Auf Jubiläumstour durch Europa, USA und Kanada
Mein aktueller Termin führt mich wieder einmal in die Frankfurter Batschkapp, wo heute Abend Lord of the Lost auf dem Programm stehen. Die deutsche Dark-Rock-Band aus Hamburg um den Sänger und Frontmann Chris Harms ist garantiert bekannt. Als deutscher Beitrag trat Lord of the Lost beim 67. Eurovision Songcontest (2023) in der britischen Stadt Liverpool mit dem Titel Blood & Glitter an. Gesehen haben das Finale weltweit 162 Millionen Zuschauer. Aber auch sonst ist die Gruppe von unzähligen nationalen und internationalen Großveranstaltungen nicht mehr wegzudenken. In diesem Jahr feiern LOTL, wie sie häufig in Kurzfassung genannt werden, ihr 15-jähriges Jubiläum. Grund genug, um dieses Ereignis mit einer Jubiläumstour zu versüßen.
Also feiern Lord of the Lost im Frühjahr 2024 dieses Jubiläum mit 21 Shows in ganz Europa. Im Juni folgt dann ein besonderer Gig in Malmö, am Vortag des diesjährigen ESC-Finales, bevor die Band im Herbst auf USA/Kanada-Tour geht. Danach bereiten sich LOTL auf den besonderen Jahresabschluss beim LORDFEST vor, ihrem eigenen Festival am 14. Dezember in Hamburg.
Inhaltsverzeichnis
- Zuwachs im Line-Up bei Lord of the Lost
- Tourmanager erwartet mich am FoH-Platz
- Auf der Bühne von Lord of the Lost
- Interview mit den Bandmitgliedern von Lord of the Lost
- Instrumente und Gear der einzelnen Musiker von Lord of the Lost
- Spezielle Mikrofonie der Bassdrum
- Alle Saiteninstrumente sind von Cyan Guitars
- Bässe von Cyan nur auf Anfrage
- Tontechnik und Lichtgestaltung der Bühne
Zuwachs im Line-Up bei Lord of the Lost
Zum Tourstart der „15 Years of LOTL Tour“ ist die Band nun offiziell zu sechst. Benjamin „Benji“ Mundigler, der die vergangenen sechs Jahre bei LOTL in der Live- und Studio-Crew im Hintergrund tätig war, komplettiert die Band jetzt als festes Mitglied an der Gitarre und am Keyboard. Die weiteren Musiker sind Bandgründer Chris „The Lord“ Harms (Gesang, Gitarre, Cello), Klaas „Class Grenayde“ Helmecke (Bass), Gerrit „Gared Dirge“ Heinemann (Tasten, Percussion, Gitarre, Theremin), Niklas Kahl (Schlagzeug), Pi Stoffers (Gitarre).
Tourmanager erwartet mich am FoH-Platz
Ich bin sehr früh in der Gwinnerstraße 5, in Frankfurt am Main, dem Standort der Batschkapp. Schließlich hat man mich bereits zum Soundcheck eingeladen. Es sind locker noch sechs Stunden bis zum Doors Open. Ganz zu schweigen vom Auftritt der Band, schließlich gibt es ja noch das Vorprogramm. Dennoch haben sich um diese Zeit bereits etliche Fans vor dem geschlossenen Tor versammelt und harren bei Kälte und leichtem Regen aus. Für mich ist es einfacher, ich gehe zum Hintereingang, vorbei an zwei stattlichen Nightlinern, zur Tür mit der Aufschrift Backstage. Dort herrscht reges Treiben, Equipment wird angeliefert und im Vorraum und Saal zwischengelagert. Das muss zur Vorgruppe gehören, denn ich höre die Jungs von LOTL bereits auf der Bühne.
Der schmale Weg an der Bühne vorbei in den Saal ist mir vertraut. Am FoH-Platz erwartet mich bereits Tourmanager Dominik. Dort lerne ich auch Tontechniker Bengt Jaeschke kennen und die Frau hinter dem Lichtmischpult, Audrey „Nasa“ Tison. LOTL sind gerade mitten im Soundcheck. Einer fehlt, Frontmann Chris Harms ist weit und breit nicht zu sehen. Bengt „schraubt“ am Sound, gibt den einzelnen Musikern Anweisungen und ist gut beschäftigt. Auch Audrey ist nicht untätig, sie testet derweil diverse Beleuchtungsvarianten. Ich will die beiden jetzt nicht stören und kündige mein Gespräch für einen späteren Zeitpunkt an.
Tourmanager Dominik hat den Ablauf im Griff und alles zeitlich perfekt für mich organisiert. Nach dem Soundcheck der Band geht es auf die Bühne. Dort erwartet mich Laurin, der mir zusammen mit Guitar Tech Jooris wissenswerte Informationen zum Equipment der Band geben kann. Beide gehören zur 16-köpfigen Crew von Backlinern. Mehr interessante Details zum Gear der Band erfahre ich später noch bei intensiven Gesprächen mit den einzelnen Musikern in einem gemütlichen Bereich ihres Nightliners.
Auf der Bühne von Lord of the Lost
Auf der Bühne sind weder Amps noch Wedges zu sehen, die Signale gehen also direkt zu Bengt am FoH. Ein weiterer Rundumblick verrät mir, es sind überall Mikrofone von Audix am Start.
Gerrit spielt einen Roland A88MK II MIDI Keyboard Controller, den er mit der Tastatur in Richtung Publikum geneigt hat. Neben seinem Arbeitsplatz sind drei Standtoms aufgebaut. Schließlich gehört zu den Aufgaben dieses Keyboarders zusätzlich die Percussion.
Bassist Klaas hat vor den Füßen ein überschaubares Setup. Es besteht aus dem Pedal MXR M80 Bass DI Plus und einem Tuner. Laurin und Jooris zeigen mir die Instrumente. Es sind 4-Saiter Bässe mit EMG Pickups der Marke Cyan – ungewöhnlich.
Gitarrist Pi nutzt ein großes Line 6 Helix Floorboard. Auch seine Gitarren stammen aus der Edelschmiede Cyan. Später im Interview erfahre ich noch wissenswerte Details zum Tuning.
Das neue Bandmitglied Benji spielt nicht nur Gitarre, an seinem Arbeitsplatz steht zusätzlich noch ein Tasteninstrument, das Controller-Keyboard Native Instruments Komplete Kontrol A61. Und wer hätte es gedacht, auch Benji greift zu Cyan Gitarren, die mit besonderen Tunings auf den Einsatz warten. Für den Gitarrensound gibt es das Line6 HX Stomp XL und als Funkstrecke ist ein Line6 Relay G70 im Setup.
Laurin ist für das In-Ear-Monitoring der Band zuständig. Dafür nutzt er die Digitalkonsole DiGiCo S21. Außerdem „feuert“ er auch die Zuspieler ab, auf die während der Show nicht verzichtet werden kann.
Im Siderack ist zum Beispiel die Vocal Chain für Chris untergebracht. Außerdem befinden sich dort acht Shure PSM 900, die Audix Funkstrecke für Chris und die Funkstrecken für Gitarre und Bass.
