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Workshop: Gitarre richtig stimmen

In 10 Schritten zu guter Stimmung

20. Februar 2018

Welcher Gitarrist kennt das Phänomen nicht? Gelegentlich, vielleicht sogar häufig klagen wir über Stimmprobleme unseres Lieblingsinstruments. Als Ursache dafür kommen diverse Gründe infrage. Nur wenn alle nun folgenden Faktoren stimmen, werden wir das Stimmen unserer Gitarre(n) auf das Allernötigste reduzieren können. Dieser Amazona Workshop soll helfen, die Ursachen dafür zu ermitteln und zu beseitigen bzw. vom Fachmann beseitigen zu lassen.

No. 1 – Die Saiten

Man tut sich keinen Gefallen, stets die günstigsten Saiten zu kaufen. Kauft man eine Gitarre neu, sollte man besser gleich einen qualitativ hochwertigen Satz dazu kaufen, da neue Gitarren durchaus mit kostengünstigen bzw. qualitativ schlechten Saiten bespannt sein können. Wenn die Gitarre bereits länger im Laden stand, vielleicht auch schon häufiger von verschiedenen Kunden gespielt wurde (die womöglich mit schwitzigen Händen am Werk waren), sind die Saiten natürlich auch stumpf, korrodiert, schlaff und haben ihre Brillanz verloren.

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Übrigens: Haben die Saiten die eben erwähnten Eigenschaften bzw. Mängel, wird die Gitarre auch mit sauber eingestellter Oktavreinheit nie sauber intonieren, dazu aber später mehr.

10er

— Ein gewisser Standard für E-Gitarristen —

Auch sollten die richtigen Saitenstärken aufgezogen werden. Auf akustische Westerngitarren gehören 012″-er, auf elektrische Gitarren 009″-er bzw. 010″-er Saiten, eventuell noch stärker. Die sehr dünnen 008er Saiten halte ich persönlich für elektrische Gitarren ungeeignet – sie reißen bei Bendings recht schnell, bieten zu wenig Widerstand und wenig Bass. Außerdem können diese auch ein Grund für Stimmprobleme sein, da sie zu schnell auf den Druck der Finger reagieren.

No. 2 – Die Mechaniken

Manchmal sind auch die Mechaniken für Stimmprobleme verantwortlich. Sind diese von minderer Qualität, kann es sich lohnen, sie gegen qualitativ hochwertige auszutauschen. Dies macht aber nur Sinn, wenn der Rest der Gitarre ein gewisses Niveau besitzt. Glücklicherweise haben heutzutage nur wirklich sehr preiswerte Gitarren, ausgesprochen schlechte Mechaniken. Man sollte ein Auge darauf haben, dass die kleinen Schrauben der Mechaniken festsitzen und die Mechanik kein Spiel hat.

No. 3 – Halskrümmung und Saitenlage

Viele Faktoren müssen vollständig überprüft werden, um sicherzustellen, dass die Gitarre sauber intoniert. Hierzu zählen auch die optimal eingestellte Halskrümmung und die daraus resultierende Saitenlage. Ist die Saitenlage zu hoch, müssen wir mehr Kraft aufbringen, die Saite herunterzudrücken, also längere Wege gehen, wodurch die Saiten etwas mehr gedehnt werden und somit bei gegriffenen Noten hörbar zu hoch (sharp) erklingen.

saitenlage

— Saitenlage am siebten Bund, Stratocaster —

Der Hals sollte idealerweise eine leichte „Banane“ aufweisen, also ca. am 9. Bund minimal „durchhängen“, wenn wir die Saiten am ersten und letzten Bund herunterdrücken. Der Abstand zwischen Saite und Bund sollte dann ca. einen Millimeter betragen. Nur mit optimal eingestellter Halskrümmung und vernünftiger Saitenlage kommen wir auch in den Genuss einer sauberen Intonation, jedoch auch nur dann, wenn weitere Faktoren stimmen.

