Mehr Geist, mehr Beat
FXpansion Geist2 ist eine samplebasierte Groovebox- und Sampling-Software zum flinken, ergonomischen Erstellen von Beats, im weiteren Sinne. Wer sich nicht mit komplexen MIDI-Spuren und Plug-in-Instanziierungen in den Standard-DAWs herumschlagen möchte, für den möchte Geist2 einen One-Point-Einstieg für die Beat-Bedürfnisse sein. Wobei die Software einem die Wahl zwischen Standalone-Betrieb und den gängigen Plug-in Formaten lässt. Wir haben uns Version 2 des FXpansion Dauerbrenners angesehen. Ob die Software nicht nur die BPMs, sondern auch den Puls höher schlagen lässt, lesen Sie im Test.
Installation
Die Installation und Autorisation von FXpansion Produkten geht flüssig vonstatten.
Nachdem ein kostenloses Kundenkonto bei FXpansion eingerichtet wurde, müssen lediglich Seriennummern registriert und Installationsdateien heruntergeladen werden.
Zum Autorisieren der Software muss das Standalone-Programm oder das Plug-in in der DAW aufgerufen werden. Findet die Software keine Autorisation, wird automatisch der FXpansion License Manager gestartet, der einen dann nach den Log-in Daten für das FXpansion-Konto fragt. Diese Daten also bereithalten, eine Internetverbindung ist entsprechend notwendig. Ist der Rechner nicht ans Internet angeschlossen, geht das Ganze auch offline über eine Autorisierungsdatei, die dann über einen anderen Computer hochgeladen wird. Ist der License-Manager schließlich zufrieden, wird die Software aktiviert und ist auf diesem Rechner unbegrenzt offline benutzbar.
Der License-Manager ist aber auch noch zum Updaten zu gebrauchen. Loggt man sich mit ihm ein, können über den Schalter „Update‟ automatisch alle anfallenden Updates heruntergeladen und installiert werden. Insgesamt also unauffällig. Allerdings können FXpansion Produkte nur x-mal aktiviert werden, bevor eine Kommunikation mit dem Support fällig wird.
Bei Neukauf oder Update von Geist1 darf man sich auch noch zwei kostenlose GeistExpander Sound-Pakete im Wert zwischen $ 29 und $ 99 aussuchen, die eine
große Bandbreite an Stilen abdecken. Von cineastischen Drum über Industrial,
Drum ’n‘ Bass, klassischen und raren Drum-Maschinen für EDM bis hin zu Akustik-Sets
ist Geist2 nicht an Genregrenzen gebunden.
Der Geist2, den ich rief
Geist2 möchte zwar intuitiv sein, stellt einem aber erst einmal etliche idiosynkratische Bedienstrukturen in den Weg, die zunächst durchschaut werden wollen, bevor sie tatsächlich intuitiv werden. Den schnellsten Einsteig findet man über die sechs englischsprachigen Tutorial-Videos, die einem in weniger als 30 Minuten mit der Struktur von Geist2 bekannt machen. Englischsprachige PDF-Handbücher sind auf der FXpansion Homepage zu finden. Das Geist-PDF macht allerdings noch einen etwas unfertigen Eindruck, deckt aber alle Themen soweit ab.
Ich hatte bisher nicht mit Geist1 gearbeitet, aber wie ich aus den Lehrvideos und Handbüchern zur ersten Version ersehen konnte, hat sich funktional nichts bis kaum etwas verändert. Jedoch wurden die Oberfläche von Geist2 massiv umgebaut und etliche Arbeitsschritte optimiert, sodass auch erfahrene Geist-User noch viele neue Infos aus den Videos ziehen können. Die wichtigsten Veränderungen habe ich im Nachfolgenden dokumentiert. Über Kommentare zu weiteren relevanten Unterschieden würde ich mich freuen.
Zum Einstieg noch mal ein kurzer Überblick über die Architektur von Geist. Zur Klangerzeugung stehen acht sogenannte Engines zur Verfügung, quasi die Einzelspuren in einer DAW.
In jeder Engine können bis zu verschiedene 24 Patterns erstellt werden.
