Mönche aus der Dose
Eduardo Tarilonte ist den Nutzern von ethnischen Sound-Librarys kein Unbekannter. Von ihm stammen unter anderem „Anthology Celtic Wind“, „Era Medieval Legends“, „Desert Winds“, „Epic Worlds“ oder „Forest Kingdom“. In letzter Zeit hat sich der umtriebige Spanier auch auf die Vokal-Librarys gestürzt. Nach der Solo-Vocal-Library „Shevannai“ ist nun also „Cantus“ erschienen, ein „echter gregorianischer Chor als virtuelles Instrument“, wie die Werbung verspricht. Intermezzo: Ein ausführliches Interview mit Eduardo Tarilonte finden Sie übrigens bei uns auf Amazona (http://www.amazona.de/interview-eduardo-tarilonte-sounddesign-aus-dem-silmarillion/). Intermezzo Ende.
Chor-Librarys gibt es nun so einige. Männerchöre, Knabenchöre, traditionelle englische Knabenchöre, Frauenchöre im Allgemeinen und Sopran-Chöre im Besonderen, ethnische Chöre, Sopran-, Alt-, Tenor- und Bass-Ensembles und Solisten, mit Artikulation und ohne. Bei der Suche nach speziellen gregorianischen Sound-Librarys dagegen bin ich nur auf eine obskure alte Sample-CD im WAV-Format und auf eine Unterabteilung in der Uralt-Produktion „Symphony of Voices“ gestoßen. Vielleicht weiß ja einer unserer Leser da mehr.
Das Desinteresse der Sample-Bauer an den Gregorianischen Gesängen ist verwunderlich und verständlich zugleich. Verwunderlich, weil es in den letzten Jahren immer wieder mal Klosterchöre mit ihren liturgischen Gesängen in die Charts geschafft haben – wie etwa 2008 die Mönche vom österreichischen Zisterzienserkloster Heiligenkreuz mit ihrer „Music for Paradise“ oder bereits 1994 die Mönche von Silos aus Spanien mit „Chant“. Anfang der 1990er war auch die Geburtsstunde des „Gregorianik-Pop“ (erinnert sich noch jemand an Enigma oder Gregorian?). Andererseits ist das Desinteresse wie gesagt aber auch verständlich. Der Gregorianische Gesang ist – nüchtern betrachtet – nicht unbedingt der „Burner“: In der reinen Form stets einstimmig vorgetragen (auch im Chor) und fast immer unbegleitet von Instrumenten scheint er gerade mal für die esoterische Chillout-Ecke geeignet zu sein, nicht aber für moderne Musikproduktionen.
Nun – Eduardo Tarilonte hat es mit Best Service Cantus trotzdem gewagt. Allein dafür gebührt ihm schon Anerkennung. Ob sich die Produktion auch technisch und praktisch unsere Wertschätzung verdienen kann, wird sich jetzt zeigen.