Das Drumset von Nik ist massiv. Beim persönlichen Gespräch erfahre ich „die Geheimnisse“, die sich hier verbergen.
Interview mit den Bandmitgliedern von Lord of the Lost
Am Interview im Nightliner kann Frontmann Chris leider nicht teilnehmen. Der Rest der Band macht es sich mit mir in einer gemütlichen Ecke bequem. Doch zuvor müssen die Schuhe im Eingangsbereich ausgesogen werden. Schließlich sieht der Teppichboden wie geleckt aus und das soll auch so bleiben.
Peter Ludl: Seit wann gibt es Lord of the Lost? Wie ist die Band entstanden und welche Musik macht ihr?
Gerrit: Lord of the Lost gibt es seit 2009, da fanden die ersten Shows statt. Am 16. Januar 2009, um genau zu sein. Und 2010 kam das erste Album. Das ist die Formierungsphase gewesen, in der auch ich dazu gestoßen bin.
Was wir für Musik machen, ist für uns sehr schwer bis hin zu unnötig zu beschreiben. Das machen ja unsere Fans für uns. Wir sind hier nicht ganz unvoreingenommen und akzeptieren dementsprechend die Einschätzung unserer Fans, was das für sie musikalisch darstellt. Für uns ist es zunächst Musik mit verzerrten Gitarren.
Benji: Von außen wird das am ehesten häufig dem Gothic und Industrial Genre mit Metal zugeschrieben, irgendwo da. Das liegt wahrscheinlich am Make-up. Wir sind ja in der Szene tatsächlich wirklich auf einschlägigen Festivals unterwegs, den ganz großen, wie Amphi, M’era Luna und so weiter.
Pi: Ich glaube, dieser Gothic-Einschlag kommt daher, dass das halt aus dem ganzen Milieu entsprungen ist. Das erste Album Fears ging sehr in Richtung Gothic, Rock, Metal. Aber seitdem hat bei uns eine immense Entwicklung stattgefunden. Und deswegen ist das lediglich eins von vielen Attributen, die auf uns zutreffen.
Peter Ludl: Ihr seid jetzt aktuell auf Jubiläumstour, 15 Jahre. Neben Europa geht es auch nach Amerika und Kanada. Welche Erwartungen habt ihr an die Tour?
Klaas: Also wir haben schon mal die Erwartung erfüllt, dass sie gut verkauft sein werden. Die USA ist halt irgendwie ein ganz spezielles Pflaster, was auf seine Art und Weise Spaß macht und einfach immer größer und krasser ist als der Rest der Welt. Und Kanada ist eine besondere Überraschung, weil wir noch nie da gewesen sind. Also so gesehen wird das einfach der Knaller. Und es lässt sich mit einem guten Gefühl dahin fahren, weil wir eben schon einige Tickets verkauft haben.
Peter Ludl: Wie haltet ihr euch fit für eine große Tour, wo es ja immer relativ zügig weitergeht?
Pi: Also sehr unterschiedlich. Ich meine, die eine Sache ist natürlich, dass man an seinem Instrument fit ist. Das heißt, Vorbereitung zu Hause plus das ganze Zusammenfügen bei der Produktionsprobe, die auch in dem Fall später schon in den USA stattfinden wird. Grundsätzlich legen wir alle keinen destruktiven Lebensstil an den Tag, der verhindern könnte, fit auf der Bühne zu stehen. Man kann natürlich immer mal krank werden, aber darauf hat man keinen Einfluss. Dementsprechend ist es für mich wichtig, genug zu schlafen, sich gesund zu ernähren und sich mit Bewegung fit zu halten. Dann sollte das Ganze schon gut funktionieren.
Peter Ludl: Benji, du bist jetzt neu dabei. Viele Jahre hast du die Band quasi im Background ergänzt. Warum bist du erst jetzt als festes Bandmitglied dazugekommen?
Benji: Das ist eine gute Frage. Ich habe über die letzten sechs Jahre die Band begleitet. Angefangen als klassischer Backliner, dann Guitar Tech, Monitor Tech, bis hin zum Stage Manager. Die letzten Jahre habe ich also viel die Bühnenleitung gemacht. Gute Frage, warum das so lange gedauert hat. Dadurch, dass Chris eigentlich der Einzige war, der diesen Gedanken schon länger hatte, wäre das eigentlich eine Frage, die er beantworten müsste.
Mir kam das überhaupt nicht in den Sinn. Ich hatte mich auf diesen Stage Manager Job eingestellt. Ich hätte es auch komisch gefunden, wenn man auf der Bühne arbeitet, aber sich heimlich wünscht mitzuspielen. Was nicht heißt, dass die Veränderung nicht sehr schön ist, aber entsprechend überraschend für mich kam.
Pi: Also Benji in seiner Kompetenz eines Stage Managers, was man ihm nach wie vor absolut nicht absprechen kann, weil er da einen großartigen Job gemacht hat, ist aber auch ein Typ, der musikalisch noch mehr kann. Er spielt auf der Bühne Gitarre, Synthies und singt auch noch.
Und Chris kam die Idee schon bei den Songwriting Sessions zu unserem Album Judas. 2020 waren die Writing Sessions und da hat Benji schon viel mitgeschrieben. In diesem Zusammenhang kam Chris der Gedanke und den hat er uns dann letztes Jahr, 2023, unterbreitet.
Es hat eine Minute gedauert, bis alle gesagt haben, ja. Also Benji ist eine super Ergänzung zu dem, was wir auf die Bühne bringen. Durch ihn haben wir jetzt noch mehr Möglichkeiten, zusätzliche Sachen mit einem viel größeren Mehrwert für unsere Zuhörer live auf die Bühne zu bringen. Das ist für Beteiligten gut, auch für uns, weil es macht viel mehr Spaß auf den Ohren.
Peter Ludl: Was ist euch beim Live-Sound besonders wichtig? Gibt es da ein spezielles Rezept?
Benji: Der Fokus liegt vor allen Dingen darauf, dass die Gitarren nicht alles „zubraten“. Obwohl man ja sagen würde, erst mal ist es Gitarrenmusik und das ist zu 100 % richtig. Aber dadurch, dass das Gesamtkonstrukt Lord of the Lost viel auch mit der harmonischen Vielfalt, dem Synthie Kontext und allem, was da noch am breiten Klangspektrum beteiligt ist, muss man achtsam mit dem Sound umgehen. Wenn man also die Gitarren zu klassisch-rockig fahren würde, dann würde diese ganze Textur einfach untergehen. Dann, weiß ich, mögen wir alle natürlich fette Drums. Und dabei natürlich ein ausgewogenes, großes Klangspektrum.
Logischerweise sind bei uns Vocals immer das Wichtigste. Die müssen immer gut durchkommen, immer transparent sein. Eine gewisse Aggression sollte natürlich drin sein. Bengt sagt immer so schön, es muss wie ein Turm sein, der droht auf einen herabzufallen, so eine Macht muss das sein. Und so mischt er auch. Wir kriegen glücklicherweise sehr, sehr viele Komplimente für den Live-Sound, den unser Tonmann fährt.
