Ein Hauch von Legende: Yamaha HS 3 und HS 4
Inhaltsverzeichnis
Ein Blick auf die neuen Yamaha HS 3 und HS 4 Studiomonitore und der versierte Studioeigner weiß, worum es geht. Die weiße Membran des Tiefmitteltöner verrät, dass es sich hier um zwei weitere Derivate der HS-Serie handelt, die ihr Erbgut von der seligen Yamaha NS-10 erhalten haben. Diese fast schon mythischen Lautsprecher haben in den 80er das Abhören maßgeblich beeinflusst und die aktuelle HS-Serie soll zumindest optisch an diese Geschichte erinnern. Wie das bei den kleinen Neuzugängen von Yamaha gelingt, das hören und schauen wir uns zusammen an.
History Time: Die Yamaha NS-10
In den 1980ern wurde der Lautsprecherbau geradezu revolutioniert. Gab es vorher nur schrecklich klingende Breitbänder in Küchenradios, Autos und den Musikschränken in Omas Wohnstube, so kam mit der Weiterentwicklung von Magneten, Membrantechnologien, Erkenntnisse der Elektroakustik und nicht zuletzt im kommerziellen Erfolg der Musik als Medium für die neue Generation ein Schwung in die Branche, die so mancher Politiker vielleicht als Mega-Wumms bezeichnen würde. Das alles endete in Materialschlachten der etablierten High-End-Hersteller mit riesigen Lautsprechertürmen im 100.000,- plus D-Mark Bereich. Stellvertretend sei hier die berühmte Infinity Reference Standard inklusive kniehohen Threshold Monoendstufen genannt.
Dieser Hype veränderte die Hörgewohnheiten. Und so musste der geneigte Tontechniker nun einen Mix finden, der den Altvorderen mit Ihren Breitbändern ebenso schmeckt, wie den investitionsfreudigen Musikliebhabern. Die Yamaha NS-10 war der Nachweis, dass der japanische Hersteller nicht nur gute Elektronik bauen konnte, sondern einen Lautsprecher so abstimmen konnten, dass die Faustregel galt: Wenn es auf einer NS-10 gut klingt, dann klingt es überall gut.
Aber realistisch gesehen ist diese Zeit vorbei. Selbst einfache Brüllwürfel klingen heute zumindest ausreichend und die Anlage im Auto ist schon ab Werk von einer anständigen Qualität. Kurzum: Richtig schlechten Klang gibt es heute nicht mehr. Somit ist auch die Relevanz einer NS-10 gesunken und auch der „beste“ Nachbau am Markt, die Avantone Pro CLA-10A, musste sich in meinem Test die Frage gefallen lassen, ob solche Lautsprecher überhaupt noch notwendig sind.
Avantone CLA-10
Yamaha HS 3 und HS 4: Worum geht es?
Mit der HS-Serie trat man in Japan die Nachfolge der seligen NS-10 an und transportierte das Thema „Abhörmonitor“ ins neue Zeitalter. So findet sich die Yamaha HS 5 aktuell auf Verkaufsrang 3 der aktiven Nahfeldmonitore bei Thomann.de (Stand 12/2023). Das erreicht man aber nicht mit einem mittenbetonten Klangbild ohne jeglichen Tiefbass und einem Taschentuch vor dem viel zu grellen Hochtöner, sondern mit einer anständigen und ausgeglichenen Abstimmung.
Die kleinen HS 4 und HS 3 Nahfeldmonitore erweitern das Portfolio der Yamaha HS Reihe mit HS 8, HS 7 und HS 5 nach unten und sollen mit ihren 3,5“ und 4,5“ kleinen Tiefmitteltönern ihren Platz in kleinen Studios und Abhörräumen finden. Die Lautsprecher werden in Schwarz und Weiß geliefert und decken auch preislich mit 279,- Euro und 319,- Euro pro Paar (Listenpreise) den unteren Preisbereich ab. Nach meiner Erfahrung sollte man für einen anständigen Monitor auch mindestens diese Summe aufbringen, um ein brauchbares Ergebnis zu erhalten.
Die Ausstattung der Yamaha HS 3
Die kleinere HS 3 verfügt über einen 3,5“ kleinen Tiefmitteltöner (TMT) und einen 0,75“ Kalottenhochtöner. Die Übergangsfrequenz wurde mir 3,2 kHz recht hoch gewählt, was aber bei dem kleinen TMT kein Problem darstellen sollte. Der Frequenzgang wird mit 70 Hz bis 22 kHz (-10 dB) angegeben und je eine Class-D-Endstufe mit 26 Watt versorgen die Lautsprecher mit Power.