No. 4 – Die Bundreinheit

Auch eine exakt eingestellte Oktavreinheit ist von entscheidender Bedeutung für eine saubere Intonation. Wurde hier geschlampt, wird die Gitarre in höheren Lagen, aber auch bei offenen Akkorden immer wieder Stimmprobleme bekommen. Durchaus wahrscheinlich ist, dass wir beim Wechsel zu einer anderen Saitenstärke (stärkeren bzw. dünneren Exemplaren als die vorhergehende Besaitung) die Oktavreinheit neu einstellen müssen, da diese im direkten Zusammenhang mit der Saitenstärke steht.

Anbei ein grobes Vorgehen, wie sich eine saubere Oktavreinheit bei einer E-Gitarre bewerkstelligen lässt. Voraussetzung ist natürlich eine Gitarre mit sechs (bei Telecaster evtl. nur drei) Reitern:

Hierzu sollten wir ein möglichst exaktes Stimmgerät heranziehen. Die im 12. Bund gegriffene Saite sollte gleich hoch (evtl. minimal höher) wie der Flageolettton am 12. Bund sein. Ist der gegriffene Ton verhältnismäßig zu tief, muss der Weg der Saite verkürzt werden, also der entsprechende Saitenreiter in Richtung Hals verschoben werden. Ist der gegriffene Ton zu hoch, muss man analog die Mensur der Saite vergrößern, damit der gegriffene Ton im Verhältnis wieder etwas tiefer erklingt.

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Auch hier sollten die Ohren das letzte Wort bei der Entscheidung der Position des Saitenreiters haben und nicht das Stimmgerät. Wenn man mit der Einstellung der Oktavreinheit überfordert ist, besser zum Fachmann gehen, dieser erledigt das in aller Regel recht fix.

— Typische Stellung der Saitenreiter bei einer Strat mit 010´ er Besaitung —

Bei akustischen Gitarren mit einer Stegeinlage sollte man besser zum Gitarrenbauer gehen, um die Bundreinheit einzustellen oder den Steg „tiefer legen“ zu lassen, um z.B. eine angenehmere Saitenlage zu erreichen.

Oft finden wir bei Westerngitarren einen sogenannten kompensierten Steg vor. Dieser zeichnet sich z.B. dadurch aus, dass der Auflagepunkt der H-Saite etwas weiter außen liegt, die H-Saite dadurch eine minimal längere Mensur hat. Viele akustische Gitarren z .B. der Firma Gibson kommen jedoch ohne kompensierten Steg aus und sind dennoch erstaunlich bundrein.

Und wer es ganz genau wissen will, dem sei unser Workshop „Oktavreinheit Justieren“ meines geschätzten Kollegen Stephan Güte empfohlen.

No. 5 – Temperatur

Erwärmt sich die Gitarre, geht unsere Stimmung in den Keller. Deswegen bei Auftritten mit Bühnenbeleuchtung und Wärme (z. B. durch die Präsenz von Publikum) auf der Bühne, die Gitarre rechtzeitig auf der Bühne mit der Bühnentemperatur vertaut machen. Im Gegensatz dazu wird unsere Gitarre, die wir z. B. aus einem kalten Auto holen und bei Zimmertemperatur stimmen, sich in den ersten Minuten nach oben verstimmt haben. Auch hier gilt: Immer schön akklimatisieren lassen. Bei Open Air Konzerten sollte man während des Gigs häufiger nachstimmen, da dort auch Temperaturschwankungen auftreten können.

No. 6 – Der Sattel

Von allergrößter Wichtigkeit ist ein sauber gekerbter Sattel, gerade dann, wenn wir ein Vibratosystem benutzen (gilt nicht für mit Floyd Rose Vibrato ausgestatteten Modellen). Auch der Winkel und die Tiefe der Kerben (für eine angenehme Saitenlage) sind entscheidend für ein stimmstabiles Verhalten. Sogar das Material des Sattels (Knochen, Grafit oder Kunststoff) hat Auswirkung auf die Stimmstabilität des Vibratosystems. Stimmt hier etwas nicht, muss der Fachmann ran. Der sollte sich Zeit mitbringen, denn hier geht es um 1/100 Millimeter. Wurde diese Arbeit sauber erledigt, können sich die Saiten nicht mehr im Sattel „verhaken“, wenn diese beim Saitenziehen (Bending) oder „Tremolieren“ aus der Ruhelage gebracht werden.

