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Workshop: Alternative Spieltechniken für die E-Gitarre

Pimp your skills

2. Juli 2024

Irgendwann ist der Punkt bei allen Gitarristen erreicht: Wir wollen weg von der ewigen Pentatonik, weg vom langweiligen Alternate-Picking, hin zu abgefahrenen Solo-Attitüden, wir wollen im Scheinwerferlicht glänzen wie eine frisch gegrillte Speckschwarte. Was liegt also näher, uns mal ein paar alternative Spieltechniken anzuschauen, die unseren Auftritt glamouröser machen? Kleine, spielerische Tricks, die das Publikum zum Staunen bringen und die Kollegen vor Neid erblassen lassen? Wir erinnern uns an den ungeschlagenen König des Tappings, Eddie van Halen, und wie er mit dem Rücken zum Publikum „Eruption“ spielt, damit niemand seine geniale und damals revolutionäre Technik abgucken kann. Heute gehört das Two Handed Tapping – so oder abgewandelt – in die Trickkiste eines jeden Gitarristen, weil es unsere Möglichkeiten extrem erweitert und dabei sehr praxistauglich ist. Wir schauen uns heute gemeinsam ein paar Möglichkeiten an, wie wir schnell und effektiv ein paar Tricks ins Spiel integrieren, die unsere Skills als Rhythmus- und/oder Lead-Gitarristen aufpeppen können. Let’s go …

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So spielst du Whammy Bar Tricks auf E-Gitarre

Der Whammy Bar bzw. das Vibratosystem der Gitarre ist für viele ein alltäglicher Begleiter. Doch allzu oft sehe ich die Kollegen, die damit viel zu zimperlich umgehen. Klar ist es schön, wenn wir einem stehenden Ton etwas Shimmer verleihen oder das Fingervibrato der Greifhand unterstützen können. Aber wenn wir über ein verstimmungsfreies System verfügen, spricht doch absolut nichts dagegen, im Sinne alternativer Spieltechniken auch mal richtig Hand anzulegen. Übung 1 ist hier noch relativ simpel. Wir schwingen den Ton mit Hilfe des Vibratohebels ein. Das bedeutet, wir drücken den Hebel etwas nach unten, schlagen den Ton an und lassen dann den Hebel langsam oder schnell los, ganz so, wie es der Song verlangt. Hier ist ein bisschen Fingerspitzengefühl und gutes Timing gefragt, damit es nicht albern klingt. Im Video zeige ich euch die verschiedenen Möglichkeiten. Natürlich taugt dieser Effekt auch für Akkorde, nicht nur für einzelne Töne. Zudem kann bei einem freischwebenden Vibratosystem der gleiche Effekt auch von oben erzeugt werden.

Wenn wir diesen Trick sauber beherrschen, können wir ihn auch direkt mit dem beliebten Federschwirren kombinieren, das funktioniert allerdings nur, wenn das Vibratosystem frei schwebt und keine Blackboxen oder sonstige Schwingungskiller im Federfach verborgen sind. Eigentlich ist das Schwirren der Federn eine Störung, die es zu vermeiden gilt, gezielt eingesetzt klingt das aber vor allem mit einem Highgain-Setting richtig geil fies. Eurer Kreativität ist dabei natürlich keine Grenze gesetzt. Steve Vai ist bekannt für den wirklich kreativen, melodischen Einsatz des Whammy Bars und klingt dabei immer spektakulär. Er kombiniert dabei mehrer Tricks und schont auch seine Gitarre nicht. Und merke: Wenn eine Saite reißt, hat sie es auch nicht anders verdient. In Verbindung mit Pinch- oder Artificial-Harmonics öffnet sich uns da ein Füllhorn neuer Möglichkeiten. Der „Horse Effect“ zum Beispiel ist eine Kombination aus Pinch-Harmonics und Whammy Bar, bei Steve Vai oft zu hören.

Wesentlich ruhiger geht es da Jeff Beck an. In seinem Song „Where were you“ vom legendären Album „Guitar Shop“ zum Beispiel spielt er komplette Teile der Melodie mit dem Jammerhaken und Flageoletts. Auch eine tolle Variante, in der alternative Spieltechniken zum Einsatz kommen. Im Video versuche ich, euch diese Herangehensweise näherzubringen. Es muss auch nicht immer Highgain sein, obwohl das der Erzeugung von Harmonics natürlich entgegenkommt. Gerade effektbeladene Cleansounds lieben den dezenten Einsatz des Wammy Bars.