Für die 24 Patterns in einer Engine stehen bis zu 64 Pads Zur Verfügung. Die Pads werden im Pattern-Editor arrangiert, das bis zu 1024 Steps lang sein kann und eine Auflösung bis zu 1/64T bieten. Ist also funktional vergleichbar mit dem Erstellen eines Beats in der Piano-Roll-Darstellung einer „echten“ DAW.
Ein Pad kann aus bis zu acht Layern bestehen und jede der acht Ebenen kann mit einem eigenen Sample belegt werden. Dazu besitzt es ein eigenes Set von Klangformungparametern. Die 64 Pads gibt es aber nur einmal pro Engine und nicht etwa ein eigenes Pad-Set für jedes Pattern.
Sehr vorbildlich ist, dass Engines (64 Pads, 24 Patterns), Kits (64 Pads) und Pads (8 Sample-Layer) getrennt abgespeichert und geladen werden können, ohne irgendetwas am Song selbst verändern zu müssen. Zusätzlich können die Effekteinstellungen einer Engine auch noch separat verwaltet werden. Auf diese Weise lassen sich schnell verschiedenste Varianten einer Komposition ausprobieren oder Komponenten austauschen.
Im Song-Modus können die Patterns schließlich in den Spuren der Engines arrangiert werden, während im Scenes-Modus die Patterns zum Live-Triggern bereitstehen. Allein von diesen Eigenschaften her wird es mit Geist wohl nicht so schnell langweilig und falls doch, gibt es noch die Modulatoren und Automationen. Aber alles der Reihe nach.
Zum Abmischen bietet Geist2 intern drei verschiedene Mix-Ebenen. Den Layer-Mixer, für jedes einzelne der acht Layer eines Pads, den Pad-Mixer für jedes einzelne der 64 Pads einer Engine und den Global-Mixer für die acht Engines und vier Aux-Kanälen.
Doch nicht nur, was das Abmischen der verschiedenen Elemente betrifft, ist Geist sehr
freizügig, Was man leicht übersehen kann, ist, dass für jeden der aufgezählten Mixer (max. 4096) und die 4 AUX-Kanäle noch jeweils sechs Effekt-Inserts zur Verfügung stehen. Zur Auswahl stehen dabei die Kategorien Verzerrung, Kompression, EQ, Filter, Effekte und Hall, insgesamt knapp 50 Effekte, mit denen man sich austoben kann.
Damit bei so vielen Mixern die Arbeit nicht zu sehr auswuchert, gibt es Presets für die Insert-Effekte
Geistvolles Grooven
Einer der Gründe, warum ich Geist1 bisher nie so richtig prickelnd fand und was wohl auch eine der Funktionen war, die sich Geist1 Benutzer am meisten gewünscht haben, war die Festlegung auf Standardtakte. Das schränkte die Variationsbreite von Geist doch sehr ein.
Mit Geist 2 hat sich das geändert, denn die Software ist nun zur Polyrhythmik fähig. Dazu befindet sich im Sequencer der Pattern-Ansicht am rechten Ende jeder Spur ein kleiner, unscheinbarer Pfeil, der nach links gezogen werden kann und damit die Step-Anzahl des Pattern verkürzt.
An dieser Stelle möchte ich noch eine kleine Erläuterung zu Polyrhythmik anbringen, denn es gibt nämlich zwei Varianten: Die erste Variante ist z.B. in Geist2 vertreten. Hier wird der Takt des Metronoms von den einzelnen Spuren und Steps nicht „angegriffen‟. Das soll heißen, die Patterns haben zwar unterschiedliche Step-Längen und verschieben sich somit mit der Zeit gegeneinander, doch ist hier eine 4tel Note immer noch gleich viele Schläge lang wie alle anderen 4tel Noten und immer mit ihnen im Takt. Nur ihre Position auf dem Raster verändert sich, aufgrund des früheren „Abbrechens‟ bzw. „Endes‟ der Spur.
Die zweite Form nennt sich Cross-Rhythm oder systemische Polyrhythmik. Hier wird das Metronom „angegriffen‟. Das bedeutet, in einem Musikstück wird ein Taktmaß einem anderen entgegengesetzt. So hat beispielsweise eine Spur einen 4/4 Takt und eine andere einen 3/4 Takt. Beide Takte dauern zwar gleich lang, aber die Noten haben unterschiedliche Schlagdauern und verändern auch ihre Position zueinander.