So wird ein maximaler Pegel von 100 dB SPL/Meter angegeben. Wie so häufig in diesem Preissegment ist die linke Box mit der kompletten Elektronik und der Stromversorgung ausgestattet und der rechte Lautsprecher wird passiv mit einem Standard-Lautsprecherkabel mit der linken Box verbunden.
Mit 2,8 kg (aktiv) bzw. 2,1 kg (passiv) sind die aus MDF gefertigten Lautsprecher recht leicht und die Maße betragen 22,3 x 13,2 x 18,9 cm (H x B x T). Neben den beiden Chassis findet sich auf der kleinen Aktivbox eine Status-LED in weiß und ein Lautstärkeregler aus Kunststoff.
Auf der Rückseite haben wir beide (!) XLR/TRS-Klinkenbuchsen, eine 3,5 mm Stereoklinke und zwei Cinch-Buchsen als Line In 2 und zwei Schalter, mit der man die HS 3 an den Raum anpassen kann:
- ROOM CONTROL ermöglicht eine Pegelabsenkung um 0 / -2 oder -4 dB unterhalb von 500 Hz
- HIGH TRIM SWITCH wirkt oberhalb von 2 kHz mit -2 / 0 oder +2 dB
Die Bassreflexöffnung ist als „“Twisted Flare Port“ ausgelegt, was die besondere Formgebung beschreibt. Die blumenartige Öffnung soll „Luftturbulenzen in der Bassreflexöffnung reduzieren und so für klare und präzise Bässe sorgen“.
Darunter dann fast fest montierte Stromkabel, der Netzschalter und die sehr einfach gehaltenen Klemmanschüsse für die Kabelverbindung zum passiven Pendant.
Zwischenbemerkung an den Hersteller
Liebes Yamaha Produktmanagement: Diese Lautsprecherklemmen gehen GAR NICHT. Normalerweise würde so ein Fauxpas den Speaker für mich sofort disqualifizieren. Es gibt im Jahr 2023 mehr als genug gut funktionierende und preisgünstige Lösungen, um Lautsprecher miteinander zu verbinden. Diese Klemmanschlüsse wollte ich seit einer 1980er 99,- D-Mark Schneider Kompaktanlage in der Wühlkiste des Supermarkts nicht mehr sehen. In einem Studio hat so etwas überhaupt nichts zu suchen. Ich werde dies im weiteren Verlauf des Tests aber nicht weiter erwähnen!
Die Ausstattung der Yamaha HS 4
Das bei der HS 3 geschriebene gilt im Wesentlichen auch für die größere HS 4. Allerdings verfügt diese über einen 4,5 Zoll Tiefmitteltöner und eine 1“ Kalotte für den Hochtonbereich. Die Crossover-Frequenz liegt hier bei 2,3 kHz.
Der Lautsprecher deckt den Bereich von 60 Hz bis 22 kHz (-10 dB) ab und die HS 4 schafft so ganze 102 dB Schalldruck, obwohl hier wohl die identischen Class-D-Endstufen mit 2x 26 W verbaut sind.
Die größeren Yamahas wiegen 3,7 kg (aktiv) bzw. 3,1 kg (passiv) und haben die Abmessungen 24,0 x 15,0 x 21,3 cm.
Zum Lieferumfang der beiden Modelle gehört ein Stereo-Mini-Cinch-Kabel, ein Klingeldraht..äh Lautsprecherkabel und Anti-Rutsch Pads. Die HS 3 und die HS 4 werden als Paar verkauft.
Zur Verarbeitung der Aktivmonitore braucht es kein eigenes Kapitel: Yamaha ist ein anerkannt guter Player und so sind die kleinen Lautsprecher nicht nur preisbezogen sehr anständig verarbeitet. Die Kanten sind sauber und der Verstärkerelektronik macht ebenfalls einen guten Eindruck – wenn man das Detail, das nicht mehr erwähnt wird, mal außen vorlässt.
Wie klingen die Yamaha HS 3 und die HS 4?
Erster Eindruck: Sehr anständig! Verbunden mit meinem Universal Audio X6 verfügen beide Modelle über ein vergleichsweise ausgeglichenes Klangbild mit ausreichend gutem Bassfundament und klaren, nicht zu präsenten Höhen. Somit ist die Befürchtung, dass man der alten NS-10 in Sachen Klang hinterhergerannt ist vom Tisch. Die räumliche Abbildung beide Modelle ist ebenfalls gut und insgesamt macht das Hören mit den Winzlingen Spaß.
Auch in Sachen Maximalpegel darf ich nur Gutes berichten: Insbesondere in Studios bis 20 qm genügen die erreichten Pegel aus, um sich einen anständigen Eindruck des Tracks bei hoher Lautstärke zu machen. Für knallharte House- und Rave-Musik sollten die Speaker schon aufgrund ihrer kleinen Dimension nicht die erste Wahl sein, aber wenn‘s sein muss, dann können auch die kleinen Yamahas ganz schön Party machen.


