das mit seinem Licence Control Center besser gelöst, aber das liegt am iLok.
Zum Thema „LM-Correct nur für Protools“ sollte man an dieser Stelle noch auf den LMB (Loudness Management Batch processor) ebenfalls von Nugen hinweisen. Mit dieser Standalone-Software können beliebige Audio- und Videodateien offline analysiert und korrigiert werden. Ein unglaublich einfaches aber nützliches Tool.
Ansonsten bietet Tonebooster mit EBULoudness fast die gleichen Features wie VisLM zu einem Bruchteil des Preises (15€). Verglichen damit ist das Preis-Leistungsverhältnis von VisLM sehr schlecht.
PS: von wegen „schon wegen des echten TruePeak-Meterings“: die gibts auch kostenlos von SSL (X-ISM) oder Schwa (Bitter)