Livestreams – Fluch oder Segen?
Livestreams – Fluch oder Segen? Mit anderen Worten: Sind Livestreams sinnvoll? Hier gehen die Meinungen stark auseinander. Bringt Reichweite und Fans – das sagen die Einen. Billiger Ausverkauf und Entwertung von Kunst und Künstlern – das meinen die Anderen. Doch beide haben Recht. Das „Warum?“möchte ich hier begründen.
Entwertung
Sie findet auf mehrere Arten statt. Einige Punkte sind da beispielsweise:
- Erwerbstätige Künstler sind nur noch im unbezahlten Stream zu erleben und es entsteht keine Verbesserung der Gesamtsituation.
- Schlechte Technik in Bild und Ton sowie eine ungünstige Umgebung hinterlassen einen billigen Eindruck. Hier entwertet der Künstler sich selbst.
Doch wann ist ein Stream sinnvoll?
- Streams müssen nicht unbedingt nur Konzerte sein. Wenn du eine starke Fancrowd hast, kannst du regelmäßige „Hallo-Streams“ aus dem Proberaum machen, also fast schon so eine Art digitalen Stammtisch. Das ist günstig, schnell und erhält die Freundschaft.
- Als „Dankeschön“ an deine Fans. Zu bewerben wie ein richtiges Konzert, mit Pressemeldungen, Newslettern, Interviews, Social Media etc. Dazu brauchst du eine richtig gute Location und gute Licht-, Ton- und Videotechnik. Übe das Streamen erst einmal intern und ohne Publikum, damit die Technik am Live-Termin auch funktioniert.
Ein Beispiel für einen Stream aus der Fruchthalle Kaiserslautern siehst Du hier, wir haben parallel auf Youtube, Facebook und in 3 OK Fernsehkanäle gestreamt:
https://www.youtube.com/watch?time_continue=2369&v=hkQmbb8pMkI&feature=emb_logo
Eine interessante Livestream Paintcussion mit Pouya Nemati und Christoph Jung. Zur Frage Livestreams – Fluch oder Segen? Hier überwiegen eindeutig die positiven Aspekte.
Wenn du in Sachen Videotechnik Material oder Know-how brauchst, kannst du dich z.B. oft an den nächsten offenen Kanal, eine VHS, oder wie bei uns, an eine Niederlassung der Landesmedienanstalt wenden.
Wie lässt sich eine solche Veranstaltung denn wirtschaftlich sinnvoll realisieren?
- Richte ein Spendenkonto mit mehreren Bezahlmöglichkeiten ein – Paypal sollte dabei sein. Diese publizierst du vor dem Konzert und setzt während des Streams einen entsprechenden Hinweis unten rechts in dein Video (benutze zusätzlich einen QR-Code für die Smartphone-Nutzer)
- Wenn möglich, versuche auf kommunaler Ebene einen Kultur-Zuschuß zu erhalten
- Arbeite mit Sponsoren
- Release dein neues Album oder weise darauf hin und richte einen Verkauf/Vorverkauf ein
- Mach´ auf dein Merchandise Angebot aufmerksam
- Wenn du schon künftige Konzerttermine hast, weise darauf hin und richte einen Online-VVK ein
- Wenn die Technik sowieso steht, sieh´ zu, dass du am Tag vor oder nach eurem Auftritt noch befreundete Künstler oder Bands streamen lässt. Das verringert die Kosten für den Einzelnen
Außerdem hat eine Stream Veranstaltung dieser Art den Vorteil, dass du auch Fans außerhalb deiner direkten regionalen Reichweite mit einladen kannst.
Zur Reichweitenerhöhung
Fans, die nicht mobil sind, oder auch nicht in erreichbarer Nähe sind, können bei einem echten Live Konzert nicht dabei sein. Dafür kannst du einen Stream als Service einrichten. Ob der dann physische Fans kostet, können wir leider nicht genau sagen.
Auch für´s Streaming gelten natürlich die üblichen Anmelde-Regularien für GEMA und Co.
Eine gründliche technische Einarbeitung ist natürlich ebenfalls sehr wichtig – wenn ihr dazu Fragen habt, könnt ihr euch gerne jederzeit bei uns melden.