Peter Ludl: Wo wir gerade beim Tonmann sind, ist der immer derselbe, den ihr dabei habt?
Benji: Ja, schon seit 2019. Vorher hatten wir noch einen anderen Tonmann, der witzigerweise die ganzen LOTL Platten gemischt hat in den letzten Jahren. Benjamin Lawrenz, der auch in den Chameleon Studios mit Chris zusammenarbeitet. Genauso wie Bengt und ich übrigens auch. Und dann gab es da quasi einen Besetzungswechsel. Bengt ist von der Bühne, der hat vor mir quasi das Stage Management gemacht, ist dann zum FoH Pult gewandert. Und ich habe die Bühnenposition übernommen.
Peter Ludl: Nach welchen Kriterien stellt ihr die Setlist für die aktuelle Tour zusammen?
Gerrit: Für diese Tour ist es natürlich speziell für unsere Jubiläumstour, dass wir einen Schnitt durch alle Alben kriegen. Und da ging es natürlich erst mal um die Songauswahl an sich. Das wir vor allen Dingen nicht nur die Singles jeder Platte spielen, die jeder erwartet, sondern vielleicht auch ein paar seltene Gäste oder sogar noch niemals gespielte Songs. Das ist auf dieser Tour durchaus dabei.
Und dann geht es um die Reihenfolge. Hier hat sich natürlich angeboten, dass wir chronologisch vorgehen, was für einen sehr interessanten Spannungsbogen sorgt. Hier gibt es Songs, die kommen im ersten Drittel, die ein bisschen nach vorne gehen, die wir auch für gewöhnlich eher so zum „Partyblock“ am Ende sozusagen gespielt hätten in der Vergangenheit. Und das kreiert eine ganz interessante Dynamik.
Nik: Was ich gerne noch ergänzen möchte ist, dass wir generell eine sehr flexible Band sind, was Setlisten betrifft. Aufgrund der Tatsache, dass wir mittlerweile ein sehr großes Repertoire haben, weil einfach viele Alben, und weil auch jedes Album stilistisch tatsächlich immer irgendwie ein bisschen anders war. Wir haben mittlerweile diesen unfassbar geilen Luxus, dass wir uns auf einzelne Veranstaltungen wirklich explizit einstellen können. Das heißt, wenn wir ein M’era Luna, also ein Gothic-Festival spielen, spielen wir natürlich die düster-schönen Poprock-Gothic-Sachen. Und wenn wir auf dem Summer Breeze oder auf dem Wacken spielen oder bei Iron Maiden Support sind, dann können wir den Knüppel aus dem Sack holen und ganz andere Songs raushauen.
Peter Ludl: Wie entstehen eure Songs? So grundsätzlich, von der ersten Idee bis zum Finish.
Pi: Absolut unterschiedlich. Das kann man nicht kurz beschreiben. Es gibt verschiedenste Wege. Also es startet mit einer Idee, die festgehalten werden muss auf irgendeine Art, sei es über Voice-Memo auf dem Handy oder kurz in eine DAW einmoderiert. Und dann im Zusammenhang mit einer bestimmten Thematik, die man irgendwie in diesem Song bearbeitet wissen will, geht man von da voran, um es kurz zu halten.
Gerrit: Das passiert vor allen Dingen über die Grenzen der eigentlichen Band hinaus. Also wir schreiben schon seit jeher sehr gerne mit Co-Songwritern. Das ist ja dann immer noch Lord of the Lost. Und vor allen Dingen auch mit unserer Crew ganz viel. Benji, bevor er jetzt in der Band war, hat schon viele Songs mitgeschrieben und auch unser Tonmann Bengt. Also Lord of the Lost, was Songwriting angeht, ist weit mehr als nur die jetzt sechsköpfige Band.
Peter Ludl: Was waren eure größten Erfolge? Was waren die bewegendsten Momente?
Nik: Also größte Erfolge, natürlich Nummer 1 Album mit Blood & Glitter. Dann zwei Tourneen durch Europa mit Iron Maiden. Das sind Sachen, von denen träumen ganz viele Menschen. Wir durften es machen. Wir haben auf dem Wacken gespielt. Einen unfassbar geilen Slot, nämlich direkt nach Iron Maiden auf der Mainstage mit der Sängerin Blümchen. Also das war schon gigantisch. Und generell glaube ich, ist unser Highlight immer, dass wir einfach so touren dürfen, wie wir touren. Wir waren bereits in Südamerika. Wir haben Shows in China gespielt. Wir haben vor dem Krieg unfassbar viel in Russland gespielt. Russland und auch die Ukraine waren riesige Märkte für uns. Wir haben zeitweise in Russland größer gespielt als im Rest von Europa.
Gerrit: Ich möchte noch ein Highlight ergänzen. Diese „kleine unbekannte Veranstaltung „namens Eurovision Song Contest“, die sich so geil einreiht in diese Varianz. Zwischen mit Iron Maiden auf Tour gehen, letztes Jahr auch noch mit dem Sinfonieorchester beim Gothic Meets Classic in Leipzig spielen, Eurovision …, also eine riesige Bandbreite und alles in einem Jahr.
Und das ist es, das fasst uns sehr gut zusammen. Egal, wie das Ergebnis beim ESC war, das war eine unfassbar geile Erfahrung, die wir überhaupt nicht missen wollen. Und wir sind auch weiterhin sehr, sehr gerne Teil dieser ESC-Bubble und der Community.
Peter Ludl: Wie soll die Zukunft der Band aussehen? Gibt es da bestimmte Pläne?
Alle: ab jetzt sechsköpfig
Pi: Ansonsten glaube ich, was ein ganz wichtiger Punkt ist und was ich auch als Highlight bezeichnen würde ist, dass man auf dem Level nicht nur professionell funktioniert, wie wir jetzt gerade funktionieren und dementsprechend auch voranschreiten. Ich glaube, wenn wir so agieren wie jetzt, mit dem Blick nach vorne, können wir uns relativ sicher sein, dass es vorangeht. Trotzdem sind wir immer noch davon abhängig, dass Leute zu unseren Shows kommen.
Was ich auch wichtig finde, abseits von professioneller Zukunft, ist halt auch eine persönliche Zukunft. Ich meine, wir sitzen hier jetzt im Tourbus, den bewohnen wir für diese Tour. Das sieht zwar luxuriös aus, ist es auch, aber es ist ab einem bestimmten Punkt auch eng. Und dann ist es wichtig, sehr wichtig, dass man miteinander wirklich gut klarkommt. Und ich finde, das ist ein Highlight. Das Allerwichtigste, weil bei uns ja sehr viel passieren kann, wie Gerrit schon sagte, ist, das wir diese Eindrücke gut verarbeiten und keinen Stress auf Kollegen projizieren. Da muss man vorsichtig sein und sich dessen bewusst sein. Aber wenn man das schon weiß und auch darüber reden kann, dann ist das etwas, was ganz wichtig ist für die Zukunft ist.
