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Beyerdynamic Custom Studio – Zwischen den Stühlen

20. Mai 2015

Derzeit wird der Beyerdynamic Custom Studio zum UVP von knapp 200,- angeboten und er kommt in einem eher nichtdesignten unspektakulären Pappkarton. Das ausgefallendste Detail ist das ENJOY ! auf der Verschlusslasche, das einen unbegreiflichen Durst in mir auslöst. Im Karton finden sich der Kopfhörer, ein bis zur Länge von 3 Metern dehnbares Spiralkabel mit vergoldeten 3,5er Klinkensteckern, einer davon mit Aussengewinde zum Anschluss des ebenfalls vergoldeten 6,3er-Adapters, die BDA und ein Garantieheftchen, ein Transportbeutel, ein Inbusschlüssel und ein „Bierdynamic“-Badge, wobei die „Bier“ ganz seltsam schreiben.

Beyerdynamic-Custom-Studio

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Der Kopfhörer ist recht voluminös, wirkt in die Hand genommen trotz seiner 290 Gramm eher leicht, besteht vom Federstahlbügel und den Gabeln aus demselben Material abgesehen aus Plastik dem man nicht anlasten kann, dass man überflüssigen Aufwand betrieben hätte es hochwertig erscheinen zu lassen. Hier hat sich seit meinem 25 Jahre alten DT 990 oberflächlich betrachtet nichts Wesentliches verändert, allerdings hatte ich mit diesem während seiner Nutzungsdauer auch keinen Grund zur Klage. Die Verarbeitung, vor allem die Verbindungen der Komponenten miteinander, ist jedoch beim Custom Studio deutlich besser. Die Konstruktion ist simpel, funktional, transportunfreundlich starr und unfaltbar, wirkt symphatisch stabil und potenziell langlebig. Mich freut besonders, dass das „DIY“ auf der Verpackung nicht nur Marketingstrategie darstellt und sich nicht nur auf die Customizing-Optionen bezieht, sondern dass nahezu sämtliche Teile des Kopfhörers als Ersatzteil verfügbar sind und wegen der einfachen Konstruktion auch von Nichttechnikern ersetzt werden können. Das finde ich vorbildlich.

Nach dieser oberflächlichen ersten Kontaktaufnahme also gleich mit dem Hörer aus dem Karton heraus auf den Kopf. Passt…kanndochnichtsein… Die Verlourspolster umschliessen die Ohren und dichten gleichmässig ab, nichts drückt oder zwickt, ich muss nicht am Hörer herumruckeln oder irgendetwas einstellen, er bleibt auch bei heftigeren Kopfbewegungen wo er ist…passt! Ich gestehe, dass diese Erfahrung eine gewisse positive Voreingenommenheit erzeugt. Wieder vom Kopf herunter spiele ich an dem Alleinstellungsmerkmal: den „Soundslidern“, die die Tieftonwiedergabe beeinflussen sollen. Sie sind gleichermassen schwer beweglich und rasten in ihren 4 Stellungen fest ein. Versehentliches Verstellen ist nicht möglich, ebensowenig mechanische Nebengeräusche durch lose Teile, und die absolut identische Haptik an beiden Ohrmuscheln zeugt von Fertigungspräzision. Nun darf er sich vor Durchlauf meines Testparcours erst einmal bei gehobener Lautstärke eine Stunde lang mit XLOs Einbrenn-CD locker machen während ich mich mit der Antwort auf meine Anfrage bei Beyerdynamic und der Bedienungsanleitung beschäftige.

