Wie wir alle (hoffentlich) wissen, verzerrt eine Endstufe in Sachen Dynamik (interaktiv) und Kompression (anschlagsabhängig) völlig anders, als eine stark verdichtende und dynamisch „platt-komprimierende“ Vorstufe. Durch die OTS-Schaltung hat man nun die Möglichkeit, die oben genannten Klangparameter bereits bei Zimmerlautstärke zu generieren, ohne die „englische Einstellung“ (Tod den Nachbarn) zu bemühen.
Rückseitig wird man nahezu von Klinkenbuchsen erschlagen. Insgesamt zehn Speaker-Out (Stereo-Endstufen!) lassen jeglichen Anschluss von einzelnen Boxen oder derer Kombinationen zu.
Und als ob dies alles noch nicht genug der Ausstattung wäre, legt Koch noch insgesamt vier (!) FX-Loops obendrauf, zwei serielle und zwei in ihrem Level regelbare parallele, drei davon in stereo, versteht sich, macht alles zusammen fünfzehn Buchsen allein für die FX-Loops!
Um diese Klangvielfalt zu verwalten, bedarf es im besten Fall eines MIDI-Switchers oder aber des optional erhältlichen Koch Fußschalters FS6 SN, der jedoch mit einem UVP von knapp 260,- Euro übermächtig zu Buche schlägt. Die entsprechenden Anschlussbuchsen befinden sich linksseitig auf dem Rückpanel.
Praxis
Schaltet man den Amp ein, fällt einem sofort der nicht vorhandene Geräuschpegel des Verstärkers auf: kein Rauschen, kein Brummen, nichts, selbst bei hohen Masterpegel.
Fangen wir doch erwartungsgemäß mit Kanal eins an. Zunächst haben wir die Möglichkeit, über die Eingangsbuchse einen „normalen“ oder eher höhenlastigeren (Bright Clean) Sound zu wählen. Diese Buchse wirkt sich aber nur auf Kanal eins aus, die restlichen Kanäle sind hiervon nicht berührt.
Und da ist er auch schon der sehr weiche und sehr gefällige Clean-Sound, wie man ihn von allen Koch-Amps her kennt, immer wieder ein Highlight. Ich kenne Musiker, die nur diesen Kanal nehmen und alles andere mit FX-Pedalen gestalten. Der Sound bleibt bis ca. drei Uhr clean, geht dann in erste harmonische Verzerrungen über.
Kanal zwei geht in die klassische Vintage-Rock-Richtung, Australiens Exportschlager Nummer eins lässt grüßen. Herrliche Crunchs, sehr dynamisch. Aber jetzt, die Geheimwaffe, ich schalte die OTS-Schaltung dazu.
Ach du meine Fresse, was für ein Sound! Absolut traumhaft, wie weich und warm die Endstufensättigung jetzt plötzlich den Gesamtsound färbt. AC/DC in Zimmerlautstärke, dass man das noch erleben darf!
Kanal drei geht nun in die kräftige Hard-Rock-Ecke über. Hier wird es schon sehr britisch, die alte Schule des „New-Wave-Of-British-Heavy-Metal“ in Stil der eisernen Jungfrauen oder aber Birminghams (Ex-) Finest lassen mit kontrolliertem Heavy-Crunch grüßen. Auch hier verhilft die OTS-Schaltung bei Bedarf zu einer starken klanglichen Verdunklung des Sounds schon bei vergleichsweise geringer Endlautstärke.
Kanal vier ist bereits echtes High-Gain. Schon bei geringer Vorstufenregelung ist die Empfindlichkeit sehr hoch und führt sehr früh in die Verzerrung. Hartes Dominaten-Geschrammel, gerne auch unterhalb des Standard-Tunings, findet hier seine Abnehmer, ohne den Kanal auf dieses Einsatzgebiet reduzieren zu wollen.
Ja, und Kanal fünf? Nun, wer hier nicht das ultimative High-Gain findet, hat wahrscheinlich versehentlich eine Akustik-Gitarre umhängen. Selbst Einspuler entlocken diesem Kanal massives Gain, natürlich unter entsprechender Zunahme der Nebengeräusche.
Jetzt noch mit den Voicing-Switches und dem Damping-Schalter gespielt, und die Klangvielfalt wird fast schon zu viel. Irgendwann kann man sich gar nicht mehr entscheiden, welchen Sound man wählen möchte, zumal wirklich jeder gewählte Sound im Bereich von sehr gut bis absolute Spitzenklasse liegt.
Selbst die höchsten Gain-Stufen lassen es nie an Durchsichtigkeit missen, selbst die leichtesten Crunch-Werte verfügen über Druck und Klangdichte. Ich bin völlig begeistert! Hier findet JEDER einen Sound, der ihm gefällt, vorausgesetzt, er verfügt über ein Mindestmaß an handwerklichen Fähigkeiten.
Wenn es überhaupt irgendetwas an diesem Head gibt was nicht zur absoluten Spitzenklasse zu zählen ist, dann ist es die etwas dürftige Bedienungsanleitung, die zwar über die Funktionen des Verstärkers Auskunft gibt, ihn aber beileibe nicht in der Form präsentiert, wie er es verdient hätte.
Hier würden ein paar aussagestarke Soundbeispiele mit einem entsprechend optischen Layout wahre Wunder bewirken, im Gegensatz zur praktiziert gehefteten Blätter-Optik. Aber so war es bei Koch schon immer, stets etwas Understatement, in der Hoffnung, der Künstler würde die Qualitäten auch ohne Hochglanz-Marketing erkennen.