Peter Ludl: Dein Künstlername Pi, warum Pi?
Pi: Mein voller Künstlername und Pi Stoffers. Mein Name Pi entstand in der sechsten Klasse. So haben mich die Leute genannt. Das habe ich einfach behalten und nicht gesehen, warum ich mich auf der Bühne jetzt anders nennen sollte.
Instrumente und Gear der einzelnen Musiker von Lord of the Lost
Peter Ludl: Hallo Nik, was gibt es zu deinem Schlagzeug zu sagen?
Nik: Ich habe von Zultan tatsächlich seinerzeit das Angebot gekriegt, einen Signature-Stick zu bekommen. Da haben wir recht lange dran rumgefeilt, bis der wirklich genauso war, wie ich ihn haben wollte.
Peter Ludl: Was waren deine Anforderungen und wie ist das Endergebnis?
Nik: Also zunächst wollte ich den Stick länger haben als einen Standard-Stick. Die meisten Sticks sind ja in etwa 40 oder 41 cm lang, ich wollte 41,5 haben. Und mir war wichtig, dass er einen Round-Tip vorne haben sollte, also eine Kugel. Hier gibt es ja sonst übliche Formen wie zum Beispiel Teardrop. Er wurde dann meinen Wünschen entsprechend mit dem Round-Tip hergestellt. Damit hatte ich leider noch nie in meinem Leben einen so hohen Fellverschleiß, denn das war wirklich eine Kugel. Die kleine Aufschlagfläche ist wie ein Nadelstich ins Fell. Also habe ich alle zwei Shows neue Felle gebraucht. Da freust du dich, dass du einen geilen Stick-Deal hast und dann kommt so etwas.
Der Stick musste also überarbeitet werden und der Tipp oben ist tatsächlich einen Millimeter in die Länge gezogen worden. Jetzt ist die Aufschlagfläche ein bisschen größer, wirklich minimal, aber seitdem habe ich kaum noch Fellverschleiß.
Von Zultan spiele ich entsprechend auch alle Becken. Eigentlich wild durcheinandergewürfelt in den Serien. Also, eine F5 HiHat in 14 Zoll als Haupt-HiHat und eine 15 Zoll Jazz Raw HiHat als geschlossene HiHat auf der anderen Seite. Meine Crashes sind fast alle aus der Heritage-Serie, weil ich die schön finde. Ich stehe auf dieser „handgedengelten Türkenteller“. Ey, das ist so, die klingen einfach am geilsten.
Ich bin mit der Heritage-Serie super zufrieden. Hier habe ich 17-, 18- und 20-Zoll Crashes. Ganz außen spiele ich noch ein 19er Dark Metal Crash, was ziemlich heavy ist.
Chinas habe ich aus der Rockbeat-Serie in 20 und 18 Zoll, wobei das 18er ein Holey ist mit ganz vielen Löchern. Und ich habe oben über mir so zum Spaß einfach noch in 16- und 18-Zoll Rockbeat-Trash Crashes, die einfach kleine Akzent-Becken sind. Das ganze Zeug hängt an Gibraltar-Hardware. Da habe ich mir ein schönes Rack zusammengeschraubt, was auch ein bisschen fancy aussieht. Weil ich immer fand, ein Schlagzeug ist cool, aber sieht halt meist langweilig aus. Ich möchte, dass ein Schlagzeug immer ein Eyecatcher ist.
Für mein generelles Setup hat mir British Drum Co. (BDC) ein Kit gebaut. Ich habe das schon seit vielen Jahren im Prinzip so gehabt. BDC ist nochmal beyond everything. Also die bauen so gigantisch gute Schlagzeuge. Mit zwei Kick-Drums in 22×18 und vier Floortoms. In 14×14, 16×16, 18×18 und 20×18. Also ein vollwertiges 20er Floortom, was es ja so auch nicht gibt. Ich wollte solche Größen halt immer haben, weil ich mir dachte, wir spielen ja keinen Jazz und keinen Pop, deshalb brauche ich keine 10er und 12er Toms. Habe ich für das Kit zwar auch, die haben wir in England zum Beispiel mit auf Tour gehabt, als die Bühnen kleiner waren und ich mein Drumset ein bisschen schrumpfen musste. Aber wenn wir die volle Produktion fahren, nutze ich die dicken Dinger. Weil ich will halt, dass es bummst. Ich möchte, wenn ich auf eine Floortom haue, dass die Hose wackelt.
Snares habe ich zwei Stück dabei. Die sind gebaut von „Pommes“, von Ralf Pommerenke aus Berlin. Der hat mir zwei Kupfer-Snares gebaut. In 14×7. Und die heißen auch Nick 1 und Nick 2. Die beiden machen unfassbar viel Spaß, denn sie klingen richtig fett. Man muss allerdings sehr vorsichtig damit sein, weil sie aus Kupfer sind. Ich spiele Remo Felle, die sind für mich die coolsten. Klingen am besten, sind am stabilsten. Unter allen Becken nutze ich Cympads. Nur bei Bedarf die großen, ansonsten auf jeden Fall immer die Optimizer. Denn die gibt es ja mittlerweile auch in allen Farben. Auf der letzten Tour zu dem Blood & Glitter Album war ja alles so ein bisschen rot. Da hatte ich halt komplett am Kit überall rote Cympads Optimizer. Das hat sich supergeil ins Bühnenbild eingefügt. Ansonsten habe ich wie Gerrit auch Drumplates unten drunter, weil die einfach super praktisch sind. Und es sieht einfach geil aus.
Spezielle Mikrofonie der Bassdrum
Die Mikrofonie im Schlagzeug ist tatsächlich etwas, was eigentlich nicht so häufig gemacht wird. Wir haben zwei Audix D6 in der Bassdrum. Also wir haben an Kick In und Kick Out zweimal das gleiche Mikrofon. Immer wenn mich jemand fragt, was habt ihr denn Kick In, dann erzähle ich das. Und alle wundern sich immer. Das funktioniert einfach super, klingt mega fett. Und das schönste Kompliment, was man dann immer kriegen kann, was natürlich auch unserem Tonmann mit geschuldet ist, ist dann immer, wenn Drummer nach einem Konzert zu mir kommen und fragen, welche Trigger nutzt ihr denn? Die Bassdrum ist doch getriggert? Nö! In den Kesseln nutzen wir das Kelly Shu-System, diese freischwingende Aufhängung mit Gummis. Damit hängt das Mikro direkt vor dem Fell.
Was interessantes habe ich im Studio gelernt, von dem lieben Wolfram Kellner, dem Schlagzeuger von J.B.O.. Kleine Wattebäusche oder tatsächlich einzelne Lagen von Taschentüchern in die Floortoms legen. Du haust drauf, dann fliegt das hoch und legt sich vorsichtig wieder auf das Resofell. In dem Moment wird der Ton schön kurz. Je mehr du reinlegst, je mehr Dämpfung erreichst du.
