Faszinierend: Die scratchbare künstliche Intelligenz Musikbox Spin
Wieder mal ist ein interessantes Experiment in die Welt der digitalen Tonerzeugung geboren worden. Das Projekt Spin des Entwicklers Arvind Sanjeev scheint auf dem ersten Blick kein hochtechnologisches und fortschrittliches Musikinstrument zu sein. Wenn ich Spin betrachte, muss ich an einen Schneewittchensarg denken. Diese Kompaktanlagen des Herstellers Braun beinhalteten ein Schallplattenspieler und ein Radio wie z. B. der Braun audio 310 oder SK 55. Doch beim zweiten Hinsehen erblickt man ein Plattenspieler, aber anstelle des Radios finden sich Pads, wie man sie von einer AKAI MPC oder Albeton Touch kennt. Offensichtlich handelt es sich bei Spin nicht um ein reines Musikabspielgerät. In ihm arbeitet die textbasierte künstliche Intelligenz Anwendung MusicGen, die Musik und Melodien erzeugt.
Die Pads sind in die Sektoren Mood, Genre und Sound eingeteilt. Mit Mood wird die Stimmung des zu produzierenden Tracks ausgewählt. Soll er z. B. friedlich, warm oder eher düster klingen. Mit der Sektion Genre wird der Musikstil ausgewählt. Es steht z. B. Pop, Samba, Death-Metal und Trance zur Verfügung. Mit der Sektion Sound wird letztendlich bestimmt, mit welchen Klängen der Track erzeugt werden soll. Es findet sich beispielsweise Akkordeon, Wasser, Synthesizer, Naturgeräusche, Saxophon usw. Mit Schieberegler kann die Geschwindigkeit und Dauer der zu erzeugenden Tracks bestimmt werden. Mit dem Timecode basierten Schallplattenspieler kann die Musik z. B. abgebremst und gescratcht werden.
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Jetzt stellt sich die Frage, was hier eigentlich genau passiert: Die gewählten Einstellungen der Pads und Fader werden von einem Arduino Mega übersetzt. Dieser Mikrocontroller leitet die Signale an ein Raspberry Pi weiter, der die Daten dazu nutzt, um die KI Anwendung MusicGen zu programmieren. MusicGen wandelt die erzeugte Musik in ein MP3, das in einem Digital Vinyl System (DVS) genutzt wird, um von einer Timecode-Schallplatte kontrolliert zu werden. Diese Timecode-Schallplatten kennen DJs von Systemen wie Native Instruments oder Serato. Sie ermöglichen es, Audio-Files auf in einem DV-System mit einem herkömmlichen Plattenspieler abzuspielen, zu scratchen und was DJs sonst noch mit Vinyl anstellen Eine bekanntes DVS ist z. B. Traktor von Native Instruments. Spin nutzt das Xwax DVS-Paket für Raspberry Pi. Im Spin selbst wurde ein umgebauter Numark PT-01 Plattenspieler verbaut. Die Tonausgabe erfolgt über die integrierten Boxen von Spin. Die Pad-Matrix wurde von Arvind Sanjeev selbst entworfen und gebaut.
Tatsächlich scheint es sich bei Spin um so etwas wie ein modernisierten Schneewittchensarg zu handeln. Die Musik kommt nicht mehr von der Schallplatte und aus dem Radio, sondern wird von einer künstlichen Intelligenz nach persönlichen Geschmack erzeugt. Ein bisschen Spaß muss sein, also darf man mithilfe einer Timecode-Schallplatte die Musik verändern. Scratchen hätte sich mal jemand an einer echten Braun Anlage einfallen lassen, da hätte er sich von Eltern oder Großeltern was anhören müssen.
Wer mehr Informationen über die Projekte von Arvind Sanjeev sucht, sollte seine Website besuchen. Er freut sich sicherlich.
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Zitat:Scratchen hätte sich mal jemand an einer echten Braun Anlage einfallen lassen, da hätte er sich von Eltern oder Großeltern was anhören müssen.
Das machte man natürlich wenn man allein zuhause war, die folgende Verwunderung der Erziehungsberechtigten zwecks kaputter Nadel war groß. Die ging doch gestern noch?
Bei der Ausrichtung des Gerätes denke ich weniger an das Scratchen und mehr an ein ins 21. JH teleportiertes rendez-vous von Mellotron (oder gar… Heimorgel?) und Optigan. Letzterer wäre an sich auch einen Artikel wert.
@Aljen Stimmt, oder ein Alleinunterhalter Keyboard. 👍
Erst nach dem Video hatte ich einigermaßen geschnallt um was es eigentlich geht. Aber es macht bestimmt großen Spaß! Die Idee und Umsetzung ist der absolute Knaller schlechthin und erinnert mich an eine sehr ausgefallene Form eines Musicmakers. Gerade für Leute die „simples“ produzieren mit großartigen Ergebnissen und dessen Eigenschaften des DJing in Einklang bringen möchten, ist das wirklich etwas neues.
Zum Kapieren musste ich doch erstmal nachschauen, was „MusicGen“ ist — ein KI Programm von Meta/Facebook. Entweder rein online oder als downloadbare App mit hohen technischen Anforderungen. Wie läuft das jetzt auf dem eingebauten Raspberry im Spin? Eigenständig oder via Internetverbindung? In beiden Fällen geriert sich das Gerät doch eher wie ein Controller für MusicGen, offenbar ohne jede chromatische Spielfunktion. In den Demovideos höre ich nicht einmal irgendeine Variation in der Tonhöhe. Von der Beschreibung her sollte MusicGen immerhin userseitig mit einer Melodie beschickbar sein, für die dann eine Begleitung generiert wird.
Immerhin, das Gerät ist handwerklich schön.