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Wissen: Alles zu Funkfrequenzen für Bühne, Live-Musik, Stage

Zurechtfinden im Frequenzdschungel für Bühnenanwendung

24. November 2022
Wissen: Alles zu Funkfrequenzen für Bühne, Live-Musik, Stage

Wissen: Alles zu Funkfrequenzen für Bühne, Live-Musik, Stage

Alles zu Funkfrequenzen für Bühne, Live-Musik, Stage:
Als die Welt noch in Ordnung war, damals vor der „Digitalen Dividende“, teilten sich Hersteller von Funkmikrofonen, Radio, DVB-T Fernsehen, Mobilfunkanbieter und andere „Funker“ das Netz und keiner schien den anderen weiter zu behelligen (in der Theorie). Doch dann sollte im Jahr 2010 ein Ereignis die Welt der Musikschaffenden erschüttern. Die „erste Digitale Dividende“ brachte Unruhe und Angst auf der Anwenderseite, Gegenwehr und schließlich Frust auf der Herstellerseite. Tapfere Widerstandskämpfer aus Industrie und Stars der deutschen Rockmusikszene begehrten gegen die Bundesnetzagentur auf (früher Bundesamt für Post und Telekommunikation). Leider konnte man trotz heftiger Gegenwehr den Kampf nicht für sich entscheiden und die „zweite Digitale Dividende“ rüttelte die Branche nach kurzer Zeit erneut durch. Derzeit ist es etwas ruhiger geworden und somit ist die Zeit reif, aktuelle Informationen zu Funkfrequenzen zu erhalten.

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Wissen: Alles zu Funkfrequenzen für Bühne, Live-Musik, Stage

Digitale Dividende:

Funkfrequenzen für Bühne, Live-Musik, Stage

Was in der Einleitung wie der Beginn von Star Wars klingt, war für viele Musiker und Veranstaltungstechniker der Horror schlechthin und finanziell schlicht ein Desaster: Mit der ersten Digitalen Dividende wurde die teuer angeschaffte Funktechnik plötzlich zu einem Haufen Elektroschrott. Hintergrund war die Versteigerung des 800 MHz Bandes (790 MHz bis 862 MHz) im Jahr 2010 an die Mobilfunkanbieter, die damit den weiteren Breitbandausbau in Deutschland bewerkstelligen sollten. Das brachte zahlreiche Probleme mit sich, denn dieser Bereich wurde von der Veranstaltungstechnik und vom Rundfunk für die zahlreichen Funkmikrofone genutzt, die bei so ziemlich jeder Veranstaltung im Einsatz sind. Die Zuteilung dieser Frequenzen im Bereich von 790 bis 814 MHz und 838 bis 862 MHz war zwar ohnehin bis 2015 befristet, doch der gänzliche Wegfall hat die Industrie und die Anwender eiskalt erwischt, zumal gute Alternativen im Jahr 2010 noch nicht zur Verfügung standen.

Wissen: Alles zu Funkfrequenzen für Bühne, Live-Musik, Stage

Zwar hat die Bundesnetzagentur eine Übergangsfrist bestimmt und auch alternative Frequenzbereiche bereitgestellt, doch reichten diese weder für eine gleichzeitige Nutzung vieler Funkstrecken, wie sie bei großen Sportveranstaltungen oder Konzerten notwendig ist, noch garantierte die Übergangsfrist einen störungsfreien Betrieb, da die Mobilfunkanbieter den Breitbandausbau rapide vorantrieben. Hier war sehr viel Geld zu verdienen: Apple hatte 2007 das erste Smartphone vorgestellt und 2010 hatte man mit dem iPhone 4 sehr großen Erfolg. Der Ruf nach immer schnellerem Internet im Mobilfunknetz war laut und die Lobbyisten versprachen der Regierung den längst überfälligen Ausbau der Breitbandnetze in ländlichen Gegenden mithilfe der neuen Mobilfunkstandards. Für den Staat winkte viel Geld aus der Versteigerung der Frequenzen, denn die großen Riesen wie Telekom, O2 oder Vodafone versprachen hohe Zahlungen für die Frequenzzuteilung.