In der 20er Floortom habe ich tatsächlich ein Stück Molton hängen. Das einfach mittendrin hängt. Zwischen zwei Schrauben, wo die Böckchen eigentlich mit befestigt sind. Weil wir bei der Trommelgröße immer Resonanzen wie einen Basketball-Effekt hatten. Es hängt wirklich nur drin, schon ist der Effekt weg und wir haben wirklich nur den Bumms.
Meine Pedale sind noch besonders. Ich habe die Duallist Fußmaschine, das normale Doppelpedal quasi, die Duallist D2. Und tatsächlich auch schon fast so lange ich denken kann, also seit 13 Jahren. Und das Geile daran ist, die sind aus Kunststoff. Zwar gibt es auch ein paar Metallanbauteile, aber die sind ansonsten komplett aus Plastik. Ich besitze mittlerweile davon vier Pedale und habe zwei immer hier auf Tour. Eins hab ich zu Hause und eins als Fluggepäck. Und genau dafür sind die ideal, weil die natürlich auch super leicht sind. Also ich habe Mikrofone, Fußmaschine und alles, was ich für mein In-Ear brauche, immer beim Fliegen im Handgepäck.
Alle Saiteninstrumente sind von Cyan Guitars
Peter Ludl: Pi, du spielst Cyan Gitarren, die sind schon sehr exklusiv und du nutzt spezielle Tunings?
Pi: Die Gitarren, die sowohl ich, als auch Benji spielen, sind Gitarren von Cyan Guitars aus Hamburg. Leute, denen diese Gitarrenschmiede bekannt ist, kennen wahrscheinlich die Gitarren durch Farin Urlaub, weil alle Farin Urlaub Gitarren auch von Cyan Guitars gebaut werden. Thomas Harm, steckt als Gitarrenbauer dahinter und Thomas ist auch unser Gitarrenbauer. Er macht auch für uns Einzelhandfertigung nach Maß und nach Wunsch. Ich spiele drei Gitarren von ihm.
Die Jazzmaster-Familie sozusagen, die Offset-Gitarre, die hat eine Bariton-Mensur mit 27,5 Zoll. Meine Omega Gitarre mit dem beleuchteten Logo ist eine 29 Zoll, also doch sehr lang. Und die dritte ist ein Flying V Modell mit einer Mensur von 26 Zoll. Die drei sind bestückt mit Saiten von Richter.
Und auf der Flying V und der Offset-Gitarre, die beide in Drop-C-Tuning gestimmt sind, spiele ich einen 10 auf 60 Satz von Richter. Auf der Drop-A-Stimmung, die Omega, ist mein besonderer Signature-Satz von Richter (siehe Link). Das ist ein etwas ungewöhnlicher Satz, also 011 auf 068, aber er ist speziell für die Drop-A-Stimmung und lässt sich sehr komfortabel spielen.
Peter Ludl: Wo es gerade um Gitarren geht, bietet sich doch ein fliegender Wechsel an. Benji, was hast du zu berichten?
Benji: Ich habe natürlich auch die Cyan Gitarren auf der Bühne. Was bei mir auffällig ist, ist, dass ich eben eine 7-Saiter spiele, weil ich viele Lead-Parts spiele. Jetzt wird man vielleicht denken, aber 7 Saiter sind doch eigentlich tiefer. Aber ich nutze die quasi umgedreht, also meine tiefen sechs Saiten sind quasi die gleichen, die Pi auch hat und zusätzlich habe ich noch eine hohe Saite dazu.
Ich nutze den höheren Tonumfang der sieben Saiten nicht, um weiter nach unten zu kommen, sondern ich nutze das jetzt gerade, um weiter nach oben zu kommen, weil ich eben viel Lead-Gitarren-Parts übernehme, also die Melodie-Sachen. Die Gitarrensoli teilen wir uns immer auf. Aber gerade, was diese ganzen Melodien angeht und Lead-Geschichten, ist es einfach für mich entspannter, wenn ich nicht die ganze Zeit im 18. bis 20. Bund spielen muss, sondern entspannt in der 12. oder 14. Lage. Meine Saiten sind ebenfalls von Richter. Und bei der 7er bin ich derzeit so ein wenig am rumprobieren, was für mich der optimale Satz ist.
Für meine Gitarre mit Drop-C-Tuning nutze ich auch den Pi Stoffers Signature Saitensatz weil der sich für meine Finger sehr gut und stimmig anfühlt.
Peter Ludl: Frage an die Gitarristen. Ihr beide spielt ja Helix-Boards, gibt es hierzu etwas zu sagen?
Pi: Helix sollte den meisten Gitarristen und Gitarristinnen bekannt sein. Ich nutze das Helix Floorboard, das Große, und da geht es mir ähnlich wie Klaas, da bin ich nicht der Typ, der zu jeder Tour sein Pedalboard-Setup umbauen will. Dieses Helix begleitet mich seit über sechs Jahren. Und wenn es bei Flugshows nicht das Große sein kann, weil eben Transport im Handgepäck beim Fliegen, da passt es halt nicht rein, dann nehme ich einen Helix Stomp, denn ich möchte mein großes Floorboard nicht im Gepäckraum wissen.
Das Helix Floorboard nutze ich für alles: Rhythmsound, Leadsound, eventuelle Pitch-Geschichten, die wir auf dieser Tour gar nicht brauchen. Dennoch gibt es einen bestimmten Song, Ruins heißt der, der ist in Drop-E-Tuning. Da wir schon zwei Gitarren-Hotels mit jeweils sieben Instrumenten mit auf Tour haben, wäre es unsinnig, jetzt ein drittes aufzumachen für eine weitere Gitarre, die nur für einen Song gebraucht wird.
Auf der Bühne habe ich auch tatsächlich nie das Gefühl, dass ich jetzt ein Cabinet hinter mir bräuchte, einfach aus Gewohnheit. Aus dem Board geht der Sound direkt in das FoH-Mischpult und unsere In-Ear-Systeme. Ich muss auch ehrlich sagen, Line6 hat mich nie im Stich gelassen und bis jetzt nie Probleme gemacht.
Peter Ludl: Benji, du spielst ebenfalls über Line6, aber in einer kleineren Variante.
Benji: Ich habe quasi die Zwischengröße, also nicht das kleine Stomp und auch nicht das große Floorboard, sondern das Stomp XL. Das ist von der Bedienung und von der Innenarchitektur genauso wie das Stomp, das hat außen allerdings ein paar mehr Schalter. Mit diesen drei, die das Stomp hat, komme ich bei meinen Anforderungen nicht zurecht. Das liegt daran, dass ich doch ein bisschen mehr zwischen Clean oder Lead hin und her springe und von daher ein paar mehr schnell schaltbare Variationen brauche.
Es ist alles in meinem Stomp XL integriert, alle Effekte, die man sich wünschen kann, damit ist man sehr flexibel. Auch Sound-Tüftler können damit viel Spaß haben. Und wie bei Pi geht der Sound direkt raus, ohne Cabinet, einfach direkt ins Pult, in unsere In-Ear-Systeme – und fertig.
