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Test: AEA R88 mkII, R88A, Stereo-Bändchenmikrofon

Das Mikrofon für die einsame Insel

16. Oktober 2023
aea r88 mk2 bändchenmikrofon

AEA R88 mkII, R88A, Stereo-Bändchenmikrofon

R88 MkII und R88A von AEA im AMAZONA.de-Test. Es begann alles 1976 mit der Reparatur von alten Bändchenmikrofonen, vor allem den Klassikern von RCA. Im Laufe der Zeit wuchs das Unternehmen stetig und war ab 1997 in der Lage, alle Teile des Bändchenklassikers RCA44 selbstständig herzustellen, was ein guter Grund war, eine eigene Version des Mikrofons auf den Markt zu bringen. Mittlerweile stellt die aus Pasadena stammende Firma AEA eine ganze Reihe an Bändchenmikrofonen für unterschiedliche Einsatzbereiche her. Daneben produziert es auch die passenden Mikrofonvorverstärker, denn Bändchenmikrofone sind notorisch leise und benötigen daher sehr gute Mikrofonvorverstärker mit möglichst geringem Rauschen und hohen Verstärkungsfaktoren von wenigstens 60 dB. Zum Test habe ich gleich zwei Mikrofone gestellt bekommen, einmal das R88 mkII, ein Doppelbändchenmikrofon in Blumlein-Anordnung und sein aktives Pendant, das R88A, in das zusätzlich ein JFet-Vorverstärker implementiert wurde, wodurch das R88A auch an Nicht-High-End-Vorverstärkern eine gute und rauscharme Figur machen soll. Ich habe beide Mikrofone Seite an Seite getestet und werde im Folgenden aufzeigen, für welchen Einsatzzweck das R88 geeignet ist und ob es zwischen beiden Varianten klangliche Unterschiede gibt.

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Aufbau und Lieferumfang des AEA R88

AEA R88

AEA R88 mit Lieferzubehör (das Adapterkabel muss separat erworben werden)

Das R88 mkII wird ebenso wie das R88A in einem schützenden Softcase geliefert, das neben dem Mikrofon auch einen Schutzbeutel und einen Stativ-Adapter beinhaltet. Laut Handbuch muss das Adapter-Kabel von fünfpoligem XLR auf zwei dreipolige XLR-Stecker extra zugekauft werden. Bei meinen Testexemplaren waren die Kabel freundlicherweise dabei.

AEA R88

AEA R88 mkII oben und R88A unten

Beide Versionen des R88 sind in der Form und ihrem Aufbau identisch und mit 38 cm Länge ziemlich groß und auch recht schwer. Ein stabiles Mikrofonstativ ist also dringend zu empfehlen.
Das aktive R88A lässt sich bei genauem Blick am Aufdruck und schon von Weitem an der roten Farbe des äußeren Verbindungskabels erkennen. Der äußere und innere Aufbau beider Mikrofone ist grundsätzlich identisch, jedoch besitzt das R88A als aktives Bändchen einen anderen Übertrager und einen JFet-Verstärker, der für etwa 12 dB höheren Pegel sorgt. Während das passive R88 nicht mit Phantomspeisung betrieben werden sollte, da bei fehlerhaftem Kabel das Bändchen zerstört werden könnte, braucht das aktive R88A ebendiese Phantomspeisung, um zu funktionieren. Damit ist es im Live-Betrieb, wo bei manchen Mixern die Phantonspeisung nur global aktiviert werden kann, robuster und sicherer zu nutzen, zumal es auch keinen speziellen High-End-Preamp benötigt.

