Cypher2: klangliches Vielseitigkeitsmonster
Vor gut zehn Jahren war die Erstausgabe des Cypher erschienen – damals als untrennbarer Bestandteil des „DCAM Synth Squad“ von FXpansion, einem Plugin-Quartett, bestehend aus den drei Synthesizern Amber (String Ensemble Synthesizer), Strobe (monophoner Synth à la Roland SH-101) und eben dem Cypher (Modulations-Synthesizer) sowie der Effekteinheit Fusor. Unseren Test dazu können Sie hier nachlesen. Das Paket wurde entsprechend gewürdigt und gefeiert, danach war eine ganze Weile Funkstille. Bis Controller-Hersteller ROLI mit FXpansion fusionierte und begann, die Synthies in die nächste Runde zu schicken. Den Anfang machte Strobe2 im Jahr 2015, nun folgt FXpansion Cypher2: Entwickelt weiterhin von FXpansion, befeuert mit den Sounds (und Ideen) von Roli. Zehn Jahre Zeit: Das müsste doch ausreichen, um etwas wahrhaft Sensationellen zu basteln. Oder etwa doch nicht?
Download und Installation Cypher2
Vorweg: Die anscheinend fehlende Leerstelle zwischen „Cypher“ und der Versionsnummer „2“ ist kein Fehler – die neueste Ausgabe des Softsynths heißt laut Hersteller tatsächlich „Cypher2“. Nur damit sich niemand wundert. Und eben diesen Cypher2 gibt es als Download über die Herstellerseite für 179 Euro. Der Synthie läuft sowohl unter Windows 10 (und NUR unter Windows 10, kein 7 oder 8) als auch auf dem Mac ab OSX 10.11. Für beide Systeme existiert auch eine Demoversion, die ebenfalls über die FXpansion-Website heruntergeladen werden kann. Apropos herunterladen: Das geht dank der doch sehr angenehm überschaubaren Größe von Cypher2 schneller als man sagen kann „Bob ist mein Onkel“; so belegt der Synth gerade mal 7,5 MB plus noch einmal dasselbe für den VST-Plugin-Eintrag: Das passt wirklich auf jede noch so klamme C-Partition. Kurz noch den heutzutage schon üblich gewordenen Nutzer-Account angelegt, Cypher2 registriert und es kann losgehen.
Cypher2 – was ist das eigentlich genau?
Cypher2 ist ein „analogue modelled synthesizer which has been designed with expression and performance foremost in mind” – sagt der Hersteller. Genauer: ein virtuell- analoger Synthesizer mit drei Oszillatoren, zwei Filtern, drei Envelopes, zwei Dual LFOs, Ramps und Output-Amplifier. Dazu kommen 30 Effekte, ein Step-Sequencer und ein recht mächtiges „Transmod Modulation System“ – aber dazu später mehr.
Das Synth-Fenster: Von allem mehr und trotzdem übersichtlich
Der inzwischen gut zehn Jahre alte Vorgänger wirkte – trotz aller Qualitäten – ein wenig unaufgeräumt. Das lag zum einen an der durchgehend grünen Farbgebung, aber auch am Fehlen klarer, gerader Trennlinien und deutlicher Bezeichnungen der einzelnen Elemente; da war die Orientierung nicht immer leicht. Dass das Ganze dann auch noch den Charme einer Windows 3.1-Anwendung versprühte, schreiben wir einfach mal dem Alter des Cypher-Erstlings zu.
Ganz anders nun der Nachfolger, bei dem man anscheinend aus den „Fehlern“ der Vergangenheit gelernt hat. Auf den ersten Blick ähnelt die Benutzeroberfläche eher einem modularen Synth im Eurorack-Format – auch wegen der bunten Knobs, die bei oberflächlicher Betrachtung eher wie Klinkenbuchsen für Patchkabel aussehen und nicht wie Drehregler. Der Aufbau ist zwar ähnlich zum Vorgänger, wirkt aber deutlich sortierter und stringenter. Auch weil sich die drei Hauptaufgabengebiete des Synthies – Synthie, Sequencer und Effekte auf drei gut erreichbare Seiten verteilen (in Version 1 musste Cypher mangels eigenem noch den Sequencer des Fusor nutzen), aber vor allem, weil die Oberfläche nun augenfreundlicher und logischer gestaltet ist. Zudem ist sie jetzt auch skalierbar; allerdings nicht frei, sondern in festgelegten Stufen von 930 x 503 bis 2727 x 1474. Die „krummen“ Werte resultieren aus den Prozentzahlen der Vergrößerung von 75 % bis 220 %. Was dann aber leider auch zur Folge hat, dass die Standard-Bildschirmauflösungen – etwa 1920 x 1080 – nicht vorkommen und man in dem Fall dann mit 1859 x 1005 leben muss – und einem Rand an den Seiten. Ach ja – farblich lässt sich Cypher 2 dann mit verschiedenen Themes dem eigenen Geschmack anpassen. Mein Favorit: Der nüchterne RozoCop. Aber das nur nebenbei.
