Italienischer Top Entertainer
Die italienische Firma Ketron ist bereits viele Jahre fester Bestandteil des Entertainer Keyboard Markts. Neben den beiden Branchenprimus Yamaha und Korg und dem mittlerweile nur noch im unteren und mittleren Marktsektor agierendem Hersteller Roland hat Ketron seinen festen Kundenstamm. Diesen möchte das Unternehmen mit dem neuen Ketron SD9 nun neu versorgen bzw. erweitern. Wir haben das Oberklasse-Modell für euch getestet.
Erster Eindruck des Ketron SD9
Optisch gibt sich das Ketron SD9 dezent, dem Outfit der bisherigen Entertainer Keyboards bleibt der Hersteller auch diesmal treu. Die Bedienoberfläche wirkt sehr aufgeräumt, auch wenn man die Verteilung der Bedienelemente durchaus etwas in die Breite hätte ziehen können. Platz genug wäre gewesen. Herzstück und klarer Ankerpunkt der Bedienung ist der 7 Zoll messende Touchscreen, der dank leichter Neigung nach vorne sehr gut ablesbar und bedienbar ist. Links und rechts des Displays hat Ketron die Fader zur Lautstärkesteuerung für Style-, Live- und Audioplayer-Parts untergebracht, darüber befinden sich Buttons zur globalen Steuerung bzw. zum Aufrufen weiterer Menüs. Direkt oberhalb der Tastatur hat Ketron die Steuerungstasten für die Begleitautomatik platziert.
Die Bedienung des SD9 ist intuitiv gestaltet und das trotz der sehr weitreichenden Funktionen sowie der teils recht tiefgehenden Menüstruktur des Keyboards. Neben einem gedruckten und gut geschriebenen Quick Start Guide, der ebenso zum Lieferumfang gehört wie ein Notenständer, das zum Betrieb notwendige Netzteil sowie ein USB-Stick mit zusätzlichen Informationen, dem ausführlichen Handbuch und Demos bietet das SD9 eine Art Online-Hilfe, die nicht nur bei den ersten Schritten äußerst dienlich ist. Dieses lässt sich über das Display des SD9 aufrufen und somit direkt am Gerät lesen.
Tastatur und Anschlüsse
Über 76 Tasten, anschlagsdynamisch und halbgewichtet, verfügt das Ketron SD9. Die Tastatur ist sehr gut verarbeitet und bietet ein angenehmes Spielgefühl, man fühlt sich sofort darauf wohl. Da man auf den Tastaturen der Entertainer Keyboards ein großes Repertoire an Sounds und Stilistiken spielbar machen muss, ist solch eine Tastatur stets eine Gratwanderung. Ketron ist hier aber eine gute Allrounder-Tastatur gelungen.
Das Ketron SD9 bietet einen Stereoausgang in Form von zwei 6,3 mm Klinkenausgängen sowie einen Kopfhörerausgang, der jedoch über das Menü als zusätzlicher Aux-Ausgang geschaltet werden kann. Über einen kombinierten XLR/TRS-Eingang lässt sich ein Mikrofon direkt am SD9 betreiben, der Eingangspegel ist regelbar. Das Mikrofonsignal kann auf Wunsch über einen Direct-Out ausgeführt werden, um es über einen Mixer mit weiteren Klangerzeugern/Instrumenten zu mischen. Ein zweiter Klinkeneingang dient zum Anschluss weiterer Instrumente.
Über zwei MIDI-Eingänge, einen Thru-Port sowie einen MIDI-Ausgang verfügt das Keyboard, das sollte auch für größere MIDI-Setups ausreichen. MIDI-Signale lassen sich allerdings auch über den integrierten USB-Port senden und empfangen. Ab Werk ist das Keyboard mit einer 16 GB großen SSD-Festplatte ausgestattet, weitere Speichermedien lassen sich über drei USB-to-device-Ports ergänzen, über die auf das Keyboard auch zukünftige Updates aufgespielt werden können. Zusätzlich bietet Ketron verschiedene Aufrüstkits mit größeren Festplatten an. Über einen DVI-Ausgang lässt sich ein externer Monitor anschließen, beispielsweise um Texte abzubilden. Für die Ketron Footswitch–Controller FS6/FS13 bietet das SD9 eine spezielle Buchse, Sustain- und Volume-Pedal werden dagegen über klassische Klinkenbuchsen angeschlossen.
