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Test: Royer R-10, passives Bändchenmikrofon

Ein Bändchen fürs Leben

16. April 2018

royer r-10

 

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Bändchenmikrofone sind seit Jahrzehnten in ihrer Marktpräsenz etwas ins Hintertreffen geraten, erleben im Moment aber wieder ein gewisses Revival. Nicht ganz unschuldig ist daran sicher Royer Labs, die Firma des Mikrofon-Designers David Royer, die sich seit 1998 in Burbank/Kalifornien ausschließlich diesem Membranprinzip verschrieben hat.

Der neueste Wurf des Entwicklers ist das R-10, das die Produktreihe preislich nach unten abrundet. Inwieweit der Preisbrecher überzeugen kann, wir werden es erleben.

Prinzip Bändchen

Wem das Prinzip des Bändchenmikrofons nicht geläufig ist, für den hier eine kleine Einführung:

Wie auch die Tauchspulenmikrofone gehören die Bändchen zu den dynamischen Mikrofonen, benötigen also keine Phantomspeisung. Während die Tauchspulen aufgrund der zu bewegenden Masse allerdings recht träge agieren, wird bei einem Bändchen nur ein ultradünnes „Lamettafädchen“ in Bewegung versetzt, dass als Ziehharmonika gefaltet ist.

Das Aluminium-Bändchen eingespannt

Die Masse ist deshalb deutlich geringer, das Mikrofon arbeitet schneller und akzentuierter. Damit einher geht natürlich eine gewisse mechanische Fragilität, grundsätzlich ist das Bändchenmikrofon mit Sorgfalt zu behandeln. Das kann natürlich auch bei allen anderen Klangabnehmern nicht schaden.

Das Prinzip Bändchen erzeugt einen sehr geringen elektrischen Output, so dass immer ein Übertrager eingesetzt werden muss, der die Impedanz auf einen für den Preamp nutzbaren Wert hochtransformiert. Trotzdem bleibt die Verstärkung hinter dynamischen Mikrofonen und erst recht hinter Kondensatormikros zurück, ein rauscharmer Vorverstärker mit den nötigen Gain-Reserven sollte also zum Betrieb verfügbar sein. Einige Firmen, wie z.B. True Systems, haben sich darauf spezialisiert und bieten passende Geräte an.

Eine weitere Möglichkeit, den geringen Output zu erhöhen, ist die Ausstattung des Mikros mit einer aktiven Elektronik. Damit wird die Vorverstärkung im Mikro erzeugt. Aktive Bändchen brauchen eine Phantomspeisung, die bei ihren passiven Kollegen ausgeschaltet bleiben sollte.

Das neue Royer Budget Mikrofon R-10


Die Royer Produktpalette

Die Angebotspalette der R-Serie präsentiert sich angenehm überschaubar. Der Klassiker ist das R-121 wie unser Testobjekt, ein passives Bändchen. Mit dem R-122 MKII bietet Royer die aktive Variante. Von beiden Mikrofonen bietet Royer noch eine Live-Version an, die den strapaziösen Bühnenalltag besser überstehen soll. Das Hi-End-Modell ist das R-122V, das zusätzlich noch mit einer Röhre arbeitet.

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Die Preise sind nicht ohne, ca. 1400,- Euro sind für das R-121 zu veranschlagen, das R-122 MKII liegt bei ca. 2000,- Euro und das R-122V kratzt an der 3000,- Euro Schallmauer. Wer es bei Royer günstiger haben wollte, griff bisher zum R-101, das nun als „discontinued“ geführt wird. So liegt es nahe, dass das neu vorgestellte R-10 als Nachfolger konzipiert wurde, das gleichzeitig auch noch den Preis etwas nach unten korrigiert und für rund 550,- Euro zu erwerben ist.

Lieferumfang des Royer R-10

Der Vertrieb schickt mir ein Pärchen mit fortlaufenden Seriennummern. Im Transportkoffer befinden sich die beiden Mikros, einzeln eingepackt in einen Staubschutzbeutel aus samtartigem Stoff.

Der Transportkoffer mit Inhalt

Damit können die Mikros gut geschützt werden, wenn sie auf dem Mikroständer verbleiben.