So klingt die Advanced Whammy Bar Technik

Jetzt wird’s noch mal etwas wilder … Joe Satriani, Ikone, Freak und Lehrmeister von Steve Vai, macht häufig durch alternative Spieltechniken und gelegentlich durch seine Alien-Sounds auf sich aufmerksam. Dies bewerkstelligt er mit einer Kombination aus Tapping der Greifhand im oberen Bereich des Halses, während der Handballen derselben Hand Nebengeräusche leer schwingender Saiten unterdrückt. Dann kommt die rechte Hand ins Spiel und bewegt den Hebel beliebig runter und rauf. Wer einen sogenannten Sustainiac an Bord seiner Gitarre hat, kann diesen Effekt noch dramatisch unterstützen. Der Sustainiac, wie er zum Beispiel im Test der Schecter C-1 von mir schon mal vorgestellt wurde, funktioniert im Prinzip wie der klassische E-Bow, der schon vor Jahrzehnten durch beispielsweise The Edge von U2 im Song „With or without you“ bekannt wurde. Ein E-Bow erzeugt ein magnetisches Schwingungsfeld und lässt so die Saite, über der er eingesetzt wird, endlos schwingen.

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Alternative Spieltechniken: Where’s the DJ? – Scratching

Wer, so wie ich, Matt Bellamy zu einem der unterbewertetsten Gitarristen der Welt zählt, weiß, dass gerade in der Musik von Muse die Kombination von straighten Rock-Riffs und Elementen des Dub-Steps eine ungeheure Power steckt. Matt Bellamy hat die Grenzen der alternativen Spieltechniken ausgelotet und benutzt für seine abgefahrenen Effekte oftmals das berühmte Pad in seiner Gitarre. Doch dieser Spaß kostet, für eine Manson Matthew Bellamy Signature Gitarre bezahlt man bei Reverb.com weit über 5000 Euro. Versuche, das Pad mit Hilfe eines auf den Korpus geklebten iPhones zu ersetzen, werden leider fehlschlagen, genauso wie die Verwendung eines Korg Kaoss-Pads. Ist lustig, aber doof und wenig praxistauglich. Mit ein bisschen kreativer Energie können wir aber mit minimalem finanziellen Aufwand ein typisches Geräusch nachahmen. Wer schon mal einen Slide (oder „Bottleneck“) mit seiner Gitarre in Berührung gebracht hat, kennt den Effekt, wenn die mit dem Slide bewaffnete Greifhand über den Hals hinaus in Richtung der Tonabnehmer rutscht. Und genau diesen Effekt machen wir uns jetzt zunutze. Dazu nehmen wir aber der Slide nicht in die Greifhand, sondern halten ihn in der rechten Hand. Mit einem knochentrockenen Highgain-Sound in Wartestellung, dämpfen wir nun die Geräusche der Leersaiten mit der linken Hand ab und pressen das Röhrchen rhythmisch auf die Saiten, am besten etwas vor dem aktivierten Steg-Pickup. Dann können wir ruhig ein bisschen hin und her sliden und den Effekt erkunden. Um das Ganze praxistauglicher und in das normale Spiel integrierbar zu machen, können wir auch einen kurzen Messing-Slide über den Ringfinger der Anschlagshand stülpen und mit Daumen und Zeigefinger weiterhin ganz normal das Plektrum halten. Ich habe mir für diesen Zweck aus dem Baumarkt für einen ganz schmalen Kurs eine Reduziermuffe aus Kupfer besorgt. Gibt’s in der Sanitärabteilung beim Installationsbedarf. Sitzt perfekt, macht aber schwarze Finger. Also von innen einfach mit etwas Nagellack auspinseln und fertig. Mit etwas Eingewöhungszeit kann die Muffe den ganzen Song über auf dem Finger bleiben. Bei dieser Technik ist es ganz wichtig zu beachten, dass ihr eurer Gitarre damit Schaden zufügen könnt. Zum einen kann das Metall auf dem Lack natürlich Kratzer erzeugen, wenn man unvorsichtig ist, zum anderen kann man, wenn man in die Bereiche des Griffbrettes vordringt, deutliche Macken in den Bundstäbchen hervorrufen. Also bitte vorsichtig und immer auf eigenes Risiko, gelle?

