HT-20R - das Upgrade
Die Zeiten, in denen ein Gitarrenverstärker zum bloßen Verstärken von Gitarren da war, sind definitiv vorbei. Moderne Amps unserer Zeit besitzen Features, die einen Amp für vieles tauglich machen, für die man früher einen Haufen Kohle extra abdrücken musste. Einer dieser Kandidaten ist der Blackstar HT-20R, den die britische Firma nun bereits in der zweiten Generation präsentiert und der mit Extras, wie etwa einem USB-Anschluss, drosselbarer Endstufen-Power, Digital-Reverb, Kopfhöreranschluss, einem Effektweg und gleich vier Grundsounds für viele Einsatzgebiete bereitsteht. Natürlich besitzt auch die MK II Version des kleinen Combos über eine Röhrenschaltung, sodass auch hier vermutlich ein amtlicher Sound zu erwarten ist. Wir haben uns mal einen dieser neuen Combos für einen ausführlichen Check zukommen lassen.
Blackstar HT-20R MkII – Facts & Features
Für einen Vollröhrencombo mit 12″ Speaker präsentiert sich der Blackstar HT-20R MkII Gitarrenverstärker erstaunlich kompakt: Mit den Maßen von 502 x 455 x 271 mm und einem Gewicht von nur knapp über 16 kg sollte niemand beim Tragen dieses Amps Probleme bekommen. Der Griff auf der Oberseite ist dafür vollkommen ausreichend dimensioniert und damit das kleine Kerlchen sicher steht, sorgen vier Gummifüße auf der Unterseite für einen rutschfesten Stand. Man sieht es zwar kaum, aber die Vorderseite des Gehäuses wurde leicht um 3° angewinkelt, das sorgt für eine bessere Abstrahlung des Sounds, der von einem 12″ Speaker aus Blackstar-eigener Fertigung stammt und der sicher hinter dem robusten Bespannstoff auf seinen Einsatz wartet. Meiner Meinung nach hätte man die Frontplatte ruhig noch etwas stärker anwinkeln können, zur Not muss eben doch wieder der Bierkasten herhalten.
Sämtliche Ecken des Verstärkers wurden mit Kantenschonern bestückt, somit sollten auch im rauen Alltag zwischen Proberaum und Bühne keine dauerhaften Schäden am Gehäuse auftreten. Das gleiche gute Bild gibt der aufgeklebte schwarze Tolexbezug ab, hier wurde bis in die kleinste Ritze sehr sauber gearbeitet. Bevor wir uns mit dem Bedienpanel beschäftigen, werfen wir zuvor noch einen Blick auf die Rückseite, an der die Anschlüsse zu finden sind.
Jede Menge Anschlüsse
Ein bisschen blöd ist es natürlich schon, wenn man sich wirklich ganz tief bücken muss, um an die Anschlüsse des Amps zu gelangen. Das ist jedoch der Tatsache geschuldet, dass es vom Blackstar HT-20R MKII auch eine Topteil-Variante gibt und für zwei verschiedene Layouts des Verstärkers wäre der produktionstechnische Aufwand dann doch wohl zu groß geworden. Na ja, man stöpselt ja nicht immer und ständig dort hinten Sachen rein/raus und nach einer Gewöhnungsphase sollten die Stecker und Kabel ganz automatisch ihren Weg finden. Ganz rechts außen sitzt der Anschluss für das Netzkabel, es folgen drei Lautsprecherausgänge (1x 16 Ohm, 1x 8 Ohm oder 2x 16 Ohm) sowie ein Kopfhöreranschluss im 6,3 -mm-Klinkenformat. Der frequenzkorrigierte Ausgang im XLR-Format besitzt zwei verschiedene Charaktere, er kann entweder den Sound einer 4x 12″ Box oder aber einer 1x 12″ Box abgeben, man kann den Sound des Amps also ohne den Mehraufwand einer Mikrofonierung direkt hier abnehmen. Ein MP3- bzw. AUX-In darf genau so wenig fehlen wie ein Effektweg, dessen Pegel in zwei Stufen schaltbar ist. Der mitgelieferte Fußschalter findet hier auch seinen Platz, mit ihm lassen sich die beiden Kanäle auswählen und zusätzlich noch zwei unterschiedliche Voicings pro Kanal schalten. Was diese „Voicings“ genau machen bzw. bewirken, werden wir gleich noch besprechen.
Abschließen findet sich noch eine USB-Buchse, die eine digitale Übertragung des Verstärkersounds direkt in den Computer ermöglicht. Ein Lüftungsgitter im oberen Teil der Rückseite sorgt für das Abführen der entstehenden Wärme, welche die vier eingesetzten Röhren hier zwangsläufig erzeugen. Der Blackstar HT-20R MKII besitzt zwei Glaskolben des Typs ECC83 in der Vorstufe, während ein Paar EL84 in der Endstufe für die nominelle Ausgangsleistung von 20 Watt sorgen.