Die Industrie musste sich schließlich geschlagen geben und professionelle Verleiher sich in den neu zugeteilten Bereich von 710 bis 790 MHz begeben. Zusätzlich durften Musiker die Duplex-Lücke von 823 bis 832 MHz und das ISM-Band (Industrial, Scientific and Medical) von 863 bis 865 MHz kostenlos nutzen. Allerdings nur mit einer maximalen Sendeleistung von 10 mW. Eine weitere Duplex-Lücke zwischen 1785 und 1805 GHz wurde ebenfalls der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt. Der Nachteil der Duplex-Lücken: Während in einigen Gebieten LTE vorwiegend als LTE 800 im 800 MHz Band funkt, ist es in anderen Gebieten das 1800 GHz Band (LTE 1800). Es ist also ratsam zu wissen, wer gerade wo funkt. Leider lässt sich Funktechnik nicht in beiden Bereichen einsetzen und muss entsprechend angeschafft werden.

Zweite Digitale Dividende

Was einmal gelungen ist, muss auch ein zweites Mal funktionieren, dachten sich die Mobilfunkbetreiber und auch die Regierung. So wurde im Jahr 2012 eine zweite Digitale Dividende gefordert. Dieses Mal sollte der Frequenzbereich von 694 bis 790 MHz unter den Hammer kommen. Wer jetzt stutzt, hat aufmerksam gelesen. Ja, es ging um exakt den Bereich, der gerade erst den professionellen Anwendern nach der ersten Digitalen Dividende von 2010 für ihre Funkmikrofone zugeteilt wurde. Wer es nicht selbst miterlebt hat, kann sich die Wut der Branche vielleicht vorstellen, denn gerade getätigte Investitionen sollten nun schon wieder nach kurzer Zeit vergebens sein. Zwar hat man auch hier eine Übergangsfrist eingeräumt, doch die Erfahrungen aus der ersten Digitalen Dividende haben gezeigt, dass man sich als professioneller Veranstalter nicht mehr auf einen störungsfreien Betrieb in diesen Bereichen verlassen kann. Eine exklusive Frequenzzuteilung für einen Tag für jedes einzelne Gebiet einer Tour-Produktion ist im Prinzip nicht möglich.

2020: Allgemeinzuteilung für zur Nutzung durch Funkmikrofone

Ein Segen für viele Anwender von Funktechnik wurde im Jahr 2020 beschlossen: Die Allgemeinzuteilung für zur Nutzung durch Funkmikrofone freigegebene Frequenzbereiche wurde verfügt. Durch die Allgemeinzuteilung entfällt die sonst übliche gebührenpflichtige Anmeldung. Davon unberührt bleibt die Einzelzuteilung, die bis dahin zum Beispiel für Programmanbieter und Theater üblich war. Allerdings wurde die Gebührenpflicht für diese Anwender aufgehoben und die weitere Gebühr für die Dauer der Zuteilung entfällt.

Test: Sennheiser XS Wireless In-Ear Monitoring

Taschenempfänger XSW IEM. Das Sennheiser Wireless UHF In-Ear System ist in unterschiedlichen Frequenzbändern erhältlich

Funkfrequenznutzung heute (Bühne, Stage, Live)

Stand 2022 sieht die Welt der Funkfrequenzen hinsichtlich ihrer Nutzung für private wie professionelle Anwender aus dem Bereich der Veranstaltungstechnik ganz anders aus als noch 2010 oder 2012. Die Knappheit an Funkfrequenzen für große Produktionen und der überlaufene Bereich in den Duplex-Lücken oder dem ISM-Band erforderte insbesondere für private Anwender das Erschließen neuer Welten.

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VHF

Neu ist die gefundene Welt zwar nicht, ganz im Gegenteil, doch Not macht bekanntlich erfinderisch: Wir funken wieder im VHF-Band. Das VHF-Band reicht von 30 MHz bis 300 MHz. Vielleicht erinnern sich einige Leser noch an die früher an Fernsehern und Radioempfängern vorhandenen Regler, mit denen man die Kanäle im VHF- und im UHF-Band durchschalten konnte. Früher war hier der terrestrische Rundfunk zuhause und zu diesen Zeiten auch Funkmikrofone. Damals durften diese aber nicht frei betrieben werden, sondern man musste bei der Bundespost eine Genehmigung einholen, die mit Kosten verbunden war. Ich erinnere mich noch an das Sennheiser Funkmikrofon unserer Sängerin in den 80er-Jahren: Der Empfänger besaß eine sehr lange ausziehbare Antenne und auch die Antenne des Handsenders war nicht so schön kurz oder gar unsichtbar wie die heutiger Funkmikrofone. Genutzt wird heute vor allem VHF III (174 bis 230 MHz). Die maximale Strahlungsleistung ist auf 50 mW begrenzt. Genutzt werden dürfen aber auch Teilbereiche zwischen 32,475 und 38,125 MHz. Auch hier gibt es eine Allgemeinzuteilung. Die maximale Strahlungsleistung ist auf 10 mW begrenzt.

Einer der ersten Hersteller, der das VHF-Band wieder für sich entdeckt hat, war Beyerdynamic (Beyerdynamic TG 100, leider nicht mehr erhältlich). Es folgten weitere Hersteller, vorwiegend im Low-Cost-Bereich. Geblieben sind die langen Antennen am Empfänger. Der Bereich besitzt noch bis 2025 eine Allgemeinzuteilung und ist kosten- und anmeldefrei nutzbar. Neben analoger Funktechnik tummeln sich hier auch digitale Systeme. Im Test zeigte sich zum Beispiel das günstige Beyerdynamic TG 100 System als sehr zuverlässig. Örtlich können aber Störungen durch DAB+ auftreten. Wie es mit dem Bereich  nach 2025 weitergeht, bleibt abzuwarten. Es ist also ein Wagnis, hier zu investieren.

Nur für Profis: 470 bis 608 MHz und 614 bis 698 MHz

Nach der zweiten Digitalen Dividende wurde professionellen Anwendern erneut ein neuer Bereich zugewiesen, da diese den 700 MHz-Bereich wieder räumen mussten. Dort funkt man nun mit LTE 700 und hier können nur in Ausnahmefällen Frequenzen per Einzelzuteilung beantragt werden. Im Bereich von 470 bis 608 MHz und von 614 bis 698 MHz trifft man auf professionelle Bands, Theater, Tournee-Produktionen und alles, was irgendwie mit Veranstaltungstechnik zu tun hat. Auch Kirchengemeinden dürfen hier funken. Leider müssen sich Anwender aus Musik, Rundfunk und Theater diesen Bereich mit noch einem Teilnehmer teilen: DVB-T2. Hier funken regional unterschiedlich vor allem die öffentlich-rechtlichen Sender und auch einige Privatsender über den Anbieter Freenet. Aus diesem Grund kommt es immer wieder zu Kritik, weil für Großveranstaltungen kaum genügend störungsfreie Kanäle zur Verfügung stehen. Die maximale Strahlungsleistung ist auf 50 mW begrenzt. Die Allgemeinzuteilung ist bis Ende 2030 befristet.

Wissen: Aktuelle Informationen zu Funkfrequenzen

Wieder begrenzt nutzbar: 700 MHz-Bereich von 736 bis 753 MHz

Einen Teil des 700 MHz Bereichs dürfen nun professionelle Anwender wieder nutzen, wobei hier ausdrücklich die gewerbliche Nutzung im Bereich Theater, Programmproduktionen, aber auch professionelle Musikproduktionen sowie professionelle Veranstaltungstechniker genannt werden. Die maximale Strahlungsleistung ist auf 50 mW zu begrenzen. Die Einzelzuteilungen, die zuvor gegen Gebühr erfolgt sind, bleiben weiterhin bestehen, eine weitere Gebühr entfällt allerdings. Die Allgemeinzuteilung ist bis Ende 2032 befristet.

Duplex-Lücke und ISM-Band

Wie bereits erwähnt, darf man in der Duplex-Lücke und auch im ISM-Band anmelde- und gebührenfrei funken. Das bedeutet, dass viele Systeme, die vor allem von nicht-professionellen Bands eingesetzt werden, sich im Bereich von 823 bis 832 MHz und 863 bis 865 MHz tummeln. In der Duplex-Lücke ist eine deutlich höhere maximale Strahlungsleistung (bis 100 mW) erlaubt als im ISM-Band, in dem nur mit maximal 10 mW gefunkt werden darf. Die Allgemeinzuteilung der Duplex-Lücke gilt noch bis Ende 2025, die des ISM-Bandes bis Ende 2028. Wer hier investieren möchte, sollte also auf Geräte zurückgreifen, die in beiden Bändern funken können.

1350 bis 1400 MHz

Eine weitere Möglichkeit ergibt sich im Frequenzband von 1350 bis 1400 MHz, allerdings nur für die Anwendung von Funkstrecken in Innenräumen. Die maximale Strahlungsleistung ist auf 50 mW zu begrenzen. Für Bands, die nicht nur Indoor spielen, lohnt sich eine Investition in dieses Frequenzband nicht. Die noch lange gültige Allgemeinzuteilung bis Ende 2032 macht diesen Bereich interessant für Theater und andere Indoor-Spielstätten.

Duplex-Lücke 2: 1785 bis 1805 MHz

Für diesen Frequenzbereich existiert noch bis Ende 2025 eine Allgemeinzuteilung. Die maximale Strahlungsleistung ist auf 85 mW begrenzt. Wir befinden uns hier in der Duplex-Lücke zwischen dem Uplink und Downlink von LTE 1800. Aufgrund der nur noch kurzen Gültigkeit der Allgemeinzuteilung sollte man mit Investitionen in diesem Bereich vorsichtig sein. Zwar ist nicht anzunehmen, dass sich an den beiden Duplex-Lücken etwas ändert, mit Bestimmtheit sagen kann das aber niemand.

Wissen: Aktuelle Informationen zu Funkfrequenzen

2,4 GHz: WLAN und digitale Funktechnik in einem Band

Wie Pilze aus dem Boden sind plötzlich digitale Funksysteme geschossen, die im 2,4 GHz Band zu Hause sind. Leider funkt hier auch so gut wie jedes Smartphone, denn wir befinden uns im WLAN-Bereich. Die Reichweite von digitalen Funksystemen in diesem Band ist nicht so hoch wie die von Systemen im UHF-Band, dennoch kann es sich gerade für Anwender lohnen, die nur ein einzelnes Funkmikrofon bei Veranstaltungen einsetzen, hier zu investieren. Die Nutzungssicherheit ist nirgendwo größer als in diesem Frequenzbereich, auch wenn die Allgemeinzuteilung Ende 2023 endet. Tests mit bis zu fünf digitalen Funkmikrofonen im 2,4 GHz Bereich haben gezeigt, dass es durchaus möglich ist, diese simultan einzusetzen. Das integrierte digitale Frequenzmanagement der Funkmikrofone macht das möglich. Nutzt man aber parallel noch weitere Geräte, die im WLAN aktiv sind, zum Beispiel die Mischpultsteuerung eines Digitalpults oder drahtloses DMX, wird es eng und mit Störungen ist zu rechnen. Digitale Funkstrecken im 2,4 GHz Band können für Kirchen oder Schulen (z. B. für die Aula) interessant sein, die mit wenigen Sprechstellen und kurzen Abständen zwischen Sender und Empfänger arbeiten. Die Latenzen der digitalen Funkstrecken liegen häufig unter 6 ms und damit ausreichend niedrig für Musikanwendungen.

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Fazit

Die zwei Frequenzversteigerungen haben das Leben von Musikern und Veranstaltungstechnikern nicht einfacher gemacht. Und noch immer ist viel Bewegung im heiß umkämpften Funkfrequenzmarkt, sodass mit Spannung erwartet werden darf, wie diese sich zukünftig entwickelt. Da die Zuteilung von Funkfrequenzen nicht nur für Deutschland, sondern EU-weit betrachtet werden muss, ist es kompliziert, hier eine Einschätzung abzugeben. Das haben insbesondere diejenigen bitter zu spüren bekommen, die nach der ersten Digitalen Dividende in 700 MHz Band gewandert sind. Schon nach kurzer Zeit konnte die neu angeschaffte Technik erneut nicht mehr verwendet werden. Gerade Hobbyanwender sollten deshalb auf die Duplex-Lücken oder das ISM-Band setzen. Auch der Kauf digitaler Funkstrecken für das 2,4 GHz Band dürfte ohne allzu großes Risiko sein. Hier ist jeder Router, jedes Smartphone, jeder Computer, Alarmanlagen und vieles mehr aktiv und es kann kaum im Sinne der Regulierungsbehörden sein, durch eine Neuzuteilung Millionen von Geräten mit einem Schlag unbrauchbar zu machen und Neuinvestitionen notwendig. Wie es weitergeht, erfahren wir nach der Weltfunkkonferenz im Jahr 2023. Dann heißt es Daumen drücken, denn jede der hier getroffenen Entscheidungen könnte die Veranstaltungsbranche erneut hart treffen und teure Neuinvestitionen zur Folge haben. Einen positiven Effekt hat es aber auch gegeben: Seit 2020 ist es durch die Allgemeinzuteilungen nicht mehr notwendig, die Nutzung von Funkstrecken anzumelden und dafür eine Gebühr zu entrichten.

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