Eine Einschränkung gibt es insbesondere bei den kleineren HS3: Wenn das musikalische Geschehen zu dicht wird (Orchester, Synthesizer Teppiche etc.) dann verliert die Chassis-Kombi etwas die Übersicht und es wird klanglich eng.
Tonal sind beide Modelle, wie erwähnt, sehr ähnlich. Der kleinere 0,75 Zoll Tweeter der HS 3 scheint ein wenig besser aufzulösen und der hoch angesetzte Crossover der beiden Chassis macht die sensiblen Mitten harmonischer. Andererseits hat der 4,5 Zöller der HS 4 naturgemäß einen Hauch mehr Druck und insbesondere sonore Männerstimmen werden kraftvoller reproduziert. Allerdings fehlt der HS4 in den Mitten etwas die Klarheit.


In Sachen Transienten, Sustain und Feindynamik darf man bei Lautsprecher dieser Preisklasse nicht allzu viel erwarten: Die beschreibenden Worte „Transparenz“, „hochauflösend“ oder „durchsichtig“ würde ich bei der Klangbeschreibung nicht wählen und beim Test des Tegeler EQP 1 Equalizers sind die Änderungen zwar deutlich vernehmbar – aber zur qualitativen Beurteilung von Details im Mix für höhere Ansprüche nicht ausreichend. Der Einsteiger wird mit den kleinen Yamahas aber sicher gut zurechtkommen.
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Aufgrund der Tatsache, dass man die Lautsprecherkabel in der Regel nur einmal verlegt, kann man mit den Klemmen schon leben. Meine JBL Control One Pro haben auch nichts anderes verbaut.
Mein Tipp:
Die Kupferdrähte an oberster Stelle verzinnen, dass sie nicht mehr auseinander gehen können. Aber NICHT die gesamte abisolierte Stelle, da diese flexibel bleiben sollte, um sich der Klemme richtig anzuschmiegen.
Musikalische Grüße
@Onkel Sigi Daumen hoch für den Tipp! Und ich möchte noch ergänzen, dass ich das Kupfer und die Klemmen mit WD40 auf Tuch und Wattestäbchen abreibe, dann oxidiert da über die Jahre auch nichts, und das Kupfer bleibt kupferfarben und nicht irgendwann grünlich oder schwarz.
Ansonsten schöner Test, ich bleibe im Moment bei meinen Auratone 5c, die finde ich für den Zweck super.
> […] die so mancher Politiker vielleicht als Mega-Wumms bezeichnen würde. […]
Hehe … was es damals allerdings auch war! 😇
Danke für den Test!
Die Klemmen sind meiner Meinung nach die beste Lösung. Damit lässt sich jedes beliebige Lautsprecherkabel verwenden, bzw. auf gewünschte Länge kürzen und falls mal Ersatz benötigt wird, hat man auch schnell welchen da.
Kabel mit Cinch-Steckern sind da deutlich weniger flexibel und proprietäre Anschlüsse natürlich noch viel schlimmer.
Ja, vielleicht wären bei dem Preis auch Schraubanschlüsse drin gewesen, aber das finde ich noch verschmerzbar. Die NS-10 hatten ja auch Klemmen. ;)
Ungewöhnlich hingegen ist eher, dass die linke Box die aktive ist. Meistens ist es ja die rechte, vielleicht weil die meisten Menschen Rechtshändler sind und so die Lautstärke etc. mit rechts bedienen können. Durchs einfache Vertauschen der beiden Anschlusskabel ist das aber auch beliebig anzupassen.
Der Preis für ein System dieser Art ist aber relativ hoch. Er liegt ja deutlich über der Konkurrenz von PreSonus, Mackie oder Pioneer in der jeweiligen Größe und die HS4 müssen sich schon mit den iLoud Micros messen. Außerdem liegt ein paar HS5 aktuell nur 40 Euro entfernt. Das ist dann aber doch schon eine etwas andere Klasse.
@Reff > […] Ungewöhnlich hingegen ist eher, dass die linke Box die aktive ist. […]
Öhm … ist es nicht egal, wie rum man die hinstellt? Die sehen doch völlig symmetrisch aus. Also … jetzt einfach ganz ohne Hintergedanken und völlig informativ gefragt.
@Reff Ja, ich hab das auch bemerkt und musste bei meiner Studioverkabelung ziemlich rumwurschteln, damit alles passt. Aber das ist letztlich nur Geschmacksache, ob die aktive Box links oder rechts steht.