Bedienpanel
Nun aber zum Bedienpanel, das versenkt in das Gehäuse eingesetzt wurde und über Chickenhead-Potis verfügt. Zwei Kanäle stehen zur Auswahl, wobei der Overdrive-Channel mit seiner 3-Band-Klangregelung und dem ISF-Regler deutlich mehr Möglichkeiten besitzt als der Clean-Channel. Dort gibt es nur einen Tone-Regler, beide Kanäle besitzen jedoch zwei unterschiedliche Grundsounds: „American Clean“ und „British Clean“, die beide entweder per Knopfdruck am Panel selbst oder aber per Fußschalter ausgewählt werden können. Macht unterm Strich also vier Grundsounds – und das ist für einen Gitarrenverstärker dieser Kategorie schon eine ganze Menge! Den Abschluss bildet der Power-Schalter, vielleicht hätte man sich noch einen Stand-by-Schalter gewünscht, um den Röhren in Spielpausen etwas Ruhe zu gönnen.
Digital-Reverb und Endstufendrosselung
Neu designt gegenüber dem Vorgängermodell wurde der Hall, der wieder auf Basis eines DSPs generiert wird und schließlich ist es möglich, durch den Druck auf einen kleinen Schalter die Endstufenleistung bis auf 2 Watt herunterzufahren, um die Röhrenendstufe auch bei gemäßigter Lautstärke und ohne Ohrenklingeln in die Sättigung zu treiben. Die Regler wurden allesamt fest mit dem Panel verschraubt, dort wackelt nichts, zudem bieten sie einen idealen Drehwiderstand und lassen sich mit zwei oder mehr Fingern sauber umgreifen. Auch die Klinkenbuchse für das Gitarrenkabel befindet sich hier – na, dann wollen wir die Klampfe doch mal einstecken und hören, was der kleine Bolide unseren Ohren zu bieten hat!
Praxis-Check
Immer wieder erstaunlich ist es, welch eine Lautstärke doch ein solch kleiner Amp mit nur 20 Watt und einem 12″ Speaker zu leisten imstande ist! Da kommt die Drosselung der Endstufe hinunter auf 2 Watt sehr gelegen und selbst das kann immer noch verdammt ohrenbetäubend sein, sollte man den Master-Volume daheim mal ordentlich aufziehen wollen. In einem Bandgefüge dürfte dem Blackstar HT-20R MkII Gitarrenverstärker daher bei voller Endstufenleistung daher ein unüberhörbarer Platz garantiert sicher sein und wem das nicht reicht, der kann ja noch die übrig gebliebene Box vom Kollegen an den kleinen Kerl anschließen.
Die zwei Kanäle mit ihren jeweils zwei Grundsounds decken eine große Bandbreite ab, die reicht von klassischen Cleansounds über dynamisch spielbare Crunchsounds bis hin zum modernen Scooped-Metal-Sound – und das mit richtig viel Gain im Gepäck dazu. Ehrlich gesagt war ich persönlich ja noch nie ein Fan der „ISF“-Klangregelung an Blackstar-Amps und hätte mir an vielen anderen Modellen des Herstellers daher einen „richtigen“ Equalizer gewünscht. Aber zusammen mit der 3-Band-Klangregelung bieten sich hier schon enorm viel Möglichkeiten, die Krönung wäre natürlich gewesen, man hätte auch dem Clean-Channel ein solch wirkungsvolles Werkzeug mit auf den Weg gegeben. Aber Hand aufs Herz: Wer kauft sich einen solchen Gitarrenverstärker, um damit unverzerrt zu spielen? Das Metier des Blackstar HT-20R MKII sind Overdrive-Sounds und darin wildert der kleine Combo ganz hervorragend und überzeugt darüber hinaus mit erfreulich wenig Nebengeräuschen!
Auch die Schaltvorgänge mit dem mitgelieferten Fußschalter klappen geräuschlos, zudem verdient der integrierte DSP-Reverb ein großes Lob, hier ist es den Ingenieuren sehr gut gelungen, mit nur einem Regler ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Halldauer und dem Mischverhältnis zum Originalsignal zu generieren. Jedoch sollte man gerade bei den High-Gain-Sounds etwas vorsichtig mit dem Regler hantieren, bei den Cleansounds jedoch verleiht der Reverb dem Sound eine geschmackvolle und sehr räumliche klingende Note.
Klangbeispiele
Für die nun folgenden Klangbeispiele habe ich meine Music Man Silhouette Special an den Eingang des Amps angeschlossen. Vor dem 12″ Speaker war ein AKG C3000 Mirkofon platziert, bei allen Tracks befand sich der EQ in 12-Uhr-Position, ebenso der ISF-Regler.