Ganz nebenbei lassen sich die Inhalte gut gemachter Videos auch als Demo, Merch oder Werbung in den Sozialen Medien nutzen.
Hast du selbst schon gestreamt? Dann stell gerne einen Link dazu in die Kommentare oder teile deine Erfahrungen, wenn du gute Ideen oder Tipps zum Thema hast.
schöner artikel, gute tipps und ideen. mittlerweile gibt es künstler, die sich stark auf livestreams fokussieren, zB marc rebillet (www.marcrebillet.com) – das konzept scheint also aufzugehen, auch finanziell. wichtig sind technische qualität (in bild und ton) und vor allem der event-charakter (der zuschauer muss sich auf die übertragung freuen und den stream als etwas besonderes empfinden). das braucht marketing und interaktion mit dem publikum.
@mdesign Danke, Mdesign,
es gibt einige sehr interessante Event- Online-Konzepte, die mit Pre-Ticketing , professioneller Multiview Technologie arbeiten und dabei logistisch sehr aufwändig und Ressourcen fressend sind.
Meine Intention ist es eher, kurz und knapp einige Ansätze für ein erfolgreiches Streamen zu liefern, damit JEDER, der sich dafür Interessiert, dadurch die Grundlage für eigene Entscheidungen verbessert.
Das negativen Argumente »schlechte Technik … billigen Eindruck« verstehe ich im Zusammenhang mit einem Live-Stream nicht. Das Argument trifft doch auf alle Live-Veranstaltungen zu: Wenn ich auf der Bühne stehe und eine schlechte Sound-Anlage habe, das Licht doof ist oder man sowieso nichts von mir sieht, weil die Bühne noch mit anderem Kram vollgestellt ist, oder auch meine Gäste schlecht untergebracht sind – schlechte Bestuhlung, kein Platz, es müffelt, keine Luftzufuhr usw. usf. – und das am besten noch alles zusammen … dann wirkt sich das auch negativ aus.
Dann eigentlich ja lieber wieder einen Live-Stream, denn da kann ich als Künstler leichter kontrollieren, wie ich rüber komme.
Und der »unbezahlte Live-Stream« … tja, stimmt schon. Das sollte man nicht zu oft machen und eher als Marketing-Maßnahme sehen. Außerdem hindert einen ja nichts daran, das Stream-Event später als DVD/BluRay zu verkaufen.
Oder habe ich da Denkfehler?
@Flowwater Bei Streams auf YouTube oder Twitch hat man immer die Möglichkeit zu spenden. Zusätzlich kann man Placements einbauen, Monetarisierung einschalten eca eca.
Die Top Streamer verdienen dabei ähnlich wie ein Messi oder Ronaldo. Ablösesummen werden im 3 stelligen Millionenbereich gezahlt.
Klar läuft sowas hauptsächlich im Gaming ab, es gibt aber auch YouTube Musiker die noch nie einen Auftritt oder Plattenvetrag hatten, und trotzdem monatlich Ihre 30 – 50 k machen. Für den Zuschauer/Hörer bleibt es kostenlos. Auf die 20 Sekunden Werbung muss man dann eben klar kommen.
Ich verstehe die Sache mit dem Spendenkonto auch überhaupt nicht. Und die Sache mit dem „unbezahlten Stream nicht zu oft machen“. Wer macht bitte einen bezahlten Stream ?! Netflix ?
Das alles ist sehr sehr angestaubtes Online Marketing.
@Larifari Dankeschön Larifari,
alles richtig. Ich denke, bis sich die Stream- oder On Demand Events auf Bezahlbasis vollkommen etablieren, auch für kleine Acts, dauert es noch etwas. Solange ist parallel dazu auch „altes Marketing“ besser als nichts und funktioniert auch recht gut. Vor allen Dingen sind Pay-Pal etc. relativ einfach für jeden einzurichten und das Publikum kennt diese Zahlweise.
