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Test: Blackstar Dept. 10 Dual Distortion, Distortion Pedal

Die zwei Seiten einer Medaille!

13. Februar 2022

Wer heutzutage einfach nur ein „normales“ Booster-, Overdrive-,  Distortion- oder Fuzz-Pedal auf den Markt bringt, hat es in diesem extrem übersättigten Markt sehr schwer. Es gibt wohl keinen Markt, der neben den Platzhirschen wie zum Beispiel Boss, MXR oder Ibanez auch unzählige Klein- und Kleinstanbieter auf den Plan gerufen hat. Man wird ja heutzutage schon schräg angesehen, wenn man Produkte der großen Namen benutzt und nicht im weltweiten Boutique-Markt wildert. Was hingegen immer noch vergleichsweise selten vorgefunden wird, ist eine Vakuumröhre in Pedalform, die im Vollröhrenverstärkersegment hingegen zum Standard in Sachen Halbwellen-Cut verwendet wird. Dies mag am höheren Schaltungsaufwand und der größeren Empfindlichkeit des Produktes liegen, kann aber auch klangliche Gründe haben, da viele High-Gain-Verstärker, insbesondere die, die aus dem Hochpreisbereich bereits ein veritables Zerrvermögen mit Röhrensound bieten. Nichtsdestotrotz bietet der Hersteller Blackstar mit dem Blackstar Dept. 10 Dual Distortion eben ein solches Pedal an, das seinen Einsatzbereich gemäß des Produktnamens auch im Bereich des High-Gains sucht und sich als einer von drei Vertretern der Dept. 10 Serie outet.

Blackstar Dept. 10 Dual Distortion Test

Blackstar Dept. 10 Dual Distortion

Aufbau und Konzeption des Blackstar Dept. 10 Dual Distortion

Der in China gefertigte Blackstar Dept. 10 Dual Distortion ist nicht nur als reguläres Distortion-Pedal konzipiert, sondern bietet eine umfangreiche Ausstattung an Signalverwaltung, die weit über die Standards eines In/Out-Pedals hinausgeht. Neben dem regulären Betrieb bietet das Pedal drei weitere Ausgänge, mit dem sich das Produkt in verschiedenen Situationen verwenden lässt. Hier hat man insbesondere den Musiker im Auge, der gar nicht mehr die Bühne sucht, sondern lieber daheim an seinem PC musiziert und eine Direkteinspeisung des Signals ohne die Schallwandlung eines Lautsprechers benötigt.

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Die drei Möglichkeiten beziehen sich auf einen unsymmetrischen Klinkenausgang, einen symmetrischen XLR-Ausgang und eine USB-Verbindung. Bei den beiden „Cab Rig“-Ausgänge kann man mittels eines Minischalters auf der Frontseite zwischen drei unterschiedlichen Cabinet-/Lautsprechersimulationen wählen und diese direkt in eine Konsole/Interface einspeisen. Der USB-Ausgang kann im PC mittels einer Blackstar Software nochmals bearbeitet werden, bei der bei Bedarf verschiedene hauseigene IRs zum Einsatz kommen.

Der Blackstar Dept. 10 Dual Distortion verfügt im Hardware-Bereich insgesamt über 4 unterschiedliche Voicings, von denen jeweils 2 Sounds mittels 2 Fußschaltern in Echtzeit abrufbar sind. Jeweils 2 Voicings (Clean/Crunch und OD1/OD2, Anwahl über Minischalter) teilen sich einen Gain- und einen Volume-Regler. Allen vier Sounds gemeinsam ist die 3-Band-Klangregelung und die Blackstar „ISF“-Schaltung. Diese Schaltung soll eine stufenlos regelbare klangliche Tendenz zwischen einem „amerikanischen Sound“ und einem „britischen Sound“ ermöglichen, wobei man hier selbstredend das Response-Verhalten im Mittenbereich primär bearbeitet. Wer jetzt hofft, die klanglichen Unterschiede zwischen einem Paar 6L6 oder EL 34 Endstufenröhren in einem kleinen Pedal abrufen zu können, wird leider enttäuscht.

Als optischer Mittelpunkt thront im oberen mittleren Bereich des Panels besagte ECC83 Vorstufenröhre, die aus Schutzgründen bis auf den verspiegelten Bereich, mit dem sie aus dem Gehäuse herausragt, im Gehäuse versenkt wurde. Bekanntermaßen sind Vorstufenröhren beileibe nicht so empfindlich wie Endstufenröhren, dennoch empfehle ich eine größere Sorgfalt im Bezug auf Schläge und Stöße, als man sie im Halbleitersegment an den Tag legen kann.

Blackstar Dept. 10 Dual Distortion Test

Blackstar Dept. 10 Dual Distortion

Als sinnvolle Besonderheit insbesondere im mikrofonlosen Homercording-Bereich hat Blackstar einen seriellen FX-Loop auf der Stirnseite des Pedals vorgesehen. So kann man seine beliebtesten Modulations- oder Raumeffekte in der Signalkette platzieren und diese bei der Direkteinspeisung in den PC bei Bedarf direkt mit anbieten.

