Die Tele für den Bluesboy
Die Instrumente von G&L erfreuen sich zunehmender Beliebtheit, bieten sie doch eine ernstzunehmende Alternative zu den Gitarren von Leo Fenders erster Firma, die noch seinen Namen auf der Kopfplatte trugen. Sie sind auch im Preis ähnlich angesiedelt, denn es gibt sie sowohl aus den USA als auch aus Fernost, mit den entsprechenden Preisunterschieden selbstverständlich. Zum Test steht heute eine Tele von G&L vor mir, die aber eigentlich Asat heißt, für die Namensrechte der Produktbezeichnung dieses Gitarrentyps gab es wohl strenge Vorgaben, nachdem Leo Fender seine eigene Firma damals verließ bzw. verlassen musste. Das Instrument wird in Indonesien hergestellt und entsprechend günstig angeboten, ihr Erscheinungsbild dürfte viele Fans des klassischen Designs ansprechen. Mal schauen, wie es um die Qualität dieser Tele, pardon – der G&L Tribute Asat Classic Bluesboy steht.
G&L Tribute Asat Classic Bluesboy – Facts & Features
Bei der Tribute Asat Classic Bluesboy haben wir es mit einer Semihollow-Gitarre zu tun, was unschwer bereits auf den ersten Blick an dem F-Loch im oberen Teil der Decke zu erkennen ist. Unschwer zu erkennen ist allerdings auch eine Unsauberkeit in der Verarbeitung, zumindest bei unserem Testinstrument, denn an der Unterseite der Decke rund um die Öffnung des F-Lochs sind Reste von Leim zu erkennen. Das muss aber nicht die gesamte Serie betreffen und ich kann auch an dieser Stelle schon verraten, dass es der einzige grobe Schnitzer ist, den sich unsere Tribute Asat Classic Bluesboy leistet.
Der Resonanzraum erstreckt sich über den gesamten oberen Teil des Korpus, der aus Sumpfesche besteht und mit einer hochglänzenden Lackschicht überzogen wurde. Die Lackierung wurde sehr sauber ausgeführt, auch an den kritischen Stellen wie etwa dem Hals-Korpus-Übergang oder der Innenseite des Cutaways gibt es keine Auffälligkeiten. Gut ein Drittel der Decke wird von einem dreischichtigen Tortoise-Pickguard bedeckt, das zudem noch den Humbucker der Halsposition aufnimmt. Auf der Rückseite des Korpus gibt es rein gar nichts zu entdecken, außer der Gewissheit, dass wir es hier mit einem Instrument mit String-through-Saitenführung zu tun haben, was dem Klang ja nur guttun kann. Vor allem im Zusammenhang mit der Resonanzkammer verspricht diese Bauweise ja in aller Regel einen resonanten und zugleich warmen Ton.
One Piece Maple Neck mit Jatoba Griffbrett
Zum Glück wurde der eingeschraubte Ahornhals von der Lackierpistole verschont, hier klebt also rein gar nichts, da nur eine hauchdünne Satinlackschicht die Oberfläche versiegelt. Ein paar wenige Unebenheiten sind im Halsprofil zu spüren, das aber auch nur in der Mitte, also dort, wo man sich mit der rechten Hand ohnehin ja nicht unbedingt aufhält. Das Medium-C-Profil ist recht modern gestaltet und dürfte niemanden vor ernsthafte Probleme stellen. Die Bundierung geht für ein Instrument dieser Preisklasse in Ordnung, so ganz sauber wurden die Ecken der 22 Bundstäbchen zwar nicht abgerundet, dafür aber deren Oberflächen, sodass es hier von Anfang an ohne zu schaben oder zu schleifen losgehen kann.
Einfache, schwarze Dots schmücken das Griffbrett aus Jatoba, das sauber auf den Hals aufgeleimt wurde. Erhältlich ist die G&L Tribute Asat Classic Bluesboy darüber hinaus noch mit einem aufgeleimten Ahorngriffbrett und in drei weiteren Geschmacksrichtungen: in „Red Burst„, im naturbelassenen „Natural Gloss“ sowie in „Clear Orange“, bei ähnlich günstigen Preisen. Unser Testinstrument hingegen trägt das Finish mit der schlichten Bezeichnung „Blonde“, was zusammen mit dem braunen Pickguard besonders die Freunde des eher traditionellen Erscheinungsbildes ansprechen dürfte.
Hardware & Pickups
Ich erwähnte es bereits – die G&L Tribute Asat Classic Bluesboy E-Gitarre besitzt eine Saitenführung durch ihren Korpus hindurch. Die Drähte werden von sechs Messingreitern in Richtung Kopfplatte geführt, an der die solide arbeitenden Mechaniken warten. Die No-Name-Tuner sind recht ordentlich in ihrer Qualität und überstrapazieren den Benutzer nicht mit zu viel Spiel, zudem halten sie das Instrument recht zuverlässig in Stimmung. Das ist erfreulich, denn allzu oft wird hier ja gerne gespart – meiner Meinung nach an der absolut falschen Stelle. Ein ähnlich gutes Bild gibt der Rest der Hardware ab: Der Dreiwegeschalter sowie die beiden Potis auf der verchromten Blende arbeiten einwandfrei. Nichts wackelt, schabt oder trübt das Bild sonst irgendwie.
