Ein rauer Kerl für stille Stunden
Am 4. Januar dieses noch jungen Jahres wurde er der Öffentlichkeit präsentiert – und wir haben uns gleichzeizig mit der Präsentation dieses neuen Amps gleich mal ein Testmodell abgegriffen! Der Blackstar Studio 10 6L6 ist der neueste Streich aus dem Hause der Briten und wird in seinem edlen, cremefarbenen Tolex los in die Welt geschickt, um unser aller Wohn- und Schlafzimmer mit seinem Ton zu füllen und vielleicht auch mal bei Sessions im Studio eingesetzt zu werden. Dazu ist die Kiste ausreichend ausgestattet und verbirgt in ihrem Innern eine Röhrenschaltung und noch weitere Annehmlichkeiten dazu. Welche und was die so bewirken und vor allem natürlich, wie der Neuling so klingt, werden wir jetzt in einem Test genauer betrachten.
Blackstar Studio 10 6L6 – Facts & Features
Die Maße des kleinen und sehr gut verarbeiteten Gehäuses betragen 473 x 421 x 251 mm bei einem Gewicht von stolzen 17,5 kg. Ein Leichtgewicht ist der Blackstar Studio 10 6L6 also nicht gerade, der Tragegriff aus Leder auf der Oberseite kommt damit jedoch problemlos zurecht. Etwas aufpassen sollte man auf jeden Fall beim Transportieren des Amps, denn die Kanten besitzen keinerlei Schutz vor Stößen, zumindest aber ist die rötlich gefärbte Frontbespannung robust genug, um den verbauten 10″ Lautsprecher von Celestion wirkungsvoll gegen äußere Einwirkungen zu schützen. Gut abgedeckt wurde auch das Bedienpanel eingesetzt, doch bevor wir uns mit den Reglern und Schaltern auf der Oberseite befassen, gilt unser Blick zunächst der Rückseite und den dort verfügbaren Anschlüssen.
Blackstar Studio 10 6L6 – Konnektivität!
Hier gibt es eine Menge Möglichkeiten, um den kleinen Studio 10 6L6 vielseitig einzusetzen. Für den Einsatz beim Aufnehmen ohne Mikrofon oder zum Üben empfiehlt sich die Emulated Output & Headphones Buchse, die, wie der Name es schon verrät, ein frequenzoptimiertes Signal führt.
Der Studio 10 6L6 ist zwar mit einem integrierten digitalen Hall ausgerüstet, auf den übrigen Effektpark wartet aber ein Effektweg, der sogar in zwei Stufen (+4 und -10 dB) schaltbar ist. Es muss also niemand auf den Einsatz der liebgewonnenen Echopedale oder der (auch zu Hause) unverzichtbaren Modulationseffekte verzichten.
Die Buchse mit der Bezeichnung Footswitch ist zunächst etwas irritierend, da der kleine Blackstar ja nur über einen Kanal verfügt. Hier wird der beiliegende Fußschalter angeschlossen, der dann eine Boost-Schaltung aktiviert und so die Zerrung noch einmal deutlich erhöht und den Charakter des Signals verändert.
Hinsichtlich der Lautsprecherausgänge zeigt sich der Studio 10 6L6 ebenfalls von einer flexiblen Seite: Eine oder zwei 16-Ohm-Boxen oder alternativ eine mit 8 Ohm Widerstand können angeschlossen werden, um zur Not auch größere Aufgaben zu meistern. Den Abschluss auf der Rückseite bildet der Anschluss für das Netzkabel, das sich zusammen mit dem Fußschalter im Lieferumfang befindet.
Durch die halb geöffnete Rückwand kann man einen guten Blick auf den Celestion-Speaker erhalten, jedoch ist von den Röhren weit und breit nichts zu entdecken. Wie der Name es schon erahnen lässt, besitzt unser Testmodell Blackstar Studio 10 6L6 eine Schaltung mit einer 6L6-Röhre in der Endstufe, es gibt den Amp aber darüber hinaus auch mit einer EL34 oder aber einer KT88, um die verschiedenen Charaktere abzudecken. Alle gemeinsam haben sie jedoch die 12AX7 bzw. ECC83 in der Vorstufensektion sitzen. Auf Belüftungsöffnungen auf der Oberseite des Gehäuses wurde verzichtet, die halb geöffnete Rückseite des Gehäuses soll wohl für eine ausreichende Abfuhr der Warmluft ausreichen.
Blackstar Studio 10 6L6 – Bedienpanel
Gerade mal eine Handvoll Regler und Schalter erwarten uns auf dem von oben in das Gehäuse eingesetzten Bedienpanel des Verstärkers. Ein Gain-Regler sorgt für die Anpassung des Eingangssignals der Gitarre – hier soll von absolut klaren Sounds bis High-Gain ein breites Repertoire zur Verfügung stehen. Auf eine vollwertige Klangregelung muss man leider verzichten, für die Beeinflussung des Frequenzbereichs sorgt lediglich ein einsamer Tone-Regler, der zusammen mit einem Drive-Schalter die Vorstufensektion komplettiert. Zugegeben, viel ist das nicht gerade, doch wenn der Grundsound stimmt, dann kann man auch mit solch eher rudimentären Möglichkeiten glücklich werden bzw. seinen Sound finden. Für das gewisse Ambiente steht ein digitaler Hall zur Verfügung, man ist also nicht zwingend auf externe Effekte angewiesen, möchte man dem Klang etwas Tiefe verleihen. Der Mastervolume-Regler sorgt für die Steuerung der anliegenden 10 Watt, die aus einer 6L6-Röhre an den verbauten Celestion abgegeben wird.