@Flowwater Hallo Henrik,
klar, auch miese physische Live Konzerte sind Murks….da gibt es genug Beispiele. Allerdings ist hiewr oft die Locatian, der Veranstalter oder auch die Band der Buhmann. In der Location gehst du nicht so schnell raus, wie Du am tablet weiterklickst.
Ein Livestream ist vor der Sendung kontrollierbar und wird nur auf 2 Kanäle ausgespielt: SEHEN und HÖREN. Wenn da alles vor der Ausstrahlung kontrolierbar ist, kann Im Live Stream halt jeder sehen, ob es doof ist und zappt im Normalfall schnell weiter….ist wie schlechtes Fernsehprogramm. Ich habe genug Beispiele gesehen von naiv bemüht bis fast schon peinlich. Als Künstler beweist man da weder Kompetenz noch wird man sein Ziel – nämlich Fans gewinnen- erreichen.
@Jörg Kirsch StageAID > […] Als Künstler beweist man da weder Kompetenz noch wird man sein Ziel – nämlich Fans gewinnen- erreichen.
Das ist, glaube ich, genau das Stichwort: Dass man den Livestream nicht als notwendiges »Übel« verstehen darf, sondern im Gegenteil sogar als »Chance« begreift. Dazu muss man sich mit den Eigenheiten des Mediums auseinander setzen. Bezogen auf Musiker heißt das: Noch mal ein wenig dazu lernen. Aber in Zeiten von YouTube als valides Marketing-Instrument sollte man als Musiker sowieso Ahnung von Video haben. Ich kann mir auch gut vorstellen, dass jetzt in der Covid-Krise (oder wie man den aktuellen Wahnsinn nennen will) einige Videostreaming als neue Kunstform entdecken. Wer weiß. ?
@Flowwater Morsche Henrik, siehs mal mit den Zuschauer Ohren und Augen. Wie lange hälst du bei verwackeltem Klötzchenbildern und Smartphone Kamera durch. Die Technik sollte den Inhalt ehren. Und Inhalte brauchen ein Konzept und eine Idee. Ich persönlich bleibe bei den Leuten Zuschauer, wo ich das wiederfinde. Zum anderen, sehe ich mir Youtube und z.B Musik auf dem TV an und höre den Ton auch darüber. Das kann dann echt manchmal weh tun. Bei einem Livekonzert hab ich das vorab bezahlt, bei Youtube wird dann eben nicht monetarisiert. Insofern sind die Tipps von StageAid wichtig und man sollte darüber nachdenken. Das gilt für Livestream und für vorab aufgezeichnete Videos.
Gute Beispiele:
Rheyne
KEXP
Hindley Street Club Country Band
Nicht so gut:
diversere SynthVlogger mit extrem teurem Gear und kein Budget für Audio, Video und Audio Interface, Audio mit dem Smartphone von den Boxen abnehmen kommt nicht gut. Ebensowenig Stativ und Bildstabilatoren Verweiger.
Zu finden auf Youtube
@TobyB Hallo Toby,
wir meinen absolut das Selbe. Man muss sich natürlich mit den Eigenheiten des Mediums »Streamingvideo« auseinander setzen. Ich kann mich noch gut erinnern, als das damals mit »MTV« los ging und die Bands sich plötzlich in künstlerisch gemachten Filmen wiederfanden. Da war so manche Peinlichkeit dabei. Michael Jackson hat es dann gleich richtig fett richtig gemacht. Klar, mit sehr viel Kohle natürlich. Aber die braucht es heute gar nicht. Vernünftige Kameras sind heute für kleines Geld zu haben und es gibt dann noch die volle Breitseite des Gebrauchtgerätemarktes.
Ich sträube mich eher dagegen, dass Bands und Solokünstler heute immer noch glauben erfolgreich sein zu können, wenn sie einfach nur ihre Musik machen und sich sonst für nix interessieren. Das kann gut gehen, aber die Wahrscheinlichkeit spricht dagegen. Also muss man mal seinen Popo in Bewegung setzen und sich damit befassen.