Gespart wurde auch nicht bei den Tonabnehmern, zumindest was den Singlecoil im klassischen „Aschenbecher“ am Steg betrifft. Der Einspuler stammt nämlich aus der US-Fertigung von G&L, während der Humbucker in der Halsposition wohl in Fernost produziert wurde. Bei der Schaltung überrascht uns keine Neuerung, so lassen sich entweder der Hals-Pickup alleine, beide Pickups oder der Singlecoil am Steg auswählen. Im Gegensatz zu einigen anderen Modellen des Herstellers, die mit einer passiven Klangregelung für Bässe und Höhen ausgerüstet werden („PTB Tone System“), muss man hier mit einer einfachen Klangblende begnügen. Wer mehr über diese Schaltung erfahren möchte, der sollte sich meinen Test der G&L Legacy Black E-Gitarre zu Gemüte führen, in der diese Elektronik verbaut wurde.
In der Praxis!
Akustischer Grundsound/Handling
Durch die Semihollow-Bauweise des Korpus kann man das Gewicht der Asat Classic Bluesboy als recht angenehm bezeichnen. Hinzu kommt die ausgewogene Verteilung des Gewichts, von Kopflastigkeit oder ähnlichen Kinderkrankheiten ist weit und breit nichts zu bemerken. Wie zu erwarten war, wirkt sich der Resonanzraum sowie die Saitenführung durch den Body sehr positiv auf das Schwingungsverhalten der Gitarre aus, etwas mehr Power würde man sich jedoch in Sachen Sustain wünschen, aber dafür war die Tele ja noch nie wirklich berühmt.
Der akustische Grundsound ist trotzdem sehr knackig und voller Höhen und Mitten, eben typisch für eine E-Gitarre des Typs Telecaster und prädestiniert dafür, sich in einem Bandgefüge durchzusetzen. Gut eingestellt waren bei unserem Testinstrument die Saitenlage sowie die Oktavreinheit, der Hals ist auf seiner kompletten Länge einwandfrei bespielbar, der Ton kann stets sauber auf dem Griffbrett intoniert werden und selbst vier- oder fünfstimmige Akkorde klingen sauber und klar.
Elektrischer Sound
Das gute Bild setzt sich auch beim Anschließen an den Verstärker fort, zumindest dann, wenn man den Singlecoil am Steg benutzt. Er liefert, neben dem erwarteten und beliebten „Twang“ einer Tele, ein fast schon strahlendes Klangbild und das fast ohne Nebengeräusche, sodass es hier auch bedenkenlos mal mit mehr Zerre losgehen kann. Der Humbucker am Hals fällt dagegen etwas ab, zwar liefert eher einen coolen Sound für bluesige Licks, sein Headroom und die Dynamik können jedoch bei Weitem nicht mit dem mithalten, was der Einspuler am Steg zu liefern imstande ist. Zusammen jedoch ergänzen sich die beiden Tonabnehmer sehr gut und bieten weitere interessante Sounds, die auch nicht zusammenfallen, wenn man die Lautstärke mit dem Volume-Poti etwas absenkt. Dynamik und Frequenzbild bleiben somit weitestgehend erhalten, sodass man hier mit einem (guten) Röhrenamp eine gute Interaktion erwarten kann.
Klangbeispiele
Hören wir rein in den Sound der G&L Tribute Asat Classic Bluesboy! Für den Praxis-Check habe ich wie immer meinen Referenz-Amp Orange Micro Dark benutzt. Der Amp war gekoppelt mit einer Celestion 1×12″ Vintage 30 Box und wurde durch ein AKG C3000 Mikrofon abgenommen. Als Effekt ist ganz schwach das Signal eines Delays zu hören, aufgenommen wurden die Tracks mit Logic Audio. Effekte wurden keine weiteren benutzt, lediglich die Pegelspitzen wurden mit einem Limiter auf der Summe abgefangen.
Gut zu wissen, dass sich manche Dinge nicht ändern. Hatte diese Gitarre vor 6 Jahren mal erworben und dann nach 1 Jahr wieder verkauft. Warum? Beim Blick durch das F-Loch sah man die grobe Verarbeitung im Innenraum, Holzspähne überall. Der Sattel war falsch geerbt, die hohe E Saite rutschte permanent vom Griffbrett. Mein Nachbar übernahm sie, nach dem ich dort einen P90 als Halspickup eingesetzt hatte war sie klanglich wenigstens brauchbar. Wo sie mittlerweile gelandet ist weiß der Teufel. Das Ding war ein Ladenhüter. Hab ein Squier CV Tele, deutlich besser vom Klang und der Verarbeitung der G&l Meilen weit überlegen.
Geschmack ist verschieden, ich würde immer wieder zur CV raten, besonders bei dem Preis der G&l.
@Samside72 Gerade mal kurz nachgesehen, beim großen T gibt s gerade keine Squier CV mit Korpus aus Sumpfesche.
Hat man eigentlich in den 80ern und den frühen 90ern für 1000 DM nicht qualitativ bessere und auch besser eingestellte Gitarren bekommen?
@Samside72 Oh, krass! Aber abgesehen von dem Leimrest im F-Loch konnte ich bei der Bluesboy keine echten schweren Mängel entdecken … Hals ok, Sattel gut gekerbt, Klang ebenfalls gut, für diese Preisklasse … vielleicht hattest Du ja ein Mega-Montags-Modell?
Sehe ich nicht ganz so, habe einen 80er Fender Japan Jazzbass, den hat mir damals der Musikladen vor der Auslieferung eingestellt. Ging ja alles damals mehr vor Ort und weniger im Versand. Dafür gab es auch eine höhere Streuung und günstige Instrumente hatten meistens schlechte Bünde, die waren mies abgerichtet. Qualität im low level ist heute deutlich besser geworden.
Die Squier CV gibt es nicht mit Sumpfesche, ist ja auch nicht das klassische Telecaster Holz. Wenn du das bevorzugst wird es eng bei der Suche. Da bleibt neben G&l vielleicht noch Slick Guitars im low level übrig.