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Eat this, Zapp Brannigan! The Ray Gun auf E-Gitarre

Für die nächste Invasion der Romulaner gerüstet? Fein! Denn die Ray Gun steht auf dem Programm. Wer solch ein Spielzeug aus den Achtzigern besitzt, kann es jetzt wieder aus der Mottenkiste holen. Mit freundlichen Grüßen von Steve Stevens, dem Gitarristen von Billy Idol. Denn dieser kauft, glaubt man den Gerüchten, die Dinger auf eBay auf. Sein Trademark Solosound seit der Produktion von Rebel Yell nämlich ist gespickt mit genau diesem Spielzeug-Effekt. Das klingt nicht nur cool, sondern sieht auf der Bühne auch noch sensationell aus! Der Trick dabei ist einfach, dass die klassische Ray Gun mit Batterien betrieben wird und während des Dauerfeuers elektromagnetischen Wellen erzeugt, die von den Tonabnehmern der Gitarre dankend angenommen werden. Und genau deshalb funktionieren die kostengünstigen Modelle mit Friktionsscheiben nicht. Aber genug Physik. Ab in die S-Bahn zur Probe und stolz das Rebell Yell-Solo gezimmert.

Alternative Techniken Ray Gun

Die Ray Gun – sieht cool aus, klingt abgefahren und ist an Show-Wert kaum zu übertreffen

Steve Stevens besitzt nach eigenen Angaben lediglich 3 dieser Dinger und hat sie leicht modifiziert, weil sie im Originalzustand mit jeder Benutzung den Sound wechseln. Der originale Ray Gun Effekt im Studio wurde übrigens mit einem Lexicon PCM41 erzeugt, was sich allerdings für den Live-Betrieb als nicht praktikabel erwies.

Alternative Spieltechniken auf Gitarre – der E-Bow und Volume-Swells

Jetzt wird’s wieder etwas besinnlicher. Die Geige steht auf dem Programm. Der handelsübliche Geiger hat uns Gitarristen gegenüber den Vorteil, mit seinem korrekt ausgeführten Bogenstrich unendlich lange Töne erzeugen zu können. Wir haben gegenüber dem handelsüblichen Geiger aber den wiederum den Vorteil, dass unsere Gitarre elektrisch verstärkt wird und deshalb mit Hilfe einer Batterie und etwas Voodoo im Gehäuse des E-Bows elektromagnetische Wellen erzeugen können, die zwar nicht unendlich halten, aber doch zumindest bis zum Ende der Batterielebensdauer einen ziemlich schönen Effekt hervorrufen können. Kombiniert man den Effekt des E-Bows noch mit einem Volume-Pedal und langen Delays, können wunderbar sphärische Sounds erzeugt werden. Mit etwas Übung lässt sich auch irgendwann ein reibungsloser Saitenwechsel erzeugen.

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Was uns der Violine auch näher bringen kann und sich als alternative Spieltechnik bewährt hat, ist der Einsatz des Volume-Reglers der Gitarre oder ein Volume-Pedal in Fußnähe. Hier wird der Ton bei zugedrehtem Poti angeschlagen und dann mit dem kleinen Finger der Anschlagshand langsam aufgedreht. Das funktioniert bei cleanen und verzerrten Sounds gleichermaßen, einzig störend ist es, wenn man ein Noisegate oder einen starken Compressor im Signalweg benutzt. Also lieber etwas weniger Gain, dafür keine die Dynamik beeinflussenden Effekte im Signalweg. Wer mag, kann diesen Effekt mit Delay anreichern. Richtig cool klingt es, wenn das Delay im Verhältnis zum Songtempo auf punktierte Achtel gestellt wird. Das kann man nach Gefühl machen, es gibt aber auch Rechenformeln und Tabellen im Internet. Bei einem Songtempo von 120 bpm zum Beispiel beträgt die einzustellende Delay-Zeit 375 ms, bei 90 bpm kann man 500 ms einstellen. Die Lautstärke des Delays sollte in etwa genauso laut eingestellt werden wie der Originalsound, das Feedback ist dafür recht kurz, drei bis vier gut hörbare Wiederholungen reichen. Wie das dann klingt, demonstriere ich euch im Video. Klassischer User dieses punktierten Delays ist übrigens ein gewisser Herr Gilmour. In Part 1 des Klassikers Another Brick in the Wall zum Beispiel bestimmt das Delay der Gitarre den Groove des Songs. Auch hier wartet eine enorm große Spielwiese auf euch, mit denen ihr alternative Spieltechniken in euer Spiel integrieren könnt.