Peter Ludl: Gerrit, was gibt es Wissenswertes zu deinem Keyboard und zu deinem Toms?
Gerrit: Ich fange mal beim Keyboard an. Das ist ein ganz simpler MIDI-Controller nur. Also nichts mit Onboard-Sounds. Das ist ein Roland A88 MKII mit Hammer-Mechanik, weil ich relativ viele Pianoparts spiele. Und da möchte ich dementsprechend natürlich auch ein authentisches Feeling haben.
Mit einer Synth-Action ging es noch, aber irgendwie ist das nicht geil. Da bin ich ein bisschen puristisch, was so etwas angeht. Und der Platz ist da, also warum nicht 88 Tasten. Dieser MIDI-Controller ist nach vorne geneigt, dazu habe ich mir einen Stand von Gibraltar Hardware gebaut, die uns auch dankenswerterweise unterstützen. So kann ich mein Keyboard nach vorne neigen, dass man auch mal so ein bisschen sieht, was der Keyboarder eigentlich macht. Das haben schon Metal-Keyboarder in den 80ern gemacht. Also habe ich mir das abgeguckt, weil ich dachte, Keyboarder auf der Bühne sehen unsexy aus. Ich sage immer gerne, sie sehen aus, als würden sie bügeln, weil keiner von unten wirklich sieht, was sie machen. Du siehst nur diese Bewegung auf der Horizontalen, die könnten ja sonst was machen. Könnte schlechtestenfalls sogar Playback sein. Zudem ist diese geneigte Position für mich sehr ergonomisch.
Das Keyboard läuft ganz simpel per MIDI in meinen Laptop, auf dem Mainstage läuft, also quasi die Live-Variante von Logic, wo ich mir alle möglichen Sounds zurechtlege, auch in der Reihenfolge der Setlist und dann mit dem Pedal einfach nur durchcycle, von Sound zu Sound, von Sound zu Song.
Das ist eine sehr stabile Lösung. Vor allen Dingen habe ich so auch immer dieselben Sounds, egal wo wir auf der Welt hinkommen und wir nicht mit unserem eigenen Equipment spielen. Hauptsache ich habe mein kleines Rack mit dem Interface und meinen Laptop dabei. Das traue ich mich aber auch erst seit ein paar Jahren, weil ich Mainstage und Laptop-Lösungen auf der Bühne damals noch nicht vertraut habe, wie es mittlerweile läuft. Mit dieser Lösung bin ich jetzt sehr zufrieden. In einem Winkel von 90 Grad zu meinem Controller stehen noch drei Percussion-Toms.
Peter Ludl: Das ist ja ungewöhnlich, Keyboard und Percussion.
Gerrit: Ja, bis vor Kurzem, bis Benji zu uns gestoßen ist, habe ich auch noch Gitarren hier und da on top gespielt. Jetzt habe ich die ganzen Gitarren-Parts erst mal, bis es wieder notwendig ist, sozusagen an den Nagel gehängt und gerne an Benji abgegeben. Ich hätte auch weiterhin Gitarre gespielt, aber als wir die Songs für diese Tour festlegten, hat sich herausgestellt, ich muss das eigentlich nicht mehr, zwei Gitarristen reichen. Auch Chris hat seine Gitarren-Duties erst mal aufgegeben. Kommt vielleicht irgendwann wieder, vielleicht auch nicht.
Zurück zu den Toms. Die sind 90 Grad gedreht, stehen quasi zum Schlagzeug hin. Das sind drei Stand-Toms von British Drum Co., 14, 16 und 18 in jeweils 14er Tiefe. Alle sind also gleich tief, haben aber unterschiedliche Durchmesser.
Die Toms sind Custom made mit extra langen Beinen, damit sie hoch genug sind, dass ich sie gut im Stehen spielen kann. Dazu nutze ich noch zwei Becken von Zultan, zwei Dune Trash Crash, also die mit den Löchern, in 16 und 18 Zoll. Auch das alles auf einem wunderbar schönen Rack von Gibraltar. Die spiele ich mit dem Niklas-Karl Signature-Stick, dem Nik-Stick von Sultan. Als Backing Vocal Mike nutze ich Audix, so wie wir alle.
Damit mein Aufbau immer gleich steht und auch alles an Ort und Stelle bleibt während der Show, benutze ich genauso wie Nik die Drumplates von JK Systems aus Holland. Das ist wie ein Drumteppich, nur aus Kunststoff. Und da klebst du mit Klett quasi Halbkreise drauf. Da weiß man immer, wo alles hin muss und vor allen Dingen bleibt während der Show alles an Ort und Stelle. Keine Toms, die so langsam von dir weg wandern. Das ist geil, das macht es auch für die Crew einfacher.
Bässe von Cyan nur auf Anfrage
Peter Ludl: Klaas, du spielst recht ungewöhnliche Bässe.
Klaas: Ich spiele, wie die Gitarristen auch, Cyan Instrumente, Bässe in diesem Fall. Das ist besonders exklusiv. Falls jemand Interesse haben sollte, auf der Website des Herstellers wird man nicht fündig. Also da muss du tatsächlich fragen. Wenn man die Bässe gut findet, sollte man wirklich sagen, ich finde deine Bässe geil, würdest du mir was bauen? Eventuell macht er das dann, das macht er aber vom Kunden abhängig, denn prinzipiell baut er eher Gitarren.
Meine Bässe sind Viersaiter, mit ganz normaler 34er Mensur. Pickups sind EMG 35 DC, das sind die Klassiker, ich glaube Tom Araya und andere berühmte Bassisten spielen die auch.
Allerdings habe ich in meinen Bässen keine Klangregelung eingebaut, weil ich keine Schnörkel oder veränderbare Dinge haben will, die irgendwie aus Versehen anders klingen, als ich es vor einer halben Stunde eingestellt habe. In einem Instrument habe ich einen Kill-Switch und der andere Bass hat lediglich einen Wahlschalter. Damit kann ich ausschalten oder die Pickups durchschalten. So, wie man das von Dingwall kennt. Das ist für mich ganz besonders wichtig, weil es gibt keinen Ton, der leiser ist als aus. Das ist halt besonders bei den Parts, bei denen auf die Eins die ganze Band aufhört eine gute Angelegenheit. Kein Signal ist immer tatsächlich am besten. Deswegen schalte ich lieber einfach aus und drehe nicht irgendein Poti, das auf Versehen nicht richtig funktioniert. Also egal, was für Bässe ich in der Zukunft spielen werde, da wird immer ein Kill-Switch dran sein.
Die Bässe laufen dann über das Audix-Funksystem in einen Korg Tuner. Und das geht dann wiederum in meinen MXR M80 Bass DI Plus. Das Pedal kostet gerade einmal 200,- Euro und ich bin seit 12 oder 13 Jahren damit sehr zufrieden. Von der DI-Box geht das Signal direkt per XLR ins Pult. Das ist meine All-in-one-Lösung für Headliner-Shows, Festivals, Flugshows, für alles. Und das klingt gut. Mit dieser Lösung bin auch tatsächlich super happy.