Besonders Musik aus Afrika und dem Mittleren Osten benutzt traditionell Cross-Rhythmik. In der westlichen Musik wurden seit der Barockzeit gerne 3:2, 6:4 oder 6:8 Verhältnisse der Metronome zueinander verwendet und sind unter dem Begriff Hemiole bekannt. Auch der Jazz macht gerne Gebrauch davon. Ein Softwarevertreter, der systemische Polyrhythmik beherrscht, ist z.B. StiX von Xils-Lab und BreakTweaker von iZotope, wobei die Patternspuren nicht nur unterschiedliche Längen, sondern auch unterschiedliche Geschwindigkeiten haben können.
Das Ganze wird nochmals aufgelockert mit dem SHIFT-Graphen, der die Noten
swingen lässt. Geist2 kann diese Informationen aus anderen Patterns extrahieren
und als Preset speichern.
Polyrhythmen sind ein echtes Zaubermittel, um seine Beats aufzuwerten, lebendig zu machen und interessant zu halten. 4/4 bei 16 Steps sind ja schon ziemlich abgegrast.
Pads und Layers
Die Grundlagen von Geist sind, wie zu Anfang gesagt, Samples. Ob Single-Hits oder Loops, ist egal, solange es WAV- oder AIFF-Dateien sind. Wobei es etwas merkwürdig ist, dass Geist nur zwei Formate unterstützt. Zumindest die FLAC und Apple-Lossless Formate sowie MP4 hätte man ruhig noch hinzunehmen können (bei MP3 will das Fraunhofer Institut ja wieder Geld).
Single-Hits lassen sich einfach in das Layer ziehen, bei Loops sollte man vorher den Slicer-Schalter aktivieren. Dann lassen sich beim Importieren Anzahl und Position der Slices direkt einstellen. Doch Vorsicht, denn man hat die Qual der Wahl, die Slices in die Pads zu importieren, nur die Padzuweisung der Noten oder beides und ob der Loop dabei geslicet werden soll oder nicht. Die Slices lassen sich auch noch nachträglich durch Anklicken der entsprechenden Pads verändern.
Ist also nun ein Sample in ein Layer geladen, stehen dort umfangreiche Klangformungsparameter zur Verfügung. Im Setup wird die grundlegende Verwaltung des Samples vorgenommen. Soll es ein One-Shot oder ein Loop sein, die Hüllkurven der Sample-Dauer (Length Bound) oder der Layer, dem Noten-Event (Gated) angepasst sein? Es ist anzumerken, dass bestimmte Funktionen erst bedienbar sind, wenn bestimmte vorhergehende Parameter aktiviert sind. So sind z.B. die Looping-Parameter nur aktiviert, wenn das Sample als Loop definiert wurde etc.
Und all diese Parameter sind nicht nur in jedem Layer und für jedes Pad MIDI-fizierbar, sondern auch Geist-intern modulierbar.
Trans Modul Express
Das ist nämlich die zweite große Neuerung bei Geist2: die Transmod-Modulatoren.
Das sind Modulationsquellen für die einzelnen Parameter der Layer eines Pads.
Diese finden sich am untersten Rand der Oberfläche.
Die ersten vier Modulatoren für die „A-En‟ (Amplifiere Envelope), F-En (Free Envelope) sowie die MIDI-Anschlagsstärke (VEL) und der Zufallsgenerator (RND) sind jeweils dem aktiven, sichtbaren Layer eines Pads zugeordnet. Die A-En und F-En Slots werden entsprechend den Einstellungen der Verstärker- und der freien Hüllkurve eines jedes Layers moduliert. Die MIDI-Velocity gilt für das gesamte aktuell ausgewählte Pad, also auch für alle Layer des Pads.
Die Modulatoren S1 bis S16 gelten für das gesamte Projekt. Mit welcher Modulation die S-Slots belegt werden, lässt sich im Browser-Fenster unter dem Menüpunkt „Transmod‟ festlegen, die acht Kategorien reichen von einfachen LFOs über Mini-Stepsequencer bis hin zu komplexen mathematischen Funktionen. Sehr schön ist, dass in den Slots am unteren Rand auch die Kurznamen der ausgewählten Modulatoren übernommen werden.