Ich meine, hey … »Kate Bush« hat damals für das Video zu »Running Up That Hill« Tanzunterricht genommen, damit sie das in dem Video bringt. Sogar Arnold Schwarzenegger hat Ballettunterricht genommen, damit er während seiner Karriere als Bodybuilder auf der Bühne in den Posen toll aussieht. Da können sich gerne auch mal kleine Künstler eine Scheibe von abschneiden. Das geht schon beim sauberen T-Shirt und der Rasur los.
Ich persönlich sehe da sogar gar kein Problem. Ich finde das alles eher super spannend! ?
„Ich meine, hey … »Kate Bush« hat damals für das Video zu »Running Up That Hill« Tanzunterricht genommen, damit sie das in dem Video bringt.“
Nee, nicht so wirklich. Tanzunterricht hatte sie schon seit 1976. Tanz spielte bei ihr schon länger eine größere Rolle. Denke, es ging da eher um Ausarbeitung einer Choreographie.
Mag sein, dass Kate Bush vorher schon tanzen konnte. Und natürlich muss die Choreographie in dem Video eingeübt werden. Aber ich meine mich erinner zu können, dass sie noch mal richtig heftigen Tanzunterricht hatte … VOR dem Einstudieren der Choreographie. Die kam noch mal obendrauf.
Aber darum geht es mir nicht. Mir geht es darum, dass sie das GEMACHT hat … mit Zeitaufwand und Anstrengung und Frustration und sicherlich auch der einen oder anderen körperlichen Beschädigung, nur um eben das im Video gezeigte auch bringen zu können. Man hätte sie im Video auch singend vor, auf, hinter einem Flügel oder durch einen Wald spazieren gehend oder einen Weg hinauf marschieren sehen können. Das hätte garantiert weniger Arbeit gemacht. Hat sie aber nicht gemacht. Sie ist den anstrengenden Weg gegangen.
So und jetzt vergleichen wir mal diese Leistung mit dem, dass irgend welche heutigen sog. Künstler es nicht mal auf die Reihe bekommen, einen halbwegs anständigen Livestream zu veröffentlichen. Und sich dann beschweren, wenn sie nicht erfolgreich werden. Ja, nee, is‘ klar.
@Flowwater Naja, ich sehe das doch ’nen Tacken lockerer. Livestreaming für Musiker ist ja erstmal vor einigen Monaten wirklich in den Fokus gerückt – wegen fehlender Alternativen. War vorher nicht wirklich ein Thema. Ich denke, da wird sich auch noch mehr tun in absehbarer Zeit. Ein recht neues Modell. Wer unbedingt dran glaubt, Karriere machen zu können, der wird diese Möglichkeit auch nutzen.
Die Vergleiche mit Stars, die damals gepusht wurden von Labels mit Millionenetats, in Zeiten, wo es nur wenige Sendekanäle gab, die Viele erreichten, sind m.E. nicht wirklich zielführend.
„Übrigens – kurioserweise hat Kate Bush auch so etwas gemacht – Zitat: „Man hätte sie im Video auch singend vor, auf, hinter einem Flügel oder durch einen Wald spazieren gehend oder einen Weg hinauf marschieren sehen können. Das hätte garantiert weniger Arbeit gemacht. Hat sie aber nicht gemacht.“
Siehe the Sensual World – das offizielle Promo-Video.
Ansonsten kann ich deine Kritik an den Musiker von heute , der nix generell so auf die Reihe kriegen will, so nicht teilen. Der Musiker von heute ist u.a. oftmals auch beruflich stärker eingespannt als früher. Heute machst du neben dem regulären Job noch Songwriting, Mixing bzw. umgekehrt (Profis sind heute eher Semi-Profis), vielleicht noch eigene Videos und siehst dafür nicht einen müden Cent. Streaming ist wieder Mehraufwand und lohnt sich auch nur dann, wenn letztendlich promotet wird. Der Tag hat nur 24 Stunden und Musik erfordert neben dem vielen Zeitaufwand auch an sich schon hohe Kosten. Wer damit ein bissken verdienen will, muss letztendlich mehr reinbuttern als sonstwas. Und hier kommt der wirklich traurige Teil: Anno 2020 ist es eine Illusion, an Karrieresprünge durch Streams zu glauben. Aber – Viele werden es probieren.