Den Abschluss bilden die zwei Schalter, einer für Power und einer für Stand-by, die rote Kontrollleuchte sowie die Eingangsbuchse für die Gitarre. Sämtliche Teile sind von guter Qualität – die Regler laufen weich mit ihren montierten Chickenhead-Potikappen auf ihren Achsen und auch die beiden massiven Metallschalter dürften dem neuen Besitzer des Blackstar Studio 10 6L6 über Jahre ganz sicher keinen Kummer bereiten.
Blackstar Studio 10 6L6 – ein Zwischenfazit
So weit, so gut und nichts weiter zu bemängeln! Der Blackstar Studio 10 6L6 zeigt sich in seinem cremefarbenen Gehäuse nicht nur fein rausgeputzt, er ist es auch tatsächlich hinsichtlich seiner Verarbeitung. Optisch also schon mal alles im grünen Bereich, doch wie sieht es in der Praxis aus? Hören wir uns den Knaben mal an!
Blackstar Studio 10 6L6 – Sound & Praxis
Bei der Bestückung der Endstufe mit einer 6L6-Röhre könnte man ja fast zu der Annahme kommen, dass der Studio 10 6L6 urplötzlich einen amerikanisch geprägten Sound fahren würde. Doch das ist weit gefehlt, denn sein Stammbaum ist deutlich herauszuhören – und der liegt nun mal auf der Insel. Entsprechend erwartet uns im verzerrten Bereich ein mittiger und drückender Sound, der allerdings auch immer von einem mehr oder weniger starken Kratzen aus dem Celestion begleitet wird. Der eine mag es, dem anderen ist das unangenehm, in jedem Fall aber wird man sich mit diesem Grundsound garantiert immer und überall durchsetzen. Besonders flexibel ist der Klang jedoch nicht, die Tonblende kann einen vollwertigen EQ nicht ersetzen, auch wenn sich durch Zuschalten der Drive-Option der Sound noch geringfügig ändern lässt.
Der eingebaute Hall ist eine nette Dreingabe, bei wenig beigefügtem Effekt klingt er noch recht brauchbar, in höheren Dosen klingt das Signal allerdings eher nach Blech, als nach einem warmen Raum oder einer Hallspirale. Doch für dieses Problem steht ja der Effektweg auf der Rückseite jederzeit bereit.
In Sachen Dynamik entspricht der Verstärker den Erwartungen an eine Röhrenmaschine jedoch voll und ganz, bereits kleine Nuancen im Spiel oder Variationen mit dem Lautstärkeregler werden sofort umgesetzt und gut interpretiert. Somit steht einer guten Interaktion zwischen Gitarre und dem Amp nichts im Wege.
Blackstar Studio 10 6L6 – die Klangbeispiele
Hören wir rein in die Sounds des Blackstar Studio 10 6L6, für die der Amp mit einem AKG C3000 Mikrofon abgenommen und in Logic Audio aufgezeichnet wurde. Als Gitarre wurde eine Jackson Superstrat eingesetzt. Ich habe das Mikro bewusst recht weit am Rand platziert, um nicht zu viel von dem besprochenen Kratzen des Speakers aufzunehmen. Trotzdem kann man es hören, wie im ersten Beispiel. Die Verzerrung ist voll hochgeregelt, das Tone-Poti befindet sich in 2-Uhr-Position und der Drive-Schalter ist gedrückt.
In Beispiel 2 nun ein weiterer Sound mit voll aufgedrehter Verzerrung und aktivierter Drive-Funktion, das Tone-Poti wandert rückwärts auf die 12-Uhr-Position.
Es ändert sich im folgenden Track nichts gegenüber dem vorherigen Beispiel, nur das Tone-Toti wurde jetzt voll hochgeregelt: Feuer frei aus allen Rohren sozusagen!
Abschließend ein Crunchsound mit etwas hinzugefügtem Hall des Onboard-Reverbs. Bis zu einem gewissen Punkt kann der Hall durchaus Ambiente erzeugen, die Hallfahne insgesamt ist aber sehr höhenlastig oder fast schon als schrill zu bezeichnen, was sich dann bei größeren Räumen bzw. stärker angehobenem Reverb unangenehm bemerkbar macht.
Sicher, dass Ihr den richtigen Amp getestet habt? Mein 6L6 Studio wiegt unter 15 kg, hat einen 12 Zoll Speaker und klingt eher American. So wie auch im Manual beschrieben. Oder gibt es verschiedene Versionen von dem Amp?