Die Modulatoren M1 bis M4 gehören zu den Macro-Reglern weiter rechts und können mit beliebigen MIDI-Controllern belegt werden. Die letzen vier Modulatoren speisen sich aus dem angeschlossen MIDI-Gerät und sind für die Verarbeitung von Mod-Wheel, Pitch-Wheel, Channel-Pressure-Werten und der Transportkontrolle zuständig.
Um eine Modulationsquelle anzuwenden, wird einfach der gewünschte Slot am unteren Bildschirmrand ausgewählt und dann im Sampler-Layer-Editor über den äußeren Ring eines Parameters (hier: blassrot) die Modulationstiefe eingestellt.

Modulator – mit die Maus über einen Parameter fahren zeigt die zugeordneten S-Lots (Modulationsquellen)
Der Vorteil ist, dass einem keine unübersichtliche Modulationsmatrix den Arbeitsfluss stört.
Was aber, wenn man wissen will, welche Modulation welche Parameter beeinflussen? Das ist prinzipiell recht schick gelöst. Wenn man mit der Maus über einen Layer-Parameter fährt, werden alle angewendeten Modulations-Slots, also Modulationsquellen umrandet (hier: orange) dargestellt. Umgekehrt werden bei einem Klick auf einen Quellen-Slot alle Ziele im sichtbaren Fenster angezeigt, die von ihm moduliert werden.
Hier lässt sich im übrigen auch für jeden Slot einstellen, ob die Modulationsauslenkung unipolar (0 bis 1) oder bipolar (-1 bis +1) ist.
Jedoch wird auch dieses Konzept bei acht Layern pro Pad schnell umständlich, wenn man jeden Parameter in jedem Layer abklappern muss, um zu sehen, ob er moduliert wird.
Ein Übersichtsfenster, wie bei der MIDI-Mapping Ansicht, wäre hier wesentlich schneller und übersichtlicher. Um jedoch das Gröbste zu lindern, haben die Transmod-Slots ein Sekundärmenü, über das sich die Zuweisung auf alle ihre jeweiligen Modulationsziele auf einmal löschen lassen.
Geist2 bietet auch eine exorbitante MIDI-Steuerung. Jedes, aber wirklich auch jedes
Bedienelement kann einem MIDI-Controller zugeordnet werden. Selbst bei 16 MIDI- Kanälen mit 127 Controllern wird das eng, wenn man es ausschöpfen wollte.
Sampler
Was bei Geist2 zum geblieben ist, ist die Sampler-Funktion. Ja genau, die Fähigkeitn die einst die Hardware so beliebt gemacht hat und bei vielen Softwareumsetzungen verloren ging. Geist macht den Vorgang mit einstellbarer Lautstärke-Threshold-Steuerung und automatischer Pad-Zuweisung auch sehr funktional und bequem.
Die eingebaute Sampling-Fähigkeit fordert zwar immer noch dazu herausn mit einem portablen Recorder in die Welt zu ziehen und Perkussives zu sammeln, wie andere Leute Pokemons und Pilze, allerdings scheint man dabei das Wichtigste vergessen zu haben. Denn die Samples selbst lassen sich in Geist2 nicht destruktiv bearbeiten. Nur über die Anpassung der Start-, End- und Loop-Marker sowie die Hüllkurven lassen sich die Samples nachträglich beeinflussen. Somit muss überflüssiger Datenballast immer mitgeschleppt oder aufwändig in Geist intern neu gesampelt werden. Das ist angesichts der Tatsache, dass destruktive Sample-Edit-Funktionen schon in Geist1 vorhanden waren, schon ein ziemlicher Fauxpas.
DAW
Wird Geist2 in einer DAW benutzt, hält sich das Plug-in streng an die globale Zeitleiste. Sogar das Verschieben des Abspielposition in der DAW wird in Geist reflektiert. Getestet wurden AU und VST unter Reaper 5.2.2 und alles verlief ohne Zwischenfälle. Es sind aber Absturzprobleme mit Ableton Live 9.x bekannt. Im Zweifelsfall mal in den Foren von FXpansion nachsehen.