Haptisch hat man meines Erachtens zwei kleine Fehler auf dem optisch sehr ansprechenden Pedal gemacht. Zum einen sitzen die angenehm schwergängigen, untenliegenden Drehregler sehr nah an den beiden Druckschaltern, so dass man für den Schaltprozess wirklich nur die äußerte Fußspitze benutzen darf, da man mit der rechten bzw. linken Schuhseite den ISF bzw. Bassregler mit herunterdrücken möchte, was zu einem hakeligen Schaltprozess führen kann. Des Weiteren ist die Röhre zwar durch den darüberliegenden Bügel geschützt, allerdings kann in einem ungünstigen Winkel die Röhrenspitze, die im Abkühlvorgang bei der Herstellung gezogen wird, von einem Schuh beschädigt werden. Hätte man einen zweiten Bügel im 90 Grad Versatz angebracht und das gesamte Konstrukt um 45 Grad gedreht, wären alle Funktionen erhalten geblieben und die Röhre garantiert unantastbar gewesen.

Zwecks Betriebsspannung wird das Pedal über ein mitgeliefertes 9 V Netzteil versorgt, das einen stattlichen Stromfluss von 500 mA liefert. Will man das Blackstar Dept. 10 Dual Distortion Pedal daher über ein Multispannungsnetzteil auf seinem Floorboard betreiben, sollte man schauen, ob das Netzteil überhaupt über eine Ausgabe in dieser Größenordnung verfügt. Das Pedal an sich ruht auf vier guten Gummifüßen, die im Standalone-Betrieb selbst auf einer glatten Oberfläche einen vergleichsweise guten Halt vermitteln. Das Pedal mit einem Gewicht von knapp 630 g ist zudem sehr gut verarbeitet und vermittelt in Sachen Haltbarkeit einen vertrauenerweckenden Eindruck.

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Blackstar Dept. 10 Dual Distortion Test

Blackstar Dept. 10 Dual Distortion

Der Blackstar Dept. 10 Dual Distortion in der Praxis

Ein Pedal wie das Blackstar Dept. 10 Dual Distortion kann man auf vier verschiedene Arten und Weisen betreiben. 1.) Klassisch direkt vor den Amp, 2.) Im Return-Weg des seriellen FX-Loops des Amps, 3.) über die Cab Rig Ausgänge direkt in die P.A. und 4.) mittels USB in den PC. Um es direkt vorne weg zu sagen, das Pedal überzeugt leider nur in einem der vier Bereiche, dafür aber in diesem Bereich wirklich in allen Belangen.

Fangen wir einfach mit Punkt 1.) an. Man merkt sofort, dass das Pedal primär für diesen Bereich konzipiert wurde. Um die volle Bandbreite nutzen zu können, muss das Pedal vor einen cleanen Kanal geschaltet werden oder aber man muss den Gain-Bereich eines Crunch-Kanals sehr stark zurückdrehen. Vor diesem Kanal kann man seinen einkanaligen Amp problemlos zu einem Dreikanaler aufrüsten, da man im Prinzip mittels zwei der vier Voicings zwei zusätzliche Kanäle initiiert. Mittel einer guten Abstimmung zwischen Amp und Pedal erreicht man in der Tat sehr hochwertige Sounds, insbesondere im High-Gain-Bereich. Trotz sehr starker Zerrreserven bleibt das Pedal auch bei hohen Settings immer noch vergleichsweise durchsichtig und matscht nicht alles zu. Zudem erhält sich das Pedal sehr schön sein Röhren-Attack- und Kompressionsverhalten, wie man sonst nur aus hochwertigen Vollröhrenamps gewohnt ist. Ein rundum gelungener, hochwertiger Sound mit eindeutigem Fokus auf den High-Gain-Bereich.

Unter Punkt 2.) fällt sofort ins Ohr, dass die Klangregelung nicht für den Betrieb als Preamp im Zusammenspiel mit dem FX-Loop der Endstufe konzipiert wurde. Der Klang ist ungemein muffig und selbst bei voll aufgedrehtem Treble-Regler nicht auf einem angemessenen Niveau. Allerdings ist dieser Punkt auch nicht wirklich relevant, da meiner Einschätzung nach nur die allerwenigsten Pedale in diesem Setup richtig gut funktionieren, wenn man einmal von der Metal Zone von Boss absieht.

Noch schlechter wird der Sound allerdings im Cab- bzw. USB-Betrieb. Der Klang ist sehr spröde, stumpf und weit von dem unter Punkt 1.) beschriebenen hervorragenden, klassischen Betrieb entfernt. Hier müssen die Blackstar Ingenieure noch einiges an Arbeit in die Aufbereitung der IRs stecken, sofern sie dieses Feature bei den nächsten Generationen beibehalten wollen. Einmal mehr findet man leider auf dem Rechner nur eine schöne Benutzeroberfläche, deren klangliche Ausbeute leider diametral angelegt ist. Meines Erachtens hat man sich bei Blackstar mit dieser Auslegung des Pedals keinen Gefallen getan.