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Schraube locker? Abgefahrene Gitarrentechniken

Im Gegensatz zu den Anfangstagen des Tappings, in denen Eddie van Halen noch mit dem Rücken zum Publikum stand, hat er zur Veröffentlichung des Albums F.U.C.K von 1991 keinen Hehl daraus gemacht, wie er den Sound zu Beginn des Albums erzeugt hat. Mit einem Akkuschrauber. Bäm, Geheimnis gelöst. Das Prinzip dahinter ist das Gleiche wie bei der Ray Gun. Die vom Schrauber ausgelösten elektromagnetischen Wellen treffen auf die Pickups der Gitarre, deren einziges Streben es ist, Schwingungen einzuheimsen und weiterzuleiten. Somit erweisen sich Akkuschrauber und Pickups als kongeniale Partner. Wer sich traut, kann mit dem Bohrfutter vorsichtig die Saiten berühren. Auch hier gilt es natürlich, vorsichtig zu agieren, denn auch dieser Trick kann böse Macken an der Gitarre verursachen. Dafür kann ich natürlich keine Haftung übernehmen, also passt bitte auf!

 

 

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Fazit

Ich hoffe, ich konnte euren kreativen Horizont um ein paar kleine Gimmicks erweitern. Alles kein Hexenwerk, aber richtig und in Maßen ans Publikum gebracht, sehr effektvoll. Bei dem einen oder anderen Trick werdet ihr wohlwollende Blicke ernten. Aber es ist wie mit dem Essen: Zu viel Gewürz macht den Geschmack kaputt. Also übt, bis die Ohren bluten, aber integriert solche Techniken in den spielerischen Alltag und donnert nicht alles zu. In diesem Sinne: Ein frohes, stabiles und hoffentlich gesundes neues Jahr 2021 euch allen!

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Forum
  1. Profilbild
    chardt AHU

    Damit wir Tieftöner nicht zu kurz kommen, hier noch ein Tipp für eine alternative Spielposition:
    Nimm Dir einen von diesen Gitarrenständern, die oben (etwas über Kniehöhe) ein Horn / eine Klaue / whatever zur Aufnahme des Halses haben. Dadrauf setzt Du das Ende vom Korpus Deines Basses, so dass der Hals nach oben ragt. Jetzt stell Dich daneben und greif den Hals so, als wenn Du einen Kontrabass spielst. Daumen der Anschlaghand stützt sich am Ende vom Griffbrett an der Seite auf, mit den Fingern knapp unter Griffbrettende anschlagen. Ja, Kontrabass „für Arme“, aber probier es mal für eine gefühlvolle Ballade aus, mit sanft abrollendem Anschlag. Du wirst so wahrscheinlich anders spielen, als Du es mit „normaler“ Haltung tun würdest, und das Publikum bekommt eine kleine Abwechslung.
    Natürlich können auch Gitarristen das mal ausprobieren, aber der Fingeranschlag am Griffbrettende kommt für meinen Geschmack bei der Gitarre nicht so gut. Aber falls da irgendwo ein Geigenbogen rumliegt …

  2. Profilbild
    MatthiasH

    Zu den Gefahren des Akkuschraubers sei auch noch an Paul Gilbert erinnert:

    Q: What’s the nearest you’ve come to a Spinal Tap moment on tour?

    “Well, getting a Makita drill caught in my hair in front of 10,000 people, of course. I wish that had been caught on video, but it was before everyone had cell phone cameras.”

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