Sound des Ketron SD9
Das Ketron SD9 verfügt über 670 Sounds und 48 Drumsets sowie 368 Preset Voices. Eigene Kreationen lassen sich auf insgesamt 400 MB Speicher ablegen. Klanglich bietet das Ketron Entertainer Keyboard die gewohnt große Bandbreite. Angefangen bei akustischen und elektrischen Pianos, Orgeln, Streichern über Gitarren, Bässe, Synthesizer Lead- und Pad Sounds sowie Effektklängen ist alles an Bord. Obwohl die Qualität durch die Bank sehr gut ist, kann das SD9 vor allem bei den akustischen Sounds überzeugen. Im elektronischen Bereich findet man zwar immer wieder nach oben ausreißende Lead- und Pad-Sounds, im direkten Vergleich mit einem Korg oder Yamaha Keyboard empfinde ich die beiden Konkurrenten jedoch an dieser Stelle als besser ausgestattet.
Sehr gut gefallen können die A- und E-Pianos, die neben einer großen Authentizität eine überaus große Bandbreite abdecken. Auch die Orgeln, egal ob rockig, sanft jazzig oder kirchlich majestätisch, machen einen sehr guten Eindruck.
Wer denkt, dass Entertainer Keyboards nur festes/steifes Material zum einfachen Abspielen bieten, wird spätestens beim SD9 etwas Besseren gelehrt. Mit dem aktuellen OS 1.1.2 ist es beim Ketron SD9 nämlich möglich, Parameter wie LFO-Rate, Resonanz, Cutoff, Release etc. direkt zu beeinflussen, um so die Sounds besser an die gewünschten Gegebenheiten anzupassen. Auch bietet das SD9 sechs Legato-Typen (3 Mono, 3 Poly), die sich im Live-Betrieb gewinnbringend einsetzen lassen.
Styles und Playerfunktionen des Ketron SD9
Auch die Begleitautomatik des SD9 ist sehr gut ausgestattet. 446 Styles, allesamt mit vier Variationen, jeweils drei Intros und Endings sowie mehreren Fills und Breaks ausgestattet, hat das Ketron SD9 unter der Haube. Besonders hervorheben muss man hierbei die live eingespielten Audio-Loops sowie die 250 Audiodrums, diese verleihen dem SD9 eine hohe Klangqualität. Ebenfalls gelungen ist die Möglichkeit, alte zum SD9 kompatible Styles mit den aktuellen Möglichkeiten des SD9 aufzupeppen. Einzelne Parts der Begleitautomatik der Vorgänger/Brüder aus der Audya-Reihe oder dem SD7 können beispielsweise mit den Audio-Loops des SD9 angereichert werden. Vor allem beim Hinzufügen der live eingespielten Gitarren-Loops erlebt man dabei teils ein echtes Aha-Erlebnis, sehr gut.
Über die Möglichkeit des Live-Modelings lassen sich beim SD9 nahezu alle Parts der Styles individuell anpassen. Egal ob Drums, Bass oder andere Begleitstimmen, über diese Funktion lässt sich jeder Style mit anderen Grooves oder Pattern ausstatten. Lust, einen Swing-Drumgroove mit Tarantella-Bass zu kombinieren und dazu noch eine Flamenco-Gitarre einzuarbeiten? Mit dem SD9 ist dies kein Problem, die Styles sind flexibel kombinierbar.
Das Verändern und Anpassen der Styles geht aber noch einen Schritt weiter. Auf Wunsch lassen sich beispielsweise einzelne Parts der Styles als MIDI-File exportieren, bearbeiten und später neu zusammenfügen. So ist dem individuellen Anpassen kaum noch eine Grenze gesetzt.