AEA R88

5-Pol XLR-Anschluß und Stativgewinde auf der Unterseite

Wer eher im kontrollierten Studiobetrieb damit arbeiten möchte und schon einen hochwertigen Preamp besitzt, ist eventuell mit dem passiven R88 mkII besser bedient, da es mit 165 dB SPL einen um 24 dB höheren Schalldruckpegel verarbeiten kann als das aktive R88A. Laute Signale sind für beide Mikrofone kein Problem, nur starke Luftbewegungen wie sie z. B. bei einer Bassdrum oder bei Plosivlauten der Stimme in direkter Nähe auftreten können, werden dem Bändchen unter Umständen gefährlich, da es dadurch mechanisch ausleiern kann. In solchen Fällen ist ein Popp-Schutz das Hilfsmittel der Wahl.

Was ist ein Bändchenmikrofon?

Ein Bändchenmikrofon ist ein dynamischer Schallwandler, der mit Hilfe eines extrem dünnen, gefalteten Aluminium-Bändchens und starken Permanent-Magneten Schallenergie in elektrische Spannung umwandelt. Die induzierte Spannung ist dabei aber so gering, dass eine sehr hohe Verstärkung des Signals notwendig wird, quasi der Härtetest für jeden Mikrofonvorverstärker.

AEA R88

Sicht auf das Bändchen-Element

Der Vorteil von Bändchenmikrofonen liegt darin, dass das Bändchen sehr leicht ist und nur unter geringer mechanischer Spannung steht. Dadurch ist zum einen der übertragbare Frequenzbereich sehr groß und deckt den kompletten menschlichen Hörbereich ab. Zum anderen liegt die Resonanzfrequenz des Bändchens unterhalb von 20 Hz und damit außerhalb des menschlichen Hörbereichs. Bei den meisten anderen dynamischen Mikrofonen liegt die Resonanzfrequenz je nach Größe der Membran um 800 Hz, also fast genau in der Mitte des menschlichen Hörbereichs. Aus diesem Grund wird Bändchenmikrofonen gern ein sehr sauberes und unverfärbtes Mittenspektrum nachgesagt, weshalb sie für die Aufnahme von Gitarrenverstärkern auch erste Wahl sind. Wer mehr über die Entwicklung und Technik von dynamischen Mikrofonen erfahren möchte, findet hier wertvolle Informationen.

Alan Blumlein und das doppelte Bändchen

Alan Blumlein war ein englischer Ingenieur deutscher Abstammung, der in seiner kurzen Lebenszeit von 38 Jahren 128 Patente erhalten hat und als Erfinder der Stereofonie gilt. Zu diesem Zwecke hat er auch ein Stereo-Aufnahmeverfahren entwickelt, das nach ihm benannt wurde. Das Blumlein-Verfahren gehört zur Intensitäts-Sterofonie und ähnelt damit der X/Y-Technik. Mit dem Unterschied, dass beim Blumlein-Verfahren statt zweier gerichteter Mikrofone zwei Mikrofone mit Achter-Charakteristik genutzt werden. Das bedeutet, dass der Schall nicht nur von vorn aufgenommen wird, sondern auch von der Rückseite, dabei aber phasengedreht. Das Ergebnis ist ein gleichzeitig sehr räumlicher Klang mit guter Tiefe, der dabei aber trotzdem voll monokompatibel ist, da beide Mikrofonkapseln möglichst dicht übereinander platziert werden. Dadurch erreicht der Schall beide Mikrofonkapseln im Gegensatz zur A/B-Mikrofonie annähernd gleichzeitig, so dass es beim Summieren nicht zu Phasenauslöschungen kommt.

 

Blumlein-Verfahren

Blumlein-Verfahren

 

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Blumlein- und MS-Sterofonie mit dem R88

