Der Blick in die Röhre
Es ist nicht neu, dass man versucht, berühmte Verstärker und deren Klang nachzubilden. Beinahe jedes Multieffektgerät für E-Gitarre hat eine „Amp-Simulation“, die den gesamten Klang fetter und natürlicher klingen lässt. Und Roland brachte das VG-System heraus, das neben Gitarren auch Verstärker emuliert. Mit Software wie Guitar Rig, Softube oder Logics „Amproom“ fangen wir gar nicht erst an.
Die Idee von Roland ist anders. Beim Blues Cube hat man kein kleines Display, über das wir den gewünschten Verstärker samt simulierter Bodentreter auswählen, so wie das bei Fenders Verstärker Mustang III V.2 der Fall ist. Bei Roland kann man den Grundsound des Verstärkers durch das Wechseln einer Röhre verändern, das lässt den Blues Cube zu einem ausgewachsenen Amp werden. Interne Effekte in einem Verstärker wirken meist doch nur wie eine Spielerei.
Optik
Die Cube Serie von Roland hat schon einen kleinen Kultstatus erreicht. Allerdings hat die Blues Cube-Reihe wenig mit der ursprünglichen Reihe zu tun. Hier geht es ganz klar um einen schönen Vintagesound. Der Amp kommt dazu passend in einem schicken Schwarz und ist gut verarbeitet. Die Front trägt eine metallene Plakette mit „BluesCube“ in einem 50er Jahre Schriftzug. Das wirkt schon sehr cool!
Die Regler und Knöpfe sind auf der Oberseite angebracht, sodass sie optisch die Front nicht stören. Wir haben zwei Eingänge. Einen High-Input und einen für Low, wenn unsere Gitarre einen hohen Ausgangspegel hat und schnell verzerren würde. Jeder Blues Cube besitzt zwei Kanäle, einen Clean- sowie einen Crunch-Channel. Wir können beide Kanäle auch miteinander mischen, was ziemlich fett klingen kann. Daneben haben wir einen Equalizer mit drei Reglern (Höhen, Mitten und Tiefen).
Der Roland Blues Cube Artist besitzt auch zwei Effekte, die zum Standard gehören. Einen Hall und ein Tremolo. Die Geschwindigkeit vom Tremolo lässt sich tappen. Dabei stehen lediglich zwei Regler zur Verfügung. Das reicht dennoch für einen Verstärker. Wer mehr Effekte braucht, besitzt Bodentreter.
Die Rückseite bietet einen Anschluss für Kopfhörer, einen Line-Out sowie Anschlüsse für einen Fußschalter. Die Röhren tauscht man auch auf der Rückseite aus, allerdings muss man zu diesem Zweck eine Abdeckung abschrauben. Schnell zwischen mehreren Röhren zu wechseln, ist also nicht möglich. Ein USB-Anschluss ermöglicht die Verbindung mit einem Computer. Wir können in unserer DAW das gefärbte Signal aufnehmen. Eine Mikrofonierung ist also nicht nötig, um den Blues Cube Artist in einem Recordingsetup zu integrieren. Roland bieten alle dafür notwendigen Treiber auf ihrer Website an.
Der Sound des Roland Blues Cube Artist
Der Cleansound des Roland Blues Cube Artist hat einen warmen Charakter mit großem Obertonspektrum, der sehr sensibel auf den Anschlag reagiert. Der Headroom und die druckvollen Lautsprecher erzeugen einen Klang, der sich nicht hinter dem von echten Röhrenamps verstecken muss. Dazu kommen die Effekte. Hall und Tremolo sorgen für eine wunderbare Klangfärbung, die sich immer perfekt zum röhrenhaften Grundsound mischen, besonders beim Nachklang von Akkorden. Tubelogic lässt den cleanen Sound ausbrechen und sorgt für druckreiche Reaktionen auf harte Anschläge der Gitarre.
Der Crunch-Channel ist auf Blues ausgelegt und klingt sehr „vintage“. Sofort positiv fällt auf, dass der Kanal sehr dynamisch anspricht und die Spielweise in unterschiedliche Färbungen der Verzerrung umsetzt. Das sorgt für einen sehr hochwertigen und musikalischen Sound. Für High-Gain oder Metal reicht es dennoch nicht. Für klassischen Rock oder Punk ist er dennoch geeignet. Der Sound klingt sehr breit und lässt vermuten, dass sich doch eine echte Röhre im Inneren des Amps befindet. Die Ansprache ist sehr direkt. Mit Tone und Boost runden wir den Sound noch mal auf. Der Schalter legt noch einmal ordentlich Gain nach. Durch den EQ lässt sich der Grundsound noch mal aufmotzen. Im Gegensatz zum Blues Cube Tour besitzt das Modell Artist nur einen Equalizer, der für beide Kanäle (Clean / Crunch) herhalten muss.