Die „Socke“ schützt vor Staub

Mit dabei sind die Mikrohalter, hier werden die Mikrofone durch eine Schraubverbindung bombenfest arretiert. Der Umkarton beinhaltet neben einer DIN A4 Seite mit der Vorstellung des Mikros und den Spezifikationen noch einen Hochglanzprospekt, in dem auch noch die SF-Serie vorgestellt wird, die sich für Klassikanwendungen anbietet. Eine Karte weist auf das umfangreiche Online-Handbuch hin.

Spezifikationen des Royer R-10

Der nutzbare Frequenzgang des Royer R-10 beginnt bei 30 Hz und endet bändchentypisch bei 15 kHz. Die Höhenbedämpfung beginnt aber schon wesentlich früher, ab 5 kHz ist eine Absenkung im Frequenzgang zu erkennen.

Frequenzgang und Richtcharakteristik

Der maximale Schalldruck ist frequenzabhängig, 135 dB sind bei 50 Hz angegeben, bei 1 kHz hält die Membran 160 Hz stand. Die Ausgangsimpedanz liegt bei 100 Ohm.

Prinzipbedingt ist die Richtcharakteristik bei einem Bändchenmikrofon eine Acht, so auch beim Royer R-10. Eine Besonderheit ist die Anordnung des Bändchens, das nicht genau mittig im Korpus platziert wird. Dadurch ändert sich der Frequenzgang im Höhenbereich, die Rückseite des Mikros klingt etwas höhenreicher, hat aber dafür einen etwas geringeren Grenzschalldruck. Übrigens stimmt Royer die Mikros beim Kauf eines Paares perfekt aufeinander ab, so ist auch der kleine finanzielle Zuschlag zu erklären. Leider wird die Mühe nicht durch einen beigelegten Frequenzverlauf dokumentiert, das sollte eigentlich drin sein.

Der zylinderförmige Korpus ist 140 mm hoch, bei einem Durchmesser von 35 mm. Das Gehäuse ist farblich in Matt-Nickel gehalten, der Einsprechkorb, der ca. die Hälfte der Vorder- und Rückseite einnimmt, ist verchromt. Dahinter ist ein Windschutz angebracht. Ein interner Shockmount soll Störgeräusche unterdrücken. Mit 368 Gramm liegt das Mikro satt und ausreichend schwer in der Hand.

Der vergoldete XLR-Anschluss sitzt auf der Unterseite, hier finden sich auch der Firmenname und -standort, ebenso wie die Seriennummer. Für sein Produkt bietet Royer 5 Jahre Garantie, Registrierung vorausgesetzt. Innerhalb des ersten Jahres wird ein evtl. anfallender Bändchenwechsel ohne Berechnung erledigt.

Praxis

Das Royer R-10 ist ein passives Bändchen, also ist eine recht hohe Verstärkung vom Preamp zur Verfügung zu stellen. Für den ersten praktischen Eindruck pegle ich das Mikro für eine Sprachaufnahme mit ca. 30 cm Sprechabstand aus. Das ist ein üblicher Abstand, wenn kein Nahbesprechungseffekt auftreten soll. Zudem lässt sich diese Distanz sehr leicht reproduzieren: Geschlossene Hand ans Ohr, dann sollte der Ellbogen direkt vor dem Mikro vorbei schrammen (gilt nicht für Hobbits oder Basketball Spieler).

Sprache mit 30 cm Abstand

Auf 60 dB Vorverstärkung muss ich den Preamp einstellen, um bei ordentlich lauter Sprache den nötigen Pegel zu erzeugen. Das Audiosignal klingt bändchentypisch recht intim mit der nötigen Durchsetzungskraft in den Mitten und geschlossenen, etwas belegten Höhen, ein Klang, der gerade bei Sprachaufnahmen gerne angenommen wird. Durch die Richtcharakteristik ist auch ein ordentlicher Raumanteil wahrzunehmen. Ganz am Ende des Soundfiles zeigt sich, dass der integrierte Pop-Schutz auch bei diesem Abstand nicht ausreicht, um ohne einen externen Filter zu arbeiten. Aber der sollte eigentlich sowieso bei jeder Gesangs- und Sprachaufnahme im Studio Verwendung finden, somit ist dieser Umstand dem R-10 nicht anzulasten. Wer sich umfassend über diesen kleinen, aber wichtigen Helfer im Studio informieren möchte, dem sei der Pop-Filter Vergleichstest hier auf Amazona.de ans Herz gelegt.

Der anschließende Test mit geringem Sprachabstand wird nun mit einem K&M Pop-Filter durchgeführt.