Auf der Bühne habe ich dann noch ein Bass-Stativ, das Herkules Dreifach-Stativ. Den Vorgänger hatte ich über 15 Jahre. Er musste nur einmal ausgetauscht werden, weil ein Halter defekt war. Aber ansonsten sind diese Herkules-Stative unkaputtbar. Und das ist tatsächlich alles, was ich habe. Ich habe die zwei Bässe, ich habe den Tuner, das kleine Effektgerät und mein Stativ.
Peter Ludl: Ihr benutzt alle In-Ear-Monitoring, habt ihr identische Hörer?
Klaas: Ich benutze die Shure SE535 von der Stange. Das gefällt mir und es hält ewig.
Nik: Ich nehme Hearsafe und zwar habe ich HS 3 Pro Flex und die HS7 Pro Flex.
Gerrit: Ich habe die Shure SE215, die von allen immer belächelt werden, aber ich komme mit denen super zurecht. Die sind solide und weißt du, wenn sie kaputt sind, tut es nicht weh, wenn ich einen „Hunni“ für ein neues Paar ausgebe.
Benji: Ich habe die Shure SE315. Die sind leider momentan nicht mehr erhältlich.
Pi: Ich habe die Vision Ears VE7 in meinen Ohren und als Spare auch die Shure SE215er. Chris hat die Vision Ears VE8.
Tontechnik und Lichtgestaltung der Bühne
Peter Ludl: Frage an dich, Bengt. Gibt es besondere Herausforderungen beim Mixen von Lord of the Lost? Hast du irgendwelche Geheimrezepte, um den satten und vollen Sound hinzukriegen?
Bengt: Die größte Herausforderung ist jetzt mittlerweile tatsächlich, dass wir sechs Musiker auf der Bühne haben, wo ich natürlich schauen muss, von wem kommt welches Signal. Wir haben ja nicht nur, ich sag mal, Schlagzeug, Bass, die Gitarristen und einen Sänger, sondern unsere Musiker, gerade unsere hintere Front, Benji und Gerrit, die beide auch noch Keyboard spielen.
Der eine spielt dann noch Gitarre und singt, der andere singt dann auch noch und spielt noch Percussion-Toms. Also da muss man schon darauf achten, dass ich die unter einen Hut bekommen. Soll heißen, die Transparenz ist da das Allerwichtigste, dass alle Sounds immer gut durchkommen im Mix und dann herausstechen, wenn sie gerade für den Song wichtig sind. Das heißt, ich muss immer genau wissen, was passiert eigentlich im Song und wer spielt eigentlich wann, was, wo, damit ich die Fader entsprechend fahren kann. Bei mir ist es so, dass ich alles live fahre, auch die Fader-Einstellungen. Das heißt, wenn dann zum Beispiel das Gitarrensolo kommt, dann fahre ich das natürlich lauter, aber das gilt auch für alle anderen Instrumente. Nein, wirkliche Geheimtipps gibt es nicht.
Peter Ludl: Alle benutzen Audix Mikros. Gibt es da besondere Herausforderungen?
Bengt: Das Schöne bei den Audix Mikrofonen ist, dass ganz viele Audix Mikrofone Hypernieren sind. Das heißt, wir fangen uns durch diese Richtcharakteristik wenig Umgebungsgeräusche ein. Weil wir ohne Monitore arbeiten und auch keine Gitarrenverstärker auf der Bühne stehen, ist das einzig Laute lediglich das Schlagzeug. Das macht es ein bisschen leichter auch für die Backing-Vocals, im Mix durchzukommen. Man hat natürlich trotzdem den typischen Becken-Bleed, also das Übersprechen der Becken auf die Gesangsmikrofone. Das bleibt ja nicht aus, aber da hilft die Hyperniere ganz gut. Und ja, wir sind tatsächlich auch von Audix endorsed. Wir finden aber persönlich auch den Sound sehr gut, der passt zur Band, zu unserem modernen Sound.
Peter Ludl: Nasa, welche Lampen kommen heute zum Einsatz und an welcher Lichtkonsole arbeitest du?
Nasa: Ich benutze die ChamSys MQ 250M als Konsole. Die zusätzliche Lampen, die wir auf der Bühne haben, sind 21 Impression X5 von GLP und acht JDC1 von GLP. Die JDC1 nutze ich, um farbiges Licht auf der Bühne zu haben und besonders im hinteren Teil setze ich sie als Washlights ein. Für diese Tour war es sehr schwierig, ein flexibles Setup zu schaffen. In Deutschland spielen wir auf großen Bühnen wie heute in Frankfurt, aber manchmal spielen wir auch in kleinen Clubs. Ich musste also einen Weg finden, um ein Setup zu schaffen, bei dem ich dann auch weniger Teile einsetzen kann und dennoch eine super Optik erzeuge.
Peter Ludl: Gibt es spezielle Lichtkonzepte für die Songs?
Nasa: Das ist eine Frage, die sehr schwer zu beantworten ist. Ich höre eine Musik und die ganze Lichtsituation findet dann in meinem Kopf statt. Ich bin kein Musiker, ich kann auch kein Instrument spielen. Also höre ich die Musik als ganze Einheit. Während der Show richte ich den Fokus dann manchmal die Stimme, manchmal auf das Klavier oder auf bestimmte Töne, die in diesem Moment für mich das Wichtigste sind.
Manchmal erscheint das Bühnenbild sehr chaotisch mit vielen Strobes. Dann, eine Sekunde später, ist es nur die Beleuchtung von Chris mit Frontlicht und nichts anderem. Ich denke, es passt sehr gut zur Band.
Für mich ist es nicht nur eine einfache Rockshow mit entsprechender Musik, Es ist auch ein bisschen Theater. Sie agieren sehr viel auf der Bühne, mit verschiedene Songs, verschiedenen Stimmen. Und sie teilen die Musik zwischen den sechs Personen auf. Manchmal ist es das Keyboard links, manchmal ist es das Keyboard rechts, manchmal ist es nur der Sänger oder nur der Drummer. Es ist sehr interessant für mich, all das zu programmieren, halb Live-Show und halb Theater. Lord of the lost ist eine sehr interessante Band, für die ich gerne arbeite.
Peter Ludl: Last Words?
Alle (lachen): Ja, das ist ein guter Song, den spielen wir heute auch, das ist unser zweiter Song.
Peter Ludl: Vielen Dank für die persönlichen Interviews, den sehr freundlichen Empfang und die viele Zeit, die ihr mir geschenkt habt.
Doch Peter, noch nie von denen gehört. Ist aber auch nicht meine Lieblings Musikrichtung.