@Flowwater: das ist auch mein Gedanke. Eigentlich ist es egal, aber die Input-Buchsen der aktiven Box sind mit links und rechts beschriftet. Wenn Du die Speaker andersherum stellst, dann musst Du rechts mit links verkabeln – und dagegen wehrt sich mein innerer Monk ;-).
@Jörg Hoffmann Ja, wie schon geschrieben, durchs Vertauschen der Kabel lässt es sich weitgehend lösen. Allerdings ist ja hinten noch ein Miniklinken-Eingang und vorne ein Kopfhörerausgang. Deren Kanäle wären danach ja auch vertauscht. Das wäre nicht so einfach zu lösen.
(Vielleicht, wenn man ebenfalls symmetrische Kopfhörer hat und sie dann entsprechend verkehrt rum aufsetzt… 😀)
@Jörg Hoffmann Haha … ok … alles klar! 😁
Ich bin übrigens ganz kurz davor, mir die kleinen – HS 3 – einfach mal zu kaufen.
Hallo
So etwas kleines könnte mich schon interessieren.
Für unterwegs, quasi.
Was mich davon abhält ist die unsymetrische Bauart.
D.h. in einer Box ist der Verstärker für beide Boxen mit
unterschiedlichem Gewicht und Luftvolumen pro Box.
Hat das keinen negativen einfluss auf den Klang ?
Gruss masterBlasterFX
@masterBlasterFX Bestimmt. Genauso, wie die damit verbundene Größe. In wie weit aber, würde ich auch gerne wissen. Wobei man auch argumentieren könnte, dass das bei solchen Geräten irrelevant ist.
Ich hab mich Ende letzten Jahres ein paar Wochen durch die Brüllwürfelkategorie gekämpft.
Hab mir ein paar Geräte angehört, auch die yamaha MS101-4 und die IK iLoud micro.
Mich hat nichts überzeugt, außer die genelec 8010 AP. Da wusste ich direkt nach dem Einschalten, dass die bleiben. Kosten aber auch dementsprechend…..
Glaube in der Kategorie kann da wirklich nichts mithalten, außer vielleicht die Fostex6301, die hab ich aber noch nicht gehört….
Danke für den Hinweis auf die Genelec,
der Rolls Royce unter den Bonsai’s.
„Kosten aber auch dementsprechend…..“ – Ja, aber ich denke
das Preis / Leistung Verhältniss ist trotzdem hervorragend.
Viel Spass damit …
Gruss masterBlasterFX
@masterBlasterFX Hallo, nein, von den unterschiedlichen Volumina merkst Du nichts. Die Frequenzen, bei denen das relevant ist, sind für den Menschen nicht ortbar Dazu liefern die Yamahas zu wenig Tiefbassinformation, um einen Unterschied wahrzunehmen. Bei so kleinen Speakern sind solche (messbaren) Effekte ohne Relevanz.
@Jörg Hoffmann Hört sich plausibel an. Dass eine Box mehr oder weniger direkt mit dem Verstärker verbunden und die zweite über ein Kabel, welches ja einen gewissen Widerstand hat, ist wahrscheinlich auch vernachlässigbar?
Komisches Gefühl hab ich trotzdem dabei. Vielleicht auch, weil der Großteil der so konzipierten Monitore Spielzeuge sind…
Die Gegenstücke von krk (go aux) mit dieser Bauweise zB sind auch ein Witz, wo hingegen ich die krk rp5 classic dann richtig gut finde. Unter 300 für kleine Monitore wäre das meine Empfehlung.
@Jörg Hoffmann Danke Jörg.
Wahrscheinlich hast Recht.
Um mich mit deinen Worten auszudrücken :
Bei diesen und gleich konzipierten Boxen wehrt sich mein innerer Monk.
Gruss masterBlasterFX
@masterBlasterFX Theoretisch schon, aber in der Praxis vernachlässigbar. Da fällt ja jede unsymmetrische Kleinigkeit im Raum deutlich mehr ins Gewicht. Wenn man sich z.B. ganz oben den (helleren) Arbeitsplatz vom Produktbild ansieht: Auf der einen Seite ist ein Fenster mit dem Tisch davor, auf der anderen nicht. Dafür ist dort ein Regal, das den Bassreflexport nach oben abschirmt usw.
Und selbst zwei aktive Monitore klingen nicht absolut identisch. Yamaha z.B. verkauft ja solche Systeme (also ab HS5) optional als „Matched Pair“, wo beide Lautsprecher aufeinander abgestimmt sein sollen (und lässt sich das extra bezahlen).
@Reff Danke für deine ausführlichen Hinweise.
Gruss masterBlasterFX
Hatte lange die HS8 im Studio und war immer recht zufrieden damit. Vielleicht nicht die „chirurgischsten“ Speaker, aber Musikmachen hat damit Spaß gemacht.