Wie von Focal erhielt ich auch hier nach 2 Tagen Antwort, noch freundlicher und in ihrer Auskunftsbereitschaft und Ausführlichkeit weit über meine Frage nach dem Membranmaterial – Polycarbonat – hinaus gehend. Meine Neugier bezog sich nun wirklich nicht auf ein Toprangeprodukt, dessen ungeachtet fühle ich mich als potenzieller Kunde absolut ernst genommen. Beim Lesen der BDA muss ich allerdings feststellen, dass es sich bei diesem Kopfhörer nicht um das harmlose Produkt handelt für das es sich ausgibt, denn im Kapitel „Sicherheitshinweise“ erfahre ich Folgendes:

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„Bei kabelgebundenen Kopfhörern sollten Sie heftige Bewegungen vermeiden, bei denen der Hörer vom Kopf fallen kann. Sie könnten sich ernsthaft verletzen, insbesondere, wenn Sie Piercings, Ohrringe, Brille usw. tragen. Das Kabel könnte sich um den Hals wickeln und zur Strangulation führen.“

Zum Gefährdungspotenzial bei Kombination mit Tattoos, Brandings, oder etwa einem Ampallangh schweigt sich der Hersteller aus. Da ich unzweifelhaft zur Hauptrisikogruppe gehöre gehe ich davon aus, dass ich das Überleben meines leichtfertigen Versuchs nur dem Umstand verdanke, dass ich das Kabel zu diesem Zeitpunkt nicht angeschlossen hatte, ein wenig vielleicht auch der Tatsache, dass sich der Hörer auch bei dynamischen Bewegungen und eher unnatürlicher Haltung kopfüber nicht zum Herunterfallen bewegen liess. Eine weitere sachliche Bestätigung der Richtigkeit meiner Voreingenommenheit gegenüber fest montierten Anschlusskabeln. Und ob die Reissfestigkeit des Kabels tatsächlich für eine handelsübliche Strangulation ausreicht lasse ich bis zur lebendigen Beweisstellung mal dahingestellt. Der kopfhörerseitige Stecker des Anschlusskabels weist eine Nut auf, die auf eine Nase in der Buchse des Hörers ausgerichtet werden muss um das Kabel einstecken zu können. Der Stecker sitzt fest und wackelfrei, eine Verriegelung zur Zugentlastung gibt es nicht. Sollte diese Plastiknase vor der Anschlussbuchse versehentlich abbrechen ist das nicht wirklich schlimm, dann passen halt auch Kabel anderer Hersteller.

Vor dem ersten Hören überprüfe ich den für mich verzichtbaren Verstellmechanismus. Er ist beidseitig gleichermassen schwergängig, rastet nicht sehr deutlich aber ausreichend fest ein, um versehentliches Verstellen zu verhindern. Der Kopfbügel ist grossflächig weich gepolstert, die Fontanellenaussparung empfinde ich dabei als angenehm. Wie der Focal Spirit Professional darf sich der Beyerdynamic am Behringer Xenyx Control 1 USB, dem NI Komplete Audio 6, dem Cambridge Audio Azur 740 und auch an der Presonus Audiobox USB ausprobieren, an den ersten dreien zunächst mit Sinussweep und weissem Rauschen. Der Soundslider steht auf der als neutral bezeichneten Stellung und es kann losgehen. Schon hier ist die Hochtonanhebung unüberhörbar, unabhängig vom Signallieferanten. Noch deutlicher wird das beim aktuellen Projekt, so habe ich das noch nicht gehört… Im Gegensatz zum Focal mit starker Im-Kopf-Lokalisation spielt sich die Musik hier ausserhalb des Kopfes vor den Ohren ab, wo sie meiner Meinung nach hin gehört und mir analytisches Hören erleichtert. Vom Hochtonpfeffer abgesehen fällt zunächst auf, dass nichts wirklich auffällt. Die Musik wird nicht auf einem Seziertisch aufgedröselt und zerfällt nicht in Einzelteile. Verglichen mit dem Focal, dem AKG 271 Studio oder dem DT 990 scheint dem Beyerdynamic die Musik mehr Spass zu machen, er wirkt dynamischer (Nomen est omen) und lebendiger, wozu die im Vergleich mit Focal und AKG auch in Neutralstellung vollmundigere Tieftonwiedergabe in Kombination mit der Hochtonanhebung sicher beiträgt. HiFi also? Eher nicht, denn ein weiteres Charakteristikum ist seine Tendenz zur Härte.

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