Die Synth-Seite kennt zwei Modi: Der „Easy Mode“ zeigt in einem verkleinerten Fenster lediglich den Browser, ein vergrößertes Keyboard sowie den X/Y-Controller samt fünf Makros an – das reicht zum Performen. Wer editieren will, schaltet auf den „Edit Mode“ und bekommt dann die volle Regler-Dröhnung um die Ohren. Das – dann deutlich verkleinerte – virtuelle Keyboard ist zusammen mit dem Soundbrowser an den linken Rand gerutscht. Die drei Oszillatoren daneben wurden nun senkrecht nebeneinander (und nicht mehr übereinander) angeordnet, was deutlich übersichtlicher ist. Das zentrale X/Y-Pad ist um weitere (umschaltbare) Funktionen wie Visualizer, Keyzones und Maths (dazu gleich mehr) gewachsen und so zur Multifunktionsfläche geworden. Rechts daneben die beiden Filter und die Output Amplifier Section, während der untere Teil für die verschiedenen Modulatoren wie den drei Envelopes, zwei Dual LFOs und die Ramps reserviert ist. Über allem schließlich thront das mächtige „Transmod-Modulations-System“ mit seinen 24 Slots – auch dazu gleich mehr.
Klangerzeugung und Sounds
Die klassischen Schwingungsformen der drei Oszillatoren lassen sich frei überblenden und synchronisieren, dazu kommen Ring-, Frequenz- und Wellen-Modulation (FM, WM, Ring) sowie White und Pink Noise – damit lässt sich dann schon einiges veranstalten.
Vor allem zusammen mit dem eben angesprochenen Transmod-Modulations-System. Jeder der ersten 16 Slots enthält hier eine frei zuweisbare Modulationsquelle, mit der man so ziemlich alles in der Cypher Engine modulieren kann. Slots 17-21 sind fix an die MPE-Kurven-Prozessorquellen gekettet, Slots 22-24 können zwischen den drei Nutzer-definierten Curve-Processor-Sources und den drei Performance-Macro-Sources geswitched werden. Die Zuweisung ist leicht; fährt man mit dem Mauszeiger über einen Slot, wird die verknüpfte Quelle durch einen gelben Ring angezeigt, die Zuweisungen erfolgen über Pop-ups unter der rechten Maustaste – optimal gelöst.
Dazu kommt ein gewaltiger Math-Processor, der mit Hilfe mathematischer Funktionen auf die Transmod-Modulatoren einwirkt und so sehr komplexe Ergebnisse mit oft überraschender Wirkung produziert. Insgesamt ein wunderbares Spielzeug, das zum hemmungslosen Experimentieren einlädt.
Zum gelungenen Sound tragen auch – neben den LFOs und Ramps – die zwei analog modellierten Multimode-Filter mit ihren jeweils sechs Schaltungsmodellen inklusive Kammfiltermodi und zwei angeschlossenen Shapern bei. Die Filter-Parameter wie Cutoff, Resonance oder Drive können auch hier über die Transmods beeinflusst werden. So können die Filter dann zum Beispiel auch über den Sequencer, über Mathe-Prozessor oder über Random-Funktionen angesteuert werden.
Bei all den Möglichkeiten verwundert es dann nicht, dass der FXpansion Cyper2 ein breites Spektrum an Sounds bietet. Angefangen von analogen Brot & Butter-Klängen über klassische FM-Sounds, fette Leads, knarzende Bässe, verspielte Sequencer- und Arpeggio-Töne, lebendige Flächen, schöne Streicher, Orgeln, Pianos oder Gitarren oder abgefahrene Special-FX, alles ist realisierbar und wird in 1.300 Presets mitgeliefert. 500 dieser Presets sind speziell für den MPE-Standard (MIDI Polyphonic Expression) gemacht, der – auf speziellen Keyboards – dann gleich fünf Ausdrucksformen gleichzeitig pro Note senden kann. Kein Wunder, bietet ROLI doch mit seinem Seaboard eine solche Tastatur auch an. Die 5D-Sounds lassen sich zwar auch mit einer herkömmlichen Tastatur abspielen, doch bleibt der klangliche Mehrwert dann eben aus. Da es im Cypher2 dann aber auch oft jeweils noch eine 2D-Version der MPE-Sounds gibt und sich die 5D-Sounds in der Preset-Liste zur Not auch deaktivieren lassen, ist das gar nicht notwendig.