Es wäre eventuell besser gewesen, die zusätzlichen Features einzusparen und im Gegenzug den trotz chinesischer Fertigung stolzen Preis von immerhin 282,- Euro etwas zu senken, so würde das Pedal einen durchweg sehr guten Eindruck hinterlassen und insgesamt wohl auch bessere Bewertungen bekommen. So sehe ich mich leider gezwungen, aus dem im Normalbetrieb mehr als verdienten „Sehr Gut“ ein „Gut“ zu machen, da die zusätzlichen Wiedergabefunktionen dem Produkt leider nicht gerecht werden.

Bei den Cab Rig Klangbeispiele habe ich zwischen den drei unterschiedlichen Cabinet-Simulationen umgeschaltet. Die Amp-Klangbeispiele wurden mit einem Sound City Master One Hundred eingespielt, der ganz hervorragend für den Pedalbetrieb geeignet ist.

Blackstar Dept. 10 Dual Distortion Test

Blackstar Dept. 10 Dual Distortion

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Fazit

Das Blackstar Dept. 10 Dual Distortion Pedal hinterlässt einen zwiespältigen Eindruck. Wer ein hervorragend klingendes, klassisches Distortion-Pedal mit Röhrencharakter für sein Floorboard sucht, liegt bei dem Bodentreter aufgrund einer rundum gelungenen Ausrichtung genau richtig. Eine große Bandbreite mit sehr guten High-Gain-Sounds, gepaart mit sehr guter Verarbeitung, stellen einen echten Gegenwert zum Ladenpreis dar.

Im Gegenzug sind die angebotenen Signalerweiterungen wie Cab-Rig und die hauseigene Blackstar Software über USB von minderwertiger Qualität und schmälern den Gesamteindruck des ansonsten hervorragend klingenden Pedals leider ungemein. Wer sich das Pedal zulegen möchte, sollte diese Punkte im Auge behalten.

Plus

  • hervorragender Sound bei klassischer Verwendung vor dem Amp
  • sehr gute Verarbeitung
  • Konzeption

Minus

  • Cab-Rig-Sound
  • USB-IR-Sound

Preis

  • 282,- Euro
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Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    dr w

    woher kenn ich bloss diesen look? warum kommt der mir nur so bekannt vor?
    es liegt mir auf der zunge…..
    :D

  2. Profilbild
    AMAZONA Archiv

    „Man wird ja heutzutage schon schräg angesehen, wenn man Produkte der großen Namen benutzt und nicht im weltweiten Boutique-Markt wildert.“

    Ja genau, dafür nimmt dann auch drastische Höhenabfälle, Knacksen (siehe aktueller Test Pig Tronix), blöde Schrauberei, um an die lose im Gehäuse rumfliegende Batterie heranzukommen und unverschraubte Potis in Kauf. Man muss außerdem auch ignorieren, das in fast jedem BBD der gleiche Chip von CoolAudio/Behringer steckt.
    Dafür bekommt man dann aber bedruckte Gehäuse mit Einhorn-Orcas, von denen man im Dunken nix sieht, weil die LED so blendet. Immerhin kann man wegen der krachenden Fußschlalter auch auf der dunkelsten Bühne immer ganz genau das Pedalboard verorten, sozusagen die Snare des Gitarristen.

  3. Profilbild
    Fadermaster

    Danke für den Beitrag – sehr interessant. Ich nutze das andere Modell, Dual Drive. Seit den 90erjahren bin ich immer wieder auf der Suche nach guten Werkzeugen für direct recording. Das fing damals mit dem SansAmp an, dann der H&K Tubeman, dann die V-AMP Pro Modelle von Behringer, diverses von Line6…ich will damit sagen dass ich da wirklich schon lange dran bin und auch so einiges gehört habe.

    Was in meiner Liste noch fehlt sind ein Kemper, ein Strymon Iridium und HX Stomp.

    Der Dual Drive war seit dem das mit Abstand Beste, was ich (für Recording) nutzen durfte. Die Ansprache im Bereich zwischen Crunch und Drive ist meiner Meinung nach phänomenal und absolut mit einem Röhrenamp (hier kenne ich nur Musicman und Fender-Amps so richtig) vergleichbar. Für Recording nutze ich den DI-Ausgang. Hier scheint es deutliche Qualitätsunterschiede zu geben zwischen den beiden Varianten (klanglich).

    Die Software ist m.M. nach auch nicht so schlecht. Was mir sehr gut gefällt (und womit man sich hier von anderen IR Providern unterscheidet) ist, dass ich z.B. den Raumanteil separat bestimmen kann. Das ist selbst beim Stomp und beim Iridium nicht der Fall.

    Baulich gebe ich Axel recht, das Ding ist eher für den Studiotisch gebaut als für die Bühne. Die faktisch ungeschützte Röhre, die Minischalter…das überlebt keine Tour.

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