Von manchen Konkurrenten kennt man den Doppel-Sequencer, Ketron bietet beim SD9 ebenfalls die Möglichkeit zweier unabhängiger Sequencer bzw. Player. Neben Standard-MIDI- und Karaoke-Files erlaubt das Entertainer Keyboard u.a. auch das Abspielen von MP3-, MP4- und WAV-Files, es wird insgesamt eine recht große Anzahl von Audio- und Videoformaten unterstützt. Wie bereits erwähnt, lassen sich Songtexte auf einem externen Monitor darstellen, gut für Alleinunterhalter bzw. kleine Formationen, die anzuzeigende Texte somit vom SD9 aus steuern können. JPGs, PDFs oder auch Textdateien unterstützt das SD9.
Hat man seine Playbacks als Mehrspuraufnahme vorliegen, kann man am SD9 individuell entscheiden, was davon gespielt bzw. stummgeschaltet werden soll. Perfekt für kleine Duos oder Combos, die je nach Auftrittsart mit einer unterschiedlichen Anzahl von Musikern unterwegs sind.
Alle Einstellungen des SD9 lassen sich auf maximal 4x 1.024 Registrierungsplätzen ablegen, ausreichend Platz sollte also sein. Den Überblick verliert man trotzdem nicht, die Registrierungen können entweder numerisch oder extern via MIDI aufgerufen werden. Ein Highlight wäre sicherlich die Möglichkeit gewesen, die Registrierungen auch anhand des Namens zu suchen.
Launchpad des Ketron SD9
Nein, Ketron arbeitet nicht mit dem Hersteller Novation zusammen, an den man beim Namen Launchpad denken mag. Das Prinzip ist aber ähnlich, denn das Ketron SD9 bietet die Möglichkeit, bis zu 12 Loops zu einer Szene zu kombinieren, die Samples/Loops können dann über virtuelle Pads auf dem Display abgefeuert werden. Was man auf die Pads legen kann, ist glücklicherweise sehr weitreichend ausgelegt, denn neben klassischen WAV-One-Shot-Samples lassen sich auch die internen Audio-Loops dafür heranziehen. Auch extra ausgespielte Teile der Styles lassen sich dafür nutzen. Das Ketron Launchpad erlaubt also das nahezu freie Kombinieren bestimmter Songbestandteile, ganz wie einem DJ lassen sich auch Filterfahrten realisieren. Nutzt man hierfür MIDI-Files, lassen sich entsprechend auch die Tonart bzw. Akkordprogressionen bestimmen.
Effekte des Ketron SD9
Zu guter Letzt kommen wir zur Effektsektion des SD9. Grundsätzlich ist beim Entertainer Keyboard alles vorhanden, was man für einen gelungen Auftritt benötigt, dies betrifft auch die Effekte. Dank eines leistungsfähigen DSPs lassen sich bis zu 10 Effekte als Kette hintereinander reihen, zur Auswahl stehen klassische Chorus-, Reverb-, Phase-, Tremolo- und Overdrive-Effekte oder ein Equalizer. Zusätzlich bietet das SD9 zwei unabhängige Insert-FX-Bereiche mit Distortion, Rotary und Auto-Panning.
Im Bereich Micro/Vocalizer stehen weitere Effekte wie Noise-Gate, Reverb, Compressor, Pitch-Shift etc. separat für den Audioeingang des SD9 zur Auswahl. Darüber hinaus lassen sich dem eigenen Mikrofonsignal bis zu drei Harmoniestimmen hinzufügen.
Die Qualität der Effekte ist durch die Bank weg sehr hoch. Auch Harmonizer und Pitch-Shifter arbeiten sehr souverän und werten die live gesungen Parts deutlich auf.
Zum komponieren und vortesten bestimmter Harmonien eignet sich das Alleinunterhalter Keyboard hervorragend. So umfangreich wie dieses Highend Gerät brauche ich das aber nicht. Mein altes Roland G70 klingt hervorragend und ich bin mit dessen Bedienung sehr zufrieden. Naja irgend etwas neues muss ja immer noch kommen.