Sequencer: Willkommen in der Matrix
Ähnlich übersichtlich ist auch der mehrdimensionale Sequencer aufgebaut – und auch zu bedienen. Oben der Step Sequencer zur Eingabe der Tonhöhen samt darunter liegendem Gate-Sequencer (to trigger or not to trigger – that is the question), auf der rechten Seite drei große identische Modulation-Sequencer, die sich mit allem nur denkbaren verkabeln lassen (wie Velocity, Gate-Länge, Filter oder Oscillator-Frequency des Synths, wie gesagt – da gibt es keine Grenzen). Auf der anderen Seite die Master-Sektion mit den üblichen Verdächtigen (Tempo, Auflösung etc.), darunter die Arpeggiator-Abteilung, zentral in der Mitte die allmächtige Matrix. Die lässt sich zum Beispiel mit dem Transmod-Modulation-System verknüpfen, so dass sich Aspekte des Sequencers mit Hilfe dieser Schnittstelle dann über die Modulatoren des Synthies steuern lassen (oder der Sequencer umgekehrt auf alle möglichen Klangaspekte des Synthies einwirkt) – oder mit den drei Modulations-Sequencern, die sich dann zum Beispiel um Pitch, Duration oder Velocity kümmern; ganz schön tricky und ein Paradies für Frickler und Bastler. Die bekommen noch Unmengen anderer Tools an die Hand: Da lässt sich die Pattern-Länge durch jede Modulationsquelle beeinflussen, über den Scale-Processor lässt sich das eingegebene Tonmaterial in andere, zum Teil ungewöhnliche Tonarten zwingen (wie etwa Blues6 Maj, Chromatic oder Pentatonic Major) oder lassen sich Steps über Modulatoren triggern, die erst beim Erreichen vorgegebener Grenzwerte auslösen, was schöne lebendige, sich ständig ändernde Klangwelten entstehen lässt – vor allem, wenn noch weitere Random-Trigger in der Matrix hinzukommen, wie etwa der Step Shift. Über die Modulatoren können so unterschiedliche Pattern-Längen kombiniert werden und aufeinander einwirken oder bis zu acht verschiedene im „Memory“ gespeicherte Sequenzen abgerufen werden; Philip Glass oder Steve Reich hätten ihre helle Freude am Cypher2-Sequencer.
Mehr Effekte in Cypher2
Auch die ursprüngliche Effekt-Engine wurde kräftig aufgebohrt und erstmals eigenständig in Cypher integriert. Sechs (gleichzeitig) nutzbare Slots in zwei Chains (A+B) stehen jetzt zur Verfügung. Im FX-Angebot sind fünf unterschiedliche EQs, sechs Dynamik-Effekte (wie Kompressor, Noise Gate, Shaper oder Gain), diverse Delays und Reverbs, Modulationseffekte (sowohl klassische wie Phaser, Flanger, Chorus & Co, aber auch ausgefallenere wie Amber Formants oder PhaseMod Array) und drei Distortion-FX (Drive, BitCrusher und „DirtyDAC“). Jede der beiden Chains hat ihre eigene Mixerkontrolle und können auch parallel betrieben werden. Die sechs Slots lassen sich per Drag & Drop schnell neu organisieren und umbauen – praktisch.
Zwei Ergänzungen aus meiner Sicht:
– Cypher 2 braucht relativ viel CPU. Ich bekomme bei 5-stimmigen Pads regelmäßig Knacken (auf einem 2015er MacBook Pro mit Core i5 2,7 GHz mit 2 Kernen)
– Ein cleveres Feature ist noch das „Morphen“ zwischen zwei Presets
@Innervisions Schon ein Jahr her, ich weiss. Aber selbst ein MacBookAir von 20, nicht gerade die Wunschmaschine des Musikers, rechnet deutlich mehr weg, als ein 2-Core MBP von 15. Das musst du auch beachten und hast du eventuell auch schon geändert. Beim Interesse für „ungewöhnliche“ Controller bin ich ganz bei dir. ;)
Wichtig: vielleicht überlesen, Besitzer eines Roli zahlen für Cypher und Strobe nur die Hälfte. Eine Light Version (etwa der Light Mode) der beiden Synths ist für Rolis kostenlos
kenne jetzt nur die 1te version, aber die hatte schon einen klang der seines gleichen sucht .
subtanz sage ich nur.
oben auf mit sytem 1 und 8 und diva . direkt, fleischig und anwesend analog .