Bändchenmikrofone wie das R88 von AEA haben prinzipbedingt eine Achtercharakteristik, so dass sich mit zwei Bändchenmikrofonen, die im 45 Grad Winkel übereinander angeordnet werden, ein perfektes Blumlein-Paar erzielen lässt. Warum also nicht gleich zwei Kapseln perfekt übereinander platziert in ein Gehäuse einbauen und das Leben des Tontechnikers vereinfachen? Hier tritt das R88 von AEA auf den Plan, denn genau das haben sich die Ingenieure bei AEA wohl gedacht, als sie das R88 entwickelt hatten.
Bei der Nutzung als Blumlein-Aufbau wird das R88 mit dem AEA-Logo in Richtung Schallquelle gerichtet, was bedeutet, dass die beiden positiven Membranseiten in einem Winkel von +/-45 Grad zur Schallquelle gerichtet sind. Der Öffnungswinkel von 90 Grad ist dabei fest, so dass man je nach Größe des Ensembles etwas mit der Entfernung experimentieren muss, um die Stereobreite optimal einzufangen. Das R88 ist ein Diffusfeld-entzerrtes Mikrofon, was bedeutet, dass der Diffusschall (Rauminformationen, weiter entfernte Instrumente) in seinem Frequenzgang akkurat abgebildet wird. Das Mikrofon ist also dafür ausgelegt, eine größere Entfernung zur Schallquelle zu haben. Laut Hersteller ist es das perfekte Mikrofone, um ein Ensemble oder eine ganze Band authentisch einzufangen.

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AEA R88 MK2
AEA R88 MK2 Bisher keine Kundenbewertung verfügbar

Sein volles Frequenzspektrum entfaltet das AEA R88 in einer Entfernung zur Schallquelle von 40 cm bis zu 6 m. Das steht dem heutzutage üblichen Verfahren der Nahmikrofonierung elementar entgegen und bedingt dementsprechend auch einen gut klingenden Aufnahmeraum. Unter 40 cm Entfernung kommt es zum Nahbesprechungseffekt, der bei sehr geringer Distanz bei etwa 100 Hz bis 10 dB Pegelerhöhung zur Folge haben kann. Das kann bei dünnklingenden Instrumenten zum Vorteil genutzt werden, sollte aber generell beachtet werden.

 

Nahbesprechungseffekt des R88 mkII und R88A

Nahbesprechungseffekt des R88 mkII und R88A

Soll das R88 als MS-Mikrofon benutzt werden, muss die positive Seite einer der Membranen direkt auf die Schallquelle gerichtet werden, so dass die positive Seite der anderen Membran zur Seite zeigt. Dann lassen sich über eine MS-Matrix beide Signale in ein Links-Rechts-Signal umwandeln, wobei die Stereobreite durch Zumischen des Seitensignals von Mono bis auf volles Stereo variiert werden kann. Meine Versuche, aus einer Blumlein-Aufnahme über eine MS-Matrix ein L-R-Signal zu erzeugen, klang nicht sehr erfolgversprechend, da in dem Fall die Ausrichtung zur Schallquelle nicht korrekt ist.

Nutzung des R88 als MS-Mikrofon

Nutzung des R88 als MS-Mikrofon

Praxistest und Klangvergleich

AEA R88

Das Allround-Mikrofon zur Abnahme eines ganzen Ensembles

Um beiden Mikrofonen auf die Membran zu fühlen und dabei auch eventuelle Klangunterschiede herauszuarbeiten, habe ich beide Mikrofone nebeneinander auf einer Schiene aufgebaut. Das R88A wurde über die internen Preamps meines Audiointerface Motu 828x verstärkt, während das R88 mkII durch meine beiden dbx 367 Preamps lief.

Zuerst habe ich mit meiner Westerngitarre eine kurze Akkordfolge eingespielt und danach mit einer Reihe von Percussion-Instrumenten sowie meiner Yamaha YC-Orgel ergänzt. Eine Bassdrum habe ich durch Schlagen auf die Decke der Gitarre simuliert. Alle Instrumente wurden mit einer Entfernung von ca. 40 cm aufgenommen, mein Aufnahmeraum ist leider recht klein, weshalb größeren Entfernungen nicht praktikabel sind. Nur die Orgel mit ihren integrierten Mini-Lautsprechern habe ich aus geringerer Entfernung aufgenommen, um eine schöne Stereobreite zu bekommen.

Die ersten beiden Klangbeispiele zeigen die Westerngitarre, einmal mit dem R88 mkII aufgenommen und im gleichen Take einmal mit dem R88A.