Zusätzliche Röhren für den Roland Blues Cube Artist
Das Coole am Roland Blues Cube Artist ist die ja Möglichkeit, die Röhren und somit die Charakteristik austauschen zu können. Derzeit gibt es vier verschiedene Modelle. Dass es in Zukunft weitere Röhren gibt, ist höchstwahrscheinlich. Es handelt sich natürlich nicht um echte Röhren. Vielmehr handelt es sich um eine Erweiterungskarte in Röhrenform. Roland nennt sie daher auch „Tone Capsules“. Zum Test des Amps wurde uns eine spezielle Halterung mitgeliefert, in der sich alle vorhandenen Röhren montieren ließen. So kann man schnell zwischen den Röhren hin und her schalten, ohne sie jedes Mal ausbauen zu müssen. Diese Halterung ist leider nicht käuflich zu erwerben, wohl aber die Röhren. Die entsprechenden Links findet man am Ende dieses Artikels.
New York Blues
Diese Röhre verändert die Parameter in Richtung eines Vintage-Röhrenamps und klingt sehr britisch. Oz Noy war in der Entwicklung dieser Röhre beteiligt. Der ganze Amp klingt bissiger und verzerrt leicht. Sogar im Clean-Channel. Der Sound orientiert sich am legendären VOX AC30. Der Gain klingt etwas aggressiver und verzerrt definitiv mehr. Die hohen Töne erzeugen einen singenden Sound. Die Boost-Funktion nahm fast eine an den Ibanez Tubescreamer erinnernde Qualität an. Die Mitten haben einen Schub an Verzerrung bekommen. Wer auf eine stärkere Verzerrung steht, sollte sich diese Röhre gleich mit dazu holen.
Ultimate Blues
Der Clean-Channel des Roland Blues Cube Artist verliert an hohen Mitten und komprimiert das Klangspektrum ein wenig, was dann insgesamt sehr „dunkel“ klingt. Im Crunch-Channel gibt es eine stärkere Verzerrung. Der Sound orientiert sich an 6V6-Röhren, die bei voller Lautstärke einen singenden Ton erzeugen. Das Sustain klingt sehr sanft und der Klang bleibt knackig und dicht. Die Verzerrung lässt die hohen Töne klar und deutlich, während die Mitten mehr zerren. Dieser Sound wurde von dem bekannten Gitarristen Kirk Fletcher beeinflusst.
Robben Ford
… ist ein amerikanischer Blues- und Jazzmusiker und tourte mit Miles Davis und Sadao Watanabe. Die Röhre wurde zusammen mit Robben Ford entwickelt und darf als Signature-Sound betrachtet werden. Der Sound ist warm und brilliert im cleanen Bereich, was sich für Fusion und Jazz sehr gut eignet. Allerdings „brizzelt“ auch der verzerrte Sound sehr schön und doch harmonisch, wodurch er sich auch für härtere Passagen eignet. Die Mitten bleiben klar und knackig, die Höhen sind leicht abgeschwächt, was sehr retro klingt.
Eric Johnson
… ist ein amerikanischer Rockgitarrist und bekannt durch seine Zusammenarbeit mit Cat Stevens, Steve Vai und Joe Satriani. Auch er hat bei der Entwicklung der Röhre mitgewirkt. Die nach ihm benannte Röhre erzeugt einen warmen, cleanen, gedämpften Klang, der die Höhen ein wenig wegnimmt. Der Sound ist reich an Obertönen und verzerrt die Mitten, was durch die fehlenden Höhen sehr breit klingt. Die Mitten klingen jedoch sehr „crispy“. Der cleane Sound ist durchaus spannender. Hier werden die Höhen verstärkt, was zu einem brillanten Klang führt.
Hmm, habe die Cubes immer als günstige und wirklich gut klingende Übungsamps wahr genommen.
Das hier getestete Modell bietet in der Grundausstattung eine Röhrensimulation, die ca. 1000,- kostet, die sich für jeweils 200,- bis 300,- um andere Röhrensimulationen erweitern lässt.
Nach den Soundbeispielen klingt das alles nach Telefonsound, nur quäkige Mitten.
Wieso also nicht „The real stuff“ kaufen? Vox AC15, Blackstar HT Studio 20 oder Club 40, Laney Lionheart, Fender Hot Rod Deluxe oder weitere bewährte Röhrencombos in diesem Preissegment? 2-3 Pedale davor, glücklich sein, vergesst die Simulationen.
Ach, den Peavey Classic 30 habe ich vergessen, hatte ich ja selbst mal
@Armin Bauer Hallo Armin,
Du hast völlig Recht, dass die Soundbeispiele sehr schlecht sind. Ich dachte es wäre ein verspäteter Aprilscherz… Ich spiele seit >40 Jahren, davon einige Jahre als Profi (Bands, Studio) und habe vor einigen Wochen den Amp gekauft. Fazit: Es ist der beste Amp, den ich je hatte und es stehen hier auch noch Mesa Boogie, Fender und Kemper rum… Der Grund: für meine Richtung (Blues, Jazz, Classic Rock) bekomme ich einen Sound und Spielgefühl bei moderater Lautstärke und auch grössere Lautstärke, dass mit den anderen Amps so nicht drin ist. Ich war auch immer ein Röhrenfan, aber diese Roland Technologie ist für mich fast besser, da klanglich sehr gut und dazu aber wartungsfrei. Der Sound des Blues Cube überwältigt mit einer unglaublichen Wärme und Fülle — ein persönlicher Test ist empfohlen.
Danke dir für das Feedback.
Suche aktuell keinen Amp, bin immer noch mit meinem Yamaha T-100 sehr glücklich, der geht erstaunlicherweise auch leise, trotz 100 Röhrenwatt.