Manchmal kann es helfen, etwas Grafit (von einem Bleistift etwa) in die Sattelkerben zu bringen – das schmiert den Sattel und die Saiten gleiten reibungsfreier hindurch.

No. 7 – Das Vibratosystem

Nur ein optimal eingestelltes Vibratosystem vermeidet Stimmprobleme. Hier werden gerne immer wieder die gleichen Fehler gemacht, was natürlich auch Stimmprobleme nach sich ziehen kann.

  • Free Floating-Vibrato nicht waagerecht bzw. parallel zum Korpus.
  • Zu wenig Federn in der Federkammer (ich empfehle mindestens drei Federn, diese gibt es übrigens auch in verschiedenen Stärken zu erwerben).
  • Schrauben beim Standardtremolo der Stratocaster nicht in optimaler Höhe. Auch hier im Zweifel lieber den Fachmann ranlassen.
tremolo

— Vibratosystem Stratocaster, hier mit zwei Bolzen —

Bigsby Vibratosysteme gestatten uns eher ein mäßiges „Tremolieren“, das bedeutet jedoch nicht, dass diese stimmstabiler sind, obwohl die Stegreiter je nach Modell sogar mit Rollen ausgestattet sind.

No. 9 – Stimmgerät und Apps zum Stimmen

Wenn ein Stimmgerät anzeigt, dass die Saiten gestimmt sind, bedeutet das noch lange nicht, dass wir es nun mit einer perfekt gestimmten Gitarre zu tun haben. Man kann versuchen, die G- und H-Saite minimal tiefer zu stimmen, um einen guten Kompromiss zu bekommen. Stimmt das leere G laut Stimmgerät, kann es dennoch passieren, dass beim Greifen eines E-Dur Akkordes das im ersten Bund der G-Saite gegriffene G# zu hoch erklingt (siehe Absatz Bundreinheit) und wir verstimmt klingen. Aber auch z. B. C-Dur, G-Dur Griff und weitere offene Akkorde sollten „in tune“ sein, d. h. die leeren Saiten müssen auch hier mit den restlichen Saiten harmonieren.

tc-tuner

— Meistens ehrlich, aber nicht immer die ganze Wahrheit —

Eine Gitarre kann praktisch nicht 100%ig stimmen, unser Tuning ist also stets ein Kompromiss, ähnlich wie beim temperiert gestimmten Klavier. Ein Zehntel eines Cents entscheidet bei meiner Wenigkeit oft über Zufriedenheit oder Auftreten eines „körperlichen Unwohlseins“, denn verstimmte Instrumente können einem Musiker mit gut ausgebildetem Gehör die „Fußnägel hochrollen“.

No. 10 – Fehlendes Feingefühl und/oder mangelnde Übung

Leider ist auch eine gewisse Technik und Feingefühl erforderlich, um sauber zu spielen bzw. klingen. Gerade der Anfänger hat damit zu kämpfen. Zuviel übertragene Kraft tut der Stimmung nicht gut. Die Hände sollten wenn möglich stets locker bleiben und gerade ausreichend viel Druck wie notwendig auf die Saiten ausüben, damit die Gitarre gut intoniert. Zuviel Druck ist Vergeudung von Energie und schlecht für die Intonation, da die gegriffenen Noten dann zu hoch erklingen werden.

Ich sage meinen Schülern gelegentlich, dass es leider nur ein Traum ist, morgens aufzuwachen und festzustellen, dass man sein Instrument plötzlich perfekt beherrscht. Jeder Musiker weiß, wie zeit- und energieaufwendig dies ist, alles muss sich mühsam erarbeitet werden. Wenn man Spaß dabei hat, scheint es, als sei es mehr Freude als Arbeit.

So have fun and stay tuned!

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