Als zweites Beispiel hört ihr die Percussion-Sektion, die zwar nacheinander aufgenommen wurde, aber hier als Ensemble erklingt, erst mit dem R88 mkII und dann mit dem R88A.

Im dritten Beispiel hört ihr den ganzen Mix aus allen Instrumenten, erst wieder mit dem R88 mkII und danach mit dem R88A.

Das Klangverhalten beider Mikrofone ist grundsätzlich sehr ähnlich, die räumliche Abbildung würde ich sogar als gleich beschreiben. Unterschiede sind trotzdem hörbar. Die Aufnahme mit dem R88A rauscht hörbar weniger, die dbx-preamps sind halt nicht unbedingt für passive Bändchen ausgelegt, wenn auch die mögliche Verstärkung ausreichend hoch ist. Zum anderen klingt die Gitarre und die höhenlastigen Percussion-Instrumente mit dem R88A etwas frischer und präsenter in den Höhen, während das R88 mkII ein wenig mehr Betonung in den oberen Mitten zu haben scheint. Die Unterschiede sind nicht groß und mit beidem könnte ich bestens leben, wobei ich für die passiven R88 doch bessere Preamps bräuchte. Die Basswiedergabe ist bei beiden Mikrofonen sehr gut ausgeprägt und die räumliche Darstellung klingt äußerst realistisch. Mit Kopfhörern ist das Raumgefühl schon sehr echt und das bei voller Mono-Kompatibilität. Man bekommt mit dem R88 also die Vorteile der Intensitäts-Sterofonie (Mono-Kompatibilität, gute Stereo-Ortung) und gleichzeitig eine schöne räumliche Tiefe, wie sie sonst nur mit dem A/B-Verfahren zu erzielen ist. Um das Ganze auszuprobieren, reichen natürlich auch zwei gleiche Mikrofone mit Achtercharakteristik aus.

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AEA R88A
AEA R88A Bisher keine Kundenbewertung verfügbar

Als letztes Klangbeispiel habe ich den „Nuss-Shaker“ ein paar Mal um das R88A wandern lassen, um den phasengedrehten Klang der Rückseiten hörbar zu machen. Unter Kopfhörern klingt es schon fast so, als würde der Shaker um den eigenen Kopf kreisen. Experimentierfreudige Klangtüftler werden mit dem R88 sicher ihre Freude haben.

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Fazit

Das R88 mkII und das R88A sind zwei exzellente Stereo-Bändchenmikrofone in Blumlein-Anordnung, die in der USA handgefertigt werden. Sie werden als die perfekten Mikrofone zur Aufnahme von ganzen Ensembles und Bands angepriesen und das sind sie auch. Die räumliche Darstellung und der aufgenommene Frequenzgang sind ab Entfernungen von 40 cm äußerst akkurat und realistisch. Die feste Anordnung zweier Mikrofone im R88 erleichtert den Aufbau des Blumlein-Verfahrens enorm und ist allein schon die Anschaffung wert. In Kombination mit der natürlichen Charakteristik des Bändchens ist das R88 tatsächlich das Mikrofon für die einsame Insel. Wer damit Live arbeiten möchte oder sich keine teuren Preamps zulegen will, nimmt das aktive R88A und wer teure Preamps besitzt und vorwiegend im Studio arbeitet, sollte sich das passive R88 mkII einmal genauer ansehen. Die einzige Hürde ist und bleibt der stolze Preis, den die Handarbeit in den USA nach sich zieht.

Plus

  • sehr gute räumliche Abbildung
  • gute Stereo-Ortung
  • erleichteter Aufbau der Blumlein-Stereofonie
  • zusätzlich als MS-Mikrofon nutzbar
  • verfärbungsfreies Mittenspektrum
  • Frequenzgang für große Entfernungen optimal
  • aktive und passive Option

Preis

  • AEA R88 mkII: 2.799,- Euro
  • AEA R88A: 3.299,- Euro
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Klangbeispiele
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