Sprache mit 7 cm Abstand

Trotzdem sind auch hier noch leichte Poplaute zu hören, hier hilft dann ein knappes Vorbeisprechen am Gitter. Die grundsätzliche Klangcharakteristik bleibt weitgehend erhalten, der Raumanteil wird fast eliminiert. Auffällig ist, dass der untere Bereich, Bass und tiefe Mitten, recht gemäßigt zulegen, hier hätte ich eine deutlich stärkere Anhebung erwartet. Für Sprachaufnahme bietet das R-10 einen wirklich gut einsetzbaren, durchsetzungsfähigen Sound an.

Wie sieht es nun mit Instrumentenabnahme aus? Dafür stelle ich dem Bändchenmikrofon ein dynamisches Exemplar, das M88 von Beyerdynamic und ein Kleinmembran Kondenser, das JZ BT-201, zur Seite. Das M88 ist ein sehr gutes, vielfältig einsetzbares dynamisches Mikrofon, das auch für Gesang (das Phil Collins Mikro) Verwendung findet. Das BT-201 wurde schon hier besprochen und bietet ein genial einfaches Wechseln der Kapseln via Magnethalterung. Um auch die Richtcharakteristik Acht mit vergleichen zu können, darf sich auch mein altes und seltenes Neumann KM88i noch mit einbringen, ein Kleinkondenser-Doppelmembranmikrofon.

Das R-10 mit Vergleichsmikros: Beyerdynamic M88, JZ Microphones BT-201, Neumann KM88i

Für die Aufnahmen spiele ich einige gängigen Instrumente als Samples zu, E-Gitarre, Bläser, Streicher, Percussion. Das geschieht aus der DAW über meine Studiomonitore, Abstand jeweils ca. 20 cm. Sicher nicht die wissenschaftlichste Methode, aber vom pragmatischen Ansatz her vertretbar. Die Mikros erklingen in der oben aufgeführten Reihenfolge.

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Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    AMAZONA Archiv

    Könnte mir durchaus vorstellen, dass man bei der Verwendung dieses Mikros ggf. in einigen Situationen um das De-Essen herumkommt.

    • Profilbild
      Tom Techno

      Yes!
      Bei manchen Sängern, die zum Zischeln neigen, konnte ich nur mit Bändchen und ordentlichem Preamp die Musiker letztendlich beglücken. In meinem Fall war es jedes Mal mein uraltes Beyerdynamic m160. Auch sehr empfehlenswert!

  2. Profilbild
    Armin Bauer RED

    Ich bin ja generell kein Freund von De-Essing. Mit meinem favorisierten C-414 B-ULS tritt es eher selten auf, als Alternative habe ich hier noch ein Audio-Technica AT4080 Bändchen, funktioniert halt nur bei Männer-Gesang und Sprache .
    Aber ein Paar Bändchen Mikros für Klassik Aufnahmen oder Drums OH muss auch noch sein, entweder die hier getesteten Royer oder die AT4081.

  3. Profilbild
    CC

    Danke für den interessanten Test, die Methode Instrumentenaufnahmen über Studiomonitore abzuspielen und als Quelle für einen Mikrofonvergleich/test zu benutzen ist mir etwas befremdlich, aber das soll jetzt nicht das Thema sein. Ich habe mir vor ein paar Monaten sehr günstig ein stereopaar Bändchenmikrofone gekauft, die ich leider aus zeitlichen Gründen noch nicht testen konnte, hier aber mal als Tipp weitergeben möchte. Es gibt 2 threads bei gearslutz zu den Mikrofonen und soweit ich weiß kann man die nur auf ebay kaufen. Ich will jetzt keine Werbung machen, hoffe aber der eine oder andere wird auf ein gutes mic aufmerksam sowie ich damals drauf aufmerksam wurde. Gerade bei den Preis solltest du, Armin, schon beim nächsten drumrecording neue overheads haben können :)

    Hier der link zu einem thread, den anderen kann man sich bei Interesse selbst suchen: https://www.gearslutz.com/board/so-much-gear-so-little-time/1079451-rm-biv-ribbon-microphones.html

    • Profilbild
      TCM

      @CC Ich habe ein Paar dieser Mikros seit ca 2 Jahren und kann nur sagen hervorragend!
      Funktionieren mit normalen Preamps, brauchen kein extra Gain.

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