Ein Midikeyboard von NI auf der Bühne? Und das klingt und funktioniert (auf der Bühne)? Interessant! Ich kenne LotL auch nur vom ESC, der bei mir Bestandteil am jeweiligen Finalsamstag ist. LotL war aber meiner Ansicht nach auch eine dezente Kopie von Måneskin, die den ESC erfolgreich für Italien gewonnen hat. Wenn auch nicht beabsichtigt. Aber zumindest wurde ich bei LotL daran erinnert. Persönlich fand ich den Song Blood & Glitter klasse. War nicht zuviel und nicht zu wenig! Wenn ich denen etwas nicht gewünscht hätte, dann diesen undankbaren Platz. Aber ich behaupte: Am kommenden Samstag wird es Isaak nicht viel besser ergehen. Vielleicht ist diese Annahme falsch! Samstag Nacht wird man es erfahren. Ich wünsche der Band alles Gute und weiterhin viel Erfolg.
Als Einleitung sage ich auch mal ganz vorsichtig: Nicht so meine Musik. Trotzdem (!) finde ich solche Berichte immer mega-spannend:
— Was die Kollegen da an Technik auffahren, um ihre Musik rüber zu bringen; holla!
— Es gibt E-Gitarren mit 7 Saiten? Aha!
— Egal was das für Musik ist, aber die Gitarren sehen alle schon mal cool aus.
— Noch nie von »Audix« gehört! Aha!
— Keine Monitore auf der Bühne? Aha!
— Eine ganze Digitalkonsole für’s In-Ear-Monitoring? Aha! (Oder macht die das nebenher?)
— Ein Keyboard von Native Instruments auf der Bühne … OK?!?
— Respekt, dass die Kollegen so bereitwillig einen Einblick geben!
Und ich bleibe bei meiner Aussage: Egal, was man von der Musik hält, aber da bekommt man immer das Gefühl, dass da die Protagonisten für ihr Geld echt noch auf der Bühne arbeiten. 🙂
@Flowwater Du darfst beim großen T (oder irgendwo anders) mittlerweile auch gerne schon nach 8-saitigen E-Gitarren suchen. Unabhängig der Saitenanzahl finde ich es aber schön, dass die Instrumente bei einem Hamburger Gitarrenbauer in Auftrag gegeben werden.
Bei uns ist es eher die 15jährige Tochter, wegen der diese Art von Musik läuft. Wobei man beim Musikgeschmack der pubertierenden Tochter durchaus mehr Pech haben kann 😉
Nee, es ist schon so, dass ich durchaus auch eher die gitarrenlastige Musik bevorzuge.
@Flowwater Danke für deinen Kommentar Flowwater. Bei dieser Art von Tourberichten war es für mich stets ein Anliegen, losgelöst von der jeweiligen Musikrichtung, unseren Lesern Einblicke und Hintergrundinformationen in Bandgeschehen zu geben. Von daher glaube ich, dass ich immer lesenswerte Informationen oder sogar bislang unbekannte Details aus den Musikern und Technikern hervorlocken konnte. Dadurch gibt es hoffentlich auch Anregungen für die eigene Musik und Inspirationen zur Anschaffung von passendem Equipment.
@p.ludl Für mich sind solche Berichte immer immer IMMER super spannend. Und zwar genau so, wie Du schreibst: Es gibt für mich immer etwas zu lernen, auch wenn die Musikrichtung vielleicht so gar nicht meins ist. Und zwar nicht nur allgemein, sondern auch konkret für die eigene Musik. Und sei es nur, dass man durch irgend eine Kleinigkeit inspiriert wird. So auch hier. Deswegen noch einmal: Vielen Dank für den Bericht! 🙂👍
@Flowwater Danke, dass du das so formulierst. Genau so war immer mein Anliegen. War übrigens der letzte Tourbericht.
@Flowwater
Nachtrag
Jetzt weiß ich auch, an welche Musik mich die von »Lord of the Lost« erinnert. Also Gesang in Verbindung mit der doch recht »martialischen« Gangart. Ich wollte das vorgestern schon posten, aber mir ist ums verrecken der Name der Band nicht mehr eingefallen. Jetzt ist es passiert.
Und zwar erinnert mich das an »Unheilig«.
Wenn man die Schlagereinschläge der späteren Unheilig-Songs mal übersieht (was für mich schwer ist, genau deswegen konnte ich mit Unheilig nie etwas anfangen) und sich auf’s tonale konzentriert … ja, das gibt es schon Parallelen.
Wenn deren Familiar kein AxoLOTL ist, dann hoffentlich in einem Paralleluniversum.
Interessant. Ich habe von Lord of the Lost auch erst durch den ESC gehört, aber mir dann einige der Platten angehört. Die haben musikalisch richtig was drauf, sehr vielfältige Platten.
So richtig einzuordnen ist die Musik wirklich nicht. Was auffällt, ist der wirklich sehr präzise Sound. Ich weiss garnicht, wie ich das beschreiben soll, aber ich finde ihn wirklich sehr *bewußt*. Man merkt, das die Band ziemlich am Bandsound arbeitet.
@Jazzheini Das trifft es sehr gut. Diesen Eindruck hatte ich bei meinen ausführlichen Gesprächen ebenfalls.
Kannte ich jetzt nur vom einmaligen ESC Schauen, sonst gebe ich mir das nicht. Da fand ich sie schon gar nicht übel, hab sie dann aber aus den Augen verloren. War ein netter Impuls, vielleicht doch mal wieder reinzuhören.
Hehehe … ich komme gerade aus dem Grinsen nicht mehr heraus (hihi). Ich habe auf YouTube gerade das Video hier entdeckt, spannend wird es ab ca. 0:56 min:
https://www.youtube.com/watch?v=un-w-djgeSw
Wer sich selber so verarschen kann und alles mit einem Augenzwinkern sieht … der kann nicht schlecht sein! 😅
@Flowwater Geeeezaz…watn Kommerzduet. Die sind sich für nix fies
Hab zwar erst beim ESC von ihnen gehört, aber auf jeden fall interessant zu wissen was da vor und hinter den Kulissen so passiert :)
Wow…ganz schön ausführliches Hintergrundwissen :-)
Hab LOTL tatsächlich beim ESC gesehen und mich über den miesen Ausgang NICHT gewundert. Songstruktur und Akkordfolge nach Schema F, da half der energische Schrei im Refrain nicht mehr :-/ Sänger in Glitzerklamotten (zwar passend zum Titel aber heftig tuntig) naja…Geschmackssache halt. Dennoch freut es mich wenn die jetzt ihren Traum leben und weltweit affrocken :-) Gönnen können :-)
Jetzt durfte ich die Jungs endlich mal im Rahmen des Summer-Breeze live erleben und muss sagen, dass sie zu 100% abgeliefert haben.Yepp, die Bühne wurde definitiv gerockt.🤟
Zudem kamen sie bei der Autogrammstunde sehr sympathisch rüber
Vielleicht steht es uns gut zu Gesicht, eine Musikgruppe (wie auch andere Organisationen, Mitmenschen, …) nicht anhand eines Auftrittes bei einer merkwürdigen Veranstaltung zu beurteilen.
Und beim ESC handelt es sich in meinen Augen um eine